Vulkanausbruch auf dem Mars?

Abb. 1: Eine der aktuellen Aufnahme der VMC, Oktober 2018 Copyright: VMC/MarsExpress/ESA

(rmh) Am Sonntag, dem 19.10.2018, gerade mal zwei Tage, bevor ich mit der Niederschrift dieser Zeilen begann, schickte mir Keith Laney eine Facebook-Nachricht mit dem Inhalt: "Roland… Arsia mons (Abb. 1)...is erupting!" Nanu, ein Vulkanausbruch auf dem Mars? Genauer: eines Schildvulkans in der Tharsis-Region und einer der drei Tharsis Montes (Abb. 2), die erstmals 1971 von der Raumsonde Mariner 9 beobachtet wurden, der seit 100 Millionen Jahren erloschen ist/sein soll, soll plötzlich wieder aktiv geworden sein? Laney verwies mich weiter auf seine Facebookgruppe "Lunar Anomalies", wo er auf Fotos auf der Flickr-Seite https://www.flickr.com/photos/esa_marswebcam/44927778131/in/photostream/ und VMC The Mars Webcam hinwies, die Bilder des gesamten Mars zeigten, auf denen ein langer Streifen aus einer rauchartigen Substanz zu sehen ist, die sich vom Arsia Mons aus über eine weite Strecke des Mars zieht. Die Bilder stammten von der VMC The Mars Webcam der ESA, und der vermeintliche Ausbruch begann offensichtlich gegen Ende September 2018.

Tags darauf meldet Andreas Müller: "Die Webcam VMC an Bord des europäischen Mars-Orbiters 'MarsExpress' zeigt derzeit Aufnahmen, die für kontroverse Diskussionen sorgen. Für den Laien scheint es so, als trete schon seit etwa einem Monat eine gewaltige Rauchfahne aus einem der drei markanten – aber als inaktiv geltenden – Schichtvulkane in der Mars-Region Montes aus. Sehen wir hier ein Beleg für einen aktuellen Vulkanausbruch auf dem eigentlich vulkanisch inaktiven Mars? Astronomen vermuten vielmehr ein ungewöhnliches Wolken- bzw. meteorologisches Phänomen. Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) hat nachgefragt und die aktuelle Wissenslage sortiert."[1]

Müller hatte zuvor Leserzuschriften bekommen, die ihn auf das Phänomen hinwiesen und später in den sozialen Medien, insbesondere Twitter ebenfalls Hinweise auf dieses Phänomen gefunden. Der Twitter-Kanal des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) " DLR_next " vermeldete dazu: "'(Es) Gibt es (solche Phänomene) immer wieder. Sind Wolken, die sich über den Vulkanen bilden (weil Luft an den Hängen nach oben steigt und in der Höhe kondensiert). Zwar dünnere Atmosphäre dort, aber Prozess wie auf der Erde. Kein Vulkanausbruch.'" Müller merkt dazu aber an: "'Tatsächlich ist das Phänomen aber nicht erst auf den aktuellen VMC-Aufnahmen zu sehen, sondern schon auf Bildern der Mars-Webcam von Ende September 2018 sichtbar. Es handelt sich also um ein bereits schon seit vergleichsweise langer Zeit anhaltendes Ereignis.

Abb. 2: Die drei Tharis-Vulkane

Eine Suche im VMC-Bildarchiv durch Grenzwissenschaft-aktuell zeigt, dass die wie auch immer geartete Wolkenfahne erstmals auf Aufnahmen der Webcam ab 14. September 2018 (14-09-2018 at 05:14:14, 18-257_05.14.14_VMC_Img_No_35.png) zu sehen ist und auf den davorliegenden früheren Aufnahmen der Tharsis-Montes-Vulkane vom 13. September 2018 (13-09-2018 at 08:16:35, 18-256_08.16.35_VMC_Img_No_34.png) noch nicht zu sehen ist."

Müller verweist darauf, dass die "Wolkenfahne" bereits irgendwann zwischen dem 13. und 14. September 2018 entstanden sein muss und somit mittlerweile bereits mehr als einem Monat aktiv gewesen sein müsse. Neben dem deutlich erkennbaren Schatten, den die "Wolkenfahne" auf die Planetenoberfläche wirft, seien es auch die Aufnahmen vom 14. September 2018, die für eine relativ große Höhe spricht, auf der sich diese Wolkenfahne ausbreite, denn die Planetenoberfläche läge hier noch größtenteils im Schatten, während die Wolkenfahne selbst schon hell erkennbar sei.

