Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht...

Die Machenschaften der Archäologen„mafia“

von unserem Gastautor Reinhard Prahl

Wer kennt die Geschichte des Archäo-Technikers Gantenbrink (Abb.1) nicht, der 1992 in Zusammenarbeit mit Prof. Rai- ner Stadelmann, Zahi Hawass und dem Photogram- meter Uli Kapp den Einbau einer Klimaanlage im südlichen Königsschacht der Grossen Pyramide geplant und durchgeführt hat? Mit seinem Roboter „Upuaut“ erkundete „der Techniker“, wie er später von Stadelmann abschätzig genannt wurde, die berühmten 20 x 20 Zentimeter messenden Schächte der Kö- nigs- und Königinnenkammer des letzten der 7 Weltwunder. Dieses Projekt führte, wie wir alle wissen , im März 1993 zur Entdeckung des „Verschlußsteins“ des südlichen Schachtes der Königinnenkammer. Diese sollte in der Nacht vom 16. auf den 17.09. 2002 zu einem vorläufigen und für Viele skandalösen Ende kommen, ohne Rudolf Gantenbrink!

Abb. 1 Der Archäo-Tech- niker Rudolf Gantenbrink (Bild) aus Deutschland wurde gnadenlos kaltge- stellt, als sein Stern in der Öffentlichkeit die etablier- ten Profi-Archäologen zu überstrahlen begann.

Genau diese Tatsache führte in weiten Kreisen der Grenzwissenschaften zu heftigen und oft begründeten Anschuldigen, die bis heute bei jeder möglichen Gelegenheit wieder aufflammen. Die Ereignisse nach der „Entdeckung des Jahrhunderts“, wie eine sehr bekannte und dummschwätzige Tageszeitung titelte, wurden von Michael Haase und Torsten Sasse in ihrem Buch „Im Schatten der Pyramide“ so gut es ging rekonstruiert.

Offensichtlich führte die Versendung von mehrminütigen Video-Trailern, die der Ingenieur außer an das Deutsche Archäologische Institut auch an seine Sponsoren geschickt hatte, zu seinem Rausschmiss. Denn es ist eine po- litische Tatsache, dass alle in Ägypten gemachten Entdeckungen zuerst durch die ägyptische Presse mitgeteilt werden müssen. So unterschreibt beispiels- weise jede Institution, die in Ägypten Ausgrabungen durchführen möchte zu- erst einen Vertrag, der alle Rechte zur Erstveröffentlichung potentieller Ent- deckungen den Ägyptern zubilligt.

Warum aber erzähle ich diese Geschichte hier und brühe sie sozusagen lau- warm auf? Weil ich vor einiger Zeit über, von ägyptischen Archäologen eingeleitete, Machenschaften las, die einem den Atem verschlagen. Der Ruf vieler international anerkannter Archäologen (gottseidank jedoch nicht aller!) sollte nach Bekanntwerdung der nachfolgenden Ereignisse arg angekratzt sein.


Fall Nr. 1: Die Pyramide des Sechemchet

Pharao Sechemchet („mächtig an Gestalt“) war wahrscheinlich der Nachfolger des berühmten Djoser und wird heute als 3. König der 3. Dynastie „gehandelt“. Eigentlich wissen wir kaum etwas über diesen Herr- scher und im maßgebenden „Lexikon der Pharaonen“ von Thomas Schneider ist lediglich sein Name erwähnt. Von Beckerath erklärt diese als sogen. Verderbnisse, also Verschreibungen der späteren Überlieferer. Dies ist eine übliche ägyptologische Erklärung für Ungereimtheiten aller Art.

Abb. 2 Der Eingangs- schacht zur Pyramide des Sechemchet. Ihren Ent- decker, Zakarija Goneim, wollte die Archäologen- Mafia um seinen Nach- ruhm betrügen.

Die Stufenpyramide des Sechemchet (Abb.2) wurde 1951 entdeckt und um die Entdeckung der Pyramide, sowie um den Entdecker, Zakarija Goneim, ranken sich recht seltsame, tragische und REGELRECHT "MAFIÖS GE- PLANT" zu nennende Ereignisse.

