Ägypten, Schatzinsel der Überlieferung
von unserem Gastautor Jürgen Hepke
Das Niltal hat in der Geschichte der Menschheit eine ganz besondere Rolle gespielt. Auf Grund seiner geographischen Ausdehnung, die durch den ganzen nördlichen Wüstengürtel reicht und darüber hinaus den Mittelmeerraum tangiert und sich im Süden bis in die tropisch bestimmten Zonen erstreckt, ist es einmalig auf der Erde. Am interessantesten war aber immer der Bereich, wo sich das Niltal als ein schmales Band über viele Hunderte von Kilometern durch die Wüste hinzieht. Die heiße und trockene Luft der Wüste wirkte über Jahrtausende konservierend auf alles was vor Räubern geschützt hier lagerte. Sie erhielt Farben und Dekors in ihrem ursprünglichen Charakter und konservierte so empfindliche Dinge, wie auf Pflanzenfasern geschriebene Berichte, die an anderen Orten längst zerfallen waren.
Aufbauend auf diese Gegebenheiten der Natur kommt Ägypten und der ägyptischen Geschichte eine hervorragende Rolle zu. Diese Rolle wurde von den ägyptischen Priestern schon sehr früh erkannt und getreulich über die Jahrtausende der ägyptischen Geschichte fortgeführt. Warum dies so war, und wie sich in Ägypten selbst die Menschheit entwickelte bis sie einen hohen Grad von Einsicht und Weisheit gewann, soll hier noch einmal unter diesem Aspekt kurz betrachtet werden.
Die ersten Funde von Produkten aus Menschenhand finden sich in den geologischen Schichten der fünften Stufe von oben. Es sind Handbeile aus Feuerstein, die den Beilen aus den europäischen Abbeville-Funden ähnlich sind. Skelettreste aus dieser Zeit gibt es nicht. Wahrscheinlich hat der erste Mensch des Niltals ähnlich wie der anderer Regionen ausgesehen.
In der nächsten Stufe finden sich dann Geräte aus Feuerstein, die denen des europäischen Acheuléen entsprechen und auf den zwei untersten Terrassen fand man Spuren späterer Techniken, entsprechend dem Levalloisien und dem Moustérien. Auf Grund der Seltenheit dieser Funde kann man annehmen, dass sich der Mensch nur vorübergehend und kurzzeitig am Fluss aufgehalten hat, um dort zu jagen oder zu fischen. Erst als Nordafrika begann auzutrocknen, d.h. nach der Polverschiebung von 8500 v. Chr. wurde der Fluss als Rückzugsgebiet der Tierwelt interessanter. Den Tieren folgte dann allmählich auch der Mensch.
Der Schlamm der Nilschwemmen hat sicher viel vorgeschichtliches Material vernichtet und so ist es schwierig, die fortschreitende Ansiedlung des Menschen am Fluss nachzuvollziehen. Man kann aber annehmen, dass mit zunehmender Bevölkerungsdichte in Nordafrika auch die Ufer des Nils, die wegen der immer wiederkehrenden Überschwemmungen nicht unproblematisch waren, immer interessanter wurden und es demzufolge auch zur Bildung von Siedlungen kam. Da es hier genug Wasser und Nahrung für die Haltung von Tieren in der Nähe der Siedlungen gab, ist anzunehmen, dass es auch Versuche zur Einpferchung von Wildtieren gab. Ebenfalls wurden wahrscheinlich Versuche zum Anbau von als besonders nahrhaft und nützlich empfundenen Wildpflanzen gemacht. Ein Problem blieben aber die periodisch wiederkehrenden Überschwemmungen und der damit sich immer wieder verändernde Uferbereich des Flusses, der die Bemühungen, am Fluss sesshaft zu werden, immer wieder zunichte machte.
Bei Merimde-Beni Salame am südwestlichen Deltarand, wo der Wasserstand nicht mehr so stark schwankte und die Fluten nicht alles Geschaffene bei Hochwasser wieder vernichteten, hat man die Überreste eines Dorfes gefunden, die diese Annahmen stützen. Es bestand aus einigen aus Lehm erbauten ovalen Hütten, von denen jede nur etwa zweieinhalb mal vier Meter groß war. Das Dach sammelte das Regenwasser, das in einem in den Boden versenkten Gefäß aufgefangen wurde. In für das ganze Dorf gemeinsamen Behältern fand man die Anfänge einer Vorratshaltung von Wildgetreidesamen. Emmer, Sandwicke und auch Gerste, wie wir sie noch heute kennen, fand man hier. Auch Flachs wurde bereits angebaut, versponnen und auf einfachen Webstühlen zu Leinen verwoben. Die vielen Knochen wilder Tiere zeigen aber deutlich, dass die Hauptnahrungsquelle in den Ergebnissen der Jagd bestand.
