Die Pyramiden und ihr Pumpsystem
Hermann Waldhausers Theorie zur Großen Pyramide - Teil 4
von unserem Gastautor Stefan Erdmann
Ein Problem, vor dem Hermann Waldhauser stand, war die Tatsache, daß wichtige Bauteile nicht mehr vorhanden sind. Es ist möglich, daß sie – ob nun absichtlich oder nicht – zu einem bestimmten Zeitpunkt entfernt wurden. Auch die Verschließung der großen Pyramide würde Waldhausers These unterstreichen, denn bis heute hat man vergeblich Versuche unternommen, einen „Haupteingang“ zu finden. So einen Haupteingang gibt es in einer Verdunstungsanlage natürlich nicht.
Der Österreicher ging bei seinen Überlegungen aber auch von der Möglichkeit aus, daß gewisse Teile absichtlich entfernt wurden, um eine mögliche Rekonstruierung des Systems und der Technik unmöglich zu machen. Das würde erklären, warum das Wissen um die Pyramiden von Gizeh schon während der Pharaonenzeit fast völlig in Vergessenheit geraten ist, bis etwa ins neue Reich (1500-1306 v.Chr.) – das sind etwa 1.000 (!) Jahre, vorausgesetzt, daß die Pyramide nicht früher erbaut wurde. Das ist mehr als ein Indiz dafür, daß elitäres Wissen um die Pyramiden wohl verlorenging bzw., aus welchen Gründen auch immer, für nachfolgende Dynastien nicht mehr zugänglich war. „Betrachtet man die Pyramidenoberbauten als riesige leere Pumpengehäuse, aus denen alle beweglichen Teile, wie Kolben, Zugseile und Ventile entfernt wurden, dann haben wir den Schlüssel zu einem teilweisen Verständnis gefunden.“ [1]
Hermann Waldhauser weist in seinen Ausführungen deutlich auf das Gesamtkonzept hin und darauf, daß der Oberbau (die Pyramide) nur ein Einzelteil in der Gesamtkonstruktion darstellt, das ohne die anderen Bauteile sinnlos wäre. Die folgende Abbildung beschreibt die Hauptteile der Gesamtanlage:
Abb. 1 Die sichtbaren Hauptteile einer Pyramidenanlage nach H. Waldhauser: 1. der schiffbare Kanal vom Nil, 2. der Talweg, 3. der Aufweg, 4. das Hauptgebäude, 5. die Umfassungsmauer, 6. der Hof und 7. der pyramidenförmige Oberbau.
Die Pyramidenanlage war auf dem Wasserweg erreichbar, weil sie durch einen Kanal mit dem Fluß verbunden war. Das gesamte Baumaterial wurde auf Schiffen herangeschafft, somit war der Verbindungskanal eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Baubeginn der Anlage. Der Talbau bildete nach Waldhausers Konzept den Anschluß der Anlage gegen das Fruchtland und gegen den Nilkanal hin. Er hatte unter anderem die Aufgabe eines Bootsanlegeplatzes und einer Verladerampe.
Der Aufweg hat den Talbau mit dem Hauptgebäude verbunden und war eine schiefe Ebene. Die Steigung war sehr gering, was heute noch gut zu erkennen ist. In den alten Texten wird der Aufweg als der „Aufweg des Ziehens“ bezeichnet. Eine Bezeichnung, die sehr zutreffend ist, da alles, was zur Hauptanlage befördert werden sollte, über diese langsam ansteigende Ebene gezogen wurde.
Wie genial durchdacht dieses System demnach gewesen sein muß, zeigt der Umstand, daß der Aufweg nicht nur in der gerade beschriebenen Weise als Transportmaschine genutzt wurde, sondern auch als „Schleifmaschine“ für die Bearbeitung von Flächen, die genau geglättet werden mußten. Auf diese Weise kann auch nachvollzogen werden, warum die Verkleidungssteine in einer derartigen Präzision hergestellt werden konnten. Wie auf der folgenden Abbildung (Abb. 2) zu erkennen ist, war es auf diese Weise nicht nur möglich, die Auflageflächen zu glätten, sondern auch die Gegenflächen und die schrägen Außenflächen.
