Riesen in Nordamerika: (K)ein Streitpunkt für Archäologen? (2. Teil)

Mounds, Moundbauer und Moundforscher

Abb. 7 Eine der geheimnisvollen Mound-Strukturen in Ohio, die heute nicht mehr wissenschaftlich untersucht werden können, da sie inzwischen der "Kultivierung" des Landes zum Opfer gefallen sind.

(bb) Mehr als 200 000 so genannte 'Mounds' ("künstliche Erdhügel") gab es vermutlich, wie C.W. Ceram schrieb, "von Wisconsin bis zum Golf von Mexiko, vom Mississippi bis zu den Appalachen, vornehmlich aber im Staate Ohio", bevor der 'Weiße Mann' mit seiner neuzeitlichen Invasion den Kontinent von Küste zu Küste überrollte. Diese Erdhügel und Erdwerke sind zumeist runde, buckelförmige Aufschüttungen, (Abb. 7) einige weisen jedoch auch Pyramiden-Form (siehe: Cahokia: Die harten Fakten) oder andere geometrische Muster auf; andere stellen vermutlich die Reste von Schanzanlagen und Forts dar (siehe: Die Riesen aus dem Henry County), oder präsentieren sich als kreisförmige Himmels-Observatorien (siehe: Poverty Point - Das irdene Stonehenge von Louisiana); und wieder andere bilden ein skurriles und scheinbar sinnloses Gewirr von Wällen (siehe: Die Mosier-Mounds von Oregon).

Ceram erklärt in "Der erste Amerikaner": "Mann nennt alle diese Hügel, die [...] manchmal völlig phantastische Formen haben, mit dem Sammelwort Mounds. Das Wort ist zweifelhaften Ursprungs. Es bezeichnet nicht unbedingt einen Grabhügel, auch nicht eindeutig eine Tempelpyramide, es ist ein Verlegenheitswort, das schließlich herhalten musste, ein vage vermutetes Volk zu benennen: Eben die Mound Builders." [1]

Zunächst einmal interessierte die Neuankömmlinge allerdings recht wenig, wer die alten Anlagen [2] einst errichtet hatte und wann das jeweils geschah. Bei ihrem unaufhaltsamen Vormarsch dezimierten, unterwarfen oder/und vernichteten die Europäer nicht nur einen Großteil der Völker und Kulturen, die dort bereits lange vor der Wiederentdeckung des Kontinents lebten, sondern sie zerstörten in wenigen Jahrhunderten einen Großteil jener archäologischen Relikte, die uns heute mehr über die präkolumbische Vergangenheit der 'Neuen Welt' verraten könnten. Die Pflugscharen der Farmer hatten daran ebenso ihren Anteil wie die Spitzhacken und Schaufeln der Bauarbeiter.

Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann sich im Osten der USA bei einem kleinen Teil der Amerikaner ein neues Bewusstsein zu entwickeln. Immer mehr gebildete Menschen begannen sich nun für das Phänomen der massenhaft vorzufindenden Uralt- Relikte zu interessieren, und "schon am 19. November 1812" wurde "in einem Kaffeehaus in Boston die American Antiquarian Society gegründet." Im Gründungsmanifest der Gesellschaft hieß es: "Ihr eigentliches und besonderes Ziel ist es, die Altertümer unseres eigenen Kontinentes zu entdecken; an einem festen ständigen Sammelplatz sollen solche Überreste amerikanischer Altertümer, soweit sie beweglich sind, aufbewahrt werden." [3]

Abb. 8 US-Präsident Thomas Jefferson (1743-1826) Er nahm 1781 die erste (moderne) stratigraphische Grabung an einem Mound vor.