Nach der Entdeckung des Grabes ruhte die Ausgrabung, bis Goneim sie Mitte der 50er Jahre fortsetzen konnte. Dann, völlig überraschend entdeckte der Ägyptologe an einem Morgen des Jahres 1954 einen völlig intakten Sarko- phag in der Grabkammer der unfertig gebliebenen Pyramide. Dies war selbstverständlich eine echte Sensation, sollte in diesem Sarkophag doch die erste Mumie eines Herrschers des Alten Reiches liegen!

Zakarija Goneim liess ihn im März 1954 vor hochrangigen Politikern und Pressevertretern öffnen. Doch er war leer! In der gängigen Fach- und Sach- literatur, die hier auch zum allergrößten Teil verwendet wurde steht meist, dieses Ereignis führte 1959 zum tragischen Selbstmord des ägyptischen Ar- chäologen. Doch wie die Berichte von Miroslav Verner und Dr. Musés bewei- sen, wurde Goneim Opfer einer wahrhaft „mafiawürdigen“ Verschwörung von Neidern und Intreganten aus den eigenen Reihen, ganz ähnlich, wie es Rudolf Gantenbrink 39 Jahre später erleben musste.


Machenschaften einer mächtigen Lobby

Nach der erfolglosen Öffnung des Sechemchet-Sarges schlug eine Welle der Enttäuschung hoch. Aber auch Schadenfreude, an der die mächtige Lobby um Selim Hassan, Vorsitzender eines „Expertenkommitees“ in der Zeit um 1957, nicht unbeteiligt war, mischte sich unter die Stimmen der Entrüstung. Während vor allem im Ausland Goneims Fund auch ohne Pharaonenmumie als Sensation angesehen wurde, immerhin wurde der Ägyptologe in die Vereinigten Staaten zu einer Vortragsreise eingeladen und schrieb ein sehr erfolgreiches Buch über seinen Fund, bereiteten seine ägyptischen Kollegen Goneims Untergang vor.

Abb. 3 Die Ruinen der Py- ramide des Pharao Sech- emchet.

Nach der Rückkehr aus den USA bezichtigte man den erfolgreichen Fach- mann plötzlich des Denkmalraubes und -schmuggels. Er habe, so hieß es, ein wertvolles Gefäss, welches die Archäologen Quibell und Lauer Jahrzehnte vorher entdeckt hatten, verkauft. Es gab keine Beweise. Der bekannte Ägyp- tologe Miroslav Verner („Die Pyramiden“) schreibt, es habe nur „Vermu- tungen und Verleumdungen“ gegeben. Diese mächtige Lobby von der hier die Rede ist, hatte sich um den ägyptischen Archäologen Selim Hassan, einen fremdenfeindlichen und von Berufsneid zerfressenen Menschen gebildet. Auch an dem weiter unten geschilderten Fall war Hassan maßgeblich betei- ligt. So bezeichnete selbst der ehemalige Direktor der ägyptischen Altertums- forschung und des Kairoer Museums, Etienne Drioton (1889 - 1961), der immerhin ordinierter Priester war, Hassan in einem Brief als „cette crapule“ („diesen Lumpen“).

Und der Anwalt des Ausgräbers Dr. Musés, der ehemalige Innenminister Ägyptens Hassan El-Aroussy, schrieb öffentlich: „die [ägyptische] Regierung besitzt verheerende Berichte über diese Männer, hat aber be- schlossen, sie nicht zu veröffentlichen, um den allgemeinen Respekt vor diesem Berufsstand nicht zu gefähr- den.“ Wie dem auch sei: auf jeden Fall konnten Hassan „und seine Clique von Speichelleckern“ (Zitat nach Christiane de Montet) ihre Machenschaften treiben und schikanierten Goneim aus Berufsneid in der oben geschilderten Weise. Goneims Freund, der berühmte (leider 2001 verstorbene) Ägyptologe J. P. Lauer begab sich zwar schließlich ins Kairoer Museum: „Es sah nach einem bösen Scherz aus, als Lauer das Gefäß nach geduldigem Forschen tatsächlich in der Ecke eines Depositoriums fand“, erzählt Verner weiter. Doch es war zu spät! Vor Gram und Enttäuschung über die Anschuldigungen war Zakarija Goneim in den Nil gesprungen und hatte sich ertränkt!

