Aufbruch in den Weltraum!

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Pro und Kontra zur Auswanderung ins All

von Roland Roth

Abb. 1 Ist der Aufbruch der Menschheit in den Weltraum unsinnig oder 'Zukunftsmusik', deren Durchführung wir bis in eine ferne Zeit verschieben sollten, in welcher 'wichtigere' Probleme der Menschheit gelöst wurden? Roland Roth macht in diesem Beitrag deutlich, warum dieser womöglich wichtigste Schritt in der Menschheitsgeschichte nicht auf die sprichwörtliche 'lange Bank' geschoben werden darf.

Es ist manches Mal nicht so einfach, neuen Ideen den Weg zu ebnen, so war es schon immer. Aber halt: eine ganz bestimmte Idee, die von nicht wenigen Menschen abgelehnt wird, ist die einer systematischen Forcierung der Weltraumfahrt und der damit vorrangig verbundenen Kolonisierung des Mars. [1]

Viele Skeptiker und Menschen mit konträrer Haltung zur Weltraumfahrt vertreten die Ansicht, die irdische Problematik in Hinsicht auf Ressourcen und Umweltzerstörung benötige unser aller Augenmerk, und argumentieren im selben Atemzug, zunächst die erdgebundenen Probleme zu lösen, bevor mit der "Exkusion" in den Weltraum bzw. zunächst zum Mars begonnen wird und möchten es einer weiterentwickelten Menschheit überlassen, diese Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Nun, dazu muss ich ein wenig ausholen und möchte die immense Bedeutung darlegen, die mit der Expansion in den Kosmos verbunden ist. In meinem Beitrag "Warum zum Mars? Sinn und Zweck der Mars-Explorationen" [2] habe ich einige dieser Aspekte bereits ansatzweise zur Sprache gebracht.

Abb. 2 Überbevölkerung und immer gravierendere Ressourcenknappheit sind nur zwei Gründe dafür, die Kolonisierung des Weltraums in Angriff zu nehmen. (Bild: Plastik "Überbevölkerung" im Neanderthal-Museum, Mettmann)

Natürlich stehen wir als Zivilisation vor großen Problemen, ich wäre der Letzte, der dies bestreiten würde. Sicherlich ist unser Wirtschaftssystem und regional auch unsere Politik nicht gerade vielversprechend, und gerade deshalb ist die (beginnende) Raumfahrt so bedeutsam, da sie ein unglaublich großes Potential beherbergt, die Erde in Sachen Ressourcenknappheit gewaltig zu unterstützen. Nicht zuletzt würden schließlich durch die geradezu unabänderliche Herausforderung, in den Weltraum zu expandieren, und der sich dadurch fortschreitenden Entwicklung der Technik, neue Möglichkeiten ergeben, unseren Heimatplaneten zu unterstützen, so beispielsweise die Entdeckung und Nutzung neuer Energiereserven oder gar die Entwicklung neuer, alternativer Energielieferanten, die wesentlich effektiver bei kleinstmöglicher Verschmutzung der Umwelt sind. Welche Entdeckungen hier noch gemacht werden, kann sich der Einzelne kaum vorstellen, doch im Grunde kann man es sich denken.

Ein oftmals von Kritikern zur Sprache gebrachter Punkt ist die Übervölkerung, in der Tat brisant. Das Bevölkerungswachstum nimmt unaufhörlich zu und derzeit stehen keine Optionen zur Verfügung, wie es auf der Erde (!) weitergehen soll. Mit humanen Mitteln ist da kaum etwas auszurichten und andere Möglichkeiten wollen wir ja um Gottes Willen nicht vorschlagen.

Abb. 3 Hier die künstlerische Darstellung eines Gammablitzes. Ein Großteil der dabei freigesetzten Energie wird in zwei schmalen, entgegengesetzt gerichteten Jets abgestrahlt. Würde die Erde von einem solchen Jet getroffen, könnte dies das Ende der Menschheit bedeuten. Solche kosmisch bedingte Ereignisse - auch Mega-Impakte oder nahe Supernova-Events - sind, neben vom Menschen selbst verursachten planetaren Großkatastrophen, ein weiterer guter Grund für die Expansion der Menschheit ins All.

Ich sage daher: Weshalb denn auch? Wenn die Erde schon aus den Nähten platzt, dann laßt uns doch für kommende Generationen das riesige Platzpotential im All nutzen! Wichtig ist, jetzt zu handeln und Programme für den notwendigen Raumbedarf zu entwickeln.