Möglicherweise war es nicht zuletzt das archäologische Engagement Thomas Jeffersons (Abb. 8), das inspirierend auf viele seiner Landsleute in den östlichen Staaten gewirkt hatte: Der spätere Präsident nahm im Jahr 1781 die erste (moderne) stratigraphische Grabung an einem Mound in Virginia vor. Jedenfalls bildeten sich im 19. Jahrhundert vielerorts kleine Gesellschaften und Vereine, die 'Historical Societies', die sich der archäologischen Untersuchung der Altertümer in ihrer Umgebung widmeten. Bei den wenigsten dieser Forscher handelte es sich um Fachwissenschaftler, sondern es waren gerade solch unermüdliche und kompetente Laienforscher wie W.H. Harrison (kurzzeitig ebenfalls Präsident der USA), George Catlin und Caleb Atwater [4], die in der frühen Moundforschung die bedeutenden Akzente setzten.

In gewisser Weise entsteht sogar der Eindruck, dass sich das akademische Establishment zunächst herzlich wenig für Mounds und andere Erdwerke begeistern konnte. So stammen die wesentlichen frühen Standard-Werke zur Moundforschung, wie Ceram konstatiert, ausschließlich von sogenannten Laienforschern. Anscheinend interessierten sich diejenigen, die sich von Berufs wegen mit den alten Relikten hätten beschäftigen sollen, anfangs ebensowenig für Erdhaufen und alte "Indianer-Knochen", wie diejenigen (z.B. die Farmer), die berufsbedingt ihre Vernichtung betrieben. Scheinbar paradoxer Weise bewirkte dann gerade das Ansteigen des wissenschaftlichen Interesses an nordamerikanischer Urgeschichte eine beschleunigte Zerstörung archäologischer Evidenzen: der steigende Wert für Sammler und Museen rief immer mehr Grabräuber und Händler auf den Plan, die sich auf der Jagd nach dem 'schnellen Dollar' rücksichtslos durch die Fund-Stätten wühlten und mehr vernichteten als bargen.

Einer derjenigen, die dieses schmutzige Geschäft en gros und besonders erfolgreich betrieben, war der reiche Baumwollhändler Cyrus Moore, der sogar einige Beschreibungen und Illustrationen archäologischer Funde hinterließ: "Er zog mit fünfundzwanzig handfesten Burschen jahrelang, Sommer für Sommer, auf einem extra für ihn konstruierten Hausboot über die Wasser des Mississippi und Ohio, stoppte, wo immer er einen Mound sah (und er konnte ja leicht Tausende von ihnen sehen) und plünderte sie mit seinen Männern aus. Vollbeladen mit [...] Kunstwerken, die das Herz jeden Wissenschaftlers hätten höher schlagen lassen, führ er im Herbst hinunter nach New Orleans - des Abends, berichtet Hibben, saß er im Heck seines Bootes, in einem extra für ihn angefertigten Sessel, und spielte Banjo." [5]

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Abb. 9 Ausgräber öffnen im 19. Jahrhundert einen Mound in Ohio. (Zeitgenössische Zeichnung eines unbekannten Künstlers)

Auch die Farmer und Landeigentümer, auf deren Grund und Boden sich (prä-) historische Stätten befanden, versuchten häufig, Kapital aus den Schätzen vor ihrer Haustür zu schlagen. Kontroversen zwischen Grundbesitzern und Raubgräbern auf der einen sowie Archäologen und Geschichts-Freunden auf der anderen Seite waren somit absehbar. Ceram beschreibt eine dieser Auseinandersetzungen bei Spiro, Oklahoma, wie folgt: "Ein Farmer [..] entdeckte beim Pflügen am Fuß eines Hügels, eines Mounds, eine rötliche Tabakpfeife, kunstvoll geschnitten aus Stein. Er zeigte sie Freunden, die davon gehört hatten, dass närrische Menschen im Osten hohe Preise für solche Dinge zahlten.

