Mythologie in der alternativen Ur- und Frühgeschichtsforschung
Inhaltsverzeichnis
Mythologie - Eine Einführung in die alternative Forschung
Mythologie gehört inzwischen zu den wichtigsten Fachgebieten oder Forschungsfeldern im Bereich alternativer Erd- Menschheits- und Zivilisations-Geschichtsforschung. Dies gilt gleichermaßen für katastrophistische Geologen, die in z.B. in den Sintflut-Legenden alter Völker und Kulturen nach Hinweisen suchen; für Krypto-Zoologen die der Natur bestimmter "Fabeltieren", wie dem Pegasus (Abb. 1) aus der hellenischen Mythologie, auf den Grund gehen möchten, für Atlantisforscher sowie für die Paläo-SETI-Forschung, die nach Indizien für Besuche und Aktivitäten außerirdischer Intelligenzen in der Vergangenheit sucht.
Auch Krypto-Anthropologen und Gigantologen stellen mythologische Untersuchungen an, um zu klären, ob Riesen und Zwerge oder andere humanoide Figuren und Archetypen (siehe dazu z.B. 'Blaue 'Götter' - einem Mythos auf der Spur) der Überlieferungen einen realen Hintergrund haben, bzw. welcher Natur er ist. Nicht zuletzt gehört auch die empirische Exegese des platonischen Atlantisberichts zum weiten Feld grenzwissenschaftlich angelegter Mythologie. Grund genug, einigen grundsätzlichen Überlegungen zu Mythen und ihrer Erforschung inner- und außerhalb der Universitäten nachzugehen.
Einleitend sei hier eine kleine 'Typologie' der Mythen wiedergegeben, die wir bei Christopher W. Blackwell und Amy Hackney Blackwell gefunden haben. Sie zeigt auf, welch weites Feld von Überlieferungen unter diesem Begriff zusammengefasst wird:
> "Schöpfungsmythos: Jeder Mensch brennt darauf zu erfahren, wie die Welt und die in ihr lebenden Geschöpfe entstanden sind. Für gewöhnlich erklären die Schöpfungsmythen dies so, dass eine Schöpfergottheit die Welt aus einer ursprünglichen, oft eiförmig gedachten Ur-Dunkelheit erschaffen habe.
> Weltentstehungsmythos: Viele Mythen beschreiben, wie die Welt, der Himmel, das Meer und die Unterwelt zusammen entstanden sind und wie die Sonne und der Mond ihre Bahnen am Firmament ziehen.
> Der Ursprung der Menschheit: Da das Dasein der Menschen einen Ursprung haben muss, findet sich in vielen Mythologien eine Erklärung für deren Existenz. Oftmals sprechen die Mythen dann von einer Gottheit, die ihre Geschöpfe aus Lehm oder einem ähnlichen Material geformt habe.
> Sintflutgeschichten: In vielen Mythen wiederholt sich in ähnlicher Form immer wieder die Geschichte einer Gottheit, die aus einem Gefühl der Enttäuschung über ihre Schöpfung heraus die Welt durch eine Sintflut zerstört, um danach zu einem zweiten Versuch anzusetzen. Normalerweise überleben bei einer solchen Sintflut genau eine Frau und ein Mann (wodurch der ganze Schlamassel wieder von vorne beginnen kann).
> Über den Ursprung von Krankheit und Tod: Diese Mythen erzählen davon, dass die ersten Menschen in einem Paradies lebten, dessen vollkommenes Glück gestört wurde, als einer der Bewohner des Paradieses das Unglück in irgendeiner Form in diese Welt brachte. Einer der bekanntesten Mythen dieser Art ist der Mythos der Büchse der Pandora.
> Das Leben nach dem Tod: Viele Völker glauben, dass die Seele des Menschen nach dessen Tode weiter besteht. Die entsprechenden Mythen beschreiben, wie dieses Leben nach dem Tod aussieht.
> Die Gegenwart übernatürlicher Wesen: Alle Mythologien berichten von Gottheiten oder anderen übernatürlichen Wesen. Einzelne Gottheiten sind oft verantwortlich für bestimmte Bereiche des menschlichen Lebens. Manche übernatürlichen Wesen sind gut, andere sind böse. Die Menschen kämpfen im Bunde mit den guten Gottheiten gegen die bösen.