Schließlich müsste es doch in unser aller Interesse sein, unsere Spezies weit genug zu verbreiten, um das Überleben und den Fortbestand zu sichern. In einer einzigen Ecke des Universums sitzen zu bleiben, empfinde ich als überaus riskant, da kosmische Katastrophen sich überall und zu jeder Zeit ereignen können, auch in unserer stellaren Region. Man denke nur an die erst kürzlich entdeckten "Gamma-Ray-Bursts" (Abb. 3), deren Strahlen-Explosionen ganze Quadranten im Weltall und das dort befindliche Leben zerstören können.

Soll unsere Menschheit auch auf langfristigem Wege bestehen bleiben, muss es unser Ziel sein, andere Welten zu besiedeln, denn damit implizieren wir nicht nur das Überleben, sondern gleichzeitig eine Vermehrung des Wissens und der Intelligenz im Kosmos. Sollte die Menschheit nicht versuchen, auch noch in Abertausenden oder gar Millionen Jahren existent zu sein? Die Dinosaurier haben es uns schließlich vorgemacht und gaben nur deshalb das Regiment ab, weil ein womöglich kosmisches Ereignis katastrophalen Ausmaßes ihr Dasein beendete. Ich bin der Meinung, wir sollten uns dieser Aufgabe stellen und nicht mit der Gewissheit untergehen, daß wir in unserer Kinderstube (!) versauern und aussterben!

Abb. 4 Gerade weil es noch ein weiter Weg ist, bis wir ferne erdähnliche Exoplaneten, wie Kepler-186f (hier eine künstlerische Impression), besuchen und womöglich besiedeln können, müssen wir uns jetzt Zwischenziele stecken, um uns in realistischen Etappen dorthin zu bewegen. Wir brauchen schon heute ein 'Denken im kosmischen Maßstab'!

Außerirdische Intelligenzen können sich ebenfalls auf kosmischen Wege ausgebreitet und fortentwickelt haben. Weshalb sollen wir das nicht auch versuchen? Damit einhergehend wird sicherlich auch eine spirituelle Weiterentwicklung eine langfristige Rolle spielen. Irgendwann in ferner Zukunft werden die Menschen dann wohl doch ganz anders in den Kosmos vordringen - wie es aber erst einmal vonnöten ist - und zwar auf geistige und vielleicht effizientere Weise, doch dazu reicht unser derzeitiges Potential und bloßes Meditieren nicht aus. Also eins nach dem anderen.

Vielfach werden noch Überlegungen zu "Transportproblemen" der Menschheit in die Diskussionen eingebracht, worin die Behauptung floriert, es wäre technisch und finanziell nie und nimmer machbar, eine Menschheit von über 5 Milliarden Individuen ins All zu "exportieren". Solche Annahmen sind so auch nicht ganz richtig. Hier muß beachtet werden, daß nicht in kurzen Zeitabschnitten gedacht werden darf, sondern eine Kolonisation über mehrere, viele Jahre andauernde, Schritte vollzogen werden muß, die die Energie und Rohstoffreserven der Erde gar nicht so arg beuteln, wie es mancher so schwarz an die Wand malt. In diesem Zusammenhang sei auf die mannigfaltigen Weltraumprogramme in einschlägiger Literatur verwiesen, wie sie von führenden Raumfahrtexperten und –Pionieren oftmals dargelegt wurden.

Abb. 5 Der Bau ständig von Menschen bewohnter Stationen auf dem Erdmond und seine Nutzung als 'Sprungbrett ins All' wird eine initiale Aufgabe bei der Besiedlung des Weltraums sein. Eigentlich muss es verwundern, dass nicht schon während der jüngsten Jahrzehnte damit begonnen wurde!

Es wäre absurd, Transporter für "Milliarden von Menschen" zu bauen, da dies nicht notwendig ist. Eine Verteilung der Bevölkerungsdichte auf andere Möglichkeiten ginge gleichmäßig und in einem vernünftigen Rahmen vonstatten. Ein wahrscheinlich über Generationen andauerndes Projekt würde sowohl die Entstehung von Raumstationen vorsehen als auch Mondbasen, von denen letztlich auch die Rohstoffe und Materialien für weitere Optionen stammen würden.

