Die Ebene von Atlantis

Atlantis gefunden, Teil II

von Norman Frey

Die Beschreibung von Atlantis soll Platon (respektive Kritias) zufolge von Solon aus Ägypten mitgebracht worden sein, wo sie ihm von einem alten Priester aus Saïs mitgeteilt wurde. Die ägyptische Hieroglyphe für ›Insel‹ wurde gleichbedeutend auch für ›Küste‹ verwendet.

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Als die Götter »die ganze Erde unter sich verteilten, fiel Poseidon die Insel Atlantis zu. Dort siedelte er seine Nachkommen an einer bestimmten Stelle der Insel an, die etwa folgendermaßen aussah. Am Meere, etwa in der Mitte der ganzen Insel, lag eine Ebene«.

Die geografische Mitte beider Amerikas bilden zweifellos die Inseln und Küstenregionen Zentralamerikas, also der Karibik und des Golfs von Mexiko. Im Zentrum dieser Region, an der Schnittstelle beider Nebenmeere des Atlantiks und auch jenem zugewandt, befindet sich die größte der Antilleninseln: Kuba.

Wenn Kuba aber als die Ebene von Atlantis verstanden werden soll, reicht es nicht, dass sie einfach nur »in der Mitte der ganzen Insel« respektive Amerika liegt – es müssten quasi sämtliche in den Atlantis-Dialogen erwähnten geo- und topografischen Eigenschaften der »Ebene« bis ins Detail auf die Antilleninsel zutreffen.

»Zunächst einmal soll das ganze Land sehr hoch gelegen und vom Meer steil aufgestiegen sein; nur um die Stadt herum sei eine große Ebene gewesen und habe diese rings umgeben. Sie war ihrerseits wieder rundum von Bergen umkränzt, die sich bis zum Meer erstreckten.«

»Es war eine flache und gleichmäßige Ebene, als Ganzes von länglicher Form, die sich in der Länge auf beiden Seiten über 3.000 Stadien, in der Breite, vom Meere aufwärts, über 2.000 Stadien ausdehnte. Dieser Teil der ganzen Insel lag gegen Süden zu, gegen den Nordwind abgeschirmt, und bildete im Großen und Ganzen ein langgestrecktes Rechteck; wo die Seiten nicht gerade verliefen, waren sie durch einen Graben, den man ringsum ausgehoben hatte, gerade gerichtet.«

»Ein Plethron tief wurde der Graben ausgehoben; seine Breite betrug überall ein Stadion, und da er rings um die ganze Ebene herum gezogen war, ergab sich eine Länge von 10.000 Stadien. Er nahm alle Wasserläufe, die von den Bergen herab kamen, in sich auf, und nachdem er um die Ebene herum geführt und sich der Stadt von beiden Seiten genähert hatte, ließ er sie dort ins Meer fließen.«

Kubas Landschaft ist heute noch zu drei Vierteln von weitläufigen Ebenen geprägt und der größte Teil liegt nur zwischen 0 und 100 m über dem aktuellen Meeresspiegel. Dreht man die geologische Uhr an den Beginn des Holozäns ans Ende der Eiszeit zurück, als der Meeresspiegel um etwa 120 m niedriger lag, ergibt sich ein noch deutlicheres Panorama.

Denn damals erstreckte sich die Ebenenlandschaft deutlich weiter nach Süden: im westlichen Teil Kubas bis hinunter zu den Cayos de San Felipe bzw. Cayos los Indios, der Insel der Jugend, Cayo Largo und dem Archipiélago de los Canarreos; im östlichen Teil bis zum Archipiélago de los Jardines de la Reina. Diese heute unter Wasser liegenden Ebenenflächen entsprechen damit dem Golf von Batabanó und dem Golf von Guacanayabo.

Erfasst man die Dimensionen Kubas vor rund 12.000 Jahren ganzheitlich, wird spätestens jetzt offenbar, dass der Antilleninsel das Charakteristikum einer ausgedehnten Ebenenlandschaft zu eigen ist; auch treffen alle weiteren von Platon genannten Attribute zu: »groß« (die größte der Antilleninseln), »flach und gleichmäßig« (allgemein niedrige Ebenenlandschaft mit Höhenunterschieden von nicht viel mehr als 200 m), »im Ganzen von länglicher, ungefähr rechteckiger Form« (siehe Nordsüd- bzw. Ostwestausdehnung).

Wie schon angesprochen, sind Kubas Ebenen nach Süden orientiert – was sich wieder einmal mit Platons Angaben deckt. Sie werden ihrerseits von bogenförmig umgreifenden Berg- und Hügelketten gegen die rauhen Nord- und Atlantikwinde abgeschirmt: Der Cord de Guaniguanico zieht sich von der Südwestküste ausgehend immer weiter abflachend bis zur Mitte Kubas hin, wo das Escambray-Gebirge anschließt; von dort erstrecken sich die Alturas de Camagüey-Maniabón, eine Hügellandschaft, bis zum Macizo de Sagua-Baracoa im äußersten Osten, welcher dann übergangslos in die mit 2.000 m höchste topografische Erhebung Kubas, die Sierra Maestra, übergeht, die beinahe eine 180°-Wendung vollführend schnurstracks nach Westen zurückweist.

Das gesamte Flachland wird also von bogenförmig umgreifenden, sich jeweils beidseitig des sowohl östlichen als auch westlichen Ebenenteils Kubas, zum Meer herabziehenden Anhöhen »umkränzt« – genau so, wie Platon es beschrieben hat.

