Dominique Görlitz & Stefan Erdmann: Das Cheops-Projekt (Rezension 2)
eine Buchbesprechung von Roland M. Horn
Die Autoren berichten in dem vorliegenden Buch ausführlich, wie es zum „Cheops-Skandal“ kam, der in den letzten Monaten enorme Wellen schlug. Eigentlich wollten die beiden Autoren nur ein paar Milligramm von dem festsitzenden Granit in der Königskammer der Großen Pyramide entnehmen, doch weil sie etwas Zeit hatten, beprobten sie noch ein paar Milligramm von einem unbedeutenden Graffito in Rotockerfarbe in der obersten der Entlastungskammern, die ihr Entdecker Howard Vyse „Campbells Kammer“ nannte,.
Das Ergebnis der Forschungen in der Königskammer war, dass sie dort Überreste von Eisen nachweisen konnten, das nach offizieller Darstellung in der 4. Dynastie noch nicht existiert haben soll. Um keine Missverständnisse aufkommen lassen: Die Autoren setzen nicht voraus, dass die Pyramide früher erbaut wurde.
In „Campbells Kammer" ist die berüchtigte „Khufu-Kartusche“ zu finden, die ungefähr anderthalb Meter rechts von der Stelle liegt, von der Görlitz und Erdmann die winzige Probe nahmen. Die ersten Analysen und Recherchen an der Kartusche lieferten photogrammetrische Hinweise, dass Howard Vyse mit einiger Sicherheit Veränderungen an der Malerei vorgenommen hatte.
Der Skandal begann, als der Antikenschützer und Pressesprecher der Initiative Egypt’s Heritage Task Force, Osama Karar, einen von Görlitz und Erdmann ins Internet gestellten Rohschnitt des Dokumentarfilms "Das Cheops-Projekt" sah. Dieser Antikenschützer will auf dem Film gesehen haben, dass dort eine illegale Beprobung der Königskartusche durchgeführt wurde. Er behauptete nachfolgend, dass die deutschen Forscher beweisen wollten, dass nicht die Ägypter, sondern der jüdische König Salomon der Erbauer der Pyramide waren! Diese Behauptung will Karar aus der erwähnten Dokumentarfilm-Sequenz und Erdmanns Buch "Die Jahrtausend-Lüge" ersehen haben. Diese Quellen stützen allerdings die Behauptung nicht.
Nicht lange nach Karars Äußerung verbreitete sich der dort genannte Verdacht in den Medien, und von nun an war ständig von einer Beschädigung der „Cheops-Kartusche“ die Rede, und letztlich wurden die beiden Forscher und allen, die ihnen geholfen hatten – ihr deutscher Kameramann und fünf ägyptische Helfer – offiziell angeklagt. Die Ägypter wurden verhaftet, und gegen die Deutschen wurde Haftbefehl erlassen.
Interessant dabei ist aber ein Beweismittel, das sich letztlich als Bumerang erwies: Die Ägyptologin Monica Hanna präsentierte im Internet ein Foto der Kartusche, die von SCA-Inspektoren am 17. Dezember aufgenommen hatten. Darauf fanden sich vier Meißelspuren auf der Kartusche; doch wie sie später mit Hilfe von Robert Bauval und Robert Schoch belegen konnte, waren die Beschädigungen bereits vorher da. Schoch legte ein Foto der Kartusche aus dem Jahr 2004 vor, das keinerlei Beschädigungen zeigte und eines von 2006, auf dem die Beschädigungen schon vorhanden waren. Görlitz und Erdmann können folglich gar nicht die Verursacher dieser Beschädigung sein. Die Autoren machen darauf aufmerksam, dass damals der berüchtigte Zahi Hawass Antikenminister und General Manager des Gizeh-Plateaus und somit für die Vergabe von Genehmigungen für derartige Aktionen zuständig war. Die Autoren legen aus gutem Grund nahe, dass Hawass selber für die Beschädigungen verantwortlich war, während er scheinheilig die Görlitz, Erdmann und Bauval bezichtigte.
Dies ist der Kern dessen, was die Autoren zu diesem Skandal in ihrem Buch sagen. Das Spielchen ging aber munter weiter. Es kam zu Hausdurchsuchungen und vielem Unglaublichen mehr. Die Proben aus "Champbells Kammer" und der Königskammer mussten zurückgegeben werden. Man liest aus den Ausführungen der Autoren etwas Verbitterung heraus, doch dies ist ihnen wohl kaum übelzunehmen. Die Ausführungen lesen sich spannend und flüssig wie ein guter Krimi.
Unabhängig davon beschäftigt sich Stefan Erdmann weiter intensiv mit der Cheops-Kartusche und bringt neue Hinweise darauf, dass diese tatsächlich von Vyse gefälscht worden sein könnte, wenn auch Sitchins Darstellung nicht korrekt war. Die Beweisführung liest sich fast noch spannender als der Bericht über den Skandal, soweit das überhaupt möglich ist. – Und seine Ausführungen überzeugen!
Görlitz berichtet ausführlich über den Eisenfund und beschreibt ein von ihm durchgeführtes neues Hebemodell, mit dem die Große Pyramide gebaut worden sein könnte.
Wenn man an dem Buch etwas kritisieren will, ist es, dass sein Untertitel stark übertrieben ist. Das Buch an sich jedoch ist ein spannender Sachbuch-Thriller, der interessante und wichtige Fakten beinhaltet. Es ist nicht nur aus ägyptisch/archäologischer, sondern auch aus politischer Sicht sehr interessant und kann nicht nur empfohlen werden, sondern ist ein MUSS für alle, die im Entferntesten an diesen Thematiken interessiert sind!
Anmerkungen und Quellen
Dieser Beitrag von Roland M. Horn wurde von ihm im September 2015 für Atlantisforschung.de erstellt. Er unterliegt der Creative Common Lizenz CC BY-NC-ND 2.0 DE und darf bei Nennung des Autors und Erwähnung der Erstveröffentlichung bei Atlantisforschung.de zu nicht kommerziellen Zwecken weiter verbreitet werden.
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