Dominique Görlitz: Ungelöste Rätsel der Entdeckergeschichte
Kam Kolumbus 1500 Jahre zu spät?
Eine Rezension von Reinhard Prahl
Welcher diffusionistisch oder an der Atlantistheorie interessierte Leser hat nicht schon von der Piri Reis Karte gehört? Dieses kartographische Werk des türkischen Admirals Piri Reis von 1513 fällt besonders dadurch auf, dass Teile Süd- und Nordamerikas sowie die Küstenlinien der Antarktis dargestellt sind, die 1513 noch gar nicht entdeckt waren. Die Antarktis gilt nach archäologischer und geologischer Fachmeinung als zu diesem Zeitpunkt seit vielen tausend Jahren vollkommen vereist, Amerika war gerade erst entdeckt und eigentlich noch vollkommen unerforscht. Der amerikanische Wissenschaftsgeschichtler Charles H. Hapgood wertete die Karte neun Jahre lang aus und kam zum Entschluss, dass die von Reis verwendeten Quellen bis weit in die Antike und darüber hinaus zurückreichen müssen.
Nun wird in der etablierten Archäologie weitgestgehend bestritten, dass gezielte Hochseeschifffahrt in der Antike (und früher) zwischen Alter und Neuer Welt stattgefunden hätte. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde den alten Hochkulturen sogar die Fähigkeit abgesprochen, überhaupt Schiffe entwickelt und gebaut haben zu können, mit denen Hochseeschifffahrt möglich gewesen wäre. Schon der große Thor Heyerdahl konnte durch seine Ra- und Tigris-Expeditionen belegen, dass dies nicht stimmt und Flöße sowie Schiffe aus Papyrus (und anderen Schilfgewächsen) sehr wohl in der Lage waren, den Atlantik zu überqueren.
Seinem großen Vorbild Thor Heyerdahl folgend schickte sich einst ein junger interdisziplinärer Wissenschaftler namens Domique Görlitz aus Thüringen an, die großen experimentalarchäologischen Schiffsfahrten des norwegischen Forschers nicht nur fortzuführen, sondern auszuweiten und durch neue sensationelle Ergebnisse zu erweitern.
Dass dieses Vorhaben bestens gelungen ist, wird letztlich durch zwei Terra X Dokumentationen sowie zahlreichen Publikationen Görlitz´ hinreichend und spannend dokumentiert.
Aus Dominique Görlitz ist ein ernstzunehmender Experimentalarchäologe geworden, der nicht nur durch seine Kenntnisse in der antiken Seeschifffahrt glänzt. Inzwischen arbeitet er darüberhinaus derzeit an seiner Doktorarbeit. Nicht nur seine Forschungsreisen tragen entscheidend mit dazu bei, den Erkenntnisstand über die antike Schifffahrt und die Ausbreitung antiker Pfanzen (wie z.B. Tabak und Kokain die in ägyptischen Mumien der 19. bis 21. Dynastie entdeckt wurden) zu erweitern, sondern auch seine labortechnischen Untersuchungen.
Sein neuestes Werk, "Ungelöste Rätsel der Entdeckergeschichte - Kam Kolumbus 1.500 Jahre zu spät?" befasst sich auf 72 Seiten mit einem weiteren (für die antike Hochseeschifffahrt aber ungemein aufschlussreichen und unumgänglichen) wichtigen Thema, welches seit vielen Jahren in der Archäologie für heftige Kontroversen sorgt: der Kartographiegeschichte.
Dabei wird nicht nur auf die bekannte Piri Reis Karte eingegangen. Vielmehr wird die Geschichte der Kartographie im 15. und 16. Jahrhundert (des Zeitalters der großen Entdeckungen) in Europa besprochen und anhand zahlreicher farbiger und qualitativ hochwertiger Abbildungen neues Beweismaterial vorgelegt. Dieses Material belegt zweifelsfrei, dass die Piri Reis Karte beiweitem kein Einzelfall ist, im Gegenteil!
Besonders spannend und aufschlussreich ist die Geschichte des sogen. Gothaer Marmorglobus, der dem Autor dieser Rezension bisher völlig unbekannt war. Dieser Globus wartet, so klein er ansich ist, mit einigen schon sensationell zu bezeichnenden Entdeckungen auf. So enthält er z.B. Darstellungen von Nord- und Südamerika sowie von den Küstenlinien der Antarktis die zur Zeit der Erstellung des Marmorglobus von Gotha (1533) ebfalls noch unbekannt waren und sogar wesentlich genauer sind als die Zeichnungen auf der oben erwähnten Piri Reis Karte. Die eigentliche, für den Autor dieser Rezension, völlig überraschende und äußerst spannende Entdeckung die Görlitz zu vermelden hat soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Stattdessen möchte der Schreiber dieser Zeilen wämstens den Kauf des Werkes empfehlen.
Nicht nur die Erkenntnisse um den Marmorglobus machen "Ungelöste Rätsel der Entdeckergeschichte - Kam Kolumbus 1.500 Jahre zu spät?" so lesenwert. Auch weitere, für die Zeit des 16. Jahrhunderts sehr ungewöhnliche Karten und die verwendeten Projektsarten sind trotz des kleinen Rahmens des Buches recht ausführlich und spannend erläutert. So bietet das Werk sowohl neuen, als auch informativ-sachlich und erzählerisch unterhaltsamen Stoff. Der Leser erhält also sowohl einen Enblick in die Kartographiegeschichte als auch in die Rätsel die sie uns aufgibt. Vielleicht können diese Rätsel nie vollständig gelöst werden. Sie beweisen aber, dass zumindest einige Kartographen der Zeit von Kolumbus, Magellan und den anderen großen Entdeckern jener Epoche über sehr alte Quellen verfügt haben müssen. Diese alten Quellen müssen sehr weit zurückreichen, weiter als es sich die etablierte Archäologie im Augenblick eingestehen mag.
So erwirbt der Leser letztlich nicht nur ein sehr schön gestaltetes kleines Büchlein, sondern auch einen regelrechten "Wissenschaftskrimi" der uns animieren möchte, Fragen zu stellen.
Für jeden an den Rätseln der Antike Interessierten stellt "Ungelöste Rätsel der Entdeckergeschichte - Kam Kolumbus 1.500 Jahre zu spät?" einen lohnenden Kauf dar den der Verfasser dieser Buchbesprechung nur empfehlen kann.
Hinweis:
Ungelöste Rätsel der Entdeckergeschichte - Kam Kolumbus 1500 Jahre zu spät? (ISBN: 978-3-939 182-34-4) von Dominique Görlitz ist derzeit ausschließlich im Selbstverlag des Autors erhältlich. Bestellungen über: dominique.goerlitz@t-online.de