Dass es sich hier keineswegs um „einen bösen Scherz“, sondern um eine ausgemachte, vielfach in ähnlicher Weise wiederholte, Intrige handelte, beweist die Sonderausgabe der Zeitschrift „Kemet“: „Die Königspyramide des Ameny-Qemau. Die unveröffentlichte Geschichte ihrer Entdeckung“, von Charles Arthur Musés, mit ei- nem besonderen Bericht der Nichte des berühmten Archäologen Gustave Jéquier.


Fall Nr. 2: Die Pyramide des Ameny Qemau

Musés grub 1957 in Ägypten und stellte Prof. Sami Gabra ein, um dem seinerzeit arbeitslosen Ägyptologen einen Gefallen zu tun. Niemand konnte ahnen, dass der Amerikaner, der von der Falcon´s Wing Press ge- sponsert wurde, eine Mastaba und die erste Königspyramide seit über 40 Jahren entdecken sollte. Gabra war nicht nur von Ehrgeiz zerfressen, sondern außerdem nicht sehr arbeitsfreudig (obendrein, und dies sollte noch wichtig werden, war er ein Freund von Selim Hassan). Er verpasste BEIDE Entdeckungen, weil er ständig dem Ausgrabungsort und somit seiner Arbeit fern blieb. Gabra versuchte aus Wut über seine eigene Unzu- länglichkeit Musés zu diffamieren mit dem Ziel, den Fund für sich selbst zu vereinnahmen. Ähnlich ging vor kurzem Zahi Hawass (Abb. 7) vor, der behauptete, der von Gantenbrink entdeckte Verschlussstein sei sein Verdienst. Gabra bildete schließlich mit seinem Freund Selim Hassan ein Art Allianz.

Was dann geschah, gibt im oben genannten Bericht nicht nur Musés, sondern auch Christiane de Montet, Nichte von Gustave Jéquier wieder, die damals unfreiwillig Zeugin der Vorfälle wurde. Bevor ich mich dem ausführlichen Bericht Frau de Montet´s zuwende, lasse ich hier erst einmal den Entdecker selbst zu Wort kommen: „[...] Umso bedauerlicher ist es, dass die Entdeckung von Ameny-Qemau durch konzertierte Be- mühungen einer in sich geschlossenen Gruppe, deren Absicht, sie nicht im archäologischen Register erschei- nen zu lassen, fast gelungen wäre.

Abb. 4 Rudolf Ganten- brinks Mini-Roboter "Upu- aut 2" im Inneren der Che- ops-Pyramide.

Obwohl der Traum Wirklichkeit geworden war, gibt es in der Wirklichkeit soziopolitische Machtgruppen, mit denen man rechnen muss, in Ägypten ge- nauso wie überall sonst auch, wie auch Rudolf Gantenbrink bei seinem bril- lianten Roboterprojekt (Abb. 4) in der Großen Pyramide in den 90er Jah- ren erfahren musste [...] Eines der Ziele dieser Seiten ist es, die Öffentlichkeit mit einem Bericht bekannt zu machen, der beinahe zusammen mit den ge- stohlenen und zerstörten Grabungsnotizen, den Photographien und Auf- zeichnungen, in Vergessenheit geraten wäre [...].“ (dasselbe Ziel verfolgt üb- rigens heute der vor Ihnen liegende Artikel).

