Die versunkene Insel Atlantis

aus The New York Tribune, nach The Abbeville Press and Banner, 13. Mai 1877

Abb. 1 Die Original-Fassung des Artikels aus The Abbeville Press and Banner vom 13. Mai 1877

Noch vor wenigen Jahren kam der Scharfsinn von Geschichts-Studenten im Wesentlichen hinsichtlich der Aufgabe zur Anwendung, die alten Mythen, Überlieferungen und Aufzeichnungen zu widerlegen. Die Erzählung vom göttlichen Troja, ja selbst die Existenz von Homer, die Gründung von Rom durch Romulus und mindestens ein Dutzend anderer prominenter verzeichneter Ereignisse, welche die Menschheit als Fakten akzeptiert hatte, wurden von diesen scharfsinnigen und ungläubigen Forschern zu einer legendenhaften Nichtigkeit reduziert.

Heute ist die Tendenz in der Forschung genau umgekehrt. Was die Erkundungen bei Hissarlik und Mykene für die Örtlichkeiten und Helden Homers tun, könnten nun auch die Fossil-Botanik und Tiefsee-Lotungen für die versunkene Insel Atlantis leisten, [deren Existenz] in Platos 'Timaios' überliefert wurde. Sie wird als ein Land jenseits der Säulen des Herakles beschrieben, wo eine erstaunliche Rasse von Menschen wohnte, die Afrika bis hin nach Ägypten beherrschten. Es hieß, die Insel sei später mit ihren Bewohnern bei Erdbeben übrflutet worden.

Unger, ein Botaniker von Rang und Namen, brachte 1860 die Theorie vor, dass die Verbreitung der tertiären Pflanzenwelt zwischen den östlichen und westlichen Hemisphären am besten mit der Hypothese zu erklären sei, dass die versunkene Insel Atlantis den Weg zur Verbreitung der fossilen Pflanzen lieferte. [1] Die kürzlichen Lotungen, die während der Fahrt der Challenger durchgeführt wurden und ähnliche Arbeiten anderer Expeditionen ergänzen, erbringen den Beweis dafür, dass es im Atlantik einen Rücken gibt, der in Form der, Azoren, St. Paul, Ascension und Tristan d'Acunha genannten Inseln, an die Meeresoberfläche kommt.

Der Rücken ist von gekrümmter Form; sein nördlicher Ausläufer verbindet sich mit dem Telegraphen-Plateau, etwa auf halber Strecke zwischen Irland und Neufundland; von dort erstreckt er sich etwas südwestlich, bis er sich nahe der Mündung des Amazonas mit Südamerika zusammenfügt; dann erreicht er schließlich, sehr unregelmäßig geformt und sich bis weit nach Süden in den mittleren Ozean hinein erstreckend, die afrikanische Küste bei 10° südlicher Breite.

Die Theorie, dass dieses Gebiet das überflutete Atlantis gewesen sein könne, wurde von W. Stephen Mitchell [2] bei einem kürzlichen wissenschaftlichen Vortrag in South Kensington vertreten, und Nature hat eine Seite für eine Karte dieses hypothetischen Landes zur Verfügung gestellt. - New York Tribune


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag eines namentlich ungenannten Autors erschien mit der Überschrift "The Lost Island of Atlantis" in der Ausgabe vom 13. Mai 1877 der Zeitung The Abbeville Press and Banner aus South Carolina, USA, als Nachdruck eines Artikels der New York Tribune. Bei Atlantisforschung.de präsentieren wir ihn als zeit- und wissenschaftsgschichtliches Dokument in eigener Übersetzung ins Deutsche in redaktionell bearbeiteter Fassung nach der digitalisierten Version des Artikels bei CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The Abbeville press and banner., May 30, 1877, Image 1.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Franz Unger, "Die versunkene Insel Atlantis", Wien (W. Braumüller), 1860, digitalisiert bei archive.org
  2. Red. Anmerkung: W. Stephen Mitchell, "The >Lost Atlantis< and the 'Challenger' Soundings, in: Nature, Vol.xvi. Nos. 392-398, 1876-1877, p. 553

Bild-Quelle: