Atlantis und die Islas de la Bahia bei Honduras

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Die vergessene Atltantis-Lokalisierung des Broughton Brandenburg (1906)

Abb. 1 Die geographische Lage der Islas de Bahia (Bay Islands) vor der Atlantik-Küste von Honduras

(bb) Wer sich, wie der Verfasser, eingehend mit der Geschichte der Atlantisforschung befasst, stößt im Verlauf seiner Studien immer wieder auf Beiträge aus dem Bereich der atlantologischen 'Peripherie', die nie ins Rampenlicht des öffentlichen Interesses gelangten und sehr schnell in Vergessenheit gerieten. Auch wenn die betreffenden Modelle und Lokalisierungs-Hypothesen zumeist einen eher exotischen Charakter aufweisen, oder heute überholte Vorstellungen widerspiegeln, so können sie doch der Forschung nach wie vor in einzelnen Aspekten oder Details durchaus interessante Informationen liefern.

Um einen solchen Beitrag handelt es sich auch im vorliegenden Fall einer Atlantis-Lokalisierung bei den Islas de la Bahía (Bay Islands) (Abb. 1) vor der Atlantiküste von Honduras in Mittelamerika, über die es in einem Bericht der Zeitschrift The Hawaiian Star vom 30. Juni 1906 hieß: "In einem interessanten Artikel über nord- und zentralamerikanische Ruinen in Appleton's Booklovers Magazine für den April schlägt Broughton Brandenburg (Abb. 2) eine gewagte Theorie vor. Der Titel des Essays ist >The Ancient American Mystery<, und der Autor meint, dass die Bay Islands die Heimstatt des sagenhaften Atlantis gewesen sein könnten." [1]

Ab. 1 Der Journalist und Buchautor Broughton Brandenburg im Jahr 1909

Über den Lebenslauf des besagten Broughton Brandenburg war bisher leider nicht allzuviel in Erfahrung zu bringen. Wir können jedenfalls feststellen, dass es sich bei ihm um einen amerikanischen Journalisten und Buchautor handelte, den man wohl mit Fug und Recht als einen Pionier des investigativen Journalismus bezeichnen darf: Um auf die in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts miserrablen, ja menschenunwürdigen Einbürgerungs- und Lebensbedingungen mittelloser Immigranten aufmerksam zu machen, verkleidete er sich und schlüpfte in die Rolle eines Einwanderers aus Südeuropa (Foto). Seine Erfahrungen und Erlebnisse, beginnend mit seiner 'Einbürgerung' auf Ellis Island, der zentralen Sammelstelle für Einwanderer in die Vereinigten Staaten, publizierte er 1904 in seinem Buch "Imported Americans" [2], das noch heute rezipiert wird. Im Jahr 1909 sorgte er für Schlagzeilen, weil er mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt kam. [3]

Doch zurück zu Broughton Brandenburgs Atlantis-Hypothese aus dem Jahr 1906. Dazu wurde er im Hawaiian Star folgendermaßen zitiert: "Ein Fischer aus Progreso namens Ignacio Escanda, der vor den Bay Islands auf Fangfahrt war, ankerte im Schutz der Cisne Cay (17 Grad, 30 Min. Nord; 80 Grad West). Als der Anker gelichtet wurde, fand er an einer der Ankerschaufeln eine gravierter Stein mit einem Loch darin, und die Gravur ist identisch mit jener auf den Mauern von Chichén Itzá.

Abb. 3 Die dämonischen Herren des unterirdischen Reiches von Xibalbá - ist diese Unterwelt der Maya vielleicht eine mythisierte Reminiszenz an eine versunkene Welt der Vorzeit?

Befindet sich dort eine versunkene Stadt? Könnte es sich dabei um die berühmte legendäre Stadt aus der alten Schriften, die Stadt Xibala handeln, die prächtige Hauptstadt der Colhua? Ist es möglich, dass ein Großteil ihres Reiches nun unter dem Meer liegt, und dass sie niemand anders waren als die Atlantes, von denen Manetho sagt, die Phönizier verfügten über Überlieferungen, sie besucht zu haben? Sind die verblichenen Städte des Südens alles, was noch von den nicht überfluteten Teilen von Atlantis zu sehen ist?" [4]

Natürlich lassen sich aus diesem kurzen Zitat - und mehr ist in unserer Quelle nicht zu finden - noch nicht allzuviele Rückschschlüsse ziehen,, und einige der obigen Ausagen sind ziemlich verwirrend. So siedelten die toltekischen Colhua keineswegs im Gebiet des heutigen Honduras, sondern im Tal von Mexiko, und zu der von Brandenburg erwähnten, "berühmten" Metropole Xibala konnten wir bisher noch keine Informationen finden. Sollte sie womöglich in Verbindung stehen mit Xibalbá, der Unterwelt der Maya? Und auf welche Angaben von Manetho bezog sich der amerikanische Journalist?

Spannend ist jedenfalls die Frage, ob sich im Bereich der Islas de la Bahía und der Swan Islands in honduranischen Gewässern tatsächlich die Ruinen einer versunkenen Stadt befinden. Sollte es sich bei dem Bericht des Fischers Ignacio Escanda nicht um Seemannsgarn gehandelt haben, dann könnte sein Fund durchaus darauf hindeuten, denn um einen Teil der Ladung eines gesunkenen Schiffes wird es sich im Fall des verzierten Steins wohl kaum gehandelt haben. Vielleicht ergeben sich ja aus der Lektüre von "The Ancient American Mystery" Antworten auf all diese Fragen, und vermutlich finden sich darin auch noch weitere Hinweise darauf, warum Broughton Brandenburg die Überreste von Atlantis gerade vor der Küste von Honduras vermutete. Der Verfasser bemüht sich jedenfalls, dieses Essay zu beschaffen, und er wird gegebenenfalls weiter berichten.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: o.A., "AN AMERICAN ATLANTIS", 30. Juni 1906, in: The Hawaiian Star; nach: CHRONICLING AMERICA - American Historic Newspapers (abgerufen: 14. Jan. 1915; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  2. Siehe: Broughton Brandenburg, "Imported Americans: The Story of the Experiences of a Disguised American and His Wife Studying the Immigration Question", New York (Frederick A. Stokes Company), 1904 (freie Online-Version bei archive.org)
  3. Siehe: o.A., "Broughton Brandenburg Admits Mrs. James Cabanne Is Not His Legal Wife, But Says They Are Morally Married", 25. April 1909, in: The San Francisco Call (Vol. 105, Number 146); nach: CDNC - California Digital Newspaper Collection; sowie: o.A., "BROUGHTON BRANDENBURG - Magazine Writer Again in Cells in New York", 15. Mai 1909, in: The Montreal Gazette; nach: Google News Newspaper Archive
  4. Quelle: o.A., "AN AMERICAN ATLANTIS", 30. Juni 1906, in: The Hawaiian Star; nach: CHRONICLING AMERICA - American Historic Newspapers (abgerufen: 14. Jan. 1915; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quellen:

1) TUBS, bei Wikimedia Commons, unter: File:Islas de la Bahia in Honduras (special marker).svg (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
2) The San Francisco Call (Vol. 105, Number 146), 25. April 1909, unter. "Broughton Brandenburg Admits Mrs. James Cabanne Is Not His Legal Wife, But Says They Are Morally Married" (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) ferrebeekeeper, unter: The Lords of Xibalba and the End of the Long Count (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)