Tatsächlich hat der Archäologe allen Grund zu dieser Meinung. Denn ähn- lich wie Z. Goneim, wurde auch der Amerikaner angeklagt, allerdings wegen Spionage für Israel. In einer Zeit, kurz nach den Auseinandersetzungen um den Suez-Kanal, eine hochbrisante Sache. Die eigentliche Anklage stammte von einer Mdme. Marie MR, damalige Geliebte des Kairoer Geheimpolizei- chef, bekannte KGB-Agentin und: Bekannte von Selim Hassan! So kam eine beispiellose Hetz- und Vertuschungskampagene in Gang. Musés wurde später zwar offiziell von der Anklage freigesprochen, aber in der Zwischenzeit hatte Hassan alles versucht, den Fund der Ameny-Qemau-Pyramide zu sabotieren, später auch zu usurpieren. Schon von Anfang an versuchte der ägyptische Beamte, die Gra- bungslizenz zu verhindern, die der Amerikaner dann aber von Zaki Youssef Saad (gest. 1982) erhielt. Als alles nicht half, auch die Anklage nicht, versuchte man den Ausgrabungssponsor, die „Falcon´s Wing Press“ zu diffamieren.

Dies nützte auch nichts und so brach man schliesslich in Musés Haus in Kairo während seiner Abwesenheit ein. Man raubte alle Papiere, Fotografien, den Mietvertrag, sowie die äusserst wichtigen Reste dreier der vier in der Grabkammer entdecken Kanopenkrüge, die den Namen des Pharaos enthielten. Informationen zufolge liegen diese heute im Kairoer Museum. Die Besichtigung zur Auswertung wurde bis heute allen ausländischen Antragstellern verweigert! Allerdings hatte der amerikanische Archäologe das Recht, Fragmente zum Zweck der Verifikation woanders hin mitzunehmen, wie Mdme. de Montet erläutert.

Dies wusste auch Hassan und so verbreitete er die „Ente“ an die Presse, Musés hätte die Krugfragmente ohne Umschlag und Notiz in seiner Regenmanteltasche aufbewahrt, wo sie auch tatsächlich gefunden wurden, ohne dass der Entdecker sie dort hineingesteckt hatte. Schuld war sein ägyptischer Gehilfe, der in Wirklichkeit im Dienst des „Expertenkommitees“ stand. Einige Zeit vorher hatte er für Charles Musés ein Auto erstanden, auf dessen Kosten natürlich, dieses aber auf seinen Namen eintragen lassen, so dass dem Amerikaner der Wa- gen praktisch vor der Nase weggestohlen wurde.

Abb. 5 Als die USA der ägyptischen Regierung Hilfe beim Bau des Nasser-Stausees (Bild) verweiger- ten, waren auch amerika- nische Archäologen nicht mehr gerne am Nil gese- hen.

Der Fall verschärfte sich schliesslich weiter, als die USA Hilfe beim Bau des Nasser-Stausees (Abb. 5) ablehnte und Nasser sich an die Sowjets wandte. Von diesem Zeitpunkt an waren nicht nur die Franzosen und Engländer, die an den Verwicklungen um den Suez-Kanals beteiligt gewesen waren, sondern auch die Amerikaner nicht mehr gern in Ägypten gesehen. Journalisten wur- de der Zutritt zur Pyramide des Ameny-Qemau verweigert, aber auch unab- hängige Pressefotografen und Wissenschaftler wurden mit der Begründung abgewiesen, es handele sich um einen völlig unwesentlichen und übertrieben hochgeputschten Fund, deshalb sei dieser Aufwand nicht gerechtfertigt.

Man muss leider erwähnen: die Diffamierung funktionierte sehr gut. So führt keines der sogenannten Standard-Pyramidenwerke der letzten Jahre, weder Mark Lehner (1997), noch Miroslav Verner (1998), Rainer Stadelmann (3. Aufl. 1997), Dieter Arnold (2000) oder Alberto Siliotti (2001!) den Namen Charles Arthur Musés im Zusammenhang mit der Pyramide des Ameny Qemau auf. Nur Verner schreibt einmal vage von einer „amerikanischen Expedition“. Doch bekam Musés seine späte Genugtuung.

