Was bringen Meinungsumfragen zum Thema Atlantis?

Ein Kommentar von Tony O’Connell

Abb. 1 Hier die exemplarische Dokumentation einer Online-Umfrage zum Thema 'Atlantis' mit zielführend selektierten Antwort-Möglichkeiten (aus: gutefrage.net)

Häufig finden sich im Internet Meinungsumfragen in Bezug auf Atlantis, verbunden mit einer Einladung zur Abstimmung. Diese Umfragen sind üblicherweise von zweierlei Art, nämlich erstens ein simples "Akzeptierst Du die Realität von Atlantis - oder nicht?", während der zweite Typ die befragten Personen dazu auffordert, ihre bevorzugte Lokalisierungs-Theorie zu Atlantis aus einer Liste auszuwählen, bisweilen mit einer hinzugefügten 'andere'- oder ‘ich weiß nicht’-Option. [1]

All diese Umfragen haben nur einen minimalen Wert. Die JA/NEIN-Frage ist tatsächlich nur die Aufforderung zu einer Glaubensbekundung, und liefert keinen Anhaltspunkt zum Informationsniveau der Betrachtung, die hinter der gegebenen Antwort steckt. Vorherrschende Meinungen dazu verändern sich ständig, wenn neue Ideen vorangetrieben werden. Wenn ich im 15. Jahrhundert eine Befragung zum Glauben der Menschen durchgeführt hätte, ob die Sonne sich um die Erde, oder die Erde sich um die Sonne dreht, so hätte die bei weitem überwiegende Mehrheit für erstgenannte Meinung optiert. Es ist also irrelevant, ob eine Mehrheit von Leuten an die Existenz von Atlantis ‘glaubt’ oder nicht. Von Wichtigkeit ist, ob die Evidenzen die eine oder andere Auffassung stützen.

Hinsichtlich der Auswahl von Atlantis-Lokalisierungen auf Listen habe ich festgestellt, dass einige dieser Listen verzerrt wurden, um bestimmte Theorien durch das Weglassen rivalisierender Theorien zu begünstigen, was deren Resultate in ein schlechtes Licht setzt. Die Auswahl eines beliebigen Befragten wird häufig davon abhängen, was sie zuletzt über das Thema gelesen haben. Wenn eine Person beispielsweise lediglich Donnellys Buch [2] gelesen hat, dann wird sie vermutlich für den Mittelatlantischen Rücken stimmen, ein Italiener, der Sergio Fraus Band [3] verschlungen hat, mag Sardinien wählen, wogegen jemand, der sich durch Andrew Collins´ Werk [4] geackert hat, wohl zu Kuba neigen wird. Folglich können die Resultate von Lokalisierungs-Umfragen in Hinsicht darauf verzerrt werden, welche Theorien in den am besten publizierten Büchern vorkommen.

Mein Fazit lautet, dass Meinungsumfragen zu Atlantis generell wertlos sind und ignoriert werden sollten. Um ehrlich zu sein, reicht mein Zynismus weit über das Thema 'Atlantis' hinaus – man betrachte doch nur einmal die Qualität einiger der Politiker, für die wir stimmen!


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Tony O’Connell (©) wurde unter dem Original-Titel "Opinion Polls" erstveröffentlicht am 24. Februar 2010 bei Atlantipedia.ie. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Tatsächlich gibt es noch zwei weitere Varianten. Bei einem dritten Typ solcher Atlantis-Umfragen geht es um die Frage, ob eine bestimmte Atlantis-Lokalisierung befürwortet wird oder nicht, wobei zumeist eine Reihe von Antwort-Optionen angeboten wird (z.B. hier oder hier). Bei Typ Nr. 4 werden dagegen typologische Fragen zum Charakter oder der 'Aufgabe' von Atlantis gestellt. (Abb. 1)
  2. Siehe: Ignatius Donnelly, "Atlantis: The Antediluvian World", Harper, 1882; deutschsprachige Erstausgabe: "Atlantis, die vorsintflutliche Welt", Eßlingen (Ziegler), 1911
  3. Siehe: Sergio Frau, "Atlantika: eine detektivische Untersuchung des antiken Mittelmeerraums", Parthas-Verlag, 2008
  4. Siehe: Andrew Collins, "Neue Beweise für Atlantis", Scherz 2001

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