Buchbesprechung: Robert M. Schoch und Robert Bauval: Die Ursprünge der Sphinx

Abb. 1 Robert M. Schoch, Ph.D. und Robert Bauval:
Die Ursprünge der Sphinx
Himmlische Wächterin der vor-pharaonischen Zivilisation
Ancient Mail Verlag, Groß Gerau, März 2019
ISBN: 978-3-95652-266-6
Preis: € 22,80
Pb, 419 Seiten, 35 Farbbilder, etwa über 250 s/w-Fotos und Abb.

(rmh) Robert M. Schoch, bekannt geworden durch seine Re-Datierung der Großen Sphinx von Gizeh in weit vor-pharaonische Zeit und Robert Bauval, u. a. bekannt geworden durch seine Orion-Korrelationshypothese, haben sich entschlossen, ein gemeinsames Buch zum hochinteressanten Thema "Ursprünge der Sphinx" auf den Markt zu bringen. Die Idee zu diesem gemeinsamen Projekt kam von Bauval.

Ihre Kapitel schreiben sie abwechselnd, den Reigen beginnt Bauval mit dem Kapitel "Das große Paradoxon". Seine Recherchen führen ihn zu dem Schluss, dass der geeignete Name für die Nekropole von Gizeh etwa "der ausgewählte Ort der ersten Zeit" bedeuten sollte.

Weiter stellt er fest, dass das "Sphinxvorgebirge" am östlichen Rand des Gizehplateaus ursprünglich menschenähnlich oder eher löwenartig aussah, wodurch die Idee der Großen Sphinx entstand. Er führt alte ägyptische Texte an, nach denen das erste Wesen, das zur Zeit der Schöpfung aus der Erde auftauchte, ein Löwe war. Als Ingenieur hat er auch Probleme mit dem Standort der Großen Pyramide. Eine bessere Lösung wäre es gewesen, die Pyramide hundert Meter weiter westlich zu platzieren. Er legt nahe, dass der Gizeh-Hügel, auf dem die Große Pyramide steht, eher aus religiösen oder symbolischen denn als bautechnischen Gründe an diesem Platz erstellt wurde.

Bauval gibt den Staffelstab an Schoch weiter, der in seinem Kapitel "Der Sand der Zeit" darauf hinweist, dass der französische Ägyptologe Gaston Maspero glaubte, dass es unter der Großen Sphinx, die immer wieder aus dem Sand, mit dem sie ständig zugeweht wurde, ausgegraben werden musste, ein Grab oder eine unterirdische Kammer geben müsse. Diese Kammer, die in der traditionellen Ägyptologie meist "Hohlraum" – am liebsten noch mit einem "natürlicher" davor – bezeichnete wird, konnte später von Schoch tatsächlich aufgefunden werden. Anhand von Fossilienfunden stellt Schoch fest, dass die Pyramiden und die Sphinx einst unter Wasser gestanden haben müsse. Legte er bereits zu Beginn seiner Forschungen den Bau der Sphinx anhand von ihm festgestellten Erosion des Monuments durch Regen auf 4700 – 7000 v. Chr. fest, so wurde ihm im Laufe klar, dass er das Alter unterschätzt hat, und mittlerweile kam er – wie damals übrigens schon der zwischenzeitlich verstorbene unabhängige Ägyptologe John Anthony West – zu den Ansicht, dass die ältesten Teile der Sphinx älter als 10.000 v. Chr. sein müssten. Schochs Argumentation dazu ist absolut schlüssig. Tatsächlich bringt Schoch im Zusammenhang mit der von ihm aufgefundenen Kammer bei der Sphinx mit der "Halle der Aufzeichnungen", die das christliche Trance-Medium Edgar Cayce dort postuliert hatte, in Verbindung. Dazu muss man wissen, dass Schoch Cayce zu Beginn seiner Forschungen radikal abgelehnt hatte.