Der Archäologe Dr. Aidan Dodson, der um die Verleumdungs- und Vertuschungsaktionen der Ägypter nicht wusste, hatte später einen Artikel nach Zeitungsberichten über die Entdeckung der Ameny-Qemau-Pyramide geschrieben. Er dachte, Dr. Musés sei tot, so musste er so vorgehen. Als er aber um die wahren, hier geschil- derten Umstände der ägyptischen „Mafialobby“ erfuhr, schrieb er am 15.02.1998 dem Forschungsassistenten des diffamierten Amerikaners einen Brief: „Ich stimme vollen Herzens mit dem Wunsch von Dr. Musés über- ein, der Gelehrtenwelt die vollständigen Informationen über Ameny-Qemau vorzulegen, und freue mich, dabei behilflich sein zu können.“ Und entschuldigend weiter: „Da ich keine anderen Quellen [die waren ja gestohlen worden, Anm. R. Prahl] ausfindig machen konnte, musste ich mich bei meiner >geschichtlichen< Arbeit sehr auf Presseartikel verlassen - die ich nicht als ideale Quelle ansehe. Ich freue mich, dass ich nun Kontakt aufnehmen konnte und Informationen aus erster Hand erhalte.“


Neuere Verschwörungen in der Ägyptologie

Die beiden oben geschilderten Fälle liegen lange zurück, könnte man argumentieren. Doch die Vorfälle um Rudolf Gantenbrink und die Öffnung des „Versperrblocks“ in der Großen Pyramide, sowie einige andere Fälle aus der Neuzeit zeigen: "MAFIAMETHODEN GIBT ES IN DER ARCHÄOLOGIE AUCH HEUTE NOCH". Am 6. Januar 2002 ging in München im Museum Ägyptischer Kunst eine 3-monatige Ausstellung über das Ende der Amarnazeit zuende. Diese Ausstellung war der Höhepunkt einer in der Neuzeit beispiellosen Ver- tuschungsaktion, in die Dietrich Wildung, Leiter der staatlichen Sammlung Berlin und seine Ehefrau Silvia Schoske massgeblich verwickelt waren. Prunkstück der erwähnten Ausstellung „Das Geheimnis des goldenen Sarges“ war die Sargwanne des 1907 im sogenannten KV 55 (KV = Kings Valley, Grabnummer 55 im Tal der Könige) entdeckten Sarkophages, der wahrscheinlich niemand anderem als Echnaton (Abb. 5) selbst gehörte.

Abb. 6 Der Pharao Echnaton. Ein Teil seines Sarges sorgte vor einigen Jahren in der internatio- nalen Archäologen-Szene für einigen Wirbel.

Dieses aus Gold und Halbedelsteinen gearbeitete Sargunterteil war 1931 aus dem Museum in Kairo gestohlen worden. 1961 tauchte das wertvolle Stück über Umwege auf dem New Yorker Kunstmarkt auf. Es befand sich seit Jah- ren im Besitz eines Genfer Kunsthändlers. Wildung kaufte nach meinen Re- cherchen das einwandfrei als gestohlen zu identifizierende Artefakt 1980 von diesem Kunsthändler auf, obwohl er von dessen Herkunft wusste und ver- steckte es in München, wo er damals als Museumsleiter tätig war. Als her- auskam, wo sich die Sargwanne befand, entbrannte ein jahrelanger Streit um das Stück.

Wildung weigerte sich beharrlich das inzwischen restaurierte Artefakt um- sonst zurückzugeben. Inzwischen war er in Berlin und seine Ehefrau hatte (wen wundert´s?) seinen Job bekommen. Erst der bayrische Ministerpräsi- dent Edmund Stoiber beendete Mitte 2000 den Streit, indem er die Rückgabe anordnete. Allerdings entlieh das Kairoer Museum als Gegenleistung einige seiner wertvollen Artefakte der Amarnazeit, um die mehrfach erwähnte Aus- stellung zu ermöglichen.

Vor etwa zwei Monaten berichtete das ZDF dann erneut von einem äußerst unfairen Vorgehen Frau Schoskes. Ein kleines fränkisches Museum besaß den Steinblock einer Mastaba, die heute komplett in New York steht. Das Metropolitan Museum wollte natür- lich diesen fehlenden Stein haben, verfügte er doch über wichtige Reliefs und konnte das Prunkstück des Mu- seums endlich komplettieren. New York bot dem kleinen Museum als Gegenleistung einen wertvollen Phara- onenkopf an, der aber aus Versehen nach München kam.

Dort konfiszierte Frau Schoske (schon wieder der Name Schoske ?!) ihn nun und weigerte sich, ihn an das fränkische Museum zurückzugeben, es sei denn, sie bekäme ein gleich wertvolles Stück im Austausch, was die kleine Institution allerdings nicht besaß. Frau Schoske verlangte also eine Gegenleistung für ein Artefakt, das gar nicht nach München gehörte, sondern nur rein zufällig dort gelandet war. So geht man heute in deutsch- en Archäologenkreisen vor, wenn man sein Museum berühmt machen möchte. München hat nämlich für die bayrische Landeshauptstadt eine recht kleine und fast schon enttäuschend zu nennende Sammlung, die Frau Schoske unbedingt unter ihrer Führung zu einer der angesehensten in der BRD umgestalten möchte.

Der aktuellste Fall ereignete sich in der Nacht vom 16. auf dem 17.09.02., in der sogenannten „Nacht der Py- ramiden“. Zahi Hawass hatte mit National Geographic eingefädelt, diese Institution dürfe die „Ganten- brink-Tür“ öffnen und dies live übertragen. Wie bekannt, sahen Menschen in 142 Ländern das letztlich ent- täuschende Event. Was viele Menschen nicht wissen ist, dass Zahi Hawass für die National Geographic Soci- ety als archäologischer Berater tätig ist, wie in jeder National Geographic im Impressum nachlesbar ist. Aber wer liest schon das Impressum einer renommierten Zeitschrift wie der „National Geographic“?

Abb. 7 Dr. Zahi Hawass hat auf dem Gizeh-Plateau alles unter Kontrolle. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich der wenig medien- scheue Ober-Ägyptologe vom Nil gerne auch mit 'fremden Federn' ziert. (Fo- to: CNN)

Könnte hier eine Art von „Vetternwirtschaft“ vermutet werden? Es scheint so! Gantenbrink hatte in den letzten 9 Jahren über 400 000 DM in die Fort- führung des Projektes „Upuaut 2“ investiert und noch im Jahr 2000 bot Zahi Hawass Gantenbrink im ZDF die Weiterführung des Projektes an. Das Er- gebnis dieses Versprechens ist ja weitläufig bekannt.

Entsprechend groß war Rudolf Gantenbrinks Enttäuschung, der sich das Er- eignis nach seinen Angaben trotzdem im Fernsehen ansah. Schlichtweg muss man sagen: Gantenbrink ist sowohl von Hawass, als auch gewissen deutschen Archäologen des DAI um seinen verdienten Ruhm betrogen wor- den! Aber auch die Öffnung zumindest des Sarkophages lief nicht korrekt ab. Der Sarkophag muss bereits vor der Sendung geöffnet worden sein, denn Za- hi Hawass verplapperte sich dumm beim Einstieg in die Grabkammer des angeblich 4500 Jahre alten Grabes. Er sagte nämlich, und ich zitiere wört- lich aus der Sendung: „Wir haben bereits ein Skelett gefunden“, auf die Frage des amerikanischen Reporters, welche Funde wohl zu erwarten seien.

Zahi Hawass darf derzeit als Usurpator ägyptologischer Entdeckungen auf dem Gizeh-Plateau Nr.1 gelten. Er schrieb sich die Entdeckung des sogenannten „Osirisgrabes“ genauso zu (wahrer Entdeckungstermin 1925), wie die Untertunnelung des Sphinx-Gebietes (wahre Entdecker: ein von der Cayce-Stiftung finanziertes Team), oder die „Gantenbrink-Tür“. Die Ausgrabungen in der Oase Baharia verleibte er sich genauso ein, wie die von Mark Lehner entdeckten Arbeiterunterkünfte.

