Grundlagen der Atlantisforschung
Grundlagen der Atlantisforschung
In dieser Sektion von Atlantisforschung.de geht es zunächst um die theoretischen und praktischen Grundlagen der Atlantologie als grenzwissenschaftlicher Richtung innerhalb der alternatven/nonkonformistischen Ur- und Frühgeschichtsforschung. Alleine diese Definition mag bei 'wissenschaftlichen' Atlantologie-Kritikern bereits Grund genug für einen Aufschrei der Empörung sein - weiß doch jeder 'vernünftige Mensch', dass Atlantisforschung lediglich ein spinnerter Zeitvertreib unfähiger oder 'durchgeknallter' Zeitgenossen ist, der mit 'richtiger' Wissenschaft nicht das Geringste zu tun hat, 'Pseudowissenschaft' eben...
Wie wir zeigen möchten, ist dies jedoch aus zwei Gründen eine irrige Auffassung: Tatsächlich ist "DIE" Atlantisforschung kein so simples Ding, dass sie sich mit derart oberflächlicher Kritik wirklich zu 'treffen' wäre; und zweitens erscheint das Postament, von dessen Höhe aus die Kritiker auf die Atlantologie herabsehen, wenig solide, basiert auf maroden Fundamenten, und droht in dem Moment in sich zusammenzubrechen, in dem man es kritisch hinterfragt. Daher sollte die Beschäftigung mit den Prinzipien und Grundlagen explizit wissenschaftlicher Forschung zu den vornehmsten und wichtigsten Aufgaben jedes Atlantologen gehören, der sich aufmacht, die Ebene der 'Hobby-Forschung' zu verlassen.
Wissenschaft?
Wie der Exkurs über Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte unseres Gastautors Dr. Horst Friedrich zeigt, besteht aller Grund dazu, an der 'Richtlinien-Kompetenz' derjenigen zu zweifeln, deren Lieblingsvokabel im Zusammenhang mit der Atlantologie das Wort "Pseudowissenschaft" zu sein scheint. Friedrich - immerhin ein promovierter Wissenschaftshistoriker, dem man schwerlich den Vorwurf machen kann, er habe die Regeln des 'Wissenschafts-Spiels' nicht verstanden - meint dazu: "Leider herrscht unter unseren studierten Wissenschaftlern im Normalfall wissenschaftsphilosophische Unbedarftheit. Und mit der Wissenschaftsgeschichte hat man es meist auch nicht sehr. So erklärt sich das sonderbare Paradoxon, daß die weit überwiegende Mehrzahl der Wissenschaftler weitgehend unwissend darüber ist, was Wissenschaft genau ist, wie sie funktioniert, was sie nicht sein kann, und was für ein Ding genau eine Lehrmeinung ist." (+1)
Für (werdende) AtlantisforscherInnen, die stets unter dem Generalverdacht der "Unwissenschaftlichkeit" stehen, heißt dies: Mach´ Dich in Sachen Wissenschafts-Philosophie, -Theorie und -Geschichte schlauer als die "Kritiker" mit oder ohne akademische Titel, die dein Forschungsgebiet oder dein deine Arbeit angreifen! Du wirst erstaunt sein, wie dürftig, ja peinlich unqualifiziert ein großer Teil solcher "Kritik" an vermeintlichen 'Crackpots' im allgemeinen - und an missliebigen Atlantologen insbesondere - ist, wenn sie selbst konsequent wissenschaftlich betrachtet wird.
In einer Beziehung ähneln sich 'orthodoxe' Forschung und nonkonformistischer "Schatten-Wissenschaft" jedenfalls auffallend: Die größten 'Schreihälse' sind meistens allenfalls mittelmäßige Forscher, Mitläufer, die lediglich ausgetretene Pfade bewandern und zu innovativer, oder gar ihr Fachgebiet revolutionierender, Arbeit überhaupt unfähig sind! Oder, wie es der indianische Alternativ-Historiker Prof. emerit. Vine Deloria jr. aus den USA ausdrückte: "In der Tat hat die Institutionalisierung von Wissen auf dem akademischen Schauplatz Status wichtiger gemacht als Fähigkeiten oder Ideen, wenn es darum geht, den Kanon der Wahrheit zu bestimmen, der am besten geeignet ist, Erklärungen über unseren Planeten zu geben." (+2)
Andererseits sind es, wie der Autor Martin Marheinecke feststellt, oft "gerade die erfolgreichsten und produktivsten Wissenschaftler, die kühn eine neue Hypothese vorstellen, ohne sich dabei auf überzeugende und überwältigende Beweise zu berufen, geschweige denn, auf etablierte Theorien allzu viel Rücksicht zu nehmen. Sie folgen statt dessen eben erst entdeckten, oft noch nicht >verifizierten< Daten, spärlichen oder ungenauen Informationen und in der Regel ihrem schwer zu beschreibenden >Riecher< - einer Form der Intuition, ohne die kaum ein wissenschaftlicher Neuerer auskommt. Erstaunlich viele wissenschaftliche Theorien würde buchstäblich erträumt, entsprangen plötzlichen Visionen oder inneren Stimmen. All dies ist für sich genommen nicht sonderlich rational." (+3)
Grenzwissenschaft?