Als die Ernte eingebracht war, zogen sie selbander zum Mound, kappten erst alle Bäume, die auf ihm wuchsen (womit sie die Möglichkeit zur Datierung zerstörten), und begannen >Pothunting<. Und sie fanden genug, übergenug, sie fanden, sooft sie den Spaten in die Erde stießen: Keramik, gehämmerte Kupferplatten, noch mehr Pfeifen, Ketten aus Steinperlen, Knochen, Muscheln - die Schatzkammer erschien unerschöpflich, und die Sammler kamen und zahlten gute Preise.

Doch damit sprach sich die Sache herum. Die University of Oklahoma schickte Experten, um zu retten was zu retten war. Doch die pfiffigen Farmer hatten inzwischen eine eingetragene >Schürfgesellschaft< gegründet, bewiesen, daß der Mound Eigentum dieser Gesellschaft war und verweigerten den Archäologen jedes Recht, ihr Tun auch nur zu kritisieren. Tatenlos mußten die Wissenschaftler zusehen, wie jetzt die Farmer sogar mit Dynamit dem Mound zu Leibe gingen. Er wurde systematisch zerstört. Es dauerte lange, bis ein Dekret des Staates weiteren Unfug verhütete, und erst 1935 konnte die University of Oklahoma in den Ruinen von Spiro versuchen, noch einiges zu retten - und hatte in dem unergründlichen Mound tatsächlich noch einigen Erfolg." [6]

Aber nicht nur zwischen geschäftstüchtigen Plünderern (die oft genug als Agenten von Museen und Instituten unterwegs waren) und den Vertretern der Wissenschaft kam es immer häufiger zu Streit. Zunehmend machten sich auch die Widersprüche zwischen universitären "Profis" und sogenannten "Laienforschern" bemerkbar. Es waren diese Laien und ihre Vereinigungen, die sich in Counties und Gemeinden - und zumeist in gut nachbarlichem Einverständnis mit den Landbesitzern - mit der planvollen und umsichtigen archäologischen Erforschung der Mounds befassten, "ihre Mitglieder zu vorsichtigem Graben erzogen", und in deren Kreisen man "aufklärende Literatur verteilte, wie man gefundene Schätze zu retten habe für die Wissenschaft." [7] Die Dankbarkeit der Fachwissenschaftler für diese wertvolle Unterstützung hielt sich allerdings in Grenzen - vor allem dann, wenn die "Amateure" Dinge fanden, die sich nicht in die, im 'Elfenbeinturm' entwickelten, Konzepte der "Profis" einordnen ließen - wie z.B. menschliche "Riesenknochen".


Die 'verschlampten Giganten' oder: Wie die Riesen >verschwunden wurden<

Ross Hamilton, Autor von 'A Tradition of Giants and Ancient North American Warfare', schildert dort einen Fall, der exemplarisch für derartige Kontroversen zwischen den "Laienforschern" vor Ort und den "Profi-Wissenschaftlern" in den Instituten ist: "In der Gemeinde Brush Creek in Muskingum County wurde, nach einem auf den 3. März 1880 datierten Dokument, ein Mound von 64 Fuß Breite, 90 Fuß Länge und 11 Fuß, 3 Inch Höhe auf der Farm von J.M. Baughman vermessen. Er war an der Oberseite flach, ein ungewöhnlicher Umstand bei einem Mound. Der Mound bekam seine seltsame Form möglicherweise wegen des darin gefundenen Stein-Altars [!; bb] mit ähnlichen Dimensionen. Die Struktur war auf der Spitze eines Hügels gelegen, 152 Fuß oberhalb des Brush Creek.