Diese Beispiele zeigen deutlich, die Ägyptologie ist ein mächtiges Geldgeschäft und Lug, Betrug und Verschlei- erung scheinen sich für manche „Forscher“ offensichtlich zu lohnen. Anders sind die hier dargelegten und bestmöglich recherchierten Fakten nicht zu deuten. Neid, Missgunst, Geheimniskrämerei und Vertuschung scheinen bei einigen Wissenschaftlern (gottseidank gibt es auch heute noch zahlreiche ehrliche Vertreter der akademischen Zünfte, von denen ich viele brieflich und persönlich kennenlernen durfte) damals wie heute an der Tagesordnung. Jeder Wissenschaftler schwört einen Eid auf korrektes wissenschaftliches Vorgehen.

Museumsleiter haben einen Bildungsauftrag. Was aber ist von solchen Schwüren und Aufträgen zu halten, wenn der eigentliche Finanzier der archäologischen Arbeit, der Steuerzahler, Museumsbesucher, Archäologie-Urlauber. Leser und Mitglied des Fördervereins , also wir alle, so offensichtlich an der Nase herumgeführt wird? Warum ist man nicht ehrlich, warum gibt man die „echten Rätsel“ der Wissenschaft nicht bekannt, räumt nicht ein, dass vieles einfach nicht erklärbar ist? Eine Antwort darauf habe ich nicht, aber in diesem Zusammenhang fällt mir ein alter Song ein: „The answer, my friend, ist blowing in the wind.


Bild-Quellen

(1) Amigos de la Egiptologia - Vive el antiguo Egipto, unter: http://www.egiptologia.com/sociedad/conductos/figura2.jpg (Bild dort nicht mehr online)

(2) Klaus Adams, Semataui - Eine Reise in die altägyptische Geschichte, unter: http://www.semataui.de/AR/03-03.htm

(3) ANCIENT EGYPT - HISTORY AND CHRONOLOGY, unter: http://www.narmer.pl/dyn/03en.htm

(4) freenet.de - Weltwunder, unter: http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/archaeologie/weltwunder/zweitetuer/up2.jpeg

(5) SimSim Reisen - Individuelle Ausflüge und Tauchsafaris, unter: http://www.simsim-reisen.de/Bilder%20Assuan%20&%20Abu%20Simbel/NasserStausee1.jpg

(6) NOFRETETES PYRAMID, http://www.edu.uni-klu.ac.at/~mhornboe/amarna/echnaton.jpg

(7) CNN.com, unter: http://www.cnn.com/WORLD/9608/11/egypt.pyramids/hawass.lg.jpg


Literatur

  • Clayton, Peter. A.: Die Pharaonen,Bechtermünzer Verlag, Augsburg 1998
  • Div.: Das Geheimnis des goldenen Sarges. Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung, Lipp-Verlag, 2002


Zeitschriften:

  • Musés, Charles Arthur: Die Könispyramide des Ameny-Qemau. Die unveröffentlichte Geschichte ihrer Entdeckung, Sonderausgabe der Zeitschrift Kemet (Hrg.) o. J
  • Prahl, Reinhard: Rückgabe der verschwundenen Sargwanne aus KV 55, Rundbrief des Freundeskreis Ägyptologie NRW Nr 1, 2001
  • Ders.: Experimentalägyptologie, Mysteria 3000., Jan. 2003


Grenzwissenschaftliche Literatur


Literatur-Hinweis der Redaktion

Prahl Mutterkultur.jpg

"Auf der Suche nach der Mutterkultur" (257 S., zahlr. Abb., Hardcover) von Gernot L. Geise und Reinhard Prahl erschien 2005 im Michaels-Verlag (Peiting). Erhältlich für € 24,00. ISBN: 5-89559-620-6