Forum Romanum - Von Ketzern und vom Recht auf Meinungsfreiheit

von unserem Gastautor Walter-Jörg Langbein

Abb. 1 Die kirchliche Inquisition (Bild), die über Jahrhunderte hinweg die Vertreter abweichender Meinungenals 'Häretiker' verfolgte, wurde später von selbsternannten Hütern des wissenschaftlichen 'Grals' abgelöst.

Anno 1600 wurde zu Rom Giordano Bruno als Ketzer verbrannt, unter anderem auch deshalb, weil er zu behaupten gewagt hatte, daß es in den Tiefen des Alls andere "Erden" gibt, bevölkert von anderen "Menschheiten". Das war in den Augen der Theologen Ketzerei, weil mit kirchenfrommen Lehren unvereinbar. Jesus starb nach christlicher Überzeugung für die Sünden der Menschen- nur der Menschen oder auch der Außerirdischen?

Wenn aber Jesus durch seinen Kreuzestod auch die Außerirdischen erlöste....wären die ETs trotzdem benachteiligt, wir Erdenmenschen bevorzugt worden. Schließlich lebte Jesus auf unserem Planeten, wodurch wir eine höhere Chance haben, uns zum christlichen Glauben zu bekennen. Die Benachteiligung der Außerirdischen gegenüber uns Menschen aber ist mit der Lehre von einem gerechten liebenden Gott unvereinbar.

Oder besuchte Jesus alle Planeten im Universum? Wurde er überall immer wieder hingerichtet? Das ließe sich mit der Einzigartigkeit, Einmaligkeit Jesu nicht vereinbaren.

Fazit: Außerirdische kann es nicht geben, weil es sie nach Ansicht der Theologen nicht geben darf. Also wurde jeder, der das Gegenteil behauptete zum Ketzer, auf den Folter und Scheiterhaufen warteten.

Die blutige Verfolgung Andersdenkender hat ein Ende gefunden, die kirchlichen Inquisitoren wurden aber von selbsternannten wissenschaftlichen Gralshütern abgelöst. Wer von der als gültig angesehenen Lehrmeinung abwich, wurde -und wird- lächerlich gemacht oder totgeschwiegen. Und so mancher Fernsehmoderator scheint sich dazu berufen zu fühlen, etwa Vertreter der UFO-Forschung oder der Prä-Astronautik an den öffentlichen Pranger zu stellen .

Zensoren haben es freilich in unseren Tagen schwer. So gründete Rechtsanwalt Dr. Gene Phillips die "Ancient Astronaut Society" [1], um Laienforschern die Möglichkeit einzuräumen, Thesen zu publizieren, die in der konservativen Wissenschaftsliteratur kaum oder gar nicht öffentlich gemacht werden. Inzwischen gibt es weitere Magazine und Zeitschriften, die sich gezielt den Grenzwissenschaften, der Erforschung der Rätsel von Vergangenheit und Gegenwart widmen. Gewiß, was da publiziert wird, ist von unterschiedlichster Qualität, auch was die äußere Art der Darstellung oder die sprachliche Ausformulierung anbelangt. Ich bin aber der Meinung, daß trotzdem die Vielfalt der Hefte und Magazine zu begrüßen ist: weil so gewährleistet wird, daß schon der Versuch einer Zensur immer umgangen werden kann .

Kann man nun die Existenz von einer Vielzahl privater Fachblätter dafür verantwortlich machen, daß es kein "Geo" der Grenzwissenschaften gibt? Ich glaube nicht. Denn selbst wenn man sämtliche Blätter zu einem einzigen Magazin fusionieren würde, wäre die Auflage immer noch viel zu bescheiden, könnte ein solches Blatt am professionellen Zeitungsmarkt nicht bestehen.

Zeitschriften wie "Die neue Weltschau" und "Das neue Zeitalter" verschwanden nach Jahrzehnten vom Markt. Und das Projekt, mit Millionenaufwand eine deutschsprachige Ausgabe des US-Magazins "Omni" zu lancieren, scheiterte.

Die Konzentration auf ein einziges grenzwissenschaftliches Magazin indes brächte auch wieder ein Risiko mit sich: das der Zensur, der Beschneidung der Meinungsfreiheit. Die Vielzahl der existierenden Magazine aber gewährleistet, daß auch scheinbar obskure Vorstellungen und Gedanken publik gemacht werden können. Und das ist gut so. Denn die angeblich wissenschaftlich vollkommen unhaltbare Behauptung von gestern wurde oft irgendwann zum allgemein akzeptierten Gedankengut. So ist es noch gar nicht so lange her, daß Wissenschaftler weltweit erklärten, es könne Himmelssteine gar nicht geben. Man müsse angebliche Sichtungen von Meteoriten in den Bereich der Fabel verweisen. Werden irgendwann vorgeschichtliche Astronautenbesuche und UFOs als Flugvehikel von Außerirdischen auch einmal allgemeines Lehr- und Gedankengut sein?

Ich halte das für gut möglich....und möchte gleichzeitig auf eine latente Gefahr hinweisen, die bereits von Charles Hoy Fort (1874- 1932) beschrieben wurde. In seinem Buch "The Book of the Damned" (1919, es liegt endlich als "Das Buch der Verdammten" bei 2001 in deutscher Übersetzung vor) kritisierte einer der frühen "Väter der Grenzwissenschaften", daß unliebsame Fakten allzuschnell verdammt, ausgeschlossen werden....von der "dogmatischen Wissenschaft". Aber aus den Ketzern von heute können die Lehrmeister von morgen werden. So wie die Christen einst in Rom verfolgt, gemartert und gekreuzigt wurden...um dann selbst zu den blutigsten Verfolgern Andersdenkender der Weltgeschichte zu werden.

Wer heute als Andersdenkender angefeindet wird, der mag sich morgen selbst etabliert haben...und seinerseits wieder Andersdenkende als "Ketzer" verfolgen. Charles Hoy Fort: "Mit den Verdammten meine ich also die Ausgeschlossenen. Mit den Ausgeschlossenen meine ich das, was eines Tages das Ausschließende sein wird." (Fort: "Das Buch der Verdammten", 2001, Frankfurt 1995, S. 2.)

Je vielfältiger die Möglichkeiten sind, "ketzerische Gedanken" publik zu machen, desto stärker bleibt gewährleistet, daß Gedanken auch wirklich frei bleiben. Je geringer die Möglichkeiten der Publikation sind, desto größer ist die Gefahr, daß sich Menschen zu Zensoren aufschwingen, die anderen vorschreiben wollen, wie Wirklichkeit zu sehen und zu verstehen ist.


Anmerkungen und Quellen

  1. Siehe die Selbsdarstellung der deutschsprachigen AAS: Die Forschungsgesellschaft „A.A.S.“ (PDF-Datei, 350,97 KB; abgerufen: 24.09.2013)

Bild-Quelle:

(1) Manuel Anastácio bei Wikimedia Commons, unter: File:Auto de fé.jpg