Wer erschuf die erste Weltkarte?

Altertümliche Kartographie im Licht moderner Forschung

von Dominique Görlitz & Manfred F. Buchroithner (Institut für Kartographie, TU Dresden)

Abb. 1 Der hier wiedergegebene Text ist eine Überetzung der englischsprachigen Ankündigung des Vortrags der beiden Autoren, den sie auf der International Conference on Digital Cultural Heritage, 28.-30. Oktober 2015 in Berlin, halten werden.

Untersuchungen von Weltkarten und Globen des frühen 16. Jahrhunderts, insbesondere der Karte des deutschen Kartographen Martin Waldseemüller (1507 & 1516), der Globen des Johann Schöner zu Nürnberg (geschaffen anno 1515–1533), und des Marmorglobus von Gotha, der ebenfalls Johann Schöner zugeschrieben wird, dokumentieren den Bruch mit dem Weltbild des Ptolemäus, dessen konzeptionelle Irrtümer bereits während der Spätantike wohlbekannt waren. Unter Berücksichtigung antiker Überlieferungen (Antipoden-Kontinente) und interdisziplinärer Evidenzen belegen viele Forschungsarbeiten ein Wissen um die Neue Welt, erheblich früher als die Wiederentdeckung durch Kolumbus im Jahr 1492 (Hapgood 1979, Hessler 2008 & 2013, Görlitz 2013, Görlitz et al. 2014). Die genauesten Abbildungen von Südamerika sind zu finden auf dem so genannten Marmorglobus von Gotha (1533) und auf dem Lenox-Globus (1508), derzeit in New York aufbewahrt, sowie auf dem Ostrich-Globus (1504), der jetzt in Wien verwahrt wird, welche die grundsätzliche Kontur der amerikanischen Kontinente mit extrem hoher Akkuratesse darstellen (Gallez 1980; Görlitz 2013; Horn 1976; Messinne 2013 & 2015). Unveröffentlichte aktuelle Forschung zu einem anderen frühen Globus, welcher gegenwärtig in Deutschland aufbewahrt wird, und bisher noch nicht in der internationalen wissenschaftlichen Literatur erwähnt ist, wird ebenfalls von den Autoren präsentiert werden: dieser Globus bildet erstaunliche Details von Antarktica ab. Dies wird durch andere verblüffende Fakten erhärtet, die in den scientific communities bisher noch nicht bekannt sind.

Screenshot 2015-10-24 11.04.09b.jpg
Abb. 2 Wer wusste 3000 Jahre vor Piri Reis, wie Antarktica ohne Eismassen aussieht? Wer hatte
die Möglichkeit und ein Interesse daran, die eisfreien Küstenlinien zu vermessen? Gab es vor
Tausenden von Jahren eine Zivilisation, für welche dieser Kontinent eine vorrangige Rolle spielte?

Äußerst akkurate digitale Visualisierungen aller Schöner-Globen, einschließlich des Gothaer Marmorglobus und anderer Globen, sowie auch der Waldseemüller-Karte lassen die Ermittlung von Authentizität und Akkuratesse der "neuen" Kontinente im Westen und Süden zu, welche sowohl in den antiken Überlieferungen als auch in der gängigen wissenschaftlichen Literatur nur mit äußerst dürftigen Informationen abgehandelt werden. Heute erlauben überaus akkurate digitale Globen, welche die Küstenlinien der oben erwähnten Quellen abbilden, einen Abgleich mit den tatsächlichen topographischen Merkmalen auf aktuellen Satelliten-Karten. Diese Visualisierungen können mithin sowohl Kultur- als auch Kartographie-Historikern, die sich mit früher Kartographie befassen, dabei helfen, die devianten Theorien über kulturelle Interaktionen [von Menschen der Alten und der Neuen Welt; d.Ü.] vor Kolumbus’ Reise von 1492 auf eine solide wissenschaftliche Grundlage zu stellen.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Dominique Görlitz und Manfred F. Buchroithner wurde im englischsprachigen Original mit dem Titel "Who made the first world map? Ancient cartography in the light of modern research" als Pressemitteilung veröffentlicht. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de.

Bild-Quelle: