Quelltext der Seite Interwiew mit Dominique Görlitz nach seiner Rückkehr von der ABORA IV-Expedition

=== Ein erstes Fazit, Hintergrund-Informationen und Ausblicke ===

[[Datei:ABORA-Route.jpeg|thumb|450px|'''Abb. 1''' Die absolvierte Fahrstrecke der ABORA IV-Expedition von Varna in Bulgarien bis nach Kaş im Süden der Türkei]]

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Herzlich willkommen zurück in der Heimat, Dominique! Was für ein Gefühl ist es, wenn ein solches Mammut-Projekt wie [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] nach jahrelangen Vorbereitungen, ca. 14 Wochen Bootsbau-Phase in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]] und gut einem Monat effektiver Fahrtzeit 'gelaufen' ist?

'''''[[Dominique Görlitz]]''''': Ein phantastisches Gefühl! Vor allem in der Rückschau auf die geleistete Arbeit und die tollen Kurse durch die [[Die Ägäis als Feld der modernen Atlantisforschung|Ägäis]] wird meine Freude über den erfolgreichen Verlauf der Expedition wohl nicht so schnell nachlassen. Dabei muss man ja auch bedenken, dass es in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]] „Null“ Vorbereitung gab, ebenso wenig in der [[Kleinasien|Türkei]] und [[Griechenland]]! Unter solchen Umständen braucht es halt viel Improvisationstalent und und auch das nötige [https://de.wiktionary.org/wiki/Qu%C3%A4ntchen Quäntchen] Glück.

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Eigentlich war ja [[Zypern]] als Reiseziel vorgesehen, wo sich vormals auch ein altägyptischer Handelshafen und Waren-Umschlagplatz befand. Warum habt Ihr euch letztlich dafür entschieden, stattdessen [https://de.wikipedia.org/wiki/Ka%C5%9F Kaş] in der [[Kleinasien|Türkei]] anzulaufen?

'''''[[Dominique Görlitz]]''''': Sowohl dieses Reiseziel als auch ursprünglich geplante Besuche einiger [[Ägäische Inseln|Ägäischer Inseln]] fielen unserer verspäteten Abfahrt zum Opfer. Diese hatte viele Ursachen: '''1.)''' Der späte Wechsel des Startplatzes von [https://de.wikipedia.org/wiki/Sotschi Sotschi] nach [https://de.wikipedia.org/wiki/Warna Varna] im März '''2.)''' Aus diesem Grund konnten wir erst 7 Wochen später in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]] anfangen, alle Materialien dorthin umzuleiten und dann mit dem Schiffsbau zu beginnen '''3.)''' Der Mangel an geeignetem Bauholz in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]], denn wir hatten beim bolivianischen Zoll das gesamte Aufbautenholz zurücklassen müssen und '''4.)''' ungewöhnlich schlechtes Wetter in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]]. So viel Regen in Mai und Juni hatten die Bulgaren in den letzten Jahrzehnten nicht erlebt!

[[Datei:ABO 8943.JPG|thumb|left|420px|'''Abb. 2''' Dr. Dominique Görlitz: "''Aus meiner Sicht hat die Seereise der ABORA IV unsere Erwartungen mehr als erfüllt''."]]

All diese Faktoren führten schließlich zu einer zweimonatigen Verspätung, so dass wir erst am 16. August 2019 in [https://de.wikipedia.org/wiki/Warna Varna] ablegen konnten. Schon zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass wir nicht mehr alle angedachten geographische Ziele – und schon gar nicht das Niltal – abfahren können. Dies hatte nichts mit unserem Floßfahrzeug zu tun, welches mindestens 1,5 Jahre schwimmfähig bleibt, sondern in erster Linie mit der Urlaubsplanung unserer Crew, deren Mitglieder ab Ende September wieder ihre reguläre Berufstätigkeit aufnehmen müssen. Als uns dann während der Expedition noch das unglaubliche Angebot erreichte, unser Expeditionsschiff in [https://de.wikipedia.org/wiki/Patara Patara] bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Ka%C5%9F Kaş] ausstellen zu können, war mir die Entscheidung leicht gemacht: Zurück nach Norden, um in der [[Kleinasien|Türkei]] eine Heimstatt für unsere tapfere [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] zu finden.

