Fachwissenschaft

Definition

(red) Der Begriff Fachwissenschaft (oder auch: Einzelwissenschaft, Disziplin, bzw. kurz Fach) bezeichnet ein mehr oder weniger eindeutig abgegrenztes Teilgebiet wissenschafticher Forschung, in welchem jeweils mit bestimmen, fachspezifischen Methoden operiert wird. Zur entsprechenden Einteilung existieren verschiedene Systematiken, zum Beispiel die, an der inhaltlichen Erschließung von Bibliotheksbeständen orientierte, Dewey Decimal Classification. Die Ausdrücke Fach- oder Einzelwissenschaft usw. stellen letztendlich Gegenbegriffe zur Philosophie - im Sinne einer Universalwissenschaft - dar, welche sich im Gegensatz zu den spezialisierten Disziplinen nicht auf die Erforschung bestimmter Ausschnitte der Wirklichkeit beschränkt.


Historische Entwicklung

Wissenschaftsgeschichtlich betrachtet, ist diese Spezialisierung das Ergebnis einer langen Entwicklung, die im Grundsatz bereits in der Antike einsetzte, von Beginn der Neuzeit an zunächst langsam, in der 'Neueren Geschichte' dann immer rapider voranschritt, und in deren Verlauf Wissenschaft immer weniger als universelles, Wissen produzierendes System betrachtet wurde, sondern u.a. in Teilbereiche wie Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften, später auch Human- und Strukturwissenschaften usw. untergliedert wurde. Auch innerhalb dieser Bereiche bildeten sich immer neue Fachwissenschaften aus, oder wurden aus den bestehenden ausgegliedert.

Abb. 1 Eine graphische Darstellung separierter Fachwissenschaften mit höchst eingeschränktem Interaktions-Potential (nach H. Friedrich, 1997)

Während noch bis ins 19. Jahrhundert hinein in der 'Welt der Wissenschaft' zumeist das humanistische Bildungsideal des allseits kompetenten, auf unterschiedlichen Gebieten forschenden Universalgelehrten oder Polyhistors das akademische Selbstverständnis prägte - man sprach z.B. noch im Sinne Descartes´ von einem "Baum der Wissenschaft" (als Bild für die Gesamtheit des Wissens und der Wissenschaften in Form eines lebendigen Organismus) [1] -, begann nun eine Phase immer rigideren Spezialistentums mit einer kollektiven Neigung zum Fachzentrismus und einer Tendenz zur Neo-Scholastik. [2]

Die, gerade im Verlauf der jüngsten zwei Jahrhunderte zu beobachtende, extreme 'Verästelung' des 'Baumes der Wissenschaft' durch die Ausformung von immer mehr separierten Fachwissenschaften wurde seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts oft auch als Zersplitterung empfunden. So bemerkte z.B. der Wissenschaftshistoriker Dr. Horst Friedrich 1997: "Das >Schubfächer<-Denken unserer Schulwissenschaft mag einerseits in gewissem Umfang durchaus seine Berechtigung haben. Aber es stellt zugleich die allergrößte Gefahr für den Fortschritt unserer Wissenschaften dar. Die Realität hat gewiss keine wabenförmige Struktur (Abb. 1), sie ist interdisziplinär!" [3]

Allerdings sind seit Mitte des 20. Jahrhunderts durchaus gegenläufige Tendenzen und Impulse festzustellen. So wird inzwischen nicht nur von Repräsentanten der 'Wissenschaft von der Wissenschaft', wie Friedrich, sondern auch von zahlreichen Vertretern verschiedener Fachwissenschaften die Notwendigkeit interdisziplinärer Forschung erkannt und ihr eine immer größere Bedeutung beigemessen, sondern es entstehen nun auch vermehrt bereichsübergreifende Interdisziplinen (im ursprünglichen Sinn des Wortes: Grenzwissenschaften), welche eine Mischung verschiedener Fachgebiete darstellen, wie zum Beispiel die Wirtschaftsinformatik, die neben einem Kern eigener Inhalte unter anderem auch Teile aus Informatik, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften und Kommunikationswissenschaft enthält. Der russische Chemiker und Atlantisforscher Dr. Nikolai Zhirov bezeichnete das "Aufkommen solcher Wissenschaften" als "typisch für den gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Entwicklung, bei dem Wissenschaften, die sich auf ein eng umgrenztes Feld spezialisiert haben, durch neue, zusammengesetzte Wissenschaften überflügelt oder ergänzt werden, welche die Fakten und theoretischen Vorstellungen einer Reihe von [Fach-] Wissenschaften synthetisieren und zusammenbringen, von denen einige sehr unterschiedlich sind." [4]


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag basiert auf dem Lemma "Einzelwissenschaft" bei Wikipedia - Die freie Enzyklopädie (Stand 12.09.2011). Dieser Text wurde von uns redaktionell bearbeitet und stark modifiziert.

Fußnoten:

  1. Anmerkung: So etwa Johann Gottfried Herder (Herders sämmtliche Werke, Band 9, 1893, S. 372)
  2. Anmerkung: Maßgeblich scheint in diesem Zusammenhang auch die Herausbildung der modernen Vorstellung vom 'Berufswissenschaftler' als offiziell lizensiertem, oder sogar verbeamtetem Spezialisten zu sein. Siehe hierzu eine enzyklopädische Definition aus den Jahren 1885 bis 1892. Fachwissenschaft wird dort als "eine Wissenschaft" bezeichnet, "die zur Erreichung eines bestimmten Amtes oder Berufs unmittelbar nötig ist (wie Theologie, Jurisprudenz, Medizin etc.), im Gegensatz zu den allgemeinen Wissenschaften, deren Studium im Interesse der allgemeinen Bildung jedem nützlich und notwendig ist." Quelle: Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892; zit. nach: Die Retro-Bibliothek - Nachschlagewerke zum Ende des 19. Jahrhunderts, unter: Meyers Konversationslexikon (Vierte Auflage, 1885-1892), 5. Band: Distanzgeschäft - Faidherbe, S. 1010 (Stand 22.09.2011)
  3. Quelle: Dr. Horst Friedrich, "Die Einheit aller Wissenschaften und ihre praktische Anwendbarkeit", 1997
  4. Quelle: N. Zhirov, "Atlantis - Atlantology: Basic Problems", Honolulu / Hawaii, 2001 [Orig.: Moskau, 1959-1963, englischsprachige, neu überarbeitete Erstausgabe: Moskau, Jan. 1968, Zweitaufl. 1970], S. 15 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quelle: