Eine Spur der versunkenen Atlantis

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So beliebt es uns die im letzten Sommer auf Newfoundland gemachte Entdeckung zu nennen. Dort fand man, etwa eine halbe Viertel=Meile vom Ufer der Gander Bay, ein Bruchstück von einer kleinen weißmarmornen Säule. Es ist achteckig, achtzehn Zoll lang, hat zehn Zoll im Durchmesser.

Seine Oberfläche ist durch die Luft so sehr angegriffen, als die am meisten beschädigten Statuen des Parthenon. Als Schiffs=Ballast kann es nicht zurückgeblieben seyn, da es eine Viertel=Meile vom Stande gefunden ward, und kein Schiff sich in dieser Gegend auf drey Viertel=Meilen dem Ufer nähern kann. Der Theil des Ufers ist bis tief ins Land hinein unbewohnt; der Marmor sieht keinem dem Einsender dieser Nachricht bekannten Gattungen ähnlich; Er ist gelblich weiß, hat kornige Krystalle u.s.w.

Der Einsender trägt den Newfoundland´schen Alterthumsforschern auf, den Ursprung dieser Kunst=Trümmer von einer Stadt herzuleiten, welche eine von Asien aus gegangene Bevölkerung ehemals hier gebaut haben soll. - Wir bitten um Vergünstigung, diese zierliche kleine Säule als eine Spur der versunkenen Atlantis dem Nachsinnen unserer Vorweltsforscher zu empfehlen.

Daß uns die Atlantis nach Westen lag, wissen wir; wie weit sie reichte, weiß niemand, daß „wie unsere Weisen sagen“ die Inseln des Atlantischen Oceans die sichtbar gebliebenen Bergrücken der Atlantis gewesen seyn können, ist bekannt; dazu gehören die Azoren. Auf einer der Azoren soll, bey ihrer Entdeckung vor vier Jahrhunderten, ein Standbild zu Pferd gefunden worden seyn, das mit der Hand nach Westen zeigte. [1]

Das Versinken der Atlantis verhindert dieses Stehenbleiben des Standbilds garnicht; es blieb manches recht feste Ding stehen, wenn das Uebrige versank und: - nun ziehe man eine Linie von? ... nun ... von Madeira nach den Azoren, von da nach Newfoundland, und beweise uns dann die Unmöglichkeit, daß die Atlantis, von welcher die Alten mit Bewunderung sprachen, und die Reiter=Statue auf den Azoren, und die Säulen=Trümmer auf Newfoundland nicht in Zusammenhang stehen können. [2]



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Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag eines ungenannten Autors wurde am Dienstag, den 29. Mai 1821 im Morgenblatt für gebildete Stände (Nro. 128), Stuttgart und Tübingen, veröffentlicht. Bei der Google Buchsuche ist er unter dem Stichwort 'Atlantis' in einem Sammelband mit dem Titel: Morgenblatt für gebildete Leser (Seite 498) zu finden. Bei Atlantisforschung.de erscheint er (2009) als Transkription in einer redaktionell bearbeiteten Fassung.

Fußnoten:

  1. Red. Anmerkung: Siehe dazu bei Atlantisforschung.de: "Der Reiter von Corvo" von Alexander Braghine
  2. Red. Anmerkung: Das 'Morgenblatt für gebildete Leser' gibt als Quelle für den vorliegenden Bericht an: Journal of Science, Literature and the Arts, Nro. XXI.


Addendum

Mit dem oben behandelten krypto-archäologischen Fund befasste man sich 1827 auch - unter Bezugnahme auf die oben vorgestellte Veröffentlichung - in den Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz, Band 1. Nachfolgend eine bearbeitete (von Flecken gesäuberte) Collage der Seiten 124 und 125:

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