Lemuria - Eine archäologische Argumentation

von Lewis Spence (1932)

Abb. 1 Eine Karte zur Darstellung der heutigen Inselwelt des Pazifischen Beckens (Für eine vergrößerte Ansicht bitte das Bild anklicken!)

Verstreut über die Fläche des Pazifischen Ozeans liegen die Ruinen von Monumenten, deren Ursprung seit ihrer Entdeckung durch die Europäer für die Archäologen Gegenstand beträchtlicher Verwirrung sind Einige von ihnen können natürlich auf die Aktivitäten von Baumeistern der polynesischen Rasse zurückgeführt werden, auf die Melanesier und auf andere Völker, welche gegenwärtig im Raum des Pazifik ansässig sind, und es ist offensichtlich, dass seit ihrer Erbauung keine lange Zeitspanne vergangen ist. Mit ihnen hat diese Untersuchung nur wenig zu tun. Es existieren jedoch auch andere Ruinen und Überbleibsel, welche nicht den Rassen des Pazifik zugeschrieben werden können, wie wir sie heute kennen, und nicht einmal deren Vorfahren. Es sind diese Ruinen, die Hinterlassenschaften eines älteren Volkes, mit denen wir uns hier in erster Linie befassen.

Darin mit Autoritäten von Gewicht übereinstimmend, dass das Land im Pazifikraum seit zahllosen Jahrhunderten abgesunken ist, und dass es fies auch weiterhin tut, sieht der Verfasser sich zu dem Befund gezwungen, dass sich die älteren Überbleibsel einer lemurischen Zivilisation natürlich in eine sehr beträchtliche Tiefe des Ozeans abgesunken sein müssen. Als die Kontinentalmasse oder -massen graduell absanken, müssen ihre Bewohner gezwungen gewesen sein, in immer höheren Lagen zu bauen, bis schließlich kein Platz mehr für sie übrig blieb, von jenen Berggipfeln abgesehen, welche heute die Inselgruppen ihrer verschiedenen Archipele bilden.

Es mangelt jedoch nicht an Evidenzen dafür, dass ältere Bauformen und ältere Typen von Artefakten als jene der Polynesier praktisch über die gesamte Länge und Breite des Pazifikbeckens hinweg zu finden sind. Es wurde beispielsweise festgestellt, dass bestimmte Inseln der Hawaii-Gruppe bewohnt waren, bevor ihre Vulkane ihre Aktivität eingestellt hatten und das Land seine heutige Form angenommen hatte. Die Legenden [der Bewohner] dieses Archipels schließen, wie wir später sehen werden, die Überzeugung der Einheimischen ein, seine leewärts gelegene Inselgruppe sei besiedelt gewesen, bevor ihre Vulkane erloschen waren.

Abb. 2 Auf der hawaiianischen Insel Oʻahu wurden 1822 bei Honolulu in einer unter Vulkanasche liegenden Korallen-Bank ein menschlicher Schädel und andere Menschen-Knochen entdeckt. (Bild: Historisches Foto von Oʻahu mit Blick auf den Tuff-Kegel 'Diamond Head'; © Fitted Hawaii LLC)

Als 1822 bei Honolulu die ersten Brunnen gegraben wurden, nahm man eine Grabung durch etwa acht oder zehn Fuß [ca. 2,44 m oder 3,05 m; d.Ü.] Lehmerde und darunter liegenden vulkanischen Sand vor, wo man zu einem Korallen-Bett von etwa acht Fuß Stärke gelangte und es durchstieß, und unter welchem man an Süßwasser gelangte. Eingebettet in diese Korallen-Formation fand man einen menschlichen Schädel und andere Knochenreste.

Im Jahr 1858, als der Hafen von Honolulu ausgebaggert wurde, stieß man unter einer starken Ablagerung aus Schlamm und Sand auf einen Kessel [orig.: "pan"; d.Ü.] aus Korallen-Gestein, das zu entfernen man für nötig befand. Seine Stärke betrug im Durchschnitt zwei Fuß [ca. 0,61 m; d.Ü.], und darunter befand sich eine tiefe Schicht aus vulkanischem Sand, in welche eingeschlossen man das angespitzte Ende eines altertümlichen Speers und einen bearbeiteten Stein fand. Ein Jahr später wurde auf Molakei in einem Stratum aus vulkanischer Erde ein menschlicher Schädel entdeckt, und zwar unter solchen Umständen, dass sein hohes Alter offenkundig war.

Abb. 3 Ein Gau-Häuptling von Fidschi. Offenbar schon lange vor den Melanesiern und Polynesiern lebten dort Menschen eines noch unbekannten Volkes.

Guppy stellt fest, dass auf der zur Solomonen-Gruppe gehörenden Insel San Cristofal häufig Steinwerkzeuge altsteinzeitlichen Typs ausgegraben werden, die in keiner Verbindung mit polynesischer Handwerks-Kunst stehen, und es ist bekannt, dass altertümlicher Handel mit solchen Werkzeugen, speziell mit jenen, welche aus Jade oder Obsidian gemacht waren, zu irgendeiner Zeit in Neuseeland und Neukaledonien erfolgte. Professor Seligmann sagt, dass Bruchstücke bearbeiteten Obsidians überall dort gefunden wurden, wo im südöstlichen Teil von Britisch-Neuguinea Forschungen durchgeführt wurden, doch von diesem Material machen die Eingeborenen dort heute keinen Gebrauch.