Müller weist auf eine weitere mögliche Erklärungsvariante hin, die vom Astrofotografen Sebastian Voltmer stammt, der für seine spektakulären Aufnahmen des Mars mit Kleinteleskopen bekannt ist. Gegenüber Müller sagte er unter Verweis auf den jüngsten globalen Sandsturm auf dem Mars: "Hierbei könnten sich an den Flanken des Vulkans Arsia Mons größere Mengen des aus der Region 'Medusae Fossae Formation' stammenden Staubes abgesetzt haben, der jetzt durch aufsteigende warme Luft als Fahne weggetragen wird und letztlich verstärkt Feuchtigkeit bindet. In den meisten Fällen entstehen dadurch Wassereis-Wolken."

Ähnlich große Staubphänomene habe Voltmer im Gebiet des gigantischen Cayonssystems Vallis Marinares] und verstärkte Eiskristall-Wolken kürzlich bei seinen Marsbeobachtungen in Namibia dokumentieren können. In der Vergangenheit, insbesondere nach dem Marssturm 2005 habe Votlmer auch helle orographische Wolken über dem Gipfel des größten Marsvulkans Olympus Mons beobachten können.

Am 26.10.2018 jedoch vermeldet Müller [2], dass die Wolkenfahne über dem Mars aus Wassereis besteht. Müller erklärt, dass diese aus orographischer Wolken bestehende Fahne bereits früher, wie 2009, 2011 und 2015 beobachtet wurden.

Abb. 3 Eine von Justin Cowart bearbeitete Aufnahme einer von der Flanke des Arsia Mons fortwehenden Wolkenfahne 2015(!), aufgenommen vom Orbiter der indischen Mars-Orbiter-Mission (MOM). Copyright: ISRO / ISSDC / J.Cowart

Die ESA veröffentlichte am 25. Oktober 2018 eine offizielle Erklärung in der es heißt, dass es sich um eine orographische Wassereiswolke, also um "ein atmosphärisches Merkmal handelt", die von der Lee-Seite des 20 Kilometer hohen Vulkans ausgehe, das nicht mir vulkanischer Aktivität in Verbindung steht".

Müller dazu: "Ihre Einschätzung stützt die ESA mittlerweile auch auf Beobachtungen und Vermessungen der Wolke mit Hilfe der hochauflösenden High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord von und des Spektrometers OMEGA 'Mars Express'. Wie schon die ISRO-Aufnahme von 2015, so zeigen auch die aktuellen Aufnahmen deutlich, dass es sich um eine Wolke über, und nicht um eine Rauchfahne aus dem Vulkankegel oder gar -Krater handelt und diese weiterhin geschlossen ist."

Die ESA erklärte weiter, dass die nördliche Marshalbkugel sich mit dem Tagesverlauf ändere. Sie ziehe sich aufgrund der lokalen Abwärtswinde am Morgen fast parallel zum Mars-Äquator in der Länge und erreiche auf diese Weise ihre beachtliche Ausdehnung, aufgrund deren sie sogar mit Teleskopen von der Erde aus zu sehen sei.

Müller schließt den Artikel mit den Worten: "Wie schon Voltmer gegenüber GreWi erläuterte, steht die Entstehung von Wassereiswolken in einem Zusammenhang mit dem Staub in der Atmosphäre, weshalb auch die ESA die Entstehung der aktuellen Wolkenfahne mit dem jüngsten globalen Sandsturm im vergangenen Juni und Juli in Verbindung bringt. Von einer genaueren Beobachtung der Wolke erhoffen sich die ESA-Wissenschaftler nun neue Informationen über die Auswirkungen des atmosphärischen Staubs auf die Entwicklung von Wolken und deren Veränderlichkeit im marsianischen Jahreslauf."



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Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

Bild-Quellen:

1) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arsia_Mons_mosaic.jpg
2) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tharsis_Montes_MOLA_zoom_64.jpg
3) https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2018/10/0161-wolke-mars-arsia-mons2015.jpg