Neue Atlantis-Funde auf der Großen Bahama-Bank gemeldet
Chris Shearer aus Kanada will auf NASA-Aufnahmen mögliche Unterwasser-Ruinen bei Bimini ausgemacht haben
(bb) Chris Shearer aus Peterborough im kanadischen Ontario ist weder Wissenschaftler noch Atlantologe, sondern schlicht einer der unzahligen Internet-Nutzer, die sich rund um den Globus für ungewöhnliche Phänomene und grenzwissenschaftliche Themen interessieren. Über das Thema Atlantis war er eher zufällig bei der Lektüre einer Biographie des 'Schlafenden Propheten' Edgar Cayce gestolpert, der Chris ziemlich beeindruckt zu haben scheint.
Im April 2005 veröffentlichte er jedenfalls eine Pressemitteilung, in der er erklärt, er habe am PC die Überreste von Atlantis unter Zuhilfenahme frei einsehbarer Satelliten-Fotos der NASA entdeckt. "Es ist genau da", erklärt er darin, "wo Edgar Cayce sagte, dass es gefunden würde." [1] Beim Web-Surfen, während "er den Geheimnissen des Bermuda Dreiecks (vergl.: Das Bermuda-Dreieck und Atlantis von Charles Berlitz) auf der Spur war, stolperte Chris Shearer >über ein Foto (Abb. 2) von etwas, das er für die konzentrischen Ringe und Kanal-Systeme der Stelle hält, wo einst Atlantis erblühte." [2]
Auf Chris Shearer´s Webseiten heißt es zudem: "Die Bahama-Inseln werden schon seit vielen Jahren, bis heute, für Atlantis gehalten. Edgar Cayce hatte in seinen Readings über Atlantis nicht nur [grundsätzlich] Recht bezüglich Atlantis, er hat auch Recht, was seine Lage angeht. Chris hat umfangreiche Forschungen zu dem Thema unternommen und schlussfolgert, dass das, was er entdeckt hat, in der Tat die verlorene Stadt und der Kontinent von Atlantis ist. Natürlich wird es zu diesem Gegenstand Kontroversen geben, doch diese Website wird den Leuten tatsächlich zeigen, dass Atlantis einst auf einen inselgroßen [?; d. Red] Kontinent florierte." [3]
Beim Vergleich älterer und jüngerer Satelliten-Aufnahmen des betreffenden Areals konnte er feststellen, dass dort in jüngerer Zeit signifikante Veränderungen der Oberflächen-Struktur des Meeresbodens erfolgt sein müssen: "Die Hurricanes und tropischen Stürme, die sich im vergangenen Jahr und den Jahren zuvor ereignet haben, entfernten einiges von dem sedimentären Sand, der die Teile von Atlantis bedeckte, welche nun sichtbar sind. Damals in den Dreißigern wurde das weltbekannte Medium Edgar Cayce mit den Worten zitiert, dass Teile von Atlantis [19]68 oder [19]69 auftauchen würden, und tatsächlich geschah dies [vergl.: Die Bahamas und Atlantis: Der Streit um Bimini; d. Red.]. Damals wurden die Bimini-Straßen [vergl.: Bimini-Road und die Suche nach Relikten von Atlantis; d. Red.] zusammen mit Unterwasser-Tempeln entdeckt, die ebenfalls sichtbar sind." [4]
Tatsächlich sind die wandernden Sandmassen der Großen Bahama-Bank ein gravierendes Natur-Phänomen, das unterseeische Strukturen ebenso schnell auftauchen wie auch wieder verschwinden lassen kann. Dagegen muss nicht alles, was an solchen Strukturen auftaucht oder entdeckt wird, auch einen artifiziellen Charakter haben; und längst nicht alle künstlichen Strukturen bei den Bahamas haben etwas mit Atlantis zu tun. So sind zum Beispiel die von Shearer erwähnten "Unterwasser-Tempel" bereits von dem Atlantologen Dr. David Zink in den 1970ern als neuzeitliches Bauwerk identifiziert worden (siehe dazu: Der 'Atlantis-Tempel' des J. M. Valentine).
Es schleichen sich schließlich gelinde Zweifel daran ein, dass Chris Shearer tatsächlich "umfangreiche Forschungen" im Bereich der Bahama-Atlantologie vorzuweisen hat, wenn wir feststellen, dass auch er eine "Tempel-Anlage" (Abb. 2) ausgemacht haben will, wobei er allerdings auf seinen Webseiten zu erklären vergisst, was ihn zu dieser verwegenen Annahme berechtigt. Auf der von ihm wiedergegebenen Satelliten-Aufnahme ist jedenfalls nur eine verwaschene, rechteckige Struktur zu erkennen, deren künstlicher Charakter und möglicher einstiger Verwendungs-Zweck sich gegebenenfalls erst durch Tauch-Expeditionen klären lässt.