Die prähistorische Archäologie Ozeaniens ist jedoch noch nicht hinreichend fortgeschritten, um mehr als ein allgemeines Statement in Hinsicht auf die sie betreffenden Fakten abzugeben. Es existieren jedoch hinlängliche Evidenzen, um zu zeigen, dass Ozeanien während neolithischen Zeiten - wobei wir diesen Begriff in seiner europäischen Bedeutung verwenden, das heißt, während des Zeitraums vor der Ankunft der polynesischen und melanesischen Rassen - mit Gewissheit bewohnt war.

Abb. 4 Als der legendäre Entdecker Captain James Cook (1728-177) Tahiti besuchte, stieß er dort u.a. auf die Marae von Mahaiatea, welche er als Stufenpyramide mit einer Grundfläche von 259 mal 85 Fuß beschrieb. Ein wirrer Haufen Steine ist alles, was heute noch von diesem Bauwerk übrig ist. (Bild aus dem Buch "The Voyage of McDuff", anno 1799 (Quelle für Text & Bild: Ellie Crystal, Pyramids in Tahiti)

Die Stein-Monumente Polynesiens, zumindest jene des archaischeren Typs, sind, wie der verstorbene W.H.R. Rivers schrieb, "gänzlich oberhalb gegenwärtiger Fähigkeiten und Werkzeuge der [dortigen] Leute, und in den meisten Fällen wissen die Bewohner nicht, wann oder von wem diese Objekte geschaffen wurden." Das selbe könnte man auch in Hinsicht auf die großen Stein-Terrassen und behauenen Stein-Statuen der Osterinsel sagen, jener isolierten Zufluchtsstätte von Menschen im fernöstlichen Pazifik, deren massive, in Reihen angeordnete Stein-Häuser, große Plattformen von 200 bis 800 Fuß [ca. 61 m bis 244 m; d.Ü.] Länge und monolithische Bildnisse, von denen einige ganze 30 Fuß [ca. 9,14 m; d.Ü.] groß sind, auf einen höchst fortschrittlichen Typ von Methoden des Steinmetz-Handwerks hinweisen. Die Plattformen, auf welche diese Statuen platziert wurden, ähneln den Fundamenten [orig.: "bases"; d.Ü] von Pyramiden, und enorme Pyramiden aus Stein sind noch immer auf den Wüsten-Ebenen von Hawaii zu finden, 7000 Fuß [ca. 2134 m; d.Ü.] über dem Meeresspiegel.

Auf Necker Island, 450 Meilen entfernt von Honolulu, sind steinerne Idole und Stein-Wälle zu finden, und die Insel-Gruppe der Marquesas ist besonders reich an an Stein-Konstruktionen, welche jenen der Osterinsel ähneln. Auf der Insel Pitcairn wurden die Fundamente von Tempeln entdeckt, und die Existenz einfacher Statuen auf Raivaivai, das zur Austral-Gruppe gehört, hat Reisenden aufgrund der Tatsache Kopfzerbrechen bereitet, dass auf keiner der sie umgebenen Inseln irgendeine Spur von Steinmetz-Arbeiten existiert.

Auch auf Tahiti gibt es Pyramiden oder Maraes, wobei jene von Opoa auf Raiatea, eine Pyramide, die an ihrer Basis 267 mal 67 Fuß misst. Sie ist zum Teil mit behauenen Steinen verkleidet, die mit geschärften Werkzeugen endbearbeitet wurden.

Auf der Insel Penrhyn gibt es einen megalithischen Steinkreis, während auf den Samoas [genauer gesagt auf Upolu; d.Ü,] das Monument von Fale-o-le Fe'e [1] ein Rätsel darstellt, das, wie Stair [?] sagt, noch immer ungelöst ist. Gleichermaßen besitzt auch Fidschi wichtige megalithische Monumente, und auf der Insel Rotuma existieren Steingräber so massenhaft, dass Archäologen ratlos sind und nicht ergründen können, mit welchen Mitteln sie an diesen Ort kamen. Die Tatsache, dass einige von ihnen die Form von Dolmen haben, spricht beredt für ihren sehr alten Ursprung. Die Überreste pyramidaler Strukturen und Bewässerungsgräben sind ebenfalls auf den Fidschis zu finden.


Fortsetzung:


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Lewis Spence (1874-1955) wurde seinem Buch "The Problem of Lemuria - The Sunken Continent of the Pacific" entnommen, das im Jahr 1932 [2] erstveröffentlicht wurde. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de im März 2019 nach dem 2002 bei The Book Tree erschienen Reprint des Buches.

Fußnoten:

Bild-Quellen:

1) MTBlack (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Pacific Basin Island Geography.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)
2) Fitted Hawaii LLC, unter diamond-head (Lizenz: Fair Use)
3) Zeno.org, Ein Gau-Häuptling von Fidji
4) Ellie Crystal, Pyramids in Tahiti, bei crystalinks.com