Die Unterwasserwelt des Rob Palmer

oder: wann wurden die Bahamas besiedelt?

von unserem Gastautor Andrew Collins

[...] Rob Palmer (Abb. 2) war ein bekannter britischer Taucher, der sich bis zu seinem tragischen Tod im Jahr 1997 [1] mit Begeisterung an der Erforschung des Höhlensystems der Bahamas beteiligt hatte. Er hat auch ein Buch über dieses Thema geschrieben, The Blue Holes of the Bahamas, das 1985 erschienen ist.

Abb. 1 Der inzwischen verwüstete "Gemeinschafts-Grabhügel" in der Skylight-Halle wird auch heute noch fälschlicherweise den Lucayan-Indianern zugeschrieben. Tatsächlich muss er vor mehr als 5000 Jahren aufgeschichtet worden sein.

Palmer war von der Lehrmeinung vollkommen unberührt. Hätte er gewusst, dass die Bahamas nach Ansicht der Archäologen bis ins 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung unbewohnt waren, hätte er folgende Erkenntnis nie kundgetan: "Die Menschheit entdeckte die Bahamas, BEVOR der Meeresspiegel zu steigen aufhörte, vor kaum 5000 Jahren." [2] Zu dieser Feststellung gelangte er nicht, indem er Archäologiebücher las, sondern durch seine eigene in der Region gesammelte Erfahrung.

Unter den vielen Entdeckungen, die Palmer während seiner Tauchgänge in und um Grand Bahama gelangen, war der "Gemeischaftsgrabhügel" in der so genannten Skylight-Halle, einer hohen Kuppelhalle, die zu den Lucayan-Kavernen der Insel gehört. Diese bestehen aus einem Netz gewundener Gänge und Höhlen, das mindestens 10 Kilometer weit unter die Insel reicht. Der Grabhügel war eine große, kegelförmige Struktur aus losen Felsbrocken (Abb. 1) innerhalb einer großen Kammer, die nach Palmers Ansicht einmal einen unterirdischen See beherbergt hatte. [3] Er spekulierte sogar, der Hügel oder Steinhaufen könne einmal in der Mitte dieses Sees gestanden haben, [4] wie zum Gedenken an die Schöpfung, die sich aus dem Urchaos erhebt.

Abb. 2 Der 1997 tödlich verunglückte Taucher Rob Palmer (Bild) lieferte mit seinen Entdeckungen in der Höhlenwelt von Grand Bahama handfeste Indizien dafür, dass die Besiedlungsgeschichte der Bahama-Inseln nicht erst mit den Lucayan-Indianern begann - auch wenn dies nach wie vor von US-Anthropologen behauptet wird.

Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass sich direkt über dem Steinhaufen ein rundes Oberlicht befand. Obwohl die Höhlendecke stets unter Wasser liegt, führt dies laut Palmer zu spektakulären Effekten: "Wenn die Sonne über der Höhle steht, dringt ein einzelner Lichtstrahl durch Finsternis und klares Wasser und beleuchtet die Spitze des Grabhügels. Die Menschen, die hier begraben wurden, müssen sehr bedeutend gewesen sein, dass sie ein solches Monument erhielten. Wer sie waren, werden wir nie erfahren." [5]

Das werden wir bestimmt nicht, denn sobald bekannt wurde, wo dieser Hügel zu finden war, nahmen ihn weniger ehrfurchtsvolle Taucher und Souvenirjäger vollkommen auseinander, sodass heute nichts mehr davon übrig ist. [6] Zum Glück ist es Rob Palmer und seinen Kollegen gelungen, ein paar lose Knochen zu bergen, darunter einen Schädel und einen menschlichen Kiefer, die zur Begutachtung an die Smithsonian Institution geschickt wurden. Anhand der "Flachheit" des Schädels kam man dort zu dem Schluss, dass er von einem Lucayan-Indianer stammte. [7]

Mit dieser Erklärung habe ich allerdings Schwierigkeiten, ergibt sie doch in Anbetracht der sonstigen Beweislage keinerlei Sinn. Genau wie die dekorierte Höhle (Abb. 2), die Herb Sawinski vor Andros entdeckte, befindet sich die Skylight-Halle seit mindestens 5000 Jahren - wahrscheinlich sogar länger - vollständig unter Wasser. Der "Gemeinschaftsgrabhügel" und das Oberlicht müssen also auf eine unbekannte Kultur zurückgehen, die lange vor der Ankunft der Lucayan auf den Bahamas existiert zu haben scheint.

Darüber hinaus sieht es so aus, als gäbe es eine direkte Beziehung zwischen der Anlage in der Skylight-Halle und den vielen kubanischen Höhlen, die ebenfalls runde Oberlichter aufweisen. Durch diese Löcher können Sonnenstrahlen bestimmte Petroglyphen oder Flächen in der Höhle beleuchten, vergleichbar mit den Zenitröhren der Olmek-Zivilisation. In diesem Fall hätten wir einen Beweis für Kontakte zwischen den Höhlenkünstlern von Kuba und den Unbekannten, die in dem Steinhaufen auf Grand Bahama begraben waren. Da die kubanische Höhlenkunst – besonders die Zeichnungen in Punta del Estes Cueva #1 - bis zu 7000 Jahre alt sein könnte, stünden wir dann vor der Möglichkeit, dass auch die Kultur, die den Grabhügel und die Höhlenkunst in der Skylight-Halle hervorgebracht hat, in jenem Zeitalter oder noch früher gediehen ist.