Der nun langsam einsetzende Weg zu einem reicheren und entwickelterem Dasein war in dieser Zeit noch eine eindeutig innerägyptische Angelegenheit. Einflüsse von außen hat es offenbar bis zum Ende der vordynastischen Zeit so gut wie nicht gegeben. Das zeigt sich auch in den Grabfunden, die den Ägypter dieser Zeit für lange Zeit unverändert erscheinen lassen. Er war von kleiner Gestalt, schlank, langschädelig und dunkelhaarig. Die Männer waren etwa ei-nen Meter fünfundsechzig groß, die Frauen etwa einen Meter fünfzig. Beide waren starkknochig, aber doch von schmächtiger Gestalt und hatten ovale Gesichter mit stark ausgeprägtem Nasenbereich, was ihnen ein fast vogelartiges Aussehen verlieh. Die Männer waren im Gesicht und am Körper wenig behaart und hatten auch nur einen minimalen Bartwuchs.
Die Bekleidung war sparsam, bestand aber schon aus Leinen. Als Schmuck trug man Perlenschnüre und bemalte das Gesicht, wobei die Farbe grün besonders beliebt war. Die Geräte, die für Haus und Acker benötigt wurden, fertigte man in Eigenarbeit an. Das für Werkzeuge mit Metallteilen benötigte Kupfer wurde im Tauschhandel gegen Landprodukte erworben. Es wurde in offene, später dann auch in geschlossene Formen gegossen und verdrängte allmählich die bisher verwendeten Naturprodukte Horn und Stein. Für den ärmeren Landwirt behielten je-doch Holzwerkzeuge mit Steinspitzen oder Steinkanten noch lange ihre Bedeutung.
Die Archäologie hat eine erhebliche Menge von Pfeilspitzen und Keulenknäufen zutage gefördert. Die Skelette der frühen Ägypter zeigen außerdem eine hohe Rate von gebrochenen Knochen. Offenbar gab es reichlich Fehden zwischen benachbarten Ansiedlungen und Sippen, so wie es schon seit Urzeiten gewesen war. Das Bevölkerungswachstum und der enger werdende Lebensraum erhöhten jedoch jetzt die Anzahl der kriegerischen Auseinandersetzungen. Irgendwann gab es dann auch territoriale Herrscher, die mehr als nur eine Sippe unter sich hatten und es kam zur Bildung kleiner Lokalstaaten.
Wenn der Ägypter nicht gerade gegen seinen Nachbarn in den Krieg ziehen musste, bestellte er seinen Acker. Aber auch der weitergehende Handel fing an, an Bedeutung zu gewinnen. Die Nilkähne, die man zu bauen gelernt hatte, versah man mit Segeln und wagte sich im Bereich des Deltas auch schon einmal auf das "große Grüne", wie das Meer genannt wurde, hinaus. Aus dem ägyptischen Landwirt und Flussschiffer wurde aber nie ein Seefahrer. Möglicherweise verhinderte auch der Mangel an hochwertigem Bauholz im Bereich des Nils die Entwicklung von Schiffstypen, die hochseetauglich waren.
Das Meer und die Völker, die es befuhren, blieben dem Ägypter deshalb immer fremd und unheimlich. Der Handelsverkehr nach Ägypten über das Meer lag deshalb schon in der Anfangszeit vorwiegend in den Händen der Anwohner des nördlich gelegenen Saums des Mittelmeers, die das Bauholz für ihre Schiffe aus den Gebirgen Palästinas und dem Libanon bezogen. Der Handelsverkehr mit Ägypten fing nun langsam auch an, eine zunehmende Rolle zu spielen. Es kam Gold und Kupfer aus den östlich liegenden Gebirgen am Roten Meer, Elfenbein und Weihrauch aus dem fernen Süden, Olivenöl aus Libyen und Palästina, Zedernholz aus Kanaan, Lapislazuli und Obsidian aus den Gebirgen Irans und aus Anatolien. Mit dem Handel kamen auch kulturelle Einflüsse und so ähnelten sich die Formen von Töpfen, Steinvasen und Schminkpaletten Palästinas und Ägyptens schon erheblich.