Darin wurden die Knochen eines Mannes und einer Frau entdeckt, die als Paar bestattet wurden - und die Länge ihrer Skelette erreichte acht und sogar neun Fuß. Mit der Ausgrabung wurde im frühen Dezember 1870 begonnen. Mit einbezogen war noch eine weitere Grabung." Der dazu veröffentlichte Grabungsbericht "spiegelte die Haltung gegenüber den damals existierenden Archäologen wider, von denen diese Leute anscheinend keine hohe Meinung hatten: >Obiger Report enthält nichts als kurz berichtete Fakten, und da wir wissen, dass die Öffentlichkeit von Archäologen veräppelt und unter Druck gesetzt worden ist, möchten wir unsere eigenen Statements untermauern, indem wir das folgende Zeugnis abgeben...< Am Schluss des dreiseitigen Berichts wurde die Unterschrift von sechs Bürgern in einer eidesstattlichen Versicherung festgehalten, welche die Wahrheit, Korrektheit und Fakten-Treue bestätigt." [8]

Hamilton macht in solchen frühen Kontroversen eine wesentliche Ursache für die spätere Ignoranz des Riesen-Phänomens durch amerikanische Fach-Wissenschaftler aus: "Man braucht nicht zu betonen, dass es an den beschriebenen Miss-Stimmungen zwischen den Grund-Besitzern und den Archäologen lag, dass Entdeckungen der Überreste gigantischer Menschenwesen in Nordamerika situierten Akademikern fragwürdig erscheinen. [...] Die Scientific community von heute hat ihre eigenen Überlieferungen, die mit Skeptizismus, akademischem Misstrauen und offener Ablehnung der Berichte von den alten Bürgern befrachtet sind." Auch Hamilton hebt also letztlich hervor, dass 'Scientific Correctness' einen wesentlichen Aspekt bei der Herausbildung wissenschaftlicher "Riesen-Ignoranz" darstellt: "Ein Teil des Problems beruht möglicherweise auf der Politik und den Spielregeln der anthropologischen und archäologischen Gemeinden. Glaubwürdigkeit ist stets ein Punkt von vitalem Interesse. Wenige, die [wissenschaftliche] Grade innehaben und ihre Initialen als 'Hebel' für ihre Theorien benutzen, werden die ausgetretenen Pfade in Richtung auf >alternative< Forschungsgebiete verlassen." [9]

Abb. 10 Dieser Kalenderstein, den man im 19. Jahrhundert im Ouachita River, Hot Springs, Arkansas, entdeckt hat, passte später nicht ins Klischee der "indianischen Moundbauer". (Bild: Colonel J.R. Fordyce, Little Rock, Arkansas)

Während sich die 'Laienforscher' offenbar bei ihren prähistorischen Überlegungen in erster Linie an den Evidenzen orientierten, die sie mit eigenen Händen aus der Erde gruben, waren für die institutionalisierten Forscher in weitaus stärkerem Maße ideologische Motive bei der Bewertung sowie bei dem daraus resultierenden Umgang von und mit 'lästigem' Fund-Material maßgeblich. So hatten Berufs-Forscher z.B. besondere Rücksicht auf den gesellschaftlichen Status quo zu nehmen, der sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in den USA herauskristallisierte: "Mitte des 19. Jahrhunderts hielten die religiösen und wissenschaftlich-akademischen Establishments eine düstere, aber bequeme, Entspannungs-Politik aufrecht. Es scheint, dass ein gegenseitiges Anstarren bei offiziellen Anlässen durch das Bowlen-Glas hindurch das äußerste an Interaktion darstellte.

Man sollte nicht glauben, dass eine Schachtel mit riesenhaften Knochen für beide Seiten einen 'Kurzschluss' bedeuten könnte. Jedenfalls scheint aber genau das der Fall gewesen sein. Die Vorstellung einer total andersartigen menschlichen Spezies - oder einer überraschenden Variation unserer eigenen - muss durch das Raster gefallen sein und versetzte die Establishments des 19. Jahrhunderts in helle Aufregung. Zumindest hätte sie die Angelegenheit zu dem Zugeständnis gezwungen, dass sie sich in vielem geirrt haben, was sie zuvor annahmen. Sonderlich reizvoll ist so etwas noch nie für irgendjemanden gewesen." [10]