Das dritte Kapitel ("Khafre: Sein oder Nichtsein?") wird wieder von Bauval beigesteuert, der auf die harten Geschütze der Ägyptologen eingeht, die sie gegen die Alternative Forschung richten und die von Ihnen mit dem Todschlagargument "Pseudowissenschaft" belegt wird. In diesem Kapitel geht Bauval sehr ausführlich auf das Thema "Traumstele" vor den Vorderpfoten der Sphinx ein, die möglicherweise einen Teil von Khafres Name enthält, was auf diesen Pharao als den Erbauer der Sphinx schließen könnte. Doch dieser von der traditionellen Ägyptologie als Beweis geführte Verdachtsmoment, ist, wie Bauval beweist, weit davon entfernt, einer zu sein. Zudem bringt er Belege dafür an, dass die Sphinx älter als die 4. Dynastie sein muss.

Bauval steuert auch das nächste Kapitel ("Ein Fall von Verwechslung?") bei. Hier spricht er u. a. über die Untersuchungen des Forensikers Frank Domingo, der nach gründlicher Untersuchung zu dem Schluss gelangte, dass die die Große Sphinx von Gizeh nicht die dieselbe Person ist, die in der Statue von Chephren (Khafre) dargestellt ist. Demnach stellt die Kopf der Großen Sphinx nicht diesen Pharao dar, wie es von der traditionellen Ägyptologie – mit Ausnahme von Stadelmann, der Cheops (Khufu) als mutmaßliches "Modell" bevorzugt – behauptet und gelehrt wird. Bauval bringt weitere gute Argumente, um später auf die Mythologie, die das Sphinx-Geheimnis umgibt sowie die Astronomie in diesem Zusammenhang und die Überschwemmung des Monuments einzugehen.

Auch das nächste – das Fünfte – Kapitel ("Horus, der am Horizont wohnt") stammt wieder von Bauval. Hier begibt es sich u. a. auf die Suche nach einer "Zweiten Sphinx" und im 6. Kapitel ("Der Ort, an dem die Götter geboren wurden") stellt er eine "sehr faszinierende Ausrichtung der Großen Sphinx mit dem Aufstieg des (Sternbilds) Löwen" fest, die für die Epoche um 10.000 v. Chr. bestand.

Im 6. Kapitel ("Der Ort an dem die Götter geboren wurden") weist Bauval auf seine Orion-Korrelationstheorie hin und weiß über eine Untersuchung dieser Theorie zu berichten.

Schoch stellt im 7. Kapitel ("Die Schrift an der Wand") fest, dass der gegenwärtige Kopf der Sphinx nicht der ursprüngliche ist und kommt erneut zu dem Schluss, dass dieser ursprüngliche Kopf viel früher gemeißelt wurde. Auch er kommt zu dem Schluss, dass die Sphinx ursprünglich einen Löwen darstellte. In diesem Kapitel bezieht sich Schoch viel auf West, der im Zusammenhang mit der Sphinx auch das in akademischen Kreisen höchst unbeliebte Wort "Atlantis" in den Mund nahm, dass aber Göbekli Tepe ein Beweis für eine hoch entwickelte Zivilisation und Hochkultur schon vor tausenden von Jahren sei. Schoch gelangt aber zu der Meinung, dass es kein Einschlag eines Kometen oder Asteroiden war, der diese frühere Kultur zerstörte.

In einem Anhang stellt er stattdessen als Auslösemechanismus für die drastische Klimaveränderung in jener fernen Zeit eine Reihe von Sonnenausbrüchen hin, die das Plasma mit hoher Geschwindigkeit an der Erdoberfläche geschleudert hätte und dadurch in bestimmten Gebieten die Oberfläche unseres Planeten buchstäblich verbrannt hätte.

In einem weiteren Anhang kommt Schoch wieder auf die fragliche Kammer unter der Sphinx zu sprechen und verweist in diesem Zusammenhang auf Hieroglyphen, die darauf hinweisen, dass eine Löwin namens "Mehit" einst ein uraltes Archiv bewachte. War dies die Sphinx?

Den größten Teil von Schochs Ausführungen sehe ich als praktisch erwiesen an, andere stellen – wie die Ausführungen Bauvals - zumindest gute Indizien dar. Das Buch dieser beiden Hochkaräter quasi als "Gesamtpaket" sollte man sich keinesfalls entgehen lassen!