Wird mitochondriale DNA C-14 und Projektil-Spitzen übertrumpfen?

von William R. Corliss (2000)

Abb. 1 Die mitochondriale DNA ist ein kleines ringförmiges Chromosom in den Mitochondrien. Die Mitochondrien und damit die mitochondriale DNA werden fast ausschließlich von der Mutter über die Eizelle an den Nachwuchs weitergegeben.

Stellen Sie sich doch mal für eine Minute vor, die Clovis-Polizei würde nicht alle radikalen Vorstellungen in der Archäologie erfolgreich unterdrücken. Revolutionäre sind überall. Nicht zuletzt untersuchen sie die mtDNA (mitochondriale DNA)
(Abb. 1) der Ureinwohner Amerikas und vergleichen sie mit den mtDNAs von Asiaten und Europäern. Die geographische Verteilung von mtDNA-Haplogruppen kann die Migrationsrouten früher Menschen in der Neuen Welt verfolgen und darüber hinaus grobe Ankunftszeiten liefern.

Abb. 2 Ein Dorf der Ojibwa im Jahr 1846. Die Ojibwa sind eines der altamerikanischen Völker, deren mtDNA nicht zum Clovis-Paradigma passt.

Einige dieser mtDNA-Beweise werden zweifellos die Aufmerksamkeit der Clovis-Polizei auf sich ziehen. Aber traut sich diese Strafverfolgungs-Behörde - meistens Archäologen -, genetische Daten in Frage zu stellen? Kann mtDNA lügen?

Es gibt in den Zellen der der nordamerikanischen Ureinwohner Mitochondrien, die diese Völker in vier große "Haplogruppen" zu unterteilen scheinen. Diese vier Gruppen lassen sich leicht auf Sibirien und Nordostasien zurückführen. Hier gibt es erst mal keine Probleme mit der Clovis-Polizei!

Es gibt aber auch eine "Haplogruppe-X", die nicht zum Clovis-Paradigma passt. In Nordamerika ist Haplogruppe-X häufig unter den Algonkin sprechenden Stämmen wie den Ojibwa (Abb. 2) zu finden. Dieselbe Haplogruppe kommt in Europa und im Nahen Osten vor, speziell in Israel. Sie fehlt insbesondere in Asien. Darüber hinaus deuten die Daten darauf hin, dass Haplogruppe-X Tausende von Jahren vor der Landung der Wikinger und vor Kolumbus in Nordamerika ansässig war. [1]

Kommentar des Verfassers: Die europäische mtDNA könnte von den Solutréenern oder anderen frühen Atlantik-Überquerern nach Nordamerika mitgebracht worden sein. Sie hätte aber auch in ganz Asien und von dort über die Beringstraße verbreitet werden können. Diese Route würde mit den jüngsten Entdeckungen kaukasischer Mumien in Asien und der des Kennewick-Mannes übereinstimmen. Wir wünschten, wir wüssten, zu welcher Haplogruppe die blauäugigen, hellhäutigen Mandan-Indianer gehören!


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von William R. Corliss erschien erstmals in Science Frontiers No. 131, September- Oktober 2000, unter dem Titel "Will mtDNA Trump C14 and Projectile Points?"; Übersetzung ins Deutsche sowie redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach der online gestellten Version des Artikels bei science-frontiers.com im April 2020.

Fußnoten:

  1. Siehe: Theodore G. Schurr, "Mitochondriale DNA und die Völker der neuen Welt", in: American Scientist 88: 246, 2000


Bild-Quellen:

1) National Human Genome Research Institute (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Mitochondrial DNA lg.jpg
2) Paul Kane (1810-71) (Maler) bei Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: File:Ojibwa village.jpg