Stichwort: Euhemerismus

Versuch einer Begriffsbestimmung aus atlantologischem Blickwinkel

(bb) Neben dem modernen Katastrophismus und dem Diffusionismus stellt der so genannte Euhemerismus als mythologischer Grundansatz methodologisch [1] das dritte 'Standbein' moderner, alternativer Prähistorik - und somit auch der devianten, (nonkonformistischen respektive grenzwissenschaftlichen) Atlantisforschung - dar. Obwohl sich schon seit geraumer Weile in der 'klassischen' Alternativ- und Primhistorik (die irdische Hochkulturen der Vorzeit vermutet) und in der jüngeren Paläo-SETI-Forschung (mit ihrer These der 'Götter-Astronauten') eine dezidiert euhemeristisch orientierte Mythenforschung etabliert hat, kennt den Begriff selbst in alternativen Forscherkreisen, aber auch unter an diesbezüglich interessierten 'Laien' kaum jemand. Was bedeutet er eigentlich - und wie ist er entstanden?

Abb. 1 Zeus, der Göttervater der hellenischen Mythologie - aus euhemeristischer Sicht vermutlich ein vergöttlichter Held und Herrscher aus weit vorgeschichtlicher Zeit.

Beginnen wir daher mit einer Erläuterung dieser Bezeichnung, deren Ursprung bis weit zurück in die Antike reicht. Rudolf Eisler definiert sie z.B. im Wörterbuch der philosophischen Begriffe kurz und knapp als: "die Lehre des Kyrenaikers EUHEMERUS, welcher den Götterglauben aus der Verherrlichung menschlicher Heroen ableitet (CICERO, De nat. deor. I, 42). »Ob merita virtutis aut muneris deos habitos Euhemerus exsequitur« (MIN. FELIX, Octav. 21, 1). Eine partielle Wahrheit enthält der noch heute von einigen vertretene Euhemerismus sicher." [2]

Wir stellen also zunächst fest, dass es sich bei dem Euhemerismus ursprünglich um eine alte Theorie zur rationalen Interpretation der Entstehung von Religion und Götterglauben handelt. In diesem Sinne stellen ihn uns auch Andreas Isler und Cornelia Vogelsanger vor: "Euhemerismus ist der Name einer Theorie von der Entstehung der Götter und der Religion, die zuerst von Euhemeros von Messene (ca. 340-260 v. Chr.) in einem fabulierenden Reisebericht vorgetragen wurde." [3] Auch Isler und Vogelsanger bezeichnen also den antiken Philosophen Euhemeros als Schöpfer der nach ihm bekannten mythologischen Schule.

Mit einiger Sicherheit jedoch war dieser Hellene, der lange am Hof des mazedonischen Königs Kassander lebte, nicht der erste, der dieses Konzept zur Erklärung mythologischer Überlieferungen anwandte und vertrat. So erfahren wir in Eduard Meiers "Geschichte des alten Ägptens": "Ein Trieb zu dem, was man Euhemerismus nennt, d.h. zu dieser Umsetzung der Sagen in historische Begebenheiten, die damit endet, daß die Götter als uralte weise und mächtige Könige und Helden betrachtet werden, ist in jeder Mythologie vorhanden, und in der ägyptischen schon im Alten Reich stark ausgebildet. Dadurch erleiden die Mythen wieder weitere Umgestaltungen und Ausschmückungen. So auch die Osirissage." [4]

Euhemeros war also lediglich der früheste b e k a n n t e Mythologe und Religions-Kritiker mit diesem Ansatz, über dessen Arbeit etwas überliefert ist; und dieser Umstand dürfte ihn zum Namensgeber der euhemeristischen Mythologie gemacht haben: "Er ist hauptsächlich bekannt durch seine Heiligen Aufzeichnungen, ein philosophisch-utopischer Reiseroman, der auf archaischen Inschriften basiert, die er auf seinen verschiedenen Reisen durch Griechenland gefunden haben wollte.