Was wir über die Religion des vordynastischen Ägypters wissen, stammt aus seinen Gräbern. Der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tode spielte offenbar eine große Rolle. Zunehmend aufwendiger wurden Speise und Trank, Kleidung, Schmuck, Kosmetikartikel, Waffen und Werkzeuge, die dem Toten mitgegeben wurden. Manchmal bestattete man auch getötete Hunde mit ihrem Herren. Dies alles sollte offenbar dem Toten das angenehme Weiterleben in einer anderen Welt erleichtern.
Erst zu Anfang der historischen Zeit hörte diese Sitte für den kleinen Mann auf und wurde zum Vorrecht der Reichen und Mächtigen. Mit dem zunehmenden Wohlstand des Ägypters kam auch das Bedürfnis nach Verschönerung des Lebens. Es entwickelte sich eine nicht zweckgebundene Kunst, die sich anfänglich noch mit Verzierung der Gegenstände des täglichen Lebens zufrieden gibt. So wird eine Schüssel mit einer Zeichnung versehen oder bei einem Steinkrug wird die bestehende Aderung kunstvoll herausgearbeitet. Ein Krug aus Keramik zeigt ein Boot, das festlich geschmückt den Nil hinabfährt.
Über die Ergebnisse der Kämpfe und die daraus folgende Bildung von größeren politischen Einheiten im vordynastischen Ägypten ist fast nichts bekannt. Es ist anzunehmen, dass durch die Vergrößerung von Siedlungseinheiten und die daraus resultierenden Grenzstreitigkeiten mit den Nachbarn sich schließlich die Notwendigkeit ergab, übergeordnete Institutionen zu schaffen, die den ewigen Kleinkrieg der benachbarten Sippen um die Dinge des täglichen Lebens gütlich regelten und die Macht hatten, diese Regelungen auch durchzusetzen. Diese Institutionen mussten sich dann wieder mit den benachbarten größeren Einheiten auseinandersetzen. Das geschah in einem langwierigen Prozess, der mit Sicherheit nicht immer friedlich verlief.
Ein Problem betraf alle nach wie vor in gleicher Weise. Das waren die periodisch wiederkehrenden Überflutungen durch den Nil, die weite Sumpfgebiete zurückließen, die nur durch die Anlage von künstlichen Gräben und Kanälen in brauchbares Ackerland verwandelt werden konnten. Auch die angrenzenden Gebiete konnte man bei entsprechender Planung von Kanälen und Rückhaltebecken bis an die Randhügel in fruchtbares Ackerland umformen.
Wann und wodurch bewirkt wurde, dass diese Probleme und Chancen erkannt und mit wasserbautechnischer Planung angegangen wurden, ist nicht bekannt. Aber es ist vorstellbar, dass aus vielen Einzelversuchen in begrenzten Regionen die Erkenntnis wuchs, dass dieses Problem nur gemeinsam und in größerem Maßstab gelöst werden konnte. Es wuchs also aus den natürlichen Gegebenheiten der Wunsch nach einer übergeordneten Macht, die in der Lage war die erforderlichen Planungen durchzuführen und sie auch bei widerstrebenden Gruppen, die es erfahrungsgemäß immer gibt, auch durchzusetzen.
Der Ägypter dieser Zeit war nicht mehr der unwissende und unzivilisierte "Wilde" der Anfangszeit. Er hatte aus eigenem Antrieb gelernt, Holz, Stein und Metall zu bearbeiten. Er konnte Keramik verschiedener Qualität herstellen. Aus bestehenden Wildpflanzen konnte er brauchbare herausfinden und züchterisch verbessern. Er konnte Brot backen, Bier brauen und Farben mischen. Er konnte Felder einteilen und Kanäle planen und anlegen und hatte gelernt, sich dazu mit seinem Nachbarn friedlich zu einigen. Er hatte schon früh den Gesteinsbohrer erfunden und handhabte ihn mit großer Geschicklichkeit. Nur die arbeitserleichternde Drehscheibe des Töpfers war ihm noch nicht bekannt, was zeigt, wie gegenüber der übrigen Welt abgeschlossen Ägypten noch war. Aber der Mensch war reif für einen größeren Sprung in der kulturellen Entwicklung und bereit Wissen und Errungenschaften aus anderen Regionen aufzunehmen, um sein Leben zu verbessern. [...]
