Unbekannte Schätze der Peloponnes

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von Ferdinand Speidel

Abb. 1 Das Grab der Klytemnestra in Mykene (Foto: Ferdinand Speidel)

Eine Reise durch die Peloponnes (auch: der Peloponnes, im Griechischen fem.) kann dem geschichtlich interessierten Reisenden neben vielen bekannten, antiken Monumenten auch einige schwer auffindbare oder sogar unerwartete Überraschungen bescheren. Natürlich sind Orte wie Mykene (Löwentor, Schatzhaus des Atreus, das Schliemann als Grab des sagenhaften Königs Agamemnon betrachtete, Klytemnestra-Grab (Abb, 1) usw.), Korinth mit seinen Tempelanlagen, Epidaurus mit seinem Theater und vielen anderen Anlagen, um nur einige zu nennen, erste Adressen.

Bei einem Besuch 2008 interessierten mich jedoch Orte mit megalithischen Bauwerken, die im Internet zu finden sind, darunter auch eine Pyramide (Abb. 2), die sich im östlichen Teil der Peloponnes, der Argolis, befindet.

Abb. 2 Die Ruine der Pyramide von Hellinikon

Die Suche vor Ort gestaltete sich jedoch als recht schwierig. Nach einer eindrucksvollen Besichtigung der Anlagen von Mykene sollte der Ort Agios Adrianos die nächste Station sein, wo sich das Palaeo Kastro (Altes Schloss) (Abb. 3) befindet. Auf dem Weg durch das hübsche, lebhafte Küstenstädtchen Nafplion (Nauplio) fanden wir auch die richtige Straße nach Agios Adrianos. Den kleinen Ort mit seinen verstreut liegenden Häusern hatten wir schnell passiert, aber wo war nun das Palaeo Kastro, es gab keinerlei Hinweise dafür. Glücklicherweise passierte ein Motorradfahrer, den ich anhalten und fragen konnte. Allerdings war ich seinem Wortschwall nicht gewachsen. Schließlich begleitete er uns ein Stück auf der feldwegähnlichen Straße und deutete auf einen kleinen Hügel vor uns und setzte seinen Weg fort.

Abb. 3 A der Ferne fast nicht mehr zu erkennen: die Trümmer des Palaeo Kastro

Ich schaute mich nach Hinweisen um, aber da gab es nichts. Durch das Gestrüpp und über Feldsteine bahnte ich mir meinen Weg nach oben, und tatsächlich, da war es, das Palaeo Kastro, beziehungsweise das, was die Zeit davon übriggelassen hat. Leider fand ich auch dort oben keinerlei Hinweise, die Aufschluss über den Ursprung des Gemäuers gegeben hätten. Dennoch war der Anblick dieser Trockenmauern, die aus großen, unregelmäßigen und polygonalen Steinen errichtet waren, beeindruckend.

Bereits auf dem Weg nach Mykene war mir an der Straße eine riesige Mauer aufgefallen. Es stellte sich heraus, dass es die „Zyklopenmauer“ des antiken Tiryns (heute Tiryntha) war. Tiryns war bereits während der Bronzezeit im 3. Jahrtausend v.Chr. eines der wichtigsten Zentren Europas.

Abb. 4 Die Außenmauer der bronzezeitlichen Metropole Tiryns

Trotz des damals relativ geringen Besucherzuspruchs gehört es zu den wichtigen Stätten des antiken Griechenlands, und es gab auch Hinweise und Erklärungen. Allerdings waren wegen der weiterhin laufenden Grabungsarbeiten nicht alle Teile zugängig. Deutlich erkennbar an den Trockenmauern sind die ursprünglichen Teile aus zum Teil riesigen Quadern errichtet, während an späteren Schichten kleinere Steine verwendet wurden.

Eine kleine Überraschung wartete auf dem Rückweg zu unserem Domizil. Ein kleines Hinweisschild am Straßenrand deutete auf ein weiteres Bauwerk hin, vergleichbar dem Palaeo Kastro, das Karzamas genannt wurde. Auch hier war der Unterschied der ursprünglichen polygonalen Steine und der nachträglich aufgetragenen Feldsteine klar ersichtlich.

Die nächste Fahrt führte zu der Pyramide von Hellinikon (Elliniko), das etwas westlich von Nafplion liegt. Auch hier war es einfach, den Ort Hellinikon zu finden, von Hinweisen auf die Pyramide fehlte jedoch jede Spur. Ein Dorfbewohner bedeutete mir, einer Straße zu folgen und tatsächlich nach kurzer Strecke waren die Reste der Pyramiden zu erkennen.

Noch bis in die jüngste Vergangenheit wurde dieses Bauwerk als militärischer Außenposten in die hellenistische Ära datiert. Seit den 1990er Jahren wird sie als prähistorisch angesehen. Es bleibt aber weiterhin umstritten, ob es je eine Pyramide war oder aber ein Pyramidenstumpf. Die Seitenlinien haben eine Länge von 12 bis 15 m, die Mauerreste ragen bis über 3 m hoch. Aufgrund des Neigungswinkels von 55° dürfte die Pyramide weniger als 10 m hoch gewesen sein. Als herausragendes Merkmal stechen die riesigen, polygonalen Steine ins Auge.

Und es gab auch dieses Mal wieder eine Überraschung auf dem Rückweg. Kurz vor unserem Ziel, dem Hafenstädtchen Porto Cheli, sah ich ein Hinweisschild für eine Höhle nahe dem Ort Kranidi. Auf dem Weg stieß ich zunächst noch auf stark erodierte, megalithische Mauerreste ohne jegliche Angaben, bevor ich die Höhle erreichte.

Sie stellte sich als die nicht ganz unbekannte Höhle von Franchthi heraus, die als eines der ersten Zeugnisse menschlicher Besiedlung in Griechenland gilt. Die frühesten Spuren weisen auf eine Nutzung seit rund 30.000 Jahren hin, Steinartefakte (Speerspitzen, Messer) zwischen 28.000 und 15.000 Jahren Alter lassen auf durchgängige Nutzung schließen. Aus der Jungsteinzeit wurde ein Skelett mit einem Alter von 9000 Jahren gefunden. Zu jener Zeit war die Höhle frei zugänglich, ohne jegliche Schutzmaßnahmen. Ab 2013 wurde sie mit EU-Geldern erschlossen.

Diese wenigen Beispiele griechischer Historie und Prähistorie finden sich auf einem engen Raum in einem Umkreis von kaum 50 km, mit Ausnahme der Höhle Franchthi, die unwesentlich weiter abseits liegt. Viele dieser Stätten erhalten keinerlei Pflege, geschweige denn Beachtung. Sicherlich würde so mancher interessierte Tourist auch dorthin finden, wenn seine Aufmerksamkeit darauf gelenkt würde.