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Ist es übertrieben, die Fahrt der [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] trotz der nötig gewordenen Modifikationen von Start- und Zielort als vollen Erfolg zu bezeichnen? Habt Ihr Deiner Meinung nach den Nachweis erbringen können, dass die von [https://de.wikipedia.org/wiki/Herodot Herodot] erwähnten - gegebenenfalls auf dem Seeweg erfolgten - Kontakte zwischen Altägypten und Kulturen des [[Das Schwarze Meer, die Sintflut und Atlantis|Schwarzmeer]]-Raums technologisch gesehen bzw. in nautischer Hinsicht machbar waren? 

'''''[[Dominique Görlitz]]''''': Aus meiner Sicht hat die Seereise der [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] unsere Erwartungen mehr als erfüllt. Wir konnten entlang der vorgegebenen Route segeln und alle Orte ansteuern. Insbesondere die Anfahrt in den Naturhafen von [https://de.wikipedia.org/wiki/Poliochni Poliochni] an der Ostküste von [https://de.wikipedia.org/wiki/Limnos Limnos] ist als eine der beeindruckendsten Leistungen der Expedition anzusehen. Gleiches gilt für die [[ABORA IV segelt durch die Caldera von Santorin|Durchfahrung der Caldera von Santorin]] '''(Abb. 3)''', die wir ganz aus eigener Kraft durchsegelten, um dann an der Südküste wieder zurück nach Nordosten in Richtung [https://de.wikipedia.org/wiki/Ka%C5%9F Kaş] abzudrehen. (Die Fahrt nach [[Zypern]] wäre übrigens navigatorisch viel leichter gewesen.) Insofern können wir heute mit Bestimmtheit die Ausführungen von [https://de.wikipedia.org/wiki/Herodot Herodot] untermauern und bestätigen, dass seine Überlieferungen sicher keine „Phantasiegeschichten“ sind.

[[Datei:ABORA-Santorin.jpg|thumb|420px|'''Abb. 3''' Die ABORA VI bei ihrer Durchfahrung der Caldera von Santorin]]

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': In seefahrerischer Hinsicht waren solche Fahrten weder in der fernen Vergangenheit ein 'Zuckerschlecken', noch sind sie es heute. Das habt auch Ihr auf der [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] zu spüren bekommen, wie Euren Meldungen zu entnehmen ist. Obwohl Du als Skipper offenbar alles getan hast, um auf 'Nummer sicher' zu gehen, habt Ihr ja erleben können, dass letzlich stets Winde und Strömungen bestimmen, ob und wie ein Segelschiff vorankommt - und nicht der Mensch. Was waren in dieser Hinsicht die problematischsten Situationen, die Ihr unterwegs erlebt habt?   

'''''[[Dominique Görlitz]]:''''' Nun ja, vielleicht war es einst in mancher Hinsicht sogar leichter, auf dem Seeweg von [https://de.wikipedia.org/wiki/Warna Varna] nach [https://de.wikipedia.org/wiki/Ka%C5%9F Kaş] zu gelangen. Da gab es viele Hindernisse noch nicht, mit denen wir es zu tun hatten. Ich spreche hier an erster Stelle von der Zunahme der bürokratischen Anforderungen. Aber auch der ausufernde moderne Seeverkehr war immer eine der größten Gefahren für Schiff und Mannschaft der [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV]-Expedition. Damit mussten sich altägypische und andere altertümliche Seeleute noch nicht herumplagen.