Wenn man die eben beschriebene vordynastische Zeit auf 1800 Jahre schätzt, das heißt etwa von 5000 v. Chr. bis 3200 v. Chr. dann ist die jetzt folgende Zeit von etwa 200 Jahren durch eine Öffnung nach außen gekennzeichnet. Die Einflüsse der benachbarten mesopotamischen Hochkultur werden in den Funden immer deutlicher und beweisen, dass ein Bedürfnis nach mehr Wissen und Kultur bestand.
Es gibt zylindrische Siegel eindeutig mesopotamischer Herkunft. An Bauten werden Ziegel als dekoratives Element eingesetzt, eine Idee, die sich an mesopotamischen Bauten schon lange vorher findet. Motive in der bildenden Kunst werden nach Prinzipien gestaltet, die sich auch in Mesopotamien finden. Es gibt symmetrisch aufgebaute Gruppen und Fabeltiere mit umeinander gerankten Hälsen. Kähne auf Abbildungen zeigen mesopotamische Bauformen. Auch die Metallbearbeitung, die in Mesopotamien schon viel weiter fortgeschritten ist, wird jetzt eindeutig besser. [...]
Doch noch etwas Wichtigeres könnte in dieser Zeit aus Mesopotamien übernommen worden sein. Es ist das Wissen um das Wesen einer Schrift und ihre Grundelemente. Die erste ägyptische Schrift, die in dieser Übergangszeit ziemlich abrupt erscheint, verwendet nämlich bereits das Rebusprinzip und das ist nach der geltenden Theorie der Entwicklung einer Schrift bereits die zweite Stufe. Die erste Stufe, nämlich die Verwendung einer reinen Bilderschrift, erscheint in Ägypten gar nicht.
Im Rebus werden sprachlich gleichlautende Bildbegriffe zu Wortkombinationen zusammengefügt. So wird es möglich, auch Begriffe wiederzugeben, die selbst als Bild nicht dargestellt werden können. Zusammengesetzte Bildzeichen ergeben also ein Wort, das akustisch gleich klingt, aber eine ganz andere Bedeutung hat.
Die erste bekannte ägyptische Hieroglyphenschrift verwendet das Rebusprinzip und zwar in einer voll auf Ägypten abgestimmten Form. Die dargestellten Bildelemente Rechen, Pflug und Gesteinsbohrer sind eindeutig die in Ägypten verwendeten Formen dieser Werkzeuge, was beweist, dass hier nicht sklavisch sondern mitdenkend übernommen wurde. Die neue Schrift sollte auch für den normalen Ägypter lesbar sein und nicht nur für eine kleine Zahl von Schriftkundigen. Diese weitschauende Umsetzung verhalf Ägypten zu einer raschen Anhebung des Bildungsniveaus und wurde damit zu einem wichtigen Faktor für die ägyptische Geschichte und darüber hinaus für die Geschichte der ganzen damaligen Welt.
Auch diese schnelle und verbreitete Aufnahme eines völlig neuartigen Mittels der Kommunikation und seine sinnvolle Weiterentwicklung beweist, dass das ägyptische Volk fähig und willens war, einen großen Schritt in der kulturellen Entwicklung zu machen. Doch wer war schließlich der Auslöser dieses Schrittes und woher kam das neue Wissen, das Ägypten dann in relativ kurzer Zeit zu einer Hochkultur werden ließ. Nach den ägyptischen Königslisten standen am Anfang der dynastischen Zeit Götter. Später waren es dann Menschen, die aus den von den Göttern gegründeten Dynastien hervorgegangen waren. Der Beginn der dynastischen Zeit, der zusammenfällt mit dem Beginn von schriftlichen Aufzeichnungen und damit der historischen Zeit, wird von der modernen Ägyptologie auf 3100 v. Chr. festgelegt.
Dabei kann es bei Vergleichen mit anderen Zeitfestsetzungsmethoden wegen der schwierigen Umrechnung aus dem ägyptischen Kalender, der kein Schaltjahr kannte, zu Abweichungen in der frühen Zeit von 50 oder 200 Jahren kommen. Zur Zeit des neuen Reiches betragen die Abweichungen dann nur noch 20 Jahre. Man darf sich also über in dieser Größenordnung abweichende Jahreszahlen in den verschiedenen Werken der heutigen Geschichtswissenschaft nicht wundern.
