Voodoo-Magie auf der Osterinsel
von unserem Gastautor Walter-Jörg Langbein
1992 verbrachte ich eine Woche auf der geheimnisvollsten Insel unseres Planeten....auf der Osterinsel. Einen Tag lang dauerte ein seltsames Ritual. Sieben Personen agierten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang: vier Chilenen, zwei Peruaner und ein Brasilianer. Und der Mann aus dem Land des Kaffees und Fußballs nannte sich Hounganman. Ich durfte als Zeuge dabei sein - nach langwierigen Verhandlungen. Meine Argumente waren schließlich ausschlaggebend: eine Flasche Whisky einer bekannten Edelmarke und zwei Stangen Zigaretten.
Am frühen Morgen mußte alles schnell gehen. Wolken ballten sich zusammen, Regeln prasselte. Wir suchten einen Regenbogen. Und dort, wo er die Erde berührt zu haben schien, wurde dann das Ritual zelebriert. Doch zunächst mußte wir ein "Mäuerchen", etwa fünfzehn Zentimeter hoch, zwei mal zwei Meter im Quadrat, errichten. Das brachte uns blutige Hände ein. Das Zentrum dieses "Tempels" legte der Priester mit Pappe aus. Darauf zeichnete er ein kleines Quadrat aus weißlichen Steinen. Von dessen Zentrum führten vier Linien, ebenfalls aus "Steinchen" gezeichnet, nach außen. Und im Zentrum wiederum lag ein schwarzer, eiförmiger Stein, vermutlich aus Vulkangestein.
Vom Kassettenrecorder erklangen Elvis-Songs. Dazu wurden lärmende Trommeln geschlagen - vier Stunden lang. "Jetzt sind die Erdgeister angereist!" wurde mir zugeraunt. Der Houngan-Man bekreuzigte sich, warf kalkähnliche Steinchen in alle vier Himmelsrichtungen, drehte sich im Kreis. Laut rief er "Linsahmawu, Vuvulivhawe". Eine Litanei folgte. Dann wurde die Erde gesegnet. Dann: drei Stunden monontoner Gesang. Der Houngan-Man entzündete vier Kerzen. Eine Stunde....Schweigen. Regen setzte ein, verlöschte die Kerzen....
Dann erklang wieder Musik, vier Stunden Elvis, vier Stunden Trommeln. Dann: Schweigen. Der Houngan-Man schrie wieder unverständliche Worte. Er baute das Mäuerchen ab, warf die Steine in rascher Folge ins nahe Meer.
Einige der Geheimnisse wurden mir enthüllt: Fast der gesamte Whisky wurde ins Meer gegossen. Ein Großteil der Zigaretten flog ebenfalls ins Meer - Gaben für die Götter. Im Zentrum des "steinernen Mäuerchens" wurde Tabak verbrannt: Opfer für die Götter. Das Trommeln wie die Elvis-Musik sollte die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits aufreißen, damit vier Geistwesen herbeieilen konnten. Vier Stunden benötigten sie für den Weg...wurde mir gesagt. Und nach dem Ritual dienten Musik und Trommeln wieder magischen Zwecken: Jetzt sollte die aufgerissene Grenze zwischen Diesseits und Jenseits wieder geschlossen werden.
Einen ganzen Tag dauerte das seltsame Ritual auf der Osterinsel, vom Morgengrauen bis zum Abend. Hounganman: "Ich erbte ein nicht unerhebliches Vermögen, ließ mich auf Haiti zum Voodoo-Priester ausbilden und erfülle nun schon seit Jahren den letzten Willen meines Vaters." Der hatte, davon war er überzeugt, mit "bösen Geschäften" in Brasilien viel Unheil angerichtet. Sein Sohn, darum bat er, möge durch Voodoo-Zauber sein Unrecht so weit wie möglich ungeschehen machen. Das tue er nun - in aller Welt, immer möglichst an heiligen Stätten wie auf der Osterinsel.
Fotografieren durfte ich nicht. Der Voodoo-Mann fertigte mit meinem Apparat einige Aufnahmen vom Zentrum des "Tempels" an....von dem "Ei", von den "kalkähnlichen" Steinchen. Und: Ich solle nur ja nicht wagen, mich despektierlich über das Ritual zu äußern. Als ich abends im Hotelzimmer nicht schlafen konnte, grübelte ich lang darüber nach, was ich wohl erlebt hatte. Humbug? Oder ein echtes Voodoo-Ritual?
Aus Südamerika wieder zurück wollte ich bei Musik entspannen. Ich schob eine Musikkassette mit Elvis-Songs ins Gerät. Und hörte nichts. Das Band war - leer, irgendwie von irgendwem gelöscht. Wie soll ich mir den Vorgang erklären? Als "technischen Defekt"? Oder als kleine "Warnung" des Voodoo-Manns? Als aufgeklärter Europäer kann ich so etwas natürlich nicht glauben. Aber: Ich werde mich hüten, je despektierlich über das Voodoo-Ritual auf der Osterinsel zu äußern.
Sicher ist sicher......