Der steinerne Kalender der Präincas am Titicacasee
von Kurt Bilau (1935)
Zu der Zeit, als der dritte Mond noch unzertrümmert schnell um die Erde lief, gab es am Titicacasee (Abb. 1) Menschen einer hohen Kultur, auf die selbst noch Sagen und Mythen von der Annäherung der Luna und den ersten Mondniederbrüchen überkommen waren. Die Töpferei, Steinbearbeitung und Schmiedekunst hatte eine große Höhe erreicht.
Zwischen dem Niederbruch des 2. Lunamondes und der Auflösung des 3. liegt eine ziemlich lange Zeit, in der sich eine so hohe Kultur gut entwickelt haben konnte. Das Meer, das damals dort über dem heutigen Niveau des Titicacasees sich befand, hatte Zeit gefunden, Strandlinien in den harten Andesit einzufressen. Dazu gehören Jahrtausende. Jahrtausende muß es auch gedauert haben, bis die damaligen Flüsse ihre Delten zur Meeresküste heruntergetragen und dort ausgebreitet hatten.
Ganz sichere Kunde, wie lange hier das Meer in dieser Höhe einst brandete, gibt uns eine Kalkalge Characea, von der bekannt ist, daß sie nur höchstens bis zu 1 m Wassertiefe leben kann. Der Körper der Characea besteht zu 80 % aus Kalk, der sich am Strande niederschlägt. Ein solcher Characeastrich zieht sich an den ganzen Anden entlang, wie ein weißer Kreidestrich. Die Strandlinie wurde von deutschen Forschern vermessen vom Titicacasee am Desaguadero entlang bis zum Pooposee, in einer Länge von 550 km.
Es wurden 3 verschiedene Meßmethoden nebeneinander verwendet, um volle Sicherheit über die Höhenlage zu haben. Durch alle Seitentäler hindurch zieht sich diese Strandlinie, die eine uns gar nicht mehr in Erstaunen setzende Eigenheit zeigt. Sie steigt nämlich nach dem Äquator zu auf je 100 km um je 34, 5 m. Das damalige Meeresniveau liegt also schräg zum heutigen Meere. Der dritte Lunamond hatte eben die Gürtelflut schon höher zusammengesaugt und stärker aufgewölbt.
Für die ackerbauende damalige Bevölkerung war es von hohem Wert, einen genauen Kalender zu besitzen, damit die Aussaat und Erntezeiten danach genau bestimmt werden konnten. Das ist nötig, wenn man höchste Erträge erzielen will. Einen Kalender konnten nur Astronomen schaffen, die Sonnenbeobachtungen vornahmen. Ihr Wissen erhob diese Astronomen über das Volk, und sie bezeichneten sich als Sonnenpriester. Ihre Meßinstitute und Sonnenwarten waren prachtvolle Tempel, deren einer der Tempel von Kalasasaya (Abb. 4) mit seinem Sonnentor (Abb. 2) ist.
Über diesem Tor sind kalendarische Hieroglyphen angebracht, die [...] wesentlich besser und schärfer ausgeführt sind, als die beiden Flügel, die spätere Ergänzungen und nur ein symmetrischer Abklatsch des Mittelfeldes sind. Die bolivianische Regierung hat zwar das Sonnentor vor einigen Jahren wieder aufstellen und zusammenkitten lassen, unser Bild zeigt jedoch das Tor in seinem früheren Zustand. Es ist geborsten, und zwar müssen dabei nicht kleine Kräfte tätig gewesen sein, denn das Tor ist aus einem einzigen Steinblock herausgehauen.
Von zahlreichen Bildern, die mir der Potsdamer Astronom Dr. Rolf Müller zur Verfügung stellte, führe ich hier die Sonnentreppe (Abb. 3) vor, weil sich davor noch ein genau bearbeiteter Stein befindet, der merkwürdigerweise nicht vor der Mitte der Treppe steht, sondern 1,20 m seitlich. Auch die Treppe ist übrigens aus einem einzigen Steinblock herausgehauen. Der ganze Tempelbau ist von solcher Größe und zeugt von so hohem fachmännischem Können, von der Benutzung von harten Metallmeißeln, daß man feststellen muß, daß nur ein kulturell hochstehendes Volk ihn einst gebaut haben kann.
Es würde uns heute noch schwer fallen, die Blöcke harten Andesites so exakt zu bearbeiten und gar ein ganzes Tor herauszumeißeln. Selbst Reste von Politur sind bei den Präincabauten erhalten. Präinca - denn die Incas, die von den Spaniern im Mittelalter dort vorgefunden wurden, waren nicht die Erbauer des damals schon in Trümmern liegenden Tempels. Sie verstanden es kaum, die noch erhaltenen Bauten in Stand zu halten. [...] Die hohe aus den alten Bauten sprechende Kultur war ihnen nicht zu eigen.