Nicht ganz so unsicher ist man bei den Namen der einzelnen Herrscher. Für sie gibt es von den Ägyptern in Stein gemeißelte unvergängliche Unterlagen. So gilt es als fast unumstritten, dass Narmer, der auch Menes [1] genannt wird, Ober- und Unterägypten zu einem Reich vereinte und damit als Begründer des ägyptischen Staates gelten kann. Auch ein Name "Skorpion" erscheint für diese Zeit. Er war möglicherweise ein Vor- läufer von Narmer, erreichte aber anscheinend noch nicht die Vereinigung der Länder. Die Gesamtzeit der Aktivitäten von "Skorpion" und Narmer wird auf 3150 - 3050 v. Chr. datiert.
Über die Herkunft dieser Herrscher, die anscheinend nicht allein kamen, sondern in einer größeren Gruppe die Macht, die hier für einen kulturell und wissensmäßig überlegenen Herrscher bereitlag, an sich rissen, herrscht Unklarheit. Von den Ägyptern selbst wurden sie später zu "Göttern" erklärt, was aber wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass sie für die Ägypter völlig neues Wissen mitbrachten. Auch für die späteren Pharaonen, die großen Wert auf ihre "Göttlichkeit" legten, war es sicher ein Vorteil, von "Göttern" abzustammen.
Wenn man einmal ausschließt, dass es sich tatsächlich um Außerirdische gehandelt hat, kommen nur zwei Ursprungskulturen in Frage, in denen entsprechend großes Wissen vorhanden war. Es ist der östliche Bereich mit Mesopotamien als Schwerpunkt und es ist der westliche Bereich mit dem Atlantischen Reich, das in dieser Zeit sehr expansiv wird. Aus dem weiteren Verlauf der Geschichte, in dem die ägyptischen Herrscher den "Asiaten" nie freundlich gesinnt waren und mit Vorliebe mit den aus dem atlantischen Reich stammenden Herrschern paktierten, was bis zu Eheschließungen ging, ist zu schließen, dass sie selbst auch aus dem Westen stammten. Die von einigen Forschern angenommene Herkunft aus Mesopotamien kann deshalb ausgeschlossen werden.
Auf welchem Weg diese Gruppe nach Ägypten kam, ist ebenfalls nicht sicher belegt. Immerhin gibt es aus viel späterer Zeit Angaben, dass diese Gruppe und die daraus entstehende Dynastie aus Thinis in der Nähe von Abydos in Mittelägypten stammte und deshalb Thiniten genannt wird. Wahrscheinlicher aber ist, dass diese Dynastie aus dem Bereich des atlantischen Reiches, und zwar aus Nordafrika kam und erst von späteren Geschichtsschreibern zu Ägyptern gemacht wurde. Der Name Thiniten könnte nämlich auch von der Göttin Thinit abgeleitet sein. Diese Göttin ist bekannt aus der Endzeit der Stadt Karthago. Sie wurde in dieser Zeit unter dem Namen Tanit zur Stadtgöttin erhoben. Es ist aber aus Funden aus der Anfangszeit des atlantischen Reiches bekannt, dass sie zu den ältesten Gottheiten des atlantischen Kulturkreises gehörte.
Sie ist in Karthago Himmelsgöttin aber zu gleicher Zeit auch der Erde verbundene Fruchtbarkeitsgöttin. Ihr Symbol ist das Thinit-Zeichen: ein Dreieck oder Trapez mit Stab und einer Scheibe darauf. Ihre Attribute sind Granatapfel, Feige, Ähre und Traube. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihre ursprüngliche Hauptbedeutung die der Fruchtbarkeitsgöttin war. Als solche war sie für den agrarisch orientierten und stark expandierenden atlantischen Staat und ebenso für Ägypten, das nun agrarisch erschlossen werden sollte, von größter Bedeutung.
Wie bei Herodot nachzulesen, war es in der frühen Geschichtsschreibung üblich, eine neu auf-tauchende Gruppe von Menschen nach ihrem Anführer oder ihrer Leitfigur zu benennen. Es ist sehr gut möglich, dass die mit großartigen Plänen und entsprechendem Machtanspruch auf-tretende Gruppe sich immer wieder auf ihre Leitgöttin Thinit berufen hat, was ihr dann den Namen Thiniten einbrachte.