Abb. 2 Auch die Göttergestalten der nordischen Mythologie wurden im 19. und 20. Jahrhundert zum Gegenstand euhemeristischer Überlegungen.

Er verlässt sich besonders auf einen Bericht zur frühen Geschichte, den er während einer Reise entlang der Küste Arabiens, die er im Auftrag Kassanders, seines Freund[e]s und Mäzens, unternahm, auf der Insel Panchea in einem Tempel auf einer goldenen Säule entdeckt habe. Es gibt keinen Zweifel, dass die Insel nicht existiert", heißt es im Weblexikon.

Auch wird dort vorausgesetzt, dass er in seinem Werk "zum ersten Mal eine altorientalische (vielleicht phönizische) Methode [systematisiert], die Volksmythen zu interpretieren, behauptend, dass die Götter, die die Hauptobjekte volkstümlicher Verehrung seien, ursprünglich Helden und Eroberer gewesen seien, die dadurch einen Anteil an der Verehrung ihrer Subjekte verdient hätten. Dieses System ist weit verbreitet, und besonders die frühen Christen nahmen es als Bestätigung ihres Glaubens, dass die antike Mythologie lediglich eine Ansammlung von Fabeln aus menschlicher Eingebung gewesen sei. Euhemerus war ein standhafter Verfechter der kyrenäischen Philosophie, und von manchen antiken Schriftstellern wird er als Atheist bezeichnet. Sein Werk wurde von Ennius ins Lateinische übersetzt, das Original jedoch ging verloren, und von den Übersetzungen sind auch nur ein paar kurze Fragmente erhalten." [5]

Wir sehen also, dass der Euhemerismus vermutlich bereits in frühesten Zeiten bei allen wichtigen Völkern des mediterranen Großraums bekannt und verbreitet war. In der Spätantike war er jedenfalls als Schule ein fester und zentraler Bestandteil graeco-romanischer Philosophie, wie uns kein Geringerer als der Historiker Theodor Mommsen bestätigt: "Außer der historisch-rationalistischen Auffassung der Religion, welche die Mythen auflöste in Lebensbeschreibungen verschiedener in grauer Vorzeit lebender Wohltäter des Menschengeschlechtes, aus denen der Aberglaube Götter gemacht habe, oder dem sogenannten Euhemerismus, sind hauptsächlich drei Philosophenschulen für Italien von Bedeutung geworden: die beiden dogmatischen des Epikuros (+ 484 270) und des Zenon (+ 491 263) und die skeptische des Arkesilas (+ 513 241) und Karneades (541-625 231-129) oder mit den Schulnamen der Epikureismus, die Stoa und die Neuere Akademie." [6]

Abb. 3 Der moderne, alternativ-historische Euhemerismus wandelt nicht nur auf den 'Spuren der Götter', sondern versucht z.B. auch sogenannte "Fabelwesen" - wie Riesen und Zwerge - rational zu erklären.

Mit der Ausbreitung und Institutionalisierung des Christentums wurden all diese Schulen und Denkweisen gewaltsam unterdrückt: sie verschwanden für lange Zeit aus dem öffentlichen Bewusstsein und aus der Forschung. Auch der Euhemerismus war für Christen nicht länger "eine Bestätigung ihres Glaubens", sondern er wurde nun offenbar als unerwünschte Kritik und als konkurrierendes Gedankengut empfunden. [7]

Erst sehr spät, nämlich im 18. Jahrhundert, begann man im Rahmen der intellektuellen Emanzipation von Religion und Kirchen in Europa die Philosophie des Euhemeros wieder zu entdecken. Eine "beachtliche Modeerscheinung" war sie zunächst im Frankreich, wie das Weblexikon feststellt: "Der Abbé Banier war in seiner Mythologie et la fable expliqués par l'histoire offen euhemeristisch; andere führende Euhemeristen waren Clavier, Sainte-Croix [8], Raoul Rochette, Em. Hoffmann und in hohem Maße Herbert Spencer." [9] Isler und Vogelsanger bemerken: "Seine [Euhemeros´] als Mythenkritik vorgetragene These, wonach Götter aus historischen Heldengestalten entstanden sind, war vor allem bei aufklärerischen Religionskritikern des 19. Jahrhunderts populär und ist seither etwas in Vergessenheit geraten." [10]

Die zuletzt gemachte Bemerkung der AutorInnen müssen wir in Frage stellen bzw. relativieren, auch wenn die Renaissance des Euhemerismus im 18./19. Jahrhundert aus Sicht heutiger universitärer Forschung tatsächlich episodenhaft e r s c h e i n e n mag.

