Señor Kon-Tiki - Teil 2

Der populärste Forscher

von Andreas Delor

Abb. 1 Thor Heyerdahl (1904-2002) war der wohl populärste Forscher der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - und dies nicht ohne Grund.

Archäologie hat im 20. Jahrhundert mindestens dreimal die Gemüter der Öffentlichkeit heftig bewegt: Zum Ersten durch die Entdeckung des fast unversehrten Grabes von Tut-Ench-Amun mit seinen gewaltigen Schätzen durch Howard Carter. Zum Zweiten durch das Buch „Götter, Gräber und Gelehrte“ von C. W. Ceram (Kurt Marek), durch welches der Funke der Faszination alter Kulturen auf eine breite Öffentlichkeit übersprang und dieser begreiflich machte, was so viele Forscher dazu bringt, unglaubliche Entbehrungen, Widerstände und Gefahren zu überwinden, um diesem Faszinosum näherzukommen. Dieses populärwissenschaftliche Buch hat, weil es die spirituelle Dimension der Archäologie ahnbar macht, für diese mehr getan als Legionen von Fachgelehrten – was es nicht davor bewahrte, von diesen heute mit verächtlichem Unterton abgetan zu werden (s.u.).

Und als Drittes durch die „Kon-Tiki“-, „Aku-Aku“- und „Ra“-Expeditionen Thor Heyerdahls. „In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren“ – kommt ein gewisser Udo Zindel in dem absolut Heyerdahl-kritischen, ja geradezu gehässigen Aufsatz „Held der Meere und der Medien“ [1] dennoch nicht umhin zu sagen – „wird Thor Heyerdahl sogar zum populärsten Forscher überhaupt. [...] Die Tageszeitung >Welt< feiert ihn in einem Nachruf als >Urvater der Living History< – der am eigenen Leib nacherlebten Geschichte: >Ganz gleich, wie stimmig Heyerdahls Thesen waren, er infizierte mit unheilbarer Neugier auf das Altertum, weit mehr noch als der ebenso umstrittene große Populärarchäologe C.W. Ceram mit seinen Göttern, Gräbern und Gelehrten. Heyerdahl blätterte die aufregendste Seite der Geschichte auf.<

Auch Heyerdahl ist ein exzellenter Schriftsteller, Ceram durchaus vergleichbar. Aber „Señor Kon-Tiki“ wagt darüber hinaus einen Einsatz auf Leben und Tod, überquert Ozeane auf primitiven Fahrzeugen, um die Wege der „Langohren“ bzw. der „weißen, bärtigen Männer Amerikas“ persönlich nachzuvollziehen. Dieser Mann – zu Recht nennt man ihn den „Begründer der experimentellen Archäologie“ – hat gelebt, worüber andere nur Bücher schreiben. Und er ist, indem er die Wege und das Leben der „weißen, bärtigen Männer“ unter Einsatz seines eigenen Lebens nachvollzieht – das behaupte ich nicht nur, sondern kann es auch minutiös belegen –, der Wahrheit tatsächlich näher gekommen als Legionen von Stubengelehrten. Er ist einer der wenigen, die wirklich auf das gelauscht haben, was indigene Menschen und Kulturen der Vergangenheit bis fast hinunter zu Atlantis uns heute zu sagen haben.



Anmerkungen und Quellen

Fußnote:

  1. Siehe: Udo Zindel, „Held der Meere und der Medien“, „Abenteuer Archäologie“ 4/2007

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