Eine Entwicklung im Schneeballeffekt würde folglich immer mehr Platz auf weiteren Raumstationen, anderen Planeten und Monden schaffen. Autarke Kolonien würden nach geraumer Zeit in größerer Zahl in interplanetarer Umgebung zur Verfügung stehen und das Alles mit den Ressourcen eines ganzen Sonnensystems. Der Fortschritt auf technologischer und geistiger Ebene ( was haben wir in 2000 Jahren, was in 500 Jahren geschafft, und hätten wir unser Wissensspektrum in nicht einmal hundert Jahren verdoppelt?) würde das dafür nötige Know-how dazu liefern.

Die dafür vorgesehene Zeitspanne darf hier nicht unterschätzt werden. "Denken im kosmischen Maßstab" heißt die Devise. Für die Nutzung neuer Energie-Alternativen und die damit verbundene Versorgung, sowie die Erfindung neuer Antriebstechnologien bliebe reichlich Zeit. Bei positiver Entwicklung wäre der Weg zu den interstellaren Räumen vorprogrammiert. Womöglich genauso, wie es unsere Vorvorfahren bereits einmal getan haben, als sie dieses Sonnensystem vor Urzeiten kolonisiert hatten.

Abb. 6 Asteroiden-Bergbau könnte schon bald zu einem Billiarden-Geschäft werden - ein lukrativer Grund für die irdische Wirtschaft, mit Nachdruck an der Weiterentwicklung der Raumfahrt zu arbeiten. [3] Siehe auch diese Graphiken.

Man darf nicht von der falschen Tatsache ausgehen, nicht in den Weltraum aufbrechen zu dürfen, solange unser Planet "kaputt" ist. Denn es ist genau andersherum: unser Planet bleibt "kaputt", wenn wir ihm nicht unter die Arme greifen und die Möglichkeiten am "Schopf packen", ihn in jedweder Hinsicht zu entlasten. Es ist eigentlich nicht besonders schwierig, die Sachlage so zu begreifen, wie sie ist, doch zur Veranschaulichung möge ein - zwar im ersten Moment ungewöhnliches, aber letztlich einleuchtendes – Beispiel dienen:

Jeder kennt die SF-Serie "Star Trek" und vielleicht auch noch den Kinostreifen "First Contact". Hier geht es um die Zeitepoche, in der die Menschheit ihren ersten "Warp-Flug" (Lichtgeschwindigkeit) durchführt und prompt von den anderen galaktischen Rassen "bemerkt" wird, was zum Aufbruch in ein neues, großartiges Abenteuer führt.

Der Ausgangspunkt: just zu jener Zeit hat die Erde gerade eben ihren Dritten Weltkrieg hinter sich und in einem dementsprechend desolaten Zustand befindet sich der Planet, die Menschheit und das Wirtschaftssystem. Wenige mutige Forscher haben es dennoch geschafft, in dieser "wilden" Zeit Augen für das Wesentliche zu haben und erreichten den "Kontakt" mit anderen, raumfahrenden Zivilisationen. Die weitere Entwicklung ist absehbar: die Menschheit wird sich im Ganzen ihrer Situation im Kosmos bewußt und baut durch die neue technologische und geistige Herausforderung einen Großteil ihrer Probleme ab, langsam, aber stetig.

Abb. 7 Künstlerische Darstellung einer künftigen Pionier-Siedlung auf dem Mars, dem - wie zu vermuten ist - ersten Schwester-Planeten in unserem Sonnensystem, auf dem die Menschheit Fuß fassen wird.

Nun ist ja schon seit geraumer Zeit bekannt, dass in Science-Fiction jede Menge "Science" steckt und die Star Trek-Saga viele wissenschaftlich fundierte Aspekte enthält. Einen ähnlichen "Start" würde ich auch der Menschheit bescheinigen: Eine Evolution und Expansion des menschlichen Geistes durch die Kolonisierung neuer Welten. Schließlich muß irgendwann einmal begonnen werden, und eine "spirituelle" Entwicklung wird sich trotz manch gegenteiliger Meinung erst dann wirklich einstellen, wenn die Menschheit sich vom Kosmos aus als "Ganzes" sieht.