Schließlich war er weder für Theologen noch aus dem Blickwinkel der Historiker von besonderer Attraktivität und wurde im Bereich von Forschung und Lehre konsequenterweise möglichst schnell ad acta gelegt. Der christlich orientierten Religionswissenschaft musste dieses, aus vorchristlicher Zeit stammende, explizit kontra-religiöse Konzept an sich unsympathisch sein, auch wenn die Stringenz euhemeristischer Betrachtungen religiöser und mythischer Überlieferungen vielfach augenfällig ist:

"Es gibt keinen Zweifel, dass sie wahre Elemente enthält, da bei den Römern die stufenweise Vergötterung der Ahnen und die Apotheose der Kaiser ein wesentliches Merkmal der religiösen Entwicklung waren, und es sogar bei einfachen Leuten möglich ist, die Herkunft der Familie und der Stammesgötter bis zu großen Häuptlingen und Kriegern zurück zu verfolgen. Alle Theorien über Religionen, die der Verehrung der Ahnen und dem Totenkult große Bedeutung bei-messen, sind in großem Maße euhemeristisch. Aber als einzige Erklärung für den Ursprung der Gottesidee ist dies in der vergleichenden Religionswissenschaft nicht akzeptiert." [11]

Abb. 4 Heinrich Schliemann. Seine Entdeckung des legendären Troja war 'Wasser auf die Mühlen' der euhemeristischen Mythologie.

Für die Ablehnung euhemeristischer Interpretationen mythischer Überlieferungen im Bereich schulwissenschaftlicher Vor- und Frühgeschichtsforschung waren natürlich andere Gründe ausschlaggebend. Hier waren es nicht ihr rationalistischer Charakter oder ein subjektiv inakzeptables Gottesverständnis, die zur Ablehnung und zum Verschwinden des Euhemerismus aus dem Diskurs sorgten; dies lag vor allem an der, bis heute andauernden, Unterschätzung alter Kulturen durch viele mit ihnen befassten Fachwissenschaftler, sowie an deren allgemeiner Ignoranz bezüglich der Weitergabe vorgeschichtlicher Ereignisse auf dem Wege mündlicher Überlieferung.

Ursache war also die Überheblichkeit akademisch-elitärer Protagonisten einer eurozentrischen Schrifttums-Kultur, die mündliche Überlieferungen (und ihre späteren schriftlichen Abfassungen) prinzipiell nicht ernst genug nahmen. Abseits des universitären Mainstreams sah dies allerdings völlig anders aus. Hier begann man, sich voller Eifer auf die Sagen, Mythen und Legenden des Altertums sowie auf die mündlichen Traditionen der so genannten Natur-Völker zu 'stürzen' und nach ihren historischen Hintergründen zu forschen.

Dabei traten diese modernen Euhemeristen quasi in die Fußstapfen Sir Isaac Newtons (1643-1727), der in seinem Werk "The Chronology of Ancient Kingdoms Amended" eine Rekonstruktion prähistorischer Ereignisse und Gegebenheiten anhand mythologischer Quellen unternommen hatte. Zu den bekanntesten Vertretern dieses neuen, 'mythohistorischen' Euhemerismus gehörten im 19. Jahrhundert z.B. so unterschiedliche Privat-Gelehrte wie der Selfmade-Archäologe Heinrich Schliemann [12], oder der Jurist und Politiker Ignatius Donnelly (1831-1901), der heute allgemein als 'Vater' der modernen, nonkonformistischen Atlantisforschung gilt.