Dass Shearer zudem eine Presse-Erklärung aus dem Jahr 1997 wiedergibt [5], in der ein angeblicher Ägyptologe namens Aaron DuVal aus Miami damals ebenfalls die Entdeckung eines "Atlantis-Tempels" bekannt gab, spricht auch nicht gerade für die Qualität seiner Studien. Dieses angebliche Relikt der Atlantier entpuppte sich, wie die amerikanischen Kollegen von Atlantis Rising bald feststellten, als von DuVal produzierte, 'heiße Luft' (siehe: Aaron DuVal und die Scott-Steine). Leider hat Chris Shearer auch für die angebliche Atlanter-Metropole außer einer verschwommenen Abbildung einer kreisförmigen Unterwasserstruktur keine Evidenzen vorzuweisen.
Nicht nur insofern ist die Feststellung reichlich übertrieben, er habe "mit Hilfe der Nasa und ihrer Bilder-Gallerie tatsächlich das Rätsel gelöst". [6] Im übrigen ist Shearer ja nicht der Erste, der bei Bimini eine ringförmige Struktur ausgemacht hat (vergl. dazu z.B. Dr. Greg Little und der mysteriöse Steinkreis von Andros sowie Poseidonis bei Bimini - Die Entdeckung des Ron Smith) deren veröffentlichte Ergebnisse im Gegensatz zu Shearers Angaben nicht nur auf der Beschau von Bildern aus dem Internet beruhen, sondern auf zahlreichen Tauchgängen und direkten Untersuchungen der betreffenden Strukturen.
Auf Shearers katastrophistisches "Szenario" für den Untergang von Atlantis am Ende der jüngsten Eiszeit ("Als das Eis schmolz, stiegen die Wasser-Pegel zwischen den Kontinenten und trugen dazu bei, sie auseinanderzuzwängen") wollen wir hier nicht weiter eingehen; breiten wir den Mantel des Schweigens darüber und konzentrieren wir uns stattdessen abschließend auf zwei Feststellungen:
1) Aus grenzwissenschaftlich / atlantologischem Blickwinkel sind Chris Shearer´s Entdeckungen durchaus interessant, aber für sich genommen noch wenig aussagekräftig und keineswegs evident. Zunächst müssten sie mit den Ergebnissen von KollegInnen wie William M. Donato, Greg und Lora Little, Ron Smith, usw. abgeglichen und korreliert sowie durch Tauchgänge vor Ort verifiziert werden. In jedem Fall ist Shearers Presse-Meldung ziemlich voreilig und wirkt reißerisch - was natürlich nicht ausschließt, dass er tatsächlich auf Relikte der vielfach vermuteten karibo-amerikanischen Urkultur des 'westlichen Atlantis' gestoßen sein könnte.
2) Shearer´s Beispiel zeigt jedenfalls einmal mehr, dass es sich auch für ausgemachte "Nichtfachleute" und "Laienforscher" durchaus lohnen kann, sich auf der Suche nach Anomalien durch die gewaltigen Bestände an offen zugänglichen Satelliten-Bildern zu 'wühlen'. Allerdings sollte man sich bei dieser verdienstvollen Arbeit stets darüber klar sein: nicht jede diffuse Unterwasser-Struktur ist tatsächlich künstlichen Ursprungs und nicht jedes ringförmige Relikt am Grunde eines Gewässers muss gleich Atlantis sein!
Anmerkungen und Quellen
- ↑ Quelle: Chris Shearer, "Canadian discovers Atlantis Using Personal Computer" [Presse-Mitteilung], Atlantis Uncovered, 18. April 2005, online unter http://www.free-press-release.com/news/200504/1113855790.html
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Quelle: Chris Shearer, "ATLANTIS UNCOVERED - How I found Atlantis", online unter http://www.atlantisuncovered.com/how_found.htm
- ↑ Quelle: Chris Shearer, "Canadian discovers Atlantis Using Personal Computer" [Presse-Mitteilung], Atlantis Uncovered, 18. April 2005, online unter http://www.free-press-release.com/news/200504/1113855790.html
- ↑ Siehe: Chris Shearer, "ATLANTIS UNCOVERED -Temple at Bimini", online unter http://www.atlantisuncovered.com/temple.htm
- ↑ Quelle: Chris Shearer, "Canadian discovers Atlantis Using Personal Computer" [Presse-Mitteilung], Atlantis Uncovered, 18. April 2005, online unter http://www.free-press-release.com/news/200504/1113855790.html
Bild-Quellen
(1) http://www.atlantisuncovered.com/how_found.htm
(2) http://www.atlantisuncovered.com/images/web-sat-bimini.jpg
(Die Bilder sind wie die gesamte Homepage von Chris Shearer nicht mehr online)
Kontakt zu Chris Shearer: (Konversation und Korrespondenz in Englisch!)
Primary Phone: 705-741-3474 Secondary Phone: 705-761-5107 ext. E-mail: shearzycandoit@hotmail.com
Webseite: www.atlantisuncovered.com