Neben einem Ansatz zur Klärung wissenschafts-philosophischer und -theoretischer Grundlagen soll (und muss) uns in dieser Sektion unserer Webseiten auch die grenzwissenschaftlichen Basis der Atlantisforschung beschäftigen. Der Begriff der Grenzwissenschaft, der erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist, erscheint uns nämlich ebenfalls dringend reflexionsbedürftig, da er bisher lediglich in Relation zur universitären Wissenschaft definiert worden zu sein scheint.
Wer die derzeitigen "Grenzwissenschaften" betrachtet, wird schnell zwei grundlegende Feststellungen dazu treffen können: Erstens scheint es dort eine starke "Naturwissenschafts-Lastigkeit" zu geben, während - nennen wir sie einmal - "Para-Geisteswissenschaften" hier bislang keine nachvollziehbare Rolle gespielt zu haben scheinen. Und zweitens müssen wir konstatieren, dass sich Grenzwissenschaft offenbar nicht wie Wissenschaft, Kunst oder Religion selbst definiert, sondern von Wissenschaftlern im Rahmen ihres spezifischen "Wissen produzierenden Systems" - aus ihrer Sicht - bedarfsgerecht (und entsprechend ihren Vorurteilen) zugeschnitten, festgezurrt und beurteilt wird. (+4)
Was eine kritisch-analytische Betrachtung und Beurteilung durch Schulwissenschaftler angeht, so ist von kritikfähigen, grenz-wissenschaftlich tätigen, Forschern sicher nicht das Geringste dagegen einzuwenden. Wer "Grenzwissenschaft" allerdings als e i g e n s t ä n d i g e s, Wissen produzierendes System begreift, der kann und wird sich freilich nicht durch quasi-inquisitorische Kritik durch sogenannte "Skeptiker" (siehe dazu z.B.: Skeptizismus.de) in ein fremdes und untaugliches Gedankengebäude einsperren lassen. (+5) Oder, aus wissenschaftlichem Blickwinkel betrachtet: "Wissenschaftler sollten das Unerklärte untersuchen, aber nicht das Un-Untersuchte zu erklären versuchen." (Don Ecker, in:California UFO Nr.3/1988)
Mit Martin Marheineckes Artikel An den Grenzen der Wissenschaft wollen wir zunächst eine Betrachtung der Grenzwissenschaften vorstellen, die sich an den schulwissenschaftlichen Anschauungen und Parametern orientiert. Darin stoßen wir auf Definitionen, wie "Parawissenschaft", "Protowissenschaft" und "Pseudowissenschaft", die im Kontext des Beitrags mehr als deutlich machen, dass das Feld der Grenzwissenschaften heute noch eine fremdbestimmte Konstruktion darstellt, welche von universitären Wissenschaftlern definiert wird, die selber überhaupt nicht grenzwissenschaftlich tätig sind. Gerade die Atlantologie und die Paläo-SETI-Forschung sind dabei permanente Ziele gehässiger Attacken.
