D. Görlitz und S. Erdmann: Das Cheops-Projekt (Rezension 3)
eine Buchbesprechung von Gernot L. Geise
Dr. Dominique Görlitz ist ein Experimentalarchäologe, Stefan Erdmann ein Privatforscher. Görlitz wurde durch seine aufsehenerregenden ABORA-Experimente bekannt, mit denen er nachwies, dass es auch in frühesten ägyptischen Zeiten möglich war, mit einfachen Bootskonstruktionen bis nach Südamerika und zurück zu fahren. Erdmann untersucht seit den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts insbesondere das Gizeh-Plateau und hat darüber (mit Jan van Helsing) ein Buch („Die Jahrtausend-Lüge“) sowie einen Film („Die Cheops-Lüge“) produziert.
Im Rahmen der von den beiden „Cheops-Projekt“ genannten Untersuchung in der Großen Pyramide in Gizeh entspann sich um die beiden Akteure ein regelrechter Skandal, der weltweit für Aufsehen sorgte. Dies deshalb, weil ihnen u. a. vom ehemaligen Direktor der ägyptischen Altertumsverwaltung, Zahi Hawass, unterstellt wurde, sie seien von dem Pyramidenforscher Robert Bauval dazu beauftragt worden, in einer der Entlastungskammern die Khufu-Kartusche (Cheops-Kartusche) zu stehlen. Obwohl es völliger Blödsinn ist, eine aufgemalte Kartusche zu stehlen, hatten sich sogleich alle Medien der Welt darauf eingeschossen und Görlitz und Erdmann als „Vandalen“, „Grabräuber“ sowie „Pyramidenschänder“ bezeichnet.
Um was ging es? Die beiden wollten eigentlich nur einige Milligramm Proben einer dunklen Substanz an den Decken-Granitbalken (Abb. 4) in der „Königskammer“ entnehmen, um diese wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Dazu hatten sie im Vorfeld alle benötigten Genehmigungen der ägyptischen Altertumsverwaltung eingeholt. Es handelte sich also keinesfalls um ein ungesetzliches Vorgehen.
Vor Ort ergab es sich dann, dass die beiden auch in die Entlastungskammern klettern durften – immer von Sicherheitsleuten begleitet, also niemals unbeobachtet – wo sie die Gelegenheit nutzten, auch hier einige Milligramm Farbe (Abb. 3) einer dort aufgebrachten Zeichnung abzulösen, allerdings nicht von besagter „Cheops-Kartusche“. Der Skandal war perfekt, nachdem man im Vergleich mit älteren Fotos feststellte, dass besagte Kartusche tatsächlich beprobt worden war. Wie konnten Görlitz und Erdmann nachweisen, dass nicht sie es waren, die von der Kartusche Proben nahmen?
Hier kam ihnen Robert Bauval (Abb. 2) zuhilfe, der ältere Fotos der Kartusche liefern konnte, woraus eindeutig hervorging, dass die Beschädigungen bereits 2006 vorhanden waren. Also hatte bereits zu Zeiten, in denen Zahi Hawass der oberste Verantwortliche war, eine (heimliche?) Probenentnahme an der Kartusche stattgefunden, worüber bis heute Stillschweigen herrscht.
Der Skandal weitete sich immer mehr aus und entwickelte sich zu einem Politikum. Dass Görlitz und Erdmann alle benötigten Genehmigungen besaßen [1], interessierte niemanden. In Ägypten wurde ein Gerichtsverfahren angesetzt, wobei die beiden in Abwesenheit und alle an der Aktion beteiligten (auch die Wächter am Pyramideneingang) zu jeweils fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurden. In Deutschland konnten Görlitz und Erdmann vor Gericht dann nachweisen, dass sie nichts Unrechtmäßiges getan hatten. [2]
Soweit in gekürzter Form die Geschichte um den angeblichen „Cheops-Kartuschen-Raub“, die im Buch minutiös detailliert dargelegt wird. Als Außenstehender kann man nur den Kopf schütteln, was dieser Blödsinn eigentlich sollte. Wegen ein paar Milligramm Material wird ein Staatsverbrechen konstruiert, obwohl Görlitz und Erdmann alle erforderlichen Genehmigungen besaßen und obendrein den ägyptischen Behörden sofort anboten, die Proben freiwillig wieder zurückzugeben.
Der zweite Teil des Buches handelt von den Ergebnissen und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Zunächst stellten beide sehr ausgiebige Recherchen zu den Graffiti an, die seinerzeit von dem Engländer Howard Vyse in den Entlastungskammern „entdeckt“ wurden. Wir erinnern uns, dass Vyse als „Ägyptologe“ nicht gerade zimperlich vorging, wenn er irgendetwas entdecken wollte. Sein Hauptwerkzeug dabei war Dynamit bzw. Schießpulver, mit dem er sich Zugänge verschaffte. Vyse wollte unbedingt als großer Ägyptologe in die Geschichtsbücher eingehen, und dazu war ihm jedes Mittel recht.