Eine andere Unterwasserkaverne auf Grand Bahama hat ebenfalls Indizien für die Anwesenheit von Menschen preisgegeben. Am östlichen Ende der Insel, bei Sweetings Cay, gibt es einen Unterwasserkomplex aus Gängen und Höhlen, der als die Zodiak-Kavernen bekannt ist. Jede Höhle ist nach einem der zwölf Sternzeichen benannt, und sie sind durch verschiedene Eingänge zugänglich, die alle unter den Seen der Insel liegen. Tief in dem Eingangskorridor, der in die Höhle der Zwillinge führt, stieß einer von Rob Palmers Kollegen 1982 auf ein Gebiet, wo "Knochen verstreut" lagen. [8]

Zunächst nahm man an, die Knochen könnten durch eine ungewöhnlich hohe Flut in den Höhleneingang gespült worden sein, doch das war zu unwahrscheinlich, da die Höhle "tief unter Wasser lag, als zum ersten Mal Menschen in dieser Gegend erschienen." [9] Einer anderen Theorie zufolge sollten die Knochen "die Überreste eines Tieres" sein, das in "ferner Vergangenheit in der Höhle" zugrunde gegangen sei, das heißt, als die Höhle noch oberhalb des Meeresspiegels lag. [10] Weitere Analysen der Überreste zeigten jedoch, dass es sich um Menschenknochen handelte, ein Stück wurde zum Beispiel als Teil eines Wangenknochens identifiziert [11] Wenn Menschen so tief in einer Unterwasserhöhle ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, dann müsste das vor der letzten Überflutung geschehen sein, und die endete vor etwa 5000 Jahren.


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Andrew Collins © wurde seinem Buch "Neue Beweise für Atlantis" entnommen ("Die Unterwelt des Rob Palmer", S. 358, ff.), das 2001 im Scherz Verlag (Bern, München, Wien) in der Übersetzung von Bernd Seligmann erschienen ist. Die Originalausgabe erschien unter dem Titel "Gateway to Atlantis" bei Headline Publishing, London. Bei Atlantisforschung.de erscheint er mit freundlicher Genehmigung des Autors in einer unwesentlich gekürzten, redaktionell bearbeiteten Fassung.

  1. Anmerkung d. Red.: "Rob war Direktor der Blue Hole Foundation und europäischer Direktor von Technical Diving International (TDI). Seine Tauchkarriere währte mehr als 21 Jahre. Er war Mitglied in der Royal Geographic Society und im Explorers Club und erhielt als erster die renommierte Colin McLeod Auszeichnung des British Sub Aqua Club's für die Förderung der internationalen Beziehungen im Tauchsport. Er hat zahlreiche Forschungs- und Erkundungsexpeditionen zu den Blue Holes der Bahamas geleitet und galt als der Kenner dieser Höhlensysteme unter Wasser. Rob Palmer kam am 5. Mai 1998 [korerekt: 1997] von einem sogenannten Recreational Tauchgang an einer Wand bei Hurghada, Ägypten, wo er eine Tagung von Technical Diving International (TDI) besuchte, nicht zurück. Die Ursache von Palmer's Verschwinden bleibt ein Geheimnis.
    Seine Tauchbegleiter berichten, daß etwas ab dem Moment, als Palmer das Wasser betrat, falsch zu laufen schien. Anstatt vom Tauchboot aus zu einer Wand zu schwimmen, stürzte er abwärts in die Tiefe. Er war mit zwei unabhängigen Doppelflaschen auf seinem Rücken und einer zusätzlichen Flasche Nitrox 50 ausgerüstet, das als Dekompressionsgas verwendet werden sollte. Seine Begleiter versuchten ihn noch zu erreichen. Einer erreichte dabei eine Tiefe von 210 Fuß/64 Meter und zwei andere 325 Fuß/99 Meter, aber sie waren außerstande, Palmer einzuholen und seinen weiteren Abstieg zu beenden. Es gibt kaum Hoffnung, daß er in einem Bereich gefunden wird, wo Tiefen bis zu 4.000 Fuß/1.219 Meter festgestellt wurden." (Quelle: Anonymus, "Rob Palmer", online unter http://www.bluepoint.de/VERLAG/VERLAG_BUECHER/REISEF%DCHRER/BH_AUTOREN.HTM ) Den Bericht John Bantin´s eines Freundes, Kollegen und Teilnehmers an Rob Palmer´s letzter Tauch-Expedition finden sie online unter dem Titel "Get it wrong and you're dead"
  2. Quelle: Robert Palmer, "The Blue Holes of the Bahamas", Jonathan Cape, London 1985, S. 20
  3. Quelle: ebd.
  4. Quelle: ebd.
  5. Quelle: ebd.
  6. Quelle: ebd., S. 87
  7. Quelle: ebd.
  8. Quelle: ebd., S. 90
  9. Quelle: ebd.
  10. Quelle: ebd.
  11. Quelle: ebd.


Bild-Quellen

(1) http://www.grand-bahama.com/GBimages/cave-bones2.jpg (nicht mehr online)

(2) http://www.divernet.com/profs/palmer399.htm (nicht mehr online)