Und weil Du speziell die Naturkräfte ansprichst, die für ein (motorloses) Segelfahrzeug damals wie heute eine besondere Herausforderung waren und sind: Die schwierigste Befahrung war das letzte Stück von [https://de.wikipedia.org/wiki/Rhodos Rhodos] nach [https://de.wikipedia.org/wiki/Ka%C5%9F Kaş], wo die Expedition in starke Südströmungen und einen aggressiven Nordwind geriet. Über zwei Tage lang mühten wir uns mit Leibeskräften, um aus diesem Strömungsband herauszukommen. Erst als wir mehr als 35 Seemeilen von diesem Band weg waren, konnten wir endlich Kurs in Richtung Norden aufnehmen. Danach hatten wir die Situation wieder voll im Griff. 

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Die Berichtestattung in den türkischen Medien zugrunde legend, fielen gerade die Reaktionen dortiger ArchäologInnen auf Eure Expedition begeistert aus. Welchen Nutzen kann z.B. die [[Troja - das Zangger´sche Atlantis|Troja]]-Forschung, oder auch die Erforschung der allgemein kaum bekannten uralten Hafenstadt [https://de.wikipedia.org/wiki/Patara Patara] aus den Ergebnissen des [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV]-Unternehmens ziehen?

[[Datei:ABO 1220.JPG|thumb|left|420px|'''Abb. 4''' Die Crew der ABORA IV mit türkischen VIPs beim feierlichen Emmpfang der Expeditions-Teilehmer in Kaş am 19. September]]

'''''[[Dominique Görlitz]]:'''''  Das müssen die Partner selber einschätzen. Jedenfalls bekam ich in der Tat viel Zustimmung durch die verantwortlichen Archäologen auf der Strecke, die unser Ansinnen in den höchsten Tönen lobten und für ihre Arbeit als wichtig einschätzten. Erst gestern erhielt ich von dem Leiter der [[Troja - das Zangger´sche Atlantis|Troja]]-Ausgrabungen, [https://www.itb-berlin.de/de/Besucher/Events/KongressReferenten/Personendetail.jsp?personId=494323 Prof. Dr. Rüstem Aslan], eine Einladung zu seiner neuen Präsentation in [[Deutschland]] übernächste Woche. [https://www.itb-berlin.de/de/Besucher/Events/KongressReferenten/Personendetail.jsp?personId=494323 Prof. Aslan] war im besonderen Maße von [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] begeistert, weil die Fahrdaten ihm helfen, antike Überlieferungen besser einzuordnen bzw. zu verstehen. Das gleiche gilt für die Archäologen von [https://de.wikipedia.org/wiki/Patara Patara] oder [https://de.wikipedia.org/wiki/Warna Varna] in [[Atlantis in Bulgarien|Bulgarien]].

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Kommen wir noch einmal zurück zum Thema 'Bürokratie'.In einem vorausgekangenen Gespräch hast Du den seit den Zeiten von [https://www.abora.eu/projekte/abora-iii-2007/ ABORA III] geadezu 'explosionsartig' angewachsenen bürokratischen Hemmnisse beklagt, welche die Planung und Durchführung entsprechender experimental-archäologischer Unternehmungen immer stärker behindern. Wenn man zudem die ständig ansteigenden Kosten für alle Teilbereiche eines solchen Projekts in Betracht zieht, scheint die Frage angebracht: Werden Privatforscher wie Du künftig überhaupt noch solche anspruchsvollen Forschungsfahrten durchführen können, oder stehen derartige Experimente 'im Kielwasser [[Thor Heyerdahl]]s' vor dem 'Aus'?

'''''[[Dominique Görlitz]]''''': Wie ich schon sagte, der Aufwand und die Hürden wurden in den letzten Jahren immer größer. Gar nicht zu reden von den Kosten für eine solche Unternehmung. Auch die Spendenbereitschaft hat arg nachgelassen, wenn man nicht gerade „Gretchen“ heißt!!! Auf der anderen Seite würde ich auch nicht gleich von einem ‚Aus‘ sprechen, zumindest was die [https://www.abora.eu/index.php?id=2421 Mission ABORA] betrifft. Immerhin haben wir immer noch unser Experimentalfloß [https://www.abora.eu/projekte/dilmun-s-2014/ DILMUN S] und die künftigen [https://www.abora.eu/index.php?id=2421 ABORA]-Ausstellungen in [[Deutschland]] und der [[Kleinasien|Türkei]].