Um es kurz zu machen (im Buch steht alles wesentlich ausführlicher): Vyse hat offenbar zumindest einige der dortigen Zeichen nachgemalt sowie einige weitere hinzugefügt. Anhand von Bildanalysen konnte festgestellt werden, dass hier zumindest farbliche Veränderungen vorhanden sind.
Die schwarze Substanz, die in der Königskammer entnommen wurde, stellte sich als metallische Patina heraus, die Magnetit enthält. Diese Substanz konnte nur deshalb entstehen, weil die Deckenbalken über eine gewisse Zeit auf eisernen Platten gelagert worden sein mussten, bis sie eingebaut wurden. Mit dieser Erkenntnis rekonstruierten beide Experimentalforscher eine verblüffend einfache neue Hebetechnik für die tonnenschweren Granitblöcke, die ohne die eisernen Unterlagen nicht funktionieren würde.
Natürlich kann niemand sagen, ob es wirklich so war, aber diese Hebetechnik stellt alle bisherigen Hypothesen weit in den Schatten. Mit der Entdeckung des Magnetits muss die ganze ägyptische Geschichte umgeschrieben werden, denn die Ägyptologen bestehen bis heute darauf, dass die alten Ägypter keine Eisengeräte besessen haben konnten, nur Kupfer und bestenfalls Bronze.
Im Anhang des Buches zeigen die Autoren die eingeholten Genehmigungen. Nur mit „Anlage 4: Graffiti-Inschriften“ komme ich nicht klar, weil daraus nicht hervorgeht, um welche Graffiti es sich handelt. Hier wären kleine Abbildungen angebracht.
Was bisher noch nicht geklärt werden konnte: Wie schafften es die Ägypter, Granitblöcke fast ohne Schnittabfall zu schneiden und dann – etwa im Chephren-Taltempel – so exakt wieder zusammenzufügen, dass teilweise kein Zwischenraum zwischen den Blöcken entstand und sich sogar kleinste Gesteinsstrukturen über zwei Blöcke hinweg fortsetzen. Demgemäß müssen diese Blöcke exakt so, wie sie abgebaut wurden, hier wieder zusammengesetzt worden sein.
Im Buch sind alle Schritte und Erkenntnisse detailgenau und sehr ausführlich dokumentiert, hinzu kommt die auch für Laien spannende und gute Lesbarkeit. Man kann nur sagen: Es bleibt spannend!
Anmerkungen und Quellen
Diese Rezension von Gernot L. Geise (©) wurde erstveröffentlicht in der Zeitschrift EFODON-SYNESIS Nr. 131 (5/2015) (Abb. 5). Bei Atlantisforschung.de erscheint sie, mit freundlicher Genehmigung des Verfassers, im Oktober 2015 in einer redaktionell bearbeiteten (illustrierten sowie mit Links und Fußnoten versehenen) Online-Fassung.
Fußnoten:
- ↑ Red. Anmerkung: Tatsächlich fehlte Görlitz und Erdmann EINE der notwendigen Genehmigungen, nämlich eine Ausfuhrgenehmigung der Proben zur Untersuchung in Deutschland. Bei einer wohlwollenden Behandlung der Angelegegenheit durch die ägyptischen Behörden - wie sie zuvor Stefan Erdmann und seinen Forschungen gegenüber jahrelang Usus war - wäre dies vermutlich als Formfehler behandelt worden, und man hätte diese Genehmigung auch rückwirkend erteilen können. Im Rahmen der massiven Skandalisierung des 'Cheops-Projekts' durch die Behörden in Kairo und interessierte Kreise wurde das Fehlen dieser Genehmigung jedoch genutzt, um den haltlosen Vorwurf des "Schmuggels von Antiquitäten" gegen die beiden Forscher zu konstruieren.
- ↑ Red. Anmerkung: Das in Deutschland anhängige Untersuchungsverfahren wurde Anfang 2015 außergerichtlich abgeschlossen, d.h. gegen Zahlung eines Bußgelds durch die Beschuldigten eingestellt. Der zugrunde liegende, durch die Staatsanwaltschaft Chemnitz erwirkte Strafbefehl bezog sich vor allem auf die ohne Genehmigung erfolgte Verbringung beagter Proben nach Deutschland (siehe Fußnote 1); von einer angeblichen "Beschädigung" bzw. dem "Diebstahl der Cheops-Kartusche" oder "Antiquitäten-Schmuggel" war darin nicht mehr die Rede.
Bild-Quellen:
- 1) KOPP Verlag, unter Das Cheops-Prokekt
- 3) NuoViso und Bild-Archiv Atlantisforschung.de
- 4) Bild-Archive Dominique Görlitz, Stefan Erdmann und Atlantisforschung.de
- 5) EFODON SYNESIS, unter: SYNESIS-Magazin Nr. 131 (5/2015)