Die Tabak-Nikotin-Kontroverse

von Dr. Dominique Görlitz

Abb. 1 Eine Tabakpflanze in Blüte (Zeichnung aus Harper’s New Monthly Magazine, 1855)

Nach der bisher von Wissenschaftlern vertretenen Lehrmeinung kamen Tabakpflanzen (Abb. 1) bis 1492 außer in Amerika nur in Australien, einigen südpazifischen Inseln und dem bescheidenen Vorkommen von Nicotiana africana in Namibia vor. Die vielfältige Verwendung von Tabak hat damit bei den antiken Völkern in der Alten Welt keine Rolle gespielt [1]. Gegen diese Annahme sprechen folgende Befunde:

1) die Entdeckung von Tabakkäfern im Grab von Tutanchamun aus dem Jahr 1923
2) die Entdeckung von Tabakblättern und des Tabakkäfers in [der Mumie von] Ramses II. im Jahr 1976
3) die Entdeckung von Nikotin und Cotinin in ägyptischen Mumien zwischen 1992 und 1997

Diese Entdeckungen werfen die Frage nach einer möglichen transatlantischen Beeinflussung und Kulturstimulation in vorkolumbischer Zeit auf. Wolfgang Cremer [2] kommt zu der Schlussfolgerung. "dass für viele Tabakhistoriker dieses Thema überflüssig sein mag, weil sie sich weigern, es überhaupt zur Kenntnis zu nehmen oder gar zu diskutieren. In ihren Augen können nur Irregeleitete, Fantasten oder Leichtgläubige annehmen, dass es Tabak in Altägypten gab. Obwohl auch ich [Cremer] der Überzeugung bin, dass dieses vieldiskutierte Nachtschattengewächs in der Alten Welt nicht existierte, lehne ich es aber nicht von vornherein ab, die Argumente und Hypothesen der Befürworter kennen zu lernen, zumal ich den Eindruck habe, dass sie in Deutschland totgeschwiegen werden".

Für viele Kontaktbefürworter (Diffusionisten) sind diese Entdeckungen »the ultimate evidence«, dass es im Altertum einen regelmäßigen Austausch und kulturelle Wechselwirkungen zwischen Völkern der Alten und der Neuen Welt gab. Die wissenschaftliche Fachwelt jedoch lehnt die Befunde als nicht haltbar ab. Nur wenige Forscher haben sich mit den Zusammenhängen wissenschaftlich auseinandergesetzt [3].



Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Dr. Dominique Görlitz (©) wurde seiner 2012 in Buchform erschienenen Dissertation "Prähistorische Ausbreitungsmechanismen transatlantisch verbreiteter Kulturpflanzen" entnommen (ungekürzter Auszug, S. 47). Bei Atlantisforschung.de erscheint dieser Beitrag im Juni 2017 mit freundlicher Genehmigung des Verfassers in einer redaktionell bearbeiteten - illustrierten und mit Verlinkungen versehenen - Online-Fassung.

Fußnoten:

  1. C. Rätsch, "Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen-Botanik, Ethnopharmakologie und Anwendung", Aarau (AT Verlag), 2004, S. 376
  2. W. Cremer, "Pfeifen, Hanf und Tabak in Schwarzafrika", Idstein/Ts. (Baum Publications), 2004, S. 105
  3. ebd., S. 105

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