Man muss zudem "begreifen, wie ungeheuer Darwin (Abb. 11) plötzlich das Weltbild veränderte, wie grundsätzlich anders das Bild vom Menschen wurde und als welch vernichtender Angriff auf die Bibel jede Evolutionstheorie angesehen wurde", um die wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung in den USA, die dort heute noch herrschenden Zustände und auch das 'Riesen-Problem' zu verstehen. "Im berüchtigten Affenprozess von Dayton/Tennessee wurde noch im Jahre 1925 der Lehrer John Scopes zu hundert Dollar Strafe verurteilt, weil er Darwins Theorie in der Schule gelehrt hatte. Stadt und Staat wurden lächerlich in der ganzen Welt. Hat das etwas geändert? Das schandbare Verbot des Lehrens jeder Evolutionstheorie bestand bis in unsere Jahre in drei Staaten der USA - in Tennessee, Alabama und Mississippi." [11]

Abb. 11 Charles Darwins Vorstellung zur Menschheitsentwicklung wurden in den USA von Anfang an als Angriff auf die Bibel und christliche Normen verstanden.

Unter solchen Voraussetzungen ist es keineswegs erstaunlich, dass man an den Universitäten viele frühen Erkenntnisse, die von Privatforschern 'im Felde' gewonnen wurden, ignorierte oder so schnell wie möglich verwarf. So hatte Caleb Atwater - ein Postmeister, der unter Präsident Jackson in gehobener Positon für das "Bureau of Indian Affairs" tätig war [12] - bereits 1819 in "Description of The Antiquities Discovered in the State of Ohio and Other Western States" festgestellt, dass durchaus nicht alle 'Moundbauer' indianischen Ursprungs gewesen sein konnten: "Nachdem er berichtete, daß er zahllose Skelette, darunter 50 Schädel der Mound Builders genau examiniert habe, fügt er hinzu, daß er zu der sicheren Überzeugung gekommen sei, dieses Volk habe >niemals zu einem Volke wie unsere Indianer gehört.<" [13]

Wen wundert´s, dass Atwater´s grundlegende Arbeit später - sobald man sich unter "Fachleuten" auf eine rein indianische Prähistorie Nordamerikas verständigt hatte - in Vergessenheit geriet. [14] Und ganz ähnlich erging es offenbar auch vielen unbequemen Fundstücken, die Jahrhunderte und sogar Jahrtausende sicher im Schoß der Erde geruht hatten, um dann – wenige Jahre nach ihrer glücklichen Wieder-Entdeckung - von den Fachwissenschaftlern SO GRÜNDLICH VERGESSEN ZU WERDEN, dass sie später ganz einfach nicht mehr auffindbar waren.

Ein plakatives Beispiel für derartige Vorkommnisse ist der Fall der so genannten 'Fawn-Hoof-Mumie', die 1813 von Bergleuten in einer Höhle in Kentucky entdeckt wurde. Das Specimen bestach zwar nicht durch explizit anomale Größe, aber diese bestens erhaltenen, sterblichen Überreste einer rothaarigen (!) Frau waren offenbar nicht auf natürliche Weise mumifiziert worden, sondern schienen regelrecht einbalsamiert worden zu sein. Damit stellte es bis auf weiteres ein absolutes Unikat dar, dessen Erforschung mit modernen Methoden womöglich revolutionäre neue Erkenntnisse bringen könnte - wäre dieses archäologische Kleinod heute noch greifbar.

1876 - sie hatte seit ihrer Entdeckung immerhin 63 Jahre unbeschadet überstanden - gelangte die 'Fawn-Hoof'-Mumie jedoch nach Washington, zur Smithsonian Institution. Dort wurde der Körper begutachtet und seziert, um danach in den Abgründen der Instituts-Keller zu verschwinden. Und dort verliert sich Ende der 1890er Jahre jede Spur von ihm. Vermutlich würde man die faktische Existenz dieser verschollenen Anomalie heute ebenso wie die der vermissten Riesen-Skelette in Zweifel ziehen, aber zum Glück existiert u.a. noch eine alte Fotographie, die das Fundstück authentifiziert (siehe dazu auch: Riesen und andere Nicht-Amerinden - in Kentucky).