In diesem Zusammenhang ist es geradezu faszinierend, mit welcher Unverfrorenheit manche sogenannten "Skeptiker" (von akademischen Gnaden) sich zu - für sie fachfremden - Themen äußern. Als Beispiel sei hier Prof. Ulf Strohmayer zitiert. Der Leiter des irischen Geography Department erklärte nämlich erst unlängst: "Mythische Orte wie Atlantis sind lediglich dazu da, um irgendwelche Sehnsüchte nach einem Land Utopia in der menschlichen Psyche zu befriedigen. Wir schaffen sie, um uns selber weiszumachen, dass das menschliche Leben, wenn wir auf diesem Planeten die Augen zumachen, woanders, an einem besseren Ort, weitergehen wird." (+6) (Vergl. dazu: Atlantis - eine Spurensuche in Irland)
Natürlich ist Prof. Strohmeyer als Geograph weder in der Position, sich wissenschaftlich zu mythologischen Fragen zu äußern, noch bringt er die notwendige Fachkompetenz mit, um ein qualifiziertes Urteil darüber abzugeben. In aller Regel handelt es sich bei derartigen Äußerungen um Profilierungsversuche mittelmäßiger ForscherInnen, die sich damit bei den Definitions-Mächtigen des Wissenschafts-Betriebs beliebt machen wollen; denn in diesen Kreisen gelten Kollegen, die sich vorurteilsfrei mit dem Atlantis-Problem auseinandersetzen, traditionell als mindestens ebenso suspekt wie atlantologische Laien-Forscher: "Die verzweifelte Suche nach dem angeblich untergegangenen herrlichen Sagenreich Atlantis, die These von götterähnlichen Besuchern aus dem Weltall als frühen Kulturbringern, die liebevolle Ausschmückung früher Hochkulturen sind nicht zuletzt ein Symptom [von] Gegenwartsflucht. Und selbst nüchtern erscheinende Fachwissenschaftler können sich hin und wieder offenbar nicht dem Reiz solcher im Grunde unwissenschaftlichen Ausschmückungen entziehen." (+7)
Wenn man derartige Äußerungen allerdings vor dem Hintergrund des hehren wissenschaftlichen Anspruchs betrachtet, den ihre Urheber hochhalten, dann wird schnell ihr dubioser Charakter deutlich: Sie sind nämlich fast nie das Ergebnis konkreter, nachvollziehbarer Forschungen zum Gegenstand der Kritik, sondern beruhen lediglich auf Kolportage oder einer höchst fragmentarischen Beschau - sind also im Wortsinn klassische Beispiele für praktizierte PSEUDOWISSENSCHAFT.
Eine Gegenposition zum Themen-Komplex 'Wissenschaft, Grenzwissenschaft und Atlantologie' stellen wir mit Bernhard Beiers Artikel Die Charybdis der Atlantisforschung - Von Spinnern, Vulgär-Psychologen und sogenannten Atlantis-Fachleuten vor. Dort nimmt der Autor Atlantisforscher und "Atlantologie-Kritiker" unter die Lupe und beschäftigt sich mit der Problematik atlantologischer Laienforschung, sogenannter "wissenschaftlicher Kritik" - mit und ohne Substanz - und mit Atlantologie als einem "unbekanntem Wesen", das man näher kennenlernen sollte, bevor man sein Urteil darüber fällt.
Dass Atlantologie nicht unbedingt mit den Maßstäben klassischer Erd- und Menscheits-Geschichtsforschung oder anderer, verwandter Fachrichtungen universitärer Wissenschaft zu messen und zu begreifen ist, soll schließlich auch unser Beitrag Das Marconi-Syndrom - Fuzzy Logic und Atlantologie deutlich machen. Darin geht es z.B. um "vertikales" und "laterales" Denken in Schulwissenschaft und Atlantisforschung sowie um die Frage nach der Legitimität scheinbar irrationaler Forschungs-Ansätze und die Unterschiede zwischen fachzentristischer, multi- und transdisziplinärer Forschungsarbeit.
Atlantisforschung?
Neben ihrer (grenz-) wissenschafts-theoretischen Problematik soll uns in dieser Sektion aber gerade auch die praktische Seite der rationalen und empirischen (+8) Atlantisforschung beschäftigen. Wie sieht es mit den "handwerklichen" Fähigkeiten und den forscherischen Grundlagen der Atlantologen aus? Wenn hier von Kritikern - auch im eigenen Lager - Defizite angemahnt werden, so geschieht dies sicherlich nicht grundlos. Tatsächlich befindet sich die empirische Atlantis-Forschung hier erst am Anfang eines - dringend notwendigen! - Gestaltungs- und Professionalisierungs-Prozesses, und ist insofern PROTOWISSENSCHAFT.
Zu den betrachtenswerten und diskussionsbedürftigen Grundlagen der Atlantologie gehört vor allem ihr methodisches Instrumentarium, in dessen Zentrum zweifellos die Analyse und Interpretation des platonischen Atlantis-Berichts steht: die Atlantida-Exegese. Bedauerlicher Weise wurde auch hier in der Vergangenheit ein Diskurs über die (grenz-) wissenschaftlichen Grundlagen versäumt, sodass ForscherInnen noch weitgehend in einen 'luftleeren Raum' operieren müssen. Explizit atlantologische Standards zur Atlantida-Exegese fehlen völlig und auch hier gilt: wer nicht über langwierige, mühsame, polydisziplinäre - und zwangsläufig autodidaktische - Studien ein konkretes Verständnis dieses Forschungs-Instruments, seiner Möglichkeiten und Grenzen, erworben hat, muss zwangsläufig Gefahr laufen, dabei laien- und unnötig fehlerhafte Ergebnisse zu erzielen.