> Das Ende der Welt: Auch wenn die Welt schon mindestens einmal in den meisten Mythologien untergegangen ist (normalerweise durch eine verheerende Sintflut), so enthalten Mythen manchmal auch Vorstellungen darüber, wie das Ende der Welt in der Zukunft aussehen wird. (Abb. 2)
> Mythen über den Anbruch der Zivilisation: Die Menschen mussten lernen, nicht wie Tiere zu leben, sondern wie Menschen. Oft halfen ihnen die Götter dabei. Ein bekannter Mythos aus Griechenland erzählt die Geschichte, wie eine Gottheit das Feuer raubte, um es den Menschen zu bringen.
> Gründungsmythen: Reichsgründer und Herrscher führen gerne »geschichtliche« Gründe ins Feld, um zu erklären, warum es notwendig war, dass gerade sie ihre Feinde bezwingen und zu Staatsgründern werden konnten. Die Erfindung eines Mythos ist bei diesem Ansinnen häufig hilfreich gewesen." (+1)
Angesichts dieses thematischen Spektrums wird deutlich, weshalb sich gerade die alternative oder 'grenzwissenschaftliche' Vergangenheitsforschung - 'nonkonformistische' Erd- und Menschheits-Geschichtsforschung, Krypto-Anthropologie und -Zoologie, Zivilisations-Geschichtsforschung (SFPAC (+2) oder Primhistorik (+3)) sowie Paläo-SETI-Forschung - höchst intensiv mit Mythologie beschäftigen, wobei dieser Begriff euhemeristisch (siehe: Stichwort: Euhemerismus) ausgelegt und im Wortsinn als "Lehre von den Überlieferungen" verstanden wird. Daher erscheint es aus ihrem Blickwinkel als Tautologie (+4), von "mythischen Überlieferungen" zu sprechen, wie es in der konventionellen (universitären) Forschung nicht selten der Fall ist.
In der Tat ist "Überlieferung" offenbar der einzige Begriff, mit dem sich eine mündliche Tradition von Inhalten frühester menschlicher Betrachtungen zum Ursprung aller Dinge und der Entwicklung der Welt ohne eine wertende Konnotation ausdrücken lässt, die diesen Inhalten - zumindest tendentiell - einen fiktionalen Charakter zuweist. Sagen und Legenden wird seitens des akademischen Mainstreams immerhin zugestanden, dass es bei ihnen irgendeinen historischen Kern geben muss, um den sich dann eine dichte, fiktionale Hülle gebildet habe; wenn aber etwas erst einmal den Stempel "Mythos" aufgedrückt bekommen hat, dann wird von konventionellen Forschern allgemein nicht von einem historisch greifbaren Inhalt entsprechender Überlieferungen ausgegangen.
Dabei bewegen sie (mithin das akademische und publizistische Establishment) sich auf dem Boden einer quasi aristotelischen Sichtweise (vergl. dazu: Aristoteles - 'Kronzeuge' gegen Atlantis?), über die es bei Stefanie Theil heißt: "Aristoteles grenzt Mythologie von Philosophie und Mythos von Logos ab. Unter Philosophie versteht er >die Rede derer, die in Beweisen sprechen<. Mythen sind für ihn >Erzählungen, Verkündigungen und konkrete Vorstellungen.<" (+5) Damit steht sein Verständnis offenkundig in diametralem Gegensatz zur Philosophie des Euhemeros (ca. 340-260 v. Chr.), dessen Auffassung heute fast nur im grenzwissenschaftlichen 'Außenseiter-Lager' geteilt wird.
Die grundsätzlich 'aristotelische' Auslegung des Mythos-Begriffs in seiner umgangssprachlichen Verwendung wird auch bei Blackwell u. Hackney-Blackwell deutlich, wenn sie feststellen: "Mitunter wird das Wort »Mythos« so gebraucht, dass es die Bedeutung »unwahr« annimmt. Die Menschen sagen dann, etwas sei »bloß ein Mythos«. Sie wollen damit zum Ausdruck bringen, dass die betreffende Sache keine reale Grundlage hat, sondern nur aus der Luft gegriffen ist. Mythen haben aber ihre eigene Wahrheit. Sie vermitteln den Menschen u.a. eine Sicht auf die Welt und einen Wertekanon, Dinge also, die ebenso wichtig sein können wie jede x-beliebige wissenschaftlich nachprüfbare Aussage." (+6) Wir sehen, dass auch die AutorInnen von "Mythologie für Dummies" lediglich eine allegorische oder philosophische "Wahrheit" hinter den Mythen vermuten, aber keine historischen, empirisch bzw. naturwissenschaftlich überprüfbaren Tatsachen, wie es die euhemeristische Mythologie tut.
Was nun die grenzwissenschaftlich-alternative Atlantisforschung/Atlantologie (in Abgrenzung zur konventionellen, an universitären Paradigmen und Lehrmeinungen orientierten Atlantisforschung) angeht, ist daher hervorzuheben, dass, wenn in ihrem Kontext vom "Mythos Atlantis" die Rede ist, zunächst etwas völlig anderes gemeint ist als in der schulwissenschaftliche Historik und Mythologie und ihren populärwissenschaftlichen Umsetzungen, wobei bei den 'Nonkonformisten' bisweilen eine gewisse definitorische Unschärfe oder terminologische Verwirrung erkennbar wird (+7), die offenbar dem allgemein üblichen Gebrauch des Mythologie-Begriffs geschuldet ist, dem auch sie sich nur schwer entziehen können.
So heißt es etwa bei Frank Joseph, einem nonkonformistischen, im Grundsatz euhemeristisch argumentierenden, Alternativ-Historiker und Atlantisforscher aus den USA: "Platons Dialoge, die von den meisten Archäologen als völlig fabulös und allegorisch bewertet werden, sind nicht nur unsere erste umfassende Quelle zur Geschichte von Atlantis, sondern bilden eine fundamentale Brücke zwischen Historie und Mythos. Es ist für uns bei der Betrachtung des Zusammenspiels von Fakt und Metapher von Wichtigkeit, zu verstehen, [dass] bei bedeutenden Ereignissen gerade Mythen als verlässliche Zeitkapseln dienen können." (+8)
Anhand dieses - für die nonkonformistische Atlantologie durchaus repräsentativen - Zitats wird immerhin deutlich, dass die klischeebeladene Vorstellung unzutreffend ist, Verfechter der angeblich unwissenschaftlichen Atlantisforschung (weiter gefasst: die SFPAC oder Primhistorik) seien aufgrund ihrer euhemeristischen Tendenz so 'naiv', die Inhalte von 'Mythen' grundsätzlich für 'bare Münze' zu nehmen; ein Vorurteil, das in etwas differenzierterer Form bereits 1954 von Lyon Sprague de Camp, einem scientistischen ("wissenschaftsgläubigen") Kritiker der Atlantisforschung in den Raum gestellt wurde: "Pseudowissenschaftler wie die Atlantisten versichern, daß alle Mythen auf Fakten basieren. Sie überbewerten die realistischen oder historischen Elemente darin..." (+9)
Als 'euhemeristische' Gegenrede zu Sprague de Camps Behauptung sei hier abschließend der unlängst verstorbene Alternativ-Historiker Vine Deloria jr. zitiert, ein Angehöriger der indianischen Lakota-Nation, der sich schwerpunktmäßig mit der Beweisführung zur Historizität indigener Überlieferungen und der Entlarvung moderner 'Wissenschafts-Mythen' befasste: "Unsere populärwissenschaftlichen Schreiber denken offenbar nicht viel nach, bevor ihre nett geschriebenen, poetischen, aber weitgehend fiktionalen Berichte in den Buchläden auftauchen. Nur wenige unserer Gelehrten oder Wissenschaftler scheinen in der Lage zu sein, mehr als eine mögliche Erklärung für Daten oder Phänomene zur Kenntnis zu nehmen, und sie behandeln augenscheinlich alle Überlieferungen mit großer Geringschätzung, außer der einen, in welcher sie aufgewachsen sind und für die sie belohnt werden." (+10)
Team Atlantisforschung.de
Beiträge zum Thema 'alternativ-historische Mythologie'
Stichwort Euhemerismus - Versuch einer Begriffsbestimmung aus atlantologischem Blickwinkel (bb)
Riesen, Zwerge & Co - Traumwesen, Märchengestalten oder prädiluviale Spezies? (red)
Blaue 'Götter' - einem Mythos auf der Spur (bb)
Luis Thayer Ojeda´s euhemeristische Rekonstruktion des antediluvialen Mittelmeer-Raums (Alexander Braghine)
Streitfall Sintflut - Archäologen suchen nach den Überresten mythologischer Katastrophen (Claus Jacob)
Indianische Urgeschichte (Vine Deloria Jr.)
Indigenes Amerika - Erinnerungen an Atlantis (Frank Joseph)
Geo-mythologische Überlegungen zu Atlantis (Alexander und Edith Tollmann)
Weitere Beiträge zu diesem Thema
Das Land der Riesen, die Satyre, Meropa und Atlantis Teil IV. Anostos, das letzte Refugium der Riesen und Satyre (a)
Indianische Ursprungs-Mythen, Atlantis und Meropa (bb)
Anmerkungen und Quellen
(+1) Quelle: Christopher W. Blackwell und Amy Hackney Blackwell, »Mythologie für Dummies« (ISBN 3-8266-3122-6), Verlag moderne industrie Buch AG & Co. KG, Bonn; zitiert nach http://www.wiley-vch.de/templates/pdf/3527701435_kap.pdf
(+2) Anmerkung: SFPAC = SEARCH FOR PREHISTORIC ADVANCED CIVILIZATION; ein Sammel- oder Oberbegriff, der vor einigen Jahren von dem deutschen Wissenschaftshistoriker Dr. Horst Friedrich zur Bezeichnung aller alternativ-zivilisationsgeschichtlichen Fachgebiete (z.B. Atlantologie, Lemuria-Forschung etc.) eingeführt wurde, die sich mit der Erforschung vermuteter, weit prähistorischer Uralt-Kulturen und -Zivilisationen befassen; mehr oder weniger synonym mit dem älteren Terminus "PRIMHISTORIK"
(+3) Anmerkung: PRIMHISTORIK = Die Primhistorik ist ein alternativ-historisches Forschungsgebiet, das sich mit der Möglichkeit entwickelter, späteiszeitlicher (oder noch früherer) Menschheitskulturen sowie mit der Beweisführung ihrer vormaligen Existenz und mit ihrer Identifizierung beschäftigt. Geprägt wurde dieser Begriff in den 1970er Jahren durch den französichen Alternativ-Historiker und Paläo-SETI-Forscher Robert Charroux. Im Bereich der nonkonformistischen Atlantisforschung sind primhistorische Betrachtungsweisen und Modelle heute bereits weitgehend quasi-paradigmatisch.
(+4) Anmerkung: TAUTOLOGIE = "1. einen Sachverhalt doppelt wiedergebende Fügung (z.B. weißer Schimmel, alter Greis); 2. Pleonasmus" Quelle: DUDEN, Das Fremdwörterbuch, Mannheim/Wien/Zürich, 1982, S. 751
(+5) Quelle: Stefanie Theil, Fachbereich: Romanistik - Spanische Sprache, Literatur, Landeskunde, Kategorie: Hauptseminararbeit, Veranstaltung: Seminar: Literatur von Alejo Carpentier, Institut: Institut für Romanistik, Hochschule: Universität Leipzig, Jahr: 2000, Seitenzahl: 16, Note: 1,7, Literaturverzeichnis: ~ 9 Einträge, Größe: 133 KB, Archivnummer: V30153; Exerpt online unter: http://www.wissen24.de/vorschau/30153.html
(+6) Quelle: Christopher W. Blackwell und Amy Hackney Blackwell, op. cit.
(+7) Anmerkung: So orientieren sich etwa die Begriffe "Demythisierung" und "Entmythisierung" (zur rationalen Ausdeutung bzw. Erklärung esoterischer/ideologischer/fiktionaler Aspekte und Elemente von Überlieferungen), auch wenn sie von 'Nonkonformisten' verwendet werden, 'durchaus am konventionellen Mythos-Begriff.
(+8) Quelle: Frank Joseph, "The Destruction of Atlantis - Compelling Evidence of the Sudden Fall of the Legendary Civilization", Rochester, Vermonth, USA (Bear & Company), 2002, S. 99; zitiert nach dem deutschsprachigen Exerpt: Frank Joseph, "Platons anderer Atlantis-Bericht - Die 'Gesetze' und das Dunkle Zeitalter" bei Atlantisforschung.de
(+9) Quelle: Lyon Sprague de Camp, "Versunkene Kontinente - Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen", 3. Aufl., München, 1977
(+10) Quelle: Vine Deloria Jr., "Red Earth - White Lies" (Kapitel 10, "At the Beginning"), FULCRUM PUBLISHING, Golden/Colorado, USA, 1997; zit. nach: Vine Deloria Jr., "Indianische Urgeschichte", atlantisforschung.de, 2006
Bild-Quellen
(1) http://terresacree.org/images/pegase.jpg
(2) Links: http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/weltraum/astronomie/asteroidabwehr/
(2) Mitte: http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2004/05/06/wett...
(2) Rechts: http://www.mpia-hd.mpg.de/suw/suw/SuW/1997/03-97/S230Abb1.jpg
(3) Links: Werner Rittstieg, "ABC der Maya", Lüneburg, ohne Jg. (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)
(3) Rechts: http://www.mrdowling.com/701greece.html (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)