Adamiten und Prä-Adamiten

Eine mythologische Betrachtung

von Immanuel Velikovsky

Abb. 1 Darstellung von Adam und Eva nach christlicher Vorstellung als 'erste Menschen' (Gemäldepaar aus der Werkstatt von Lucas Cranach dem Älteren, um 1518)

Eine alte Überlieferung schreibt die Begründung der Mondanbetung Adam (Abb. 1), dem ersten Menschen, zu. Der mittelalterliche arabische Gelehrte Abubacer schrieb:

"Sie [die Sabäer; I.V.] sagen, dass Adam von [einem] Mann und [einer] Frau abstammte, genau wie der Rest der Menschheit, aber sie haben ihn sehr geehrt und gesagt, dass er vom Mond gekommen war, dass er der Prophet und der Apostel des Mondes war, und dass er die Nationen aufgefordert habe, dem Mond zu dienen ... Auch berichteten sie über Adam, dass er, als er den Mond verlassen hatte und aus der Gegend von Indien nach Babylonien zog, viele Wunder mit sich brachte." [1]

Die Adamiten, die vorsintflutlichen Menschen, waren höchstwahrscheinlich nicht die ersten Menschen auf dem Planeten. Selbst wenn man zugeben muss, dass mit „Vertreibung aus dem Garten Eden“ eine Katastrophe allegorisiert wird, welche die Menschheit vor der Sintflut gänzlich zerstört hat, ist es unmöglich, diese erste Katastrophe festzulegen. Es hängt von den Erinnerungen der Völker ab, welche Katastrophe sie als Schöpfungsakt betrachten. Menschen, die nach einer Katastrophe auferstanden und ihrer Erinnerungen an das beraubt sind, was geschehen war, betrachteten sich als aus dem Staub der Erde erschaffen. [2] Alles Wissen über die Vorfahren, wer sie waren und in welchem interstellaren Raum sie lebten, wurde aus den Erinnerungen der wenigen Überlebenden weggewischt. Die talmudisch-rabbinische Überlieferung glaubt, dass die Welt vor der Erschaffung Adams mehr als einmal bewohnt war und mehr als einmal zerstört wurde.

Abb. 2 Adams und Evas 'Vertreibung aus dem Paradies' ist wohl als allegorische Reminiszenz an eine vorsintflutliche Mega-Katastrophe zu deuten, welcher der größte Teil der adamitischen Menschheit zum Opfer fiel.

Es war am Ende des ersten Zeitalters, symbolisiert durch die Vertreibung des Menschen aus dem gesegneten Garten Eden, dass der Mond seine Helligkeit verlor. [3] Es war nicht nur ein einziges menschliches Paar - die Überlieferung schreibt Adam die Erfindung von siebzig Sprachen zu.

Die hebräische Mythologie ordnet der Zeit vor der Vertreibung Adams unterschiedliche geophysikalische und biologische Bedingungen zu. Die Sonne schien dauerhaft auf die Erde, und der im Osten gelegene Garten Eden lag, wie man sich vorstellen kann, unter ewigen Strahlen der Morgendämmerung. Die Erde wurde nicht durch Regen bewässert, sondern Nebel, der vom Boden aufstieg, verdichtete sich als Tau auf den Blättern. „Die Pflanzen sahen nur zur Erde nach Nahrung.“ Der Mensch war von außerordentlich großer Statur: „Die Dimensionen des menschlichen Körpers waren gigantisch.“ Sein Aussehen war anders als das der späteren Menschen: „Sein Körper war mit einer verhornten Haut überzogen.“ Aber es kam ein Tag, da hörte die Himmelsbeleuchtung auf: „Die Sonne ... war dunkel geworden, als Adam sich des Ungehorsams schuldig machte.“ [4] Die Flammen des sich ständig drehenden Schwertes erschreckten Adam (Genesis 3:24). In einer anderen Legende wird erzählt, dass das himmlische Licht [noch] ein wenig in die Dunkelheit schien. Und dann „hörte das Himmelslicht zur Bestürzung Adams auf.“ Die Beleuchtung der ersten Periode kehrte nie zurück. Der Himmel, den der Mensch [zuvor] zu sehen pflegte, erschien nie wieder vor ihm: „Das Firmament ist nicht dasselbe wie der Himmel des ersten Tages.“ Wie ich bereits erwähnt habe, muss der „Tag“ in der Genesis tausend Jahren gleichgestellt werden.

Nach hebräischer Überlieferung sank die Sonne zum ersten Mal nach dem Sündenfall des Menschen: „Als Adam das erste Mal den Untergang der Sonne erlebte, wurde er von sorgenvollen Ängsten ergriffen. Die ganze Nacht verbrachte er in Tränen. Als der Tag zu dämmern begann, verstand er, dass das, was er beklagte, nur der Lauf der Natur war.« Damals begannen auch die Jahreszeiten. Dies wird in der folgenden Geschichte erzählt: „Adam bemerkte, dass die Tage kürzer wurden und befürchtete, dass die Welt dunkel werde ... aber nach der Wintersonnenwende sah er, dass die Tage wieder länger wurden.

Auch die Erde unterlag Veränderungen: „Früher eigenständig, musste sie hernach warten, bis sie vom Regen von oben getränkt wird.“ [5] Die Artenvielfalt nahm ab. Nach hebräischen Legenden nahm [zudem] der Mensch an Größe ab; Es gab einen „großen Unterschied zwischen seinem späteren und seinem früheren Zustand - zwischen seiner übernatürlichen Größe und seiner jetzt geschrumpften Größe.[6] Er verlor auch seine hornige Haut. Die ganze Natur hat ihre Wege verändert.



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Anmerkungen und Quellen

Dieser Text von Immanuel Velikovsky (1895-1979) wurde seinem bis heute nicht in Buchform veröffentlichten Werk "IN THE BEGINNING entnommen (Part I: THE EARLY AGES, Kap.: "The Pre-Adamite Age"). Übersetzung dieses Abschnitts ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach der Online-Fassung des Manuskripts bei: Shulamit V. Kogan & Ruth V. Sharon, "VArchive.org (The Immanuel Velikovsky Archive)"

Fußnoten:

  1. Zitiert in: Athanasius Kircher, Turris Babel sive Archonotologia (Amsterdam, 1679), S. 134.
  2. Red. Anmerkung: Vergl. dazu z.B. den altgriechischen Mythos der 'nachsintflutlichen' Neuerschaffung der Menschheit durch Deukalion und seine Gattin Pyrrha.
  3. Anmerkung des Autors: “Die Engel gar und die himmlischen Wesen waren betrübt ob der Vergehen Adams. Allein der Mond lachte, weshalb Gott ... seinen Lichtschein verdunkelte.Louis Ginzberg, "Legends of the Jews", I, 80
  4. Quelle: Louis Ginzberg, op cit., I, 79
  5. Quelle: Louis Ginzberg, op cit., I, 79
  6. Quelle: Louis Ginzberg, op cit., I, 76

Bild-Quellen:

1) Haumart (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:Lucas Cranach d.Ä. - Adam und Eva (Gemäldepaar), Herzog Anton Ulrich-Museum.jpg
2) 5.000 Bildpostkarten aus der Zeit um 1900, "Vertreibung aus dem Paradies", online bei Zeno.org