Abb. 12 Dieser große konusförmige Mound (exakte Position unbekannt) im Howard County, Indiana, wurde vermutlich vom legendären Volk der Allegewi errichtet. Vergleichbare Allegewi-Mounds befinden sich auch in den Miami and Cass Counties.

Jim Brandon beschreibt in "Weird America" ebenfalls zwei Fälle, in denen offenbar Schlamperei oder auch Ignoranz zum Verlust wichtigen Fund-Materials führte: "In diesen Fällen, wurde eine Anzahl riesiger, bizarrer Specimen zur Analyse und Sicherstellung an Colleges und Museen übergeben. Hah. Als die ursprünglichen Entdecker - manchmal Gruppen von medizinischem und wissenschaftlichem Personal - bei den Museen (eines davon der Vorläufer unseres heutigen Smithsonian) nachfragten, gab es dort keinen Hinweis auf ihre Specimen." [15]

Bittere Vorwürfe wurden bereits 1882 in der 'History of the Counties of Whitley and Noble County' an die Adresse der Profi-Archäologen gerichtet, in welcher es heißt: "So vieles wurde an die Autoritäten Schoolcraft, Wilson, Pidgeon, Smucker, Foster und an die American Encyclopedia weitergegeben, um den Weg für die Klassifizierung und detaillierte Beschreibung der alten Erd- und Stein-Werke in diesem Lande zu ebnen. [Doch] keine Anstrengung ist in den vergangenen Jahren unternommen worden, um die prähistorische Geschichte von Noble County zu erfassen. Keinerlei Wichtigkeit oder Wert ist den Entdeckungen von Skeletten beigemessen worden. Die Mehrheit der Bürger im ganzen Landkreis denkt, dass sie zu den Indianern gehören, und mithin wurden die Mounds, welche in jüngsten Jahren in verschiedenen Teilen des County geöffnet wurden, nicht sorgfältig examiniert, und zweifellos sind viele interessante und vielleicht wertvolle Informationen hoffnungslos verloren..." [16]

Wir können also feststellen, dass der hier zur Diskussion stehende 'Fund-Schwund' bereits während des 19. Jahrhunderts in vollem Gange war und sich keineswegs auf riesenhafte Knochen beschränkte. Außerdem zeichnet sich ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einstellung der (damaligen) Archäologen-Profis dem Fundgut gegenüber und seinem Verschwinden ab, den wir in der Überschrift dieses Abschnitts verkürzend als "Schlamperei" bezeichnet haben. Tatsächlich ist das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben, weitaus komplizierter.


Fortsetzung:

Riesen in Nordamerika: (K)ein Streitpunkt für Archäologen? (3. Teil)


