Grenzwissenschaft
"Die Wissenschaft fängt eigentlich erst da an interessant zu werden, wo sie aufhört." Justus von Liebig
"Wer sich mit Grenzwissenschaften beschäftigt, der muß vor allem >offen< sein. Man darf sich nicht von seinen Vorurteilen, seinen Vorlieben, seinen Abneigungen leiten lassen. Man muß sich auch auf ungewöhnliche Denkansätze einlassen. Vor allem bedeutet Offenheit, daß man keine Behauptung von vornherein und ohne Prüfung ablehnt. " (Martin Marheinecke)
Definitionen
I) Als 'Grenzwissenschaft' werden innerhalb des 'Real existierenden Wissenschaftsbetriebs' traditionell solche anerkannten Forschungsgebiete bezeichnet, die, quasi als synthetische "Interdisziplinen", Aspekte bzw. Inhalte von zwei oder auch mehr Wissenschafts-Disziplinen enthalten bzw. in sich vereinigen, z.B.: Biophysik (Biologie + Physik), Biochemie (Biologie + Chemie + Physiologie) Geographie (Sozialwissenschaften + Geologie) sowie Kybernetik (Psychologie + Biologie + Radio-Technik). N. Zhirov (1903-1970) betrachtete das "Aufkommen solcher Wissenschaften" als "typisch für den gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Entwicklung, bei dem Wissenschaften, die sich auf ein eng umgrenztes Feld spezialisiert haben, durch neue, zusammengesetzte Wissenschaften überflügelt oder ergänzt werden, welche die Fakten und theoretischen Vorstellungen einer Reihe von [Fach-] Wissenschaften synthetisieren und zusammenbringen, von denen einige sehr unterschiedlich sind." [1]
II) Abweichend von obiger Definition des Begriffs Grenzwissenschaft werden heute vor allem solche devianten oder alternativen Forschungsgebiete als Grenzwissenchaften bezeichnet, die in Grenzbereichen des Erkenntnis-Prozesses operieren. Da dazu höchst unterschiedliche zunächst einige Definitionen:
- Nach Martin Marheinecke handelt es sich dabei um eine übergeordnete Bezeichnung für Lehren, welche den "Kriterien, die eine wissenschaftliche Theorie auszeichnen" nicht, noch nicht, oder nicht in ausreichendem Maße entsprechen. Dementsprechend lassen sich unter dem Oberbegiff Grenzwissenschaft verschiedene quasi-wissenschaftliche Komplexe, wie Parawissenschaft, Protowissenschaft und Pseudowissenschaft zusammenfassen. [2]
- Nach Wikipedia ist Grenzwissenschaft "eine Theorie oder Forschung, die sich im Grenzbereich oder am Rand der Wissenschaft befindet. Hier handelt es sich um unorthodoxe Ideen, die eine wissenschaftliche Basis haben, bei denen ein zukünftiger Forschungserfolg aber als unwahrscheinlich erscheint. [3]
- Andreas Müller (grenzwissenschaft-aktuell.de) versteht sie "hauptsächlich als Wissenschaft im Grenzbereich bzw. an den Grenzen des bisherigen Wissens (und darüber hinaus) und über die - basierend auf der Schulwissenschaft - angenommene Wahrheit und Qualität der Realität. >Grenzwissenschaft< versucht darüber hinaus zu blicken und zu denken, ohne dass diese >Grenze< ein Hindernis darstellt. immer dort, wo Forscher und Wissenschaftler also Phänomene bearbeiten, die nicht in unser (bisheriges) Weltbild zu passen scheinen, oder in ihren naturwissenschaftlichen Disziplinen Grenzen überschreiten, findet demnach >Grenzwissenschaft< bzw. grenzwissenschaftliche Forschung statt." [4]
Anhand dieser Definitionen lässt sich erkennen, dass der Begriff Grenzwissenschaft eine wertungsfreie oder sogar affirmative Bezeichnung für nonkonformistische Forschung darstellt, was seine allgemeine Akzeptanz, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern gerade auch in Kreisen derjenigen erklärt, die derartige Forschungen betreiben. Der angeblich zu Grenzwissenschaft synonyme, tatsächlich jedoch pejorativ konnotierte, Terminus "Parawissenschaft" wird dagegen - ebenso wie die Floskel "Pseudowissenschaft" - als Akteursbegriff hauptsächlich von denjenigen verwendet, denen vor allem an einer Diskreditierung grenzwissenschaftlicher Forschung gelegen ist. [5] Davon abgesehen, kann der Ausdruck 'Parawissenschaft' aber auch sachlich und definitorisch sinnvoll verwendet werden.
Nach den Vorstellungen der Gesellschaft für Anomalistik e.V. ist es nämlich notwendig, grenzwissenschaftliche Forschung weiter zu spezifizieren und anhand einer typologischen Unterscheidung ihrer jeweiligen Forschungsgegenstände in zwei Hauptgruppen zu untergliedern, nämlich in 'Kryptowissenschaften' und 'Parawissenschaften': "Kryptowissenschaftliche Behauptungen beziehen sich auf außergewöhnliche Dinge oder Objekte (z.B. ein Yeti oder ein UFO), wogegen parawissenschaftliche Behauptungen sich auf außergewöhnliche Prozesse oder Beziehungen zwischen ansonsten ganz gewöhnlichen Dingen beziehen (z.B. Behauptungen zu >Gedankenübertragung< oder einer Beziehung zwischen der Stellung der Planeten und menschlichen Charaktereigenschaften)." [6]
Team Atlantisforschung.de
Anmerkungen und Quellen
- ↑ Quelle: N. Zhirov, "Atlantis - Atlantology: Basic Problems", Honolulu / Hawaii, 2001 [Orig.: Moskau, 1959-1963, englischsprachige, neu überarbeitete Erstausgabe: Moskau, Jan. 1968, Zweitaufl. 1970], S. 15 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
- ↑ Siehe: Martin Marheineke, "An den Grenzen der Wissenschaft" (1999)
- ↑ Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklpädie, Stichwort: "Grenzwissenschaft" (Stand: 04.10.09)
- ↑ Quelle: Unveröffentlichte Mitteilung von Andreas Müller an Atlantisforschung.de vom 03.11.09 --- Anmerkung: Müller fügt zudem an: ""Im Rahmen unserer Seite grenzwissenschaft-aktuell.de steht >Grenzwissenschaft< aber auch allegemein für neue Forschungsansätze, die über die Grenzen des bisherigen hinaus gehen und somit unsere Wahrnehmungsgrenzen erweitern..." --- Red. Anmerkung: Großschreibung von Substantiven etc. in den Zitaten von A. Müller durch uns.
- ↑ Anmerkung: So z.B. in der so genannten "Skeptikerbewegung", etwa von der "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP)"
- ↑ Quelle: Marcello Truzzi (1935-2003), "Was ist Anomalistik?" (1999); auf den Webseiten der Gesellschaft für Anomalistik e.V.
Bild-Quellen:
- 1) Rover Spirit fotografiert dunklen Kubus auf dem Mars, bei: grenz|wissenschaft-aktuell, Dienstag, 9. Juni 2009
- 2) Tim Evanson, File:Homo floresiensis adult female - model of head - Smithsonian Museum of Natural History - 2012-05-17.jpg, bei: Wikimedia Commons (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)