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Abschließend würde ich gerne noch kurz auf Deine weiteren Pläne für die Zukunft zu sprechen kommen. Wird es - neben den oben angesprochenen Kooperationen mit türkischen Archäologen - weitere Folge-Aktivitäten zu [https://www.abora.eu/index.php?id=2368 ABORA IV] geben, z.B. einen ausführlichen schriftlichen Expeditionsbericht oder eine DVD? Dürfen wir zudem davon ausgehen, dass Du Dich nun auch wieder verstärkt Deinen Forschungen zur Zinn-Gewinnung im prähistorischen [https://de.wikipedia.org/wiki/Erzgebirge Erzgebirge] und den [[Der Ursprung der Zinnbronzen|uralten Handelswegen]] von [https://de.wikipedia.org/wiki/Mitteleuropa Mitteleuropa] bis zum [[Das Schwarze Meer, die Sintflut und Atlantis|Schwarzen Meer]] widmen wirst?

'''''[[Dominique Görlitz]]:''''' Ja, ich werde in den nächsten Monaten alles daransetzen, unsere Geschichte in Buch und Film zu erzählen. Wir hatten z.T. zwei Kamerateams an Bord, und die haben mit sehr guten Kameras fotografiert, was das Zeug hält. Mit diesem Material können wir einmal mehr eine ausgezeichnete Geschichte erzählen. Außerdem organisiere ich dieses Jahr wieder im [https://www.galileo-park.de/ GALILEO-PARK Lennestadt] einen Kongress. Dieses Jahr unter dem Motto >Pioniere der Meere<. Es kommen VIPs, wie der Sohn von [[Thor Heyerdahl|Dr. Thor Heyerdahl]] oder die türkische Archäologin [http://www.pataraexcavations.com/prof-dr-havva-isik/ Prof. Dr. Havva Ishik] aus [https://de.wikipedia.org/wiki/Patara Patara]. In zwei Jahren werde ich dann das große [[Auftakt zur ABORA-Wissenschau in Stollberg (Erzgebirge)|ABORA Science Center]] im [https://www.stollberg-erzgebirge.de/inhalte/stollberg/_inhalt/freizeit/sehenswuerdigkeiten/schloss_hoheneck/areal_hoheneck Areal Staleburc Hoheneck] in [https://de.wikipedia.org/wiki/Stollberg/Erzgeb. Stollberg] eröffnen. Dort werden wir auf fast 700 m² alles über [https://www.abora.eu/index.php?id=2421 ABORA], das [https://www.abora.eu/neue-projekte/cheops-projekt-das-eisen-der-pharaonen/cheops-projekt-detailinfos/ Eisen der Pharaonen] und die Zinnbronzen aus dem [https://de.wikipedia.org/wiki/Erzgebirge Erzgebirge] erzählen.

'''''[[Hauptseite|Atlantisforschung.de]]''''': Wir bedanken uns für dieses Interview und wünschen Dir viel Erfolg bei Deinen künftigen Projekten, die wir selbstverständlich auch weiterhin journalistisch begleiten werden.


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=== Anmerkungen und Quellen ===

Dieses Interview mit [[Dominique Görlitz]] wurde von ''Atlantisforschung.de''-Redaktionnsleiter [[bb|Bernard Beier]] am 26. und 27. September 2019 geführt. Das Copyright für diesen Beitrag liegt bei den beiden Interview-Partnern.

'''Bild-Quelle:'''

* Alle Aufnahmen: Bild-Archiv [https://de.wikipedia.org/wiki/Minoische_Eruption Mission ABORA] & [[Dominique Görlitz|Dr. Dominique Görlitz]]