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: C.W. Ceram, "Der erste Amerikaner - Das Rätsel des vor-kolumbischen Indianers", Rohwolt, 1972, S. 211
  2. Anmerkung: Bei den architektonischen Hinterlassenschaften aus der nordamerikanischen Prähistorie handelt es sich übrigens NICHT NUR um Erdwerke, wie zumeist fälschlich angenommen wird, sondern es gibt auch viele steinerne Monumente! Diese Stein-Relikte weisen in der Regel einen besonders frühen Ursprung (siehe etwa: "Cahokia: Die harten Fakten"; sowie: "Die steinernen Rätsel von Neuengland") auf, oder stammen aus sehr späten, präkolumbischen Perioden (siehe etwa: "Die Türme des Schweigens" von C.W. Ceram; oder: "Wer erbaute die Wälle von East Bay?" von William R. Corliss)
  3. Quelle: C.W. Ceram, "Der erste Amerikaner - Das Rätsel des vor-kolumbischen Indianers", Rohwolt, 1972, S. 212
  4. Siehe z.B.: Friedrich Wilhelm Assall, Caleb Atwater, Franz Joseph Mone: "Nachrichten über die früheren Einwohner von Nordamerika und ihre Denkmäler ..., 1827"
  5. Quelle: C.W. Ceram, op. cit., S. 217, 218
  6. Quelle: ebd., S. 216, 217
  7. Quelle: ebd., S. 218
  8. Quelle: Ross Hamilton, "Giants and Ancient North American Warfare", Teil 4, unter: http://www.stevequayle.com/Giants/N.Am/N.Am.War4.html
  9. Quelle: ebd.
  10. Quelle: "R.", nach Mason Winfield, "Ancient Mysteries, Giant Skeletons Q. & R.", unter: http://www.masonwinfield.com/ArchiveFiles/October%202002/Giant%20Skeletons%20Q&A.htm (nicht mehr online)
  11. Quelle: C.W. Ceram, Der erste Amerikaner - Das Rätsel des vor-kolumbischen Indianers, Rohwolt, 1972, S. 225; Anmerkung: Aufgehoben wurde dieses Verbot übrigens erst, nachdem die Biologielehrerin Susan Epperson 1966 vor dem obersten Gerichtshof der USA dagegen geklagt hatte. Am "12. November 1968 erklärte der US Supreme Court", wie wir bei Ceram an selbiger Stelle erfahren, "jedes Gesetz gegen das Lehren der Evolutionstheorie als verfassungswidrig." (Ceram nach: Frank. C. Hibben, "Digging up America", Hill and Wang, New York, 1965) Dies mag zugleich deutlich machen, dass aktuelle Bestebungen christlicher Fundamentalisten in den USA, die umstrittene Evolutions-Lehre in den Schulen wieder zu 'kippen', einen klassischen "Roll back" darstellen. Und es zeigt: Die darwinistisch/lyellistische Wissenschafts-Ideologie saß und sitzt in den USA durchaus keineswegs so fest 'im Sattel' wie in Europa.
  12. Anmerkung: Da sein 'Boss', Präsident Jackson, heute als "Hauptverantwortlicher für die gewaltsame Vertreibung der >Fünf zivilisierten Indianernationen< mit unzähligen Todesopfern" gilt (Quelle: Wikipedia, Stichwort: Andrew Jackson), ist nicht auszuschließen, dass auch Atwater 'Blut an den Händen' hatte.
  13. Quelle: C.W. Ceram, "Der erste Amerikaner - Das Rätsel des vor-kolumbischen Indianers", Rohwolt, 1972, S. 216
  14. Anmerkung: Während Atwater´s "Description of The Antiquities Discovered in the State of Ohio and Other Western States" auch heute noch in der wissenschaftlichen Forschung weitgehend ignoriert wird, hat sie unter Alternativ-Historikern inzwischen den Charakter eines Standardwerks zur Moundforschung und wird als "Klassiker" angesehen.
  15. Quelle: Mason Winfield, unter: http://www.masonwinfield.com/ArchiveFiles/October%202002/Giant%20Skeletons%20Q&A.htm (Artikel nicht mehr online)
  16. Quelle: 'History of the Counties of Whitley and Noble County', Indiana, 1882, nach moundbuilders.org, unter http://moundbuilders.org/allegewi-giants/allegewi-giants-gazetteer/indiana-giants.htm (Seite nicht mehr online)


Bild-Quellen

(7) http://solomonspalding.com/SRP/saga2/sagawt0a.htm

(8) http://www.senate.gov/artandhistory/art/resources/graphic/xlarge/31_00006.jpg

(9) http://solomonspalding.com/SRP/saga2/sagawt0a.htm

(10) http://www.sacred-texts.com/atl/ssm/img/23000.jpg

(11) http://www.anisn.it/scienza/evoluzione/Darwin.jpg

(12) http://moundbuilders.org/anitquity-gazetteer/antiquity-indiana/antiquity-indiana-howard.htm