Die Genauigkeit der Steinbearbeitung ist so groß, daß die ohne Mörtel gebauten Mauern der Präincas noch heute zusammenhalten. Die Baublöcke passen so genau aufeinander, daß man nicht einmal eine dünne Messerklinge dazwischen schieben kann. Die Blöcke haben in den Fugen schwalbenschwanzförmige Erhöhungen und Vertiefungen, die so fest zusammenhalten, daß sie alle Erdbeben bis heute überstanden haben.
Die beiden Seiten des Tempels, die von Westen nach Osten ausgerichtet sind, haben genau die selbe Länge von 128,76 bzw. 128,57 m. Das ist eine ganz außerordentliche Genauigkeit, die selbst heute schwer zu erreichen ist und nur erreicht wird, wenn ganz besondere Umstände eine solche Genauigkeit erfordern. Der Stein vor der Treppe sowohl wie die Länge und Öffnung der beiden Wände des Sonnentempels mußten aber genau sein, weil sie als Meßmarken dienten. Mehrfach hat Dr. Müller in dem Gebiete solche Steine mit steinernen Aufsätzen gefunden, die ihrer Form und Richtung nach astronomischen Zwecken gedient haben müssen -- so auch hier. Ebenso sind Beobachtungsinstrumente der Präincas gefunden worden.
Wenn man von dem vor der Treppe liegenden Stein aus über die beiden Eckpylonen den Horizont anvisiert, dann findet man, daß auf der Nordseite ein Höhenzug vorliegt, der den Punkt des Sonnenaufganges um etwas verschiebt. Um diesen Punkt für einen waagerechten Horizont zu finden, müßte man bei jeder Beobachtung den Zeitunterschied des Sonnenaufgangs berechnen. Um sich jedoch diese Berechnung zu ersparen, kann man auch das Beobachtungsinstrument um 1,2 m seitlich aufstellen, dann erhält man den genauen Winkel zwischen Sonnenauf- und -untergang. Und aus diesem Winkel wiederum kann man die Neigung der Erdachse gegen die Bahn der Erde errechnen, die sogenannte Schiefe der Ekliptik, die sich dauernd ändert.
Mit anderen Worten, die Rotationsachse der Erde bleibt nicht in der selben Richtung stehen, sondern sie beschreibt einen Kegel. Das ist eine Erscheinung, die man an jedem Kreisel bemerken kann. Sowie die Drehkraft des Kreisels nachläßt, bemerkt man diese konische Pendelung, die immer stärker wird, je langsamer der Kreisel sich dreht. Man hat berechnet, in welchem Tempo dieses Schwanken der Erdachse sich vollzieht, und hat die errechnete Schnelligkeit an 4000 Jahre alten Messungen nachgeprüft.
Dr. Müller berichtet im Baseler Archiv Bd. XII, pag. 123 ff. über seine Messungen der Schiefe der Ekliptik am Tempel von Kalasasaya. Es ergeben sich nach verschiedenen Berechnungsmethoden etwas größere oder kleinere Werte. Der Wert, der die größte Wahrscheinlichkeit für sich haben soll, zeigt, daß der Tempel nach dem Sonnenstand des Jahres 9500 v. Chr. orientiert ist. 9500 v. Chr., also vor 11 400 Jahren!
Der vor der Mitteltreppe liegende Stein wird bis zuletzt um das richtige Maß verschoben worden sein, denn die ackerbauende Bevölkerung brauchte diese Messungen bis -- ja, bis die große Katastrophe eintrat, die den Tempel (Abb. 4) zerstörte und das Tor bersten ließ. Es muß eine Katastrophe von furchtbarer Gewalt gewesen sein. Im Hafen von Kalasasaya liegen noch Quadern so da, als wenn am nächsten Tage der Steinmetz wiederkommen wollte, um die Quader einzufügen; das silberne Lot liegt daneben.
Überall sieht man Spuren von der Plötzlichkeit und Riesenhaftigkeit der Katastrophe. Die Anden rissen an 3 Stellen auf, so daß das Reliktenmeer bis auf einen kleinen Rest abfließen konnte. Der Spiegel des Titicacasees sank um 27 m -- ungeheure Wassermassen flossen ab und vernichteten alles Leben durch ihre Geröllflut. Es kann sich nicht um vulkanische Beben schlimmster Art gehandelt haben, man muß schon die gewaltigste Katastrophe der letzten Jahrtausende, den Einfang des Planeten Luna und den Niederbruch seiner Trabanten als Ursache annehmen.