Leider bildeten sich gerade seit Anbruch des "Medienzeitalters" viele Zeitgenossen - mit oder ohne akademische Titel - ein, auch ohne solches Grundlagenwissen und intensive und breit gestreute, atlantologische Studien eine "fundierte Position" zum Thema Atlantis bzw. zur Atlantisforschung entwickeln zu können. Die "Ergebnisse", die solche Atlantis-Befürworter und -Verneiner vorlegen, fallen dementsprechend aus (siehe etwa: Atlantologie von Ulrich Magin). Aus atlantologie-historischem Blickwinkel dienen sie zumeist eher der Unterhaltung als dem Erkenntnis-Gewinn. Bisweilen können sie jedoch bezeichnende Einblicke in den schulwissenschaftlichen Umgang mit dem Atlantis Problem und auf die "vernünftigen" Lösungen liefern, die sich daraus ergeben.
Ein erschreckend drastisches Beispiel für ein angeblich "wissenschaftlich fundiertes" Atlantis-Konzept stellt die Thera-Lokalisierung von Dr. A. Galanopulos et al. dar, die bis in die jüngste Zeit hinein in der universitären Forschung, in den Medien und beim 'Publikum' höchst wohlwollende Beachtung und Unterstützung findet, obwohl diese Theorie - wie J. Spanuth bereits 1976 nachwies - den Gesetzen der Logik und den Naturgesetzten widerspricht (vergl. dazu z.B.: Das atlantologische 'Gastspiel' des Jaques Cousteau), was keinem der vielen, mehr oder weniger gelehrten, Anhänger dieser Vorstellung augefallen war.
Auch vor diesem Hintergrund ist die Frage nach der Qualifikation von Atlantologen durchaus legitim. Angesichts der Tatsache, dass das Atlantis-Problem in aller Regel weder in den Lehrplänen unserer Schulen vorkommt, noch in qualifizierter Form an den Universitäten studiert oder erforscht werden kann, erscheint es jedoch fast zynisch, von Atlantisforschern einen fachlichen Befähigungsnachweis, eine "Lizenz zum Forschen" zu verlangen. Wie solch ein konsensfähiger atlantologischer Befähigungsnachweis aber tatsächlich aussehen kann, zeigt unser Beitrag Sarah Steiner: Matura mit Atlantis als Einführung in S. Steiners Arbeit Atlantis - Mythos oder Wirklichkeit - Eine physisch geographische Untersuchung mit der die Autorin im Jahr 2002 an der Kantonsschule Zug in der Schweiz ihre Reifeprüfung ablegte.
Team Atlantisforschung.de
Beiträge zum Thema 'Grundlagen der Atlantisforschung'
Exkurs über Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte (Dr. Horst Friedrich)
An den Grenzen der Wissenschaft (Martin Marheinecke)
Was ist Atlantologie? (Dr. Nikolai Zhirov)
Atlantologie (Ulrich Magin)
Atlantis in der wissenschaftlichen Literatur (Dr. Rainer W. Kühne)
Für eine 'Charta der Atlantis-Forschung' (red)
Weshalb ist die Schulwissenschaft so innovationsfeindlich und irrtumsanfällig? (Georg Menting)
Außerdem bei Atlantisforschung.de:
Sarah Steiner: Matura mit Atlantis (red)
Anmerkungen und Quellen
(+1) Quelle: Horst Friedrich, "Jahrhundert-Irrtum >Eiszeit<", 1997, EFODON Edition MESON, S. 37
(+2) Quelle: Vine Deloria jr., "Red Earth - White Lies" (Kapitel 10, "At the Beginning"), 1997, FULCRUM PUBLISHING, Golden/Colorado, USA; siehe: Indianische Urgeschichte
(+3) Quelle: Martin Marheinecke, "An den Grenzen der Wissenschaft", aus "World of Cosmos" (Clubzeitschrift des SFC Black Hole Galaxie), März 1999, Heft 19, nach http:/
(+4) siehe dazu z.B.: Rudolf Henke, Vom Regen in die Traufe, Erfahrungen eines Insiders mit der deutschen Skeptikerbewegung, online unter http://www.skeptizismus.de/henke.html/home.t-online.de/home/Martin.Marheinecke/gw-001.htm
(+5) Anmerkung: Wir sind schon gespannt, auf welcher Grundlage Gruppierungen, wie etwa die GWUP e. V. (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften) grenzwissenschaftliche Primhistorik und Atlantologie künftig zu beurteilen gedenken. Es dürfte dort nämlich de facto niemanden geben, der auf diesen Gebieten auch nur bescheidenste Grundlagen-Kenntnisse vorzuweisen hat!