Den Weltraum und den Mars einer "weiterentwickelten" Menschheit zu überlassen, wie es konträre und kurzsichtige Diskussionspartner oft vorschlagen, ist nicht akzeptabel, denn schließlich ist es so, wie es nun mal ist: Wir selbst sind doch schließlich die "weiterentwickelte" Menschheit, und zwar in durchaus abschätzbarer Zeit. Schließen wir also die Augen vor unserer eigenen Weiterentwicklung, werden wir in derselbigen auch gleichzeitig stillstehen! Denn eines ist so klar wie Mutters Buchstabensuppe: Der Weltraum und seine unabschätzbaren Möglichkeiten und Herausforderungen gehören unweigerlich zu unserer Fortentwicklung und schließlich zu unserer eigenen Evolution dazu, diesem Faktor müssen wir uns stellen. Da halte ich es ganz genau so wie "meine" Väter der Raumfahrt, Wernher von Braun und Eugen Sänger.

Im Übrigen sollte man unsere bisherigen Anstrengungen, in den Weltraum vorzudringen, nicht abwerten. In der Tat ist gerade erst der klitzekleine Beginn der Raumfahrt vollzogen, doch ist und bleibt es "Raumfahrt". Daran lässt sich nicht rütteln. Eine Diskussion um Namen und Begriffe und um die Frage, wann oder wo "Raumfahrt" beginnt, halte ich diesbezüglich für unangebracht und würde daher niemals die Leistungen der eben genannten Herren von Braun oder Sänger abwerten. Für sie war es genau das, was es für mich und viele andere heute auch ist: der Beginn der Raumfahrt!

Es bleibt letztlich zu erwähnen, ob sich durch unseren Aufbruch in den Kosmos nicht auch unsere Situation auf dieser, unserer Erde ändern wird, und zwar im positiven Sinne unsere Wirtschaft, unsere Politik und letztlich unser Denken allgemein. Letztendlich ist auch der mögliche Kontakt mit einer außerirdischen Spezies bei einem Aufbruch ins All eine in sich bereits verlockende Herausforderung. Womöglich ist es ja auch unsere evolutionäre Aufgabe, andere Zivilisationen zu treffen, indem man ihnen entgegenkommt...

Eine gute Ausgangssituation für unendlich viele Gespräche und Diskussionen, letztlich ist es eine Frage der persönlichen Meinung. Doch bedenke: Zu unserer Umwelt gehört auch der Weltraum, und so sind wir im tiefgreifenden Sinne noch nicht einmal aus unserer eigenen Haustür herausgetreten...


Literatur zum Thema


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Roland Roth (©) wurde erstmals mit selbiger Überschrift im Magazin Matrix3000 (Band 26 März / April 2005) veröffentlicht. Online wurde er erstmals 2007 bei fischinger.aliens.de präsentiert (inzwischen offline, aber der Artikel wurde archiviert bei WaybackMachine). Bei Atlantisforschung.de erscheint er mit freundlicher Genehmigung des Autors im April 2018 in einer redaktionell bearbeiteten Fassung (illustriert und mit Links versehen).

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Zur Kolonisierbarkeit des Mars siehe bei Atlantisforschung.de auch: Karl Jürgen Hepke, "Der Planet Mars und seine Eignung für eine Besiedlung"
  2. Siehe: Roland Roth, "Warum zum Mars? Sinn und Zweck der Mars-Explorationen", in: Thomas Mehner (Hrsg.), "An den Grenzen unseres Wissens", Band 3" Suhl (CTT-Verlag), 1999
  3. Red. Anmerkung: Siehe dazu einführend: Thomas Jahn, "Asteroiden aufgepasst! - Die Ausbeutung von Asteroiden werde zu einem Billionen-Dollar-Geschäft, sagt eine junge Firma aus Seattle. Der Traum vom Bergbau im Weltall wird von Google-Chef Larry Page und Titanic-Regisseur James Cameron unterstützt.", 24.04.2012, bei handelsblatt.com (abgerufen: 12. April 2018)

Bild-Quellen:

1) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:Stanford Torus Cutaway view.jpeg
2) Fährtenleser bei Wikimedia Commons, unter: File:Überbevölkerung.jpg
3) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:GRB080319B illustration NASA.jpg
4) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:Kepler186f-ArtistConcept-20140417.jpg
5) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:Lunar base concept drawing s78 23252.jpg
6) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:Asteroidmining.jpg
7) NASA bei Wikimedia Commons, unter: File:Concept Mars colony.jpg