Auch die nächste Aussage stimmt mit Kuba überein: »Das ganze Land soll sehr hoch gelegen und vom Meer steil aufgestiegen sein.« Als der Meeresspiegel noch niedriger lag, ragte der im Süden steil abfallende Inselsockel, dessen obere Abschlüsse noch heute erkennbar sind (die bereits erwähnten Cayos und Archipiélagos), als Steilküste aus dem Wasser; dahinter erstreckten sich dann die Ebenen. Man kann sich das sicher ähnlich der irischen oder bretonischen Felsküste vorstellen.

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Was ist zur Größe der ganzen Ebene zu sagen? Platon macht hier ziemlich exakte Angaben. Mann darf erwarten, dass diese sich auf das damals in Athen übliche Längenmaß beziehen: ein Fuß würde dann 29,6 cm entsprechen, ein Plethron 29,6 m und ein attisches Stadion 177,6 m; 100 Fuß ergäben damit also ein Plethron und sechs Plethren wiederum ein Stadion.

Die Ebene solle sich »auf beiden Seiten« über 3.000 Stadien ausgedehnt haben. Das könnte man so verstehen, dass damit die beiden langen Seiten eines Rechtecks gemeint sind. Es gibt aber noch eine weitere Deutungsmöglichkeit.

Wie man sehen kann, ist Kuba in der Mitte durch zwei topografische Merkmale – das bereits erwähnte Escambray-Gebirge und der Golfo de Cazones – in einen westlichen sowie einen östlichen Ebenenbereich zerschnitten. Beide Ebenenteile erstrecken sich von dort aus in westlicher wie in östlicher Richtung tatsächlich um ziemlich exakt 3.000 Stadien (rund 530 km)!

Die Breite der Ebene soll nun 2.000 Stadien (rund 360 km) betragen haben. Unter Berücksichtigung des 120 m niedrigeren Meeresspiegels sind beide Ebenenteile für sich genommen »vom Meere aufwärts« ziemlich exakt 1.000 Stadien (rund 180 km) breit.

Damit ergibt sich für die gesamte Ebenenfläche diese Formel: 3000 x 2 x 1000 Stadien – womit wir Platons Angaben erneut bestätigt sehen.

Weiter heißt es, am Rand desjenigen Teils der Ebene, der um die Hauptstadt herum liege, befände sich »etwa 50 Stadien gegen das Innere« zu »ein durchweg niedriges Gebirge«, welches die Landschaft gegen den Nordwind abschirme.

Wie bereits oben beschrieben, verläuft vom südwestlichen Zipfel der Antilleninsel ausgehend der Cord de Guaniguanico »gegen das Innere« Kubas (in Richtung Escambray-Massiv) und bildet so eine natürliche Barriere gegen die aus dem Norden wehenden Winde. Von der eiszeitlichen Küstenlinie bis zu den Ausläufern dieses »durchweg niedrigen«, maximal 1.000 m Höhe erreichenden Gebirgszugs erstreckt sich parallel ein relativ gleichmäßig 50 Stadien (rund 9 km) breiter Küstenkorridor.

Nebenbei erfahren wir hier, dass sich die Haupt- oder Mutterstadt von Atlantis ebenfalls irgendwo im Bereich des westlichen Ebenenteils befinden muss.

Der nächste Punkt bereitet leider Schwierigkeiten: Die Ebene, heißt es, sei von einem langen Graben umfasst worden, der das Wasser aus den Bergen beidseitig um sie herum ins Meer ableitete. Er war angeblich ein Plethron (rund 30 m) tief, ein Stadion (rund 180 m) breit und 10.000 Stadien (rund 1.800 km) lang.

Die Länge des Grabens ergibt sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus der geometrischen Vorstellung der Ebenendimensionen und ist somit das Ergebnis einer mathematischen Berechnung: 2 x 3.000 Stadien Länge + 2 x 2 x 1.000 Stadien Breite = 10.000 Stadien.

Zwar könnte man versuchen auf Satellitenfotos den großen Graben zu erahnen (etwa könnte u.a. der Lauf des Río Negro, der im Escambray-Gebirge entspringt und am nordöstlichen Rand des Golfs von Batabanó in die Karibik einmündet, als Teilstück in Frage kommen), aber wegen der heute unter Wasser liegenden großen Ebenenbereiche kann – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – der Versuch, auf diese Weise das Bewässerungssystem in seiner Gesamtheit nachzuvollziehen, nur bedingt ergebnisreich sein. Aus diesem Grund soll dieser Punkt bei der Lokalisierung ausnahmsweise ausgespart bleiben.


Zwischenergebnis

Bis auf den großen wasserführenden Graben finden sämtliche geografischen und topografischen Eigenschaften der Ebene von Atlantis ihre Entsprechung in der Wirklichkeit. Damit ist die Grundlage geschaffen, sich auf die Suche nach der Ringstadt zu begeben. Am Erfolg dieser Ortung wird sich zeigen, ob der »platonische Mythos« ein Mythos bleibt, oder unter völlig neuen Voraussetzungen neu überdacht werden muss.


Fortetzung: Die Ringstadt von Atlantis


Anmerkungen und Quellen

Bei dem vorliegenden Text von Norman Frey (© 2008/2009. Alle Rechte vorbehalten), der seinen Webseiten EINSTEINS DER STEINZEIT - Bemerkenswertes von unseren Vorvätern. Und Vormüttern. entnommen wurde, handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines bereits am 6. April 2009 dort publizierten Artikels, der den Fund der Ringstadt von Atlantis dokumentierte. Bei Atlantisforschung.de erscheint er in einer redaktionell nachbearbeiteten Fassung.

Bild-Quelle: EINSTEINS DER STEINZEIT - Bemerkenswertes von unseren Vorvätern. Und Vormüttern.