(+6) Quelle: Ireland On-Line news, August 12th, 2004, nach http://www.mythicalireland.com/ancientsites/tara/atlantis2.php
(+7) Quelle: Prof. H.G. Wunderlich, seinerzeit Ordinarius für Geologie und Paläontologie an der Universität Stuttgart, in "Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende", Rohwolt 1974, Seite 401
(+8) Erklärung: "Empirie (von griech.: empereia = Erfahrung) ist im eigentlichen Sinne nur wissenschaftlich, d. h. auf methodischem Weg (Induktion und Analogie sowie durch absichtlich angestellte Beobachtungen und Versuche), gewonnene Erfahrung.
Dieselbe ist äußere oder innere, je nachdem die Erfahrung selbst aus sinnlicher Wahrnehmung oder Beobachtung unseres inneren Lebens beruht. Eine einzelne sinnliche Wahrnehmung ist noch keine Erfahrung zu nennen; wenigstens gehören mehrere Erfahrungen dazu, um eine relative Gewißheit zu erlangen. Auch bietet sich die Erfahrung oft nicht von selbst, sondern muß gesucht und hervorgerufen werden durch Experimente. Dies gilt nicht nur von der äußern Erfahrung, sondern auch von der innern, bei der noch die eigentümliche Schwierigkeit hinzutritt, dass das beobachtende Subjekt zugleich das beobachtete Objekt ist, oder dass sich das Ich sich selbst gegenüberstellen und sich als Nicht-Ich betrachten muß.
Die Empirie spielt nicht nur in den eigentlichen empirischen (Erfahrungs-)Wissenschaften, insbesondere in der Naturwissenschaft und Medizin, sondern auch in der Philosophie eine Rolle. So gewiss es aber ist, dass Erfahrung, wie Kant lehrt, die Grundlage der ganzen theoretischen Philosophie bildet, ebenso gewiss kann durch bloße Erfahrung eine rein philosophische Erkenntnis nicht geschaffen werden. Erfahrungen, noch so sehr gehäuft, aus allen Teilen der Welt und aus allen Zeiten zusammengerafft, bilden doch immer nur eine Masse von Einzelheiten, welcher jene Ordnung und höhere Einheit abgeht, ohne welche überhaupt keine wissenschaftliche, geschweige eine philosophische Erkenntnis denkbar ist. Es ist also nötig, mit dem reinen Denken an die gesammelte Erfahrung heranzutreten und die durch diese gefundenen Begriffe einer regelmäßigen Bearbeitung zu unterwerfen. Hieraus entwickelt sich die Philosophie, welche eben als eine Erkenntnis aus Begriffen vermittelst einer regelmäßigen Bearbeitung derselben bezeichnet wird.
Am wichtigsten ist die reine Empirie für die Naturwissenschaften, weil in diesen auch eine einzelne Erfahrung einen relativen Wert hat. Freilich muss sich auch hier die rein empirische Erkenntnis, d. h. diejenige, die nur auf einzelnen Erfahrungen beruht, gefallen lassen, durch jede neu gemachte entgegenstehende Erfahrung berichtigt und widerlegt zu werden. Das Wissenschaftsverständnis der Empirie steht in vielen Wissenschaftsgebieten vor allem in der Geisteswissenschaft im Widerstreit mit der Hermeneutik. Empiriker heißen diejenigen Philosophen, welche alle Erkenntnis aus der Erfahrung ableiten zu können meinen, auch solche Ärzte, welche ihr Wissen und ihre Kunst allein auf die Erfahrung gründen, mit Ausschluß aller theoretischen Ansichten und Lehrgebäude. Empirisch werden alle Begriffe, Urteile und Schlüsse genannt, welche sich bloß auf Erfahrung gründen. Empirismus ist dasjenige philosophische System, nach welchem alle Erkenntnis einzig und allein aus der Erfahrung abgeleitet werden soll..." Quelle: WIKIPEDIA, online unter http://de.wikipedia.org/wiki/Empirisch
Bild-Quellen
(1) http://wxbc.bard.edu/history.html
(2) http://www.fotowettbewerbe.de/wissenschaft.htm
(4) unbekannte Bild-Quelle