Das fortschrittliche Wissen, das diese Herrscher mitbrachten und das den ägyptischen Staat in einem rasanten Aufstieg in relativ kurzer Zeit zu einem erstklassigen, beispielhaften Staatswe-sen machte, ist jedenfalls mit Sicherheit nicht in Ägypten selbst entstanden. Nach dem bereits vorher gesagten war Ägypten wohl reif für ein staatliches Dasein und nur noch der faktische Besitz und die Form der Staatsgewalt waren offen. Ganz friedlich scheint die Übernahme der Macht durch die neue Gruppe auch nicht vonstatten gegangen zu sein, jedenfalls zeigen die ältesten Funde aus dieser Zeit - der so genannte Skorpion - Keulenkopf und die Narmer Palette - die neuen Herrscher als Sieger über das Volk und einzelne Anführer.
Auch die Herkunft der neuen Herrscher aus dem atlantischen Kulturkreis wird auf diesen Fundstücken deutlich. So sind zum Beispiel Kiebitze, die in der ägyptischen Hieroglyphensprache das gemeine Volk darstellen, in einem Fries auf dem Keulenkopf an Standarten aufgehängt, die man an ihren Symbolen und Tierdarstellungen leicht als atlantischer Herkunft erkennen kann. Es soll wohl den Sieg der atlantischen Welt über das Volk darstellen. Ebenso deutet der Schwanz eines Opferstiers am Gürtel von "Skorpion" auf den atlantischen Stierkult hin, der ja dann auch auf Ägypten übertragen wurde.
Auch auf der Narmer Palette (Abb. 7) finden sich reichlich Symbole aus der atlantischen Welt. So wird die Vorder - und die Rückseite von je zwei Stierköpfen mit geschwungenen Hörnern gekrönt und dem König werden von Dienern vier Standarten mit möglicherweise bereits ägyptisierten Darstellungen vorangetragen. In einem anderen Darstellungsfeld besiegt ein Stier einen niedergeworfenen Menschen und weist auch damit auf den Sieg des atlantischen Reiches über den ägyptischen Menschen hin. Bemerkenswert ist auch, dass hier, wie auch auf dem vorher genannten Keulenkopf, der König wesentlich größer als die anderen Menschen dargestellt wird. Wahrscheinlich waren die Neuankömmlinge auch körperlich wesentlich größer als die relativ kleinen Ägypter. Diese Darstellungsart wurde dann zum traditionellen Bestandteil der ägyptischen Bildwerke.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Fundort der Beweisstücke, zu denen auch noch der Narmer Keulenkopf gehört. Sie wurden von J. E. Quibell 1897/98 bei Ausgrabungen im oberägyptischen Hierakonpolis, dem antiken Nechen, auf dem Westufer des Nils nördlich von Aswan, entdeckt, und lagen in einer Grube zwischen Mauern aus der Zeit des alten Reiches und einem Tempel aus dem mittleren Reich, die als "Hauptdepot" bezeichnet wird. Hierher gelangten sie ca 1000 Jahre nach ihrer Entstehung, wahrscheinlich zum Ende des Alten Reiches, das hieße um 2000 v. Chr.
Zu dieser Zeit war Ägypten schon lange Zeit ein selbständiger und unabhängiger stolzer Staat, der vielleicht nicht mehr an seine Gründer erinnert werden wollte und deshalb die Zeugnisse an sicherer, kaum zugänglicher Stelle einlagerte, wo sie dann in Vergessenheit gerieten. Es ist aber auch möglich, da es sich ausnahmslos um Bruchstücke handelt, dass diese bei der Zerstörung der Tempel durch die kosmische Katastrophe von 2180 v. Chr. infolge eines verheerenden Meteoriteneinschlags im ca. 1500 km entfernten Tschad Gebiet entstanden sind und als jetzt nutzlos bei den Aufräumungsarbeiten in die Grube geworfen wurden.
Fortsetzung:
Ägypten - Schatzinsel der Überlieferung (II)
Anmerkungen und Quellen
- ↑ Red. Anmerkung: Bei Wikipedia (Stand: 22. Mai 09) wird eine andere (jüngere?) ägyptologische Position vertreten, nach welcher es sich bei Narmer und Menes um zwei verschiedene Personen gehandelt haben soll. Außerdem soll die Vereinigung Ober- und Unterägyptens bereits VOR Narmers Regnum erfolgt sein.
Bild-Quellen
(1) Bildarchiv Jürgen Hepke
(2) Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, Naqada-Kultur
(3) Wikipedia - The Free Encyclopedia, Predynastic Egypt (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)
(4) ebd.
(5) Jacques Kinnaer, Early Dynastic Period (±3000 -2575)