Wenn auch die Sonnenmessungen bis zum letzten Tage vor der Katastrophe durchgeführt wurden, so stimmte die auf dem Tore eingemeißelte Kalenderinschrift doch schon längst nicht mehr. Wir hörten schon, daß spätere schlechte Ergänzungen vorgenommen worden sind an dem uralten Tore, unverstandene Ergänzungen, lediglich aus Gründen der Symmetrie und noch dazu schlecht ausgeführt. Die alte Kulturhöhe bestand nicht mehr, die Steinbearbeitung ist nicht mehr so sorgfältig ausgeführt.
Es ist sogar sicher, daß der Kalender verfaßt worden ist, ehe Planet Luna in Erdnähe kam und die Erde zu schnellerer Rotation mitriß. Hörbiger berechnet -- auf seine Berechnungsmethoden kann ich hier nicht eingehen --, daß die Erde sich vor dem Einfang des Tertiärmondes 313 mal im Jahre gedreht habe, daß der Tertiärmond die Erddrehung auf 324 Umdrehungen beschleunigt habe und daß dann nach Einfang des Tertiärmondes die Drehzahl allmählich bis auf 290 Umdrehungen gesunken sei.
Diese 290 Tage müssen je 30, 2 Stunden lang gewesen sein, denn der Umlauf der Erde um die Sonne in 8760 Stunden dürfte sich auch durch die Mondeinfangkatastrophen kaum geändert haben. Kiss ist der erste, der eine plausible Deutung der Kalenderhieroglyphen, an denen schon so viel herumgeraten worden ist, gibt. Er hält die große Mittelfigur für das Zeichen des Septembers, des südlichen Frühlingsanfanges, gleich wichtig für den Ackerbau wie für die Sonnenmessung, die in die Mäanderlinie eingeklemmten und durch die hinweisenden Kondorköpfe besonders kenntlich gemachten Zeichen für Monatszeichen.
Der ulkige Trompeter an der Ecke der einen Ecke, der seinen betont großen Fuß nach links hin setzt, will damit sagen: Hier geht´s weiter! Danach sind insgesamt 12 Monate dargestellt, und um jeden Monat herum 24 kleine Zeichen, die 24 Tage bedeuten. Nur im Februar und April fliegt ein 25. Tag in Gestalt eines fliegenden Fisches hinzu. Das macht also 290 Tage. Ich möchte den Lesern empfehlen, sich weitere Kombinationen von Kiss in der Zeitschrift für Welteislehre selbst anzusehen; hier kann ich nicht näher darauf eingehen.
Alle Kiss´schen Kombinationen verlieren leider dadurch an Wert, daß er bei der Behauptung bleibt, es handle sich um einen vor dem Erscheinen des Tertiärmondes eingemeißelten Kalender. Wer soll da wohl das Meißeln ausgeführt haben? Menschen gab es vor über 50 Millionen Jahren bestimmt noch nicht. Die kühnsten, aber wohl allein gebliebenen Hypothesen über die Entstehung des Menschen reichen bis zu 30 Millionen Jahren zurück, andere wollen dem Menschen höchstens 30 000 Jahre geben.
Noch niemand denkt aber an 50 Millionen Jahre, und vor allem gibt uns die Erdkruste, wie schon zur Genüge ausgeführt, neben unzähligen Tertiärwesen keinen einzigen Menschen heraus. Wohl aber muß man annehmen, daß es kurz vor dem Einfang der Luna schon Menschen gegeben hat, die die Kulturhöhe hatten, im Jahre 290 Tage feststellen und in harten Andesit einmeißeln zu können. Sicher ist jedenfalls, daß es am Titicacasee 9500 v. Chr. Menschen gab, die die kosmische Katastrophe eines Mondniederbruchs erlebt haben müssen.
Fortsetzung:
Die Kultur des roten Gürtels von Peru bis Babel (K. Bilau)
Anmerkungen und Quellen
Dieser Beitrag von Kurt Bilau (1872-1941) wurde seinem Buch "("Die Offenbarungen des Johannis - Ein Mondniederbruch vor 11 400 Jahren" entnommen (S. 39 - 45), das 1935 in Berlin veröffentlicht wurde. Bei Atlantisforschung.de erscheint er (2009) in einer redaktionell bearbeiteten Online-Fassung.
Bild-Quellen
(1) Wikipedia - The Free Encyclopedia, Lake Titicaca
(2) Kurt Bilau, "Die Offenbarungen des Johannis - Ein Mondniederbruch vor 11 400 Jahren", Berlin (1935)
(3) ebd.