Schliemanns (vermeintliche?) Entdeckung der legendären Metropole Troja anhand einer - objektiv betrachtet - bisweilen durchaus zu unkritischen Analyse "seines Homer" ist jedenfalls beispielhaft für diesen Wandel des modernen Euhemerismus. Waren es in der Antike - und auch im 18./19. Jahrhundert, wie bei Banier, Sainte-Croix (1746–1809) [13] oder Rochette - noch dezidiert religionstheoretische Überlegungen, die in seinem Zentrum standen, so entwickelt sich nun ein im eigentlichen Sinn 'historischer Euhemerismus', der Sagen, Mythen und Legenden generell als Medium zur mündlichen Überlieferung realer (vor-)geschichtlicher Begebenheiten versteht und entsprechend auszuwerten trachtet. [14]

Donnellys atlantologischer Euhemerismus, den er 1882 in "Atlantis - The Antediluvian World" entwickelte, weist diese Tendenz bereits deutlich auf, wobei die Betrachtungen zum Ursprung der ägyptischen und hellenischen Götterwelt noch erkennbar Ausgangspunkt seiner gesamten mythologischen Argumentation sind. Schon bei Donnelly ist die euhemeristisch-mythologische Interpretation alter Überlieferungen und Legenden lediglich Teilaspekt einer komplexeren Argumentations-Struktur. Beweiskraft erhalten die durch sie erzielten Ergebnisse gegebenenfalls erst in Verbindung mit archäologischen, ethnologischen, anthroplogischen, geologischen usw. Evidenzen - eine interdisziplinäre (fachübergreifende) Methodik [15], die im 20. Jahrhundert kennzeichnend für die meisten nonkonformistischen Atlantologen werden sollte. [16]

Tatsächlich hat der Euhemerismus seither als rationalisierender Interpretationsansatz für alte Überlieferungen Einzug in alle Bereiche der Alternativ-Historik gehalten und sich im 20. Jahrhundert z.B. in den neu entstehenden, grenzwissenschaftlichen Fachgebieten der Atlantologie, Gigantologie und Paläo-SETI-Forschung durchgesetzt, auch ohne dabei zum Gegenstand besonderer epistemologischer (siehe: Anmerkung 1) Betrachtungen oder Reflexion zu werden.

Aufgrund zahlreicher 'harter' und 'weicher' Evidenzen, die in den vergangenen Jahrzehnten erbracht werden konnten, gilt heute darüber hinaus unter nonkonformistischen Alternativ-Historikern als weitgehend erwiesen, dass geschichtliche Fakten - unter bestimmten Umständen - sogar über Jahrtausende währende Zeiträume hinweg mündlich überliefert werden können.


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Erklärung: "Methodologie (deutsch auch: Methodenlehre) ist die Lehre von den Methoden, den wissenschaftlichen Verfahren. Als solche ist Methodologie >Meta-Wissenschaft< und somit Teildisziplin der Wissenschaftstheorie (Epistemologie). Demgegenüber meint Methodik das Methodenwissen des Praktikers oder des Pädagogen. Im Englischen und Französischen ist die Unterscheidung >Methodologie< versus >Methodik< jedoch unbekannt. Der Einfluss namentlich des Amerikanischen könnte zum unpräzisen Sprachgebrauch auch im Deutschen beitragen: Unter >Methodologie< wird auch eine Sammlung von Methoden verstanden, ein Methodenbündel. Methodologie" wird auch fälschlicherweise für >Methodik< gebraucht (>Die vorliegende Studie bedient sich folgender Methodologie: ...<) - ähnlich wie bei vielen Verwendungen des Wortes >Technologie< mit dem man eine Technik bezeichnet." (Quelle: Wikipedia, nach: http://www.matheboard.de/lexikon/Methodologie,definition.htm - Seite bei matheboard.de nicht mehr online)
  2. Quelle: Rudolf Eisler, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 1904, unter: Euhemerismus (Stand: 22.04.2012)
  3. Quelle: Isler, Andreas und Vogelsanger, Cornelia, Religionsethnologie: Lebende Götter - Zum Revival des Euhemerismus, online unter http://www.ethno.unizh.ch/archiv/ss99/isler_vogelsanger_1863.htm (Seite dort nicht mehr online)
  4. Quelle: Eduard Meyer, Geschichte des Alten Ägptens, Sechstes Kapitel, Die Reichsreligion und die Lichtgottheiten, online unter: http://www.jaduland.de/afrika/egypt/geschichte/areich4.html (Stand: 22.04.2012)
  5. Quelle: Weblexikon, Stichwort EUHEMERUS, online unter: http://www.weblexikon.de/Euhemerus.html (Stand: 22.04.2012)
  6. Quelle: Theodor Mommsen, Römische Geschichte, Book 4 (Part 8 out of 9), nach http://www.fullbooks.com/R-mische-Geschichte-Book-48.html (Stand: 22.04.2012)
  7. Anmerkung: Das scheint auch heute wieder der Fall zu sein, wenn wir z.B. den Euhemerismus im Bereich der Paläo-SETI-Forschung betrachten. So widmet etwa Andreas Grünschloß in "Wenn die Götter landen ... Religiöse Dimensionen des UFO-Glaubens" (EZW-Texte 153, Berlin 2000: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen; erhältlich über die EZW) ein ganzes Kapitel ("Ufologischer Euhemerismus: "Die Götter waren Astronauten") seiner Kritik.
  8. Red. Anmerkungen: Hintergrundinformationen zur Person G. de Sainte-Croix´ in französischer Sprache bei Wikipédia - L'encyclopédie libre, unter: Guillaume de Sainte-Croix
  9. Quelle: Weblexikon, Stichwort EUHEMERUS, online unter: http://www.weblexikon.de/Euhemerus.html
  10. Quelle: Isler, Andreas und Vogelsanger, Cornelia, Religionsethnologie: Lebende Götter - Zum Revival des Euhemerismus, online unter: http://www.ethno.unizh.ch/archiv/ss99/isler_vogelsanger_1863.htm
  11. Quelle: Weblexikon, Stichwort EUHEMERUS, online unter: http://www.weblexikon.de/Euhemerus.html
  12. Anmerkung: Über Schliemanns Euhemerismus und die schulwissenschaftliche Archäologie heißt es - unter Einbeziehung des Atlantis-Komplexes - bei Hubert Brune: "Archäologen interessiert am Mythos in erster Linie die >euhemeristische Frage< nach dem >historischen Wahrheitsgehalt<. [...] Als >Euhemerismus< bezeichnet man die Überzeugung von einer >historischen (und damit auch archäologisch erhärtbaren) Wahrheit< der im Mythos begründeten Traditionen. Ein besonders krasser >Euhemerist< war Heinrich Schliemann (1822-1890), der die homerischen Epen wörtlich nahm und die Geschichtlichkeit der in ihnen geschilderten Ereignisse archäologisch beweisen zu können glaubte. So wurde er zum Begründer der >Homer-Archäologie<, die sich inzwischen von Schliemanns >Euhemerismus< wieder entfernt hat, obwohl gewisse, freilich durch Kritik gefilterte Elemente gemäßigt >euhemeristischer< Prägung immer noch zu den Voraussetzungen archäologischer Forschung gehören (z.B. auch das Einordnen von Mythen in kulturmorphologisch und damit auch archäologisch relevante Zusammenhänge, die Suche nach wengstens einem historischen Wahrheitskern in ansonsten sagenhaft ausgeschmückten Überlieferungen). Schliemann nahm also einen extrem >euhemeristischen< Standpunkt ein, von dem die durch ihn begründete >Homer-Archäologie< inzwischen wieder abgerückt ist, obwohl die Frage nach einem archäologisch nachweisbaren historischen Wahrheitskern, nach Reflexion historischer Vorgänge in antiken Mythentradtionen noch keineswegs verstummt ist. Ein Musterbeispiel ist die in jüngster Zeit wieder aufgelebte Auseinandersetzung der Wissenschaft mit dem >Atlantis<-Mythos Platons [...], dem man zwar seinen >Mythen<-Charakter im ganzen nicht mehr abspricht, in dem man aber gleichwohl gewisse (wahrscheinlich schon in erstellter Form Platon zu Ohren gekommene) Reminiszenzen an die Minoer erkennen zu können glaubt." Quelle: , HUBERT-BRUNE.DE, unter Sage / Mythos (Ursprungssage) (Stand: 04.09.2011)
  13. Red. Anmerkung: Siehe zu Sainte-Croix´ Überlegungen z.B: "Des freyherrn von Sainte-Croix Versuch über die alten mysterien aus dem franzoösischen übersetzt und mit einigen anmerkungen begleitet von Carl Gotthold Lenz ...", Gotha, bey C.W. Ettinger, 1790
  14. Anmerkung: Der religionstheoretische Aspekt spielt allerdings auch heute noch bei einigen nonkonformistischen Autoren, z.B. bei dem Atlantologie-Historiker Dr. Martin Freksa, eine zentrale Rolle. Siehe dazu: Das Mahabarata als Quelle der Atlantisforschung
  15. Erklärung: "Methodik ist eine Anweisung zur methodischen, dh. folgerichtigen und zweckmäßigen Lösung einer wissensschaftlichen Aufgabe (Meyers Konversationslexikon, BI, Leipzig, Wien, 1897; nach Chroust, 1992). Anmerkung: Methodik hebt sich nicht klar von Methode ab [vergl. Anmerkung 1; d. Red.] Definition: Methoden sind planmäßig angewandte, begründete Vorgehensweisen zur Erreichung von festgelegten Zielen (i.a. im Rahmen festgelegter Prinzipien). Methoden können fachspezifisch sein. (Hesse, 1992) Zu Methoden gehören eine Notation, systematische Handlungsanweisungen und Regeln zur Überprüfung der Ergebnisse; Verweise: Eine Methode ist eine systematische Handlungsvorschrift (Vorgehensweise), um Aufgaben einer bestimmten Klasse zu lösen. Sie beruht auf einem oder mehreren Prinzipien. Die Handlungsvorschrift beschreibt, wie, ausgehend von gegebenen Bedingungen, ein Ziel mit einer festgelegten Schrittfolge erreicht wird [...] (Balzert, 1982/ /Gerisch, 1988/ zitiert nach /Chroust, 1992)" Quelle: Homepage: http://www.fast.de/fg511/akbegr/BegriffeAktivitaeten.html#Methode 07/06/1999
  16. Anmerkung: Natürlich gab es auch hier Ausnahmen, wie den schottischen Mythologen und Atlantisforscher Lewis Spence (1874-1955), der die Ergebnisse seiner Exegese mythologischer Texte per se als evident betrachtete und ihr eine höhere Beweiskraft als archäologischen oder geologischen Belegen zusprach.

Bild-Quellen:

1) http://www.culture.gr/2/21/211/21107m/00/lk07m049.jpg (nicht mehr online)
2) Zauberwald, unter: Á s a t r u
3) ebd.
4) http://perso.wanadoo.fr/spqr/Images/schliemann1.jpg (nicht mehr online)


Literaturhinweise

Klassischer Euhemerismus (Theorie)

  • Winiarczyk, Marcus (Hrsg.): "Euhemeri Messenii reliquiae", (Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana), Stuttgart (Teubner) 1991
  • Littlewood, Roland: "Living Gods. In (partial) defence of Euhemerus", Anthropology Today 14(2), 1998
  • de Block, Raymond: "Evhemere, son livre et sa doctrine", Mons 1876
  • Nemethy, G. N.: "Euhemeri relliquiae", Budapest, 1889
  • Ganss, Joseph Franz: "Quaestiones Euhemereae", Kempen 1860
  • Sieroka, Otto: "De Euhemero", 1869
  • Susemihl, Franz: Geschichte der griechischen Litteratur in der Alexandrinerzeit, vol. I, Leipzig 1891