Dominique Görlitz & Stefan Erdmann: Das Cheops-Projekt (Rezension)
eine Buchbesprechung von Dr. Horst Friedrich und Bernhard Beier
Rechtsfindungsgrundsatz im alten Rom war bekanntlich: AUDIATUR ET ALTERA PARS ("Es werde auch die andere Seite angehört!"). Nach der ungewöhnlichen – und auffällig einseitigen – Medienkampagne gegen die beiden Autoren, - wegen gewisser "Untaten", die sie angeblich in der Cheops-Pyramide begangen haben sollen – ist es in diesem Sinne also nur recht und billig, daß ihnen nun, mit diesem Buch, Gelegenheit geboten wird, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Da klingt nun freilich manches ganz anders, als man es zuvor hierzulande und international zu lesen bekam.
Im Vorwort schon verteidigt Robert Bauval die Autoren beispielsweise mit den Worten: Am 17. 12. 2013 "entsandte die Antiquitätenbehörde drei Inspektoren, um den 'Tatort' zu untersuchen. Sie berichteten, daß die Kartusche nicht gestohlen worden war..., dafür hätten sie aber vier Kratzer darauf entdeckt, die für sie danach aussahen, als hätten Dominique und Stefan dort Proben entnommen. ... Es gelang mir, Fotos und Videomaterial aufzutreiben, mit denen ich zweifelsfrei nachweisen konnte, dass sich die Kratzer bereits 2006 auf der Kartusche befunden hatten. Somit war schon einmal klar, dass Dominique und Stefan zumindest mit diesem Delikt nichts zu tun hatten."
Doch zurück zum Buch selbst! Der ungewöhnlich lange Untertitel lautet:
Dass diese Behauptung nicht ganz zutreffend ist, darf man allerdings nicht Görlitz und Erdmann anlasten, denn für den Untertitel ist letztlich der Verlag verantwortlich – und tatsächlich nehmen die Autoren in ihrem Buch lediglich für sich in Anspruch, einzelne, wenn auch gravierende, Sub-Probleme des ägyptischen Pyramidenrätsels zufriedenstellend gelöst zu haben, nicht zuletzt das des vertikalen Transports der verbauten Riesensteinblöcke. Aber dazu später mehr.
Im Kapitel 1 ("Freie Forschung versus politische Einflussnahme") empfielt es sich, besonders den ersten Teil ("Das Vorspiel zur Cheops-Untersuchung") S. 23-48 aufmerksam zu lesen. Es geht dabei gerade auch um das für manche wohl übrraschende, aber nicht ganz neue Problem, ob im unteren Teil der Pyramide über längere Zeit Wasser geflossen sein könnte. Womit man auch wieder beim ebenfalls nicht ganz neuen Problem gelandet ist, ob sie nicht vielleicht schon lange vor einem Pharao Cheops zu ursprünglich technischen Zwecken erbaut worden sein könnte. Diese Frage erscheint auch den Rezensenten heute schon längst nicht mehr abwegig. Dass die beiden Autoren sich hierzu nicht in Spekulationen verlieren, sondern auf das konzentrieren, was sie bei ihrem derzeitigen Erkenntnisstand vor- und belegen können, straft einmal mehr diejenigen ihrer Kritiker Lügen, die ihr 'Cheops-Projekt' lautstark in den Bereich unwissenschaftlicher Phantasterei zu rücken bemüht waren.
Sehr interessant ist auch das Kapitel 3 ("Das Rätsel um die Cheops-Kartusche") S. 107-161. Diese Dinge bekommt der Interessierte normalerweise kaum je berichtet. Sie sind aber sehr wichtig für eine Beurteilung der Gesamtsituation. Und die verbeamteten Schulwissenschafts-Ägyptologen erzählen uns diesbezüglich selbstredend nur die derzeit vom Mainstream "abgesegneten" Lehrmeinungen. Stefan Erdmann gebührt jedenfalls großes Lob dafür, mit seiner quasi "kriminologisch" fundierten Detektivarbeit dafür gesorgt zu haben, dass nun mit Fug und Recht von den zuständigen Stellen in Ägypten eine offizielle Untersuchung der Kartusche eingefordert werden kann, um mittels naturwissenschaftlicher Analysen endlich einen Schlusstrich unter die Debatte um ihre Authentizität ziehen zu können.
Ein besonders wichtiger Teil des Buches ist Kap. 4 ("Neue Studien weisen Eisen in der Cheops-Pyramide nach") S. 163-241. Dieses Kapitel stellt dann auch quasi den eigentlichen Hauptteil des Buches dar, der von vielen vermutlich erst in seiner ganzen Tragweite "verdaut" werden muß. Immerhin ist das wohl bedeutendste und bemerkenstwerteste Ergebnis des Projektes von Erdmann und Görlitz die Erkenntnis, dass die Erbauer der Cheops-Pyramide schon vor mehr als 4.500 Jahren ein - wenn auch simples - Schmiedeeisen verwendeten, also lange vor der so genannten 'Eisenzeit'. Freilich ist mit diesem Kapitel, respektive auch mit diesem ganzen verdienstvollen Buch, das Rätsel der Entstehung des allerältesten Hochkultur-Ägyptens