Am oberen Ende des Aufweges befindet sich das Hauptgebäude, das die Verbindung zum Hauptteil der Anlage hergestellt hat. „Hier befand sich beim Bau die obere Verladerampe, während das später hier errichtete Gebäude vielfältige Aufgaben zu erfüllen hatte, die mit dem Betrieb der Anlage zusammenhingen. Es war einerseits die Bergstation eines Aufzuges und hatte in dieser Hinsicht eine technische Funktion. Andererseits war es sozusagen die Steuerzentrale und das Betriebsgebäude der Großanlage, für deren vielfältige Bedürfnisse Vorsorge getroffen werden mußte, und es erforderte dieser Umstand Räumlichkeiten für Personal und verschiedenes Betriebsmaterial. Abgesehen von diesen, rein praktischen Zwecken dienenden Räumen, waren hier auch solche für Kult und Repräsentation vorgesehen.“ [2]
Kommen wir zur Umfassungsmauer. Diese war ein wesentlicher Teilaspekt des Oberbaus und spielte bereits vor dem eigentlichen Baubeginn, bei der Vermessung und Berechnung, eine wesentliche Rolle. Die Umfassungsmauer bildete einen viereckigen Grundriß, und so konnten die Eckpunkte des Oberbaus auch dann bestimmt werden, wenn in der Mitte des Bauplatzes – wie das bekanntlich bei der Großen Pyramide der Fall ist – eine Erhebung war. Nach Fertigstellung der Umfassungsmauer wurde die Baustelle unter Wasser gesetzt und in einen kleinen See verwandelt. Der Grund dafür war, daß man nun auf der Oberfläche des Sees sämtliches Material mit einem viel geringeren Kraftaufwand dorthin befördern konnte, wo es benötigt wurde. „Die Umfassungsmauer war im unteren Teil der Außenmantel eines flachen Wasserbassins und hat auch auf das Geschehen im Luftraum rund um die Pyramidenanlage bedeutenden Einfluß gehabt.“ [3]
Der Hof befand sich zwischen der Umfassungsmauer und der Standfläche des Oberbaus. Er konnte nur durch einen engen Durchgang vom Hauptgebäude her betreten werden. „Dieser Hof kann allerdings eher als Wasserbassin bezeichnet werden, weil er von Baubeginn an mit Wasser gefüllt war. Zunächst wurde er als eine Art Wasserstraße benutzt und später als Verdunstungsbecken und zur Aufnahme von eventuellem Überschuß von Überschuß- oder Regenwasser. Über den Aufweg war eine Ableitung desselben in den Nilkanal auf eine einfache und zuverlässige Weise möglich. Hierbei hat es sich keinesfalls um eine übertriebene Vorsorge gehandelt, denn ebensogut wie ein Versuch, Regen herbeizuführen, erfolglos bleiben konnte, ebensogut konnte er auch einen Platzregen oder einen Wolkenbruch auslösen.“ [4]
Nun zum Oberbau. Er ist nicht nur der markanteste Teil der Gesamtanlage, sondern er bildet auch den Teil, der die längste Bauzeit in Anspruch nahm. Die Hauptteile sind: die großflächige Außenverkleidung und das Kernmauerwerk inklusive des massiven Felskerns und der sich im Inneren befindlichen Hohlräume. Der Transport des Baumaterials erfolgte, wie oben erklärt, zu Wasser - eine Methode, die besonders für die Arbeiter eine unermeßliche Erleichterung darstellte. Gearbeitet wurde dieser Idee zufolge immer auf dem Trockenen und transportiert wurde immer auf dem Wasser.
Fortsetzung: Die Pumpen und ihre Teile
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Quelle Hermann Waldhauser, "Regenzauber der Pharaonen", Junior-Druck Behamberg 1976, sowie: Patentschrift Herrn Waldhausers und Artikel in „Neues Steyr-Magazin“, April 1978
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Quelle: ebd.
Bild-Quellen:
- 1) Stefan Erdmann, op. cit. (2005), Abb. 121
- 2) Stefan Erdmann, op. cit. (2005), Abb. 122