Das Atlantis der Totonaken
(red) In einem 2010 vom spanischen History Channel (dem Canal Historia) herausgegebenen Buch mit dem Titel "Los grandes misterios de la historia" stoßen wir unverhofft auf folgende Randnotiz: "Der Anthropologe Roberto Ramirez Rodriguez von der Universität Veracruz sammelt in seinem Werk Atlanticú [1] von den Eingeborenen geschilderte Geschichten. Einer von ihnen spricht von einem Volk, das im Meer versank, weil die Götter von ihrer Gier angewidert waren, wie [es auch] Platon im 4. Jahrhundert v. Chr. erzählte." [2]
Ein paar ergänzende Informationen dazu liefert uns der irische Atlantologie-Enzyklopädist Tony O’Connell in seiner Atlantipedia, wo
er - leider auch nur sehr kurz gefasst - über das Buch des mexikanischen Anthropologen bemerkt: "Es beschäftigt sich mit der berühmten Fundstätte von el Tajín im südlichen Mexiko Die mündlichen Überlieferungen der örtlichen Totonaken berichten von einem hochgewachsenen weißen Volk, das von einer Insel im Osten kam, die durch ein gewaltiges Erdbeben vernichtet wurde." [3]
Ausführlichere Angaben zu dem, was R. Ramirez Rodriguez über diese - in der Tat stark an den Platonischen Atlantisbericht erinnernde - Überlieferung herausgefunden hat, sind allerdings für 'Normalsterbliche' nur schwer aufzutreiben, denn der Anthropologe hat sein vor sechzehn Jahren erschienenes Buch damals im Selbstverlag publiziert. Es wurde offenbar weder bei World Cat noch bei Google Books gelistet und ist im Online-Buchhandel nicht zu erwerben. [4]
Immerhin können wir nun davon ausgehen, dass diese alte Legende über eine im östlichen Meer versunkene Insel und das auf ihr lebende Volk von Angehörigen des Volkes der Totonaken überliefert wurde, einer der bedeutenden Kulturen des präkolumbischen Mexiko, deren hauptsächlicher Siedlungsraum - noch heute Totonacapan genannt - an den Golf von Mexiko angrenzte.
Nicht unwesentlich erscheint zudem, das diese Erzählung ausgerechnet bei jenen Nachfahren der alten Totonaken lebendig geblieben ist, die in der Gegend der alten Metropole El Tajín (an der Ostküste Mexikos gelegen, im heutigen Bundesstaat Veracruz) leben. El Tajín (zu Deutsch: "Der Blitz"), das im 1. Jahrhundert v. Chr. gegründet wurde und zumindest zeitweilig als eine Art Hauptstadt des Totonnaken-Reiches diente, war Huracán geweiht, dem Gott der Stürme, des Blitzes und des Feuers, der von den Maya unter dem Namen Tojil oder K'awiil angebetet wurde. Bei den Taino in der Karibik und in Florida, denen er vermutlich den Namen Huracán bzw. Huricán verdankt, galt er als Gottheit des Bösen'. [5]
Schon Ignatius Donnelly schrieb 1882 über ihn und seinen Namen: "Und hier möchte ich festhalten, dass dieses Wort 'hurakan' - der Geist des Abgrunds [orig.: "abyss"; d.Ü.], der Gott des Sturms, des Hurrikans sehr zweideutig ist und einen frühen Verkehr zwischen den gegenüberliegenden Küsten des Atlantiks bezeugt. Im Spanischen finden wir das Wort 'huracan', im Portugiesischen 'furacan', im Deutschen, Dänischen und Schwedischen 'orcan', was alles einen Sturm bezeichnet, wobei im Lateinischen 'furo' oder 'furio' 'wüten' bedeutet. Und sind nicht das altschwedische 'hurra', 'entlang getrieben werden' [orig.: "to be diven along"; d.Ü] unser [englisches; d.Ü.] Wort 'hurried', das isländische Wort 'hurra', über gefrorenen Boden gerattert werden, alle von der selben Wurzel abgeleitet, der auch der Gott des Abgrunds, Hurakan, seinen Namen verdankt? Das letzte, was Menschen vergessen, ist der Name ihres Gottes. Bis heute bewahren wir in den Bezeichnungen der Wochentage die Namen der alten skandinavischen und römischen Götter." [6]
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Siehe: Roberto Ramírez Rodríguez, "Atlanticú: el origen de el Tajin", Mexiko, Mexiko (Selbstverlag des Autors), Erstausgabe 2001, 89 Seiten, 4 Illustrationen
- ↑ Quelle: o.A. (Canal Historia), "Los grandes misterios de la historia", Penguin Random House Grupo Editorial España, 2010 (Übersetzung des Zitats ins Deutsche durch Atlantisforschung.de nach der Leseprobe bei Google Books; Hervorhebungen durch uns)
- ↑ Quelle: Tony O’Connell, "Atlanticú (L)", 14. August 2015 bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 23. November 2017)
- ↑ Anmerkung: Jedenfalls erscheint gesichert, dass sowohl der Autor als auch das Buch tatsächlich existieren, und das Letzteres eine reputierliche Quelle darstellt. So wurde daraus in Mexiko vor ca. drei Jahren in einer akademischen Abschlussarbeit zur Erlangung des Bachelor-Grades (Licenciado en Historia) zitiert. Siehe: Luis Roberto Méndez Simbrón, "LA CUMBRE TAJÍN 2000-2012 - RESCATE, DIFUSIÓN Y COMERCIALIZACIÓN DEL PASADO PREHISPÁNICO TOTONACA", Universidad Veracruzana / Facultad de Historia, 2014, S. 41 (Fn. 41) und S. 42 (Fn. 42). Online bei STUDYLIB (abgerufen: 24. November 2017)
- ↑ Quelle: Rachelle Oblack, "Where Does the Word "Hurricane" Come From?", 1. September 2016 (letztes Update), bei ThoughtCo. (abgerufen: 25. November 2017)
- ↑ Quelle: Ignatius Donnelly, "Atlantis: The Antediluvian World", Neuauflage bei Book Tree, 2006, S. 87 (Übersetzung des Zitats ins Deutsche durch Atlantisforschung.de nach der Leseprobe bei Google Books)
Bild-Quellen:
- Frank C. Müller (Baden-Baden) bei Wikimedia Commons, unter: File:El Tajín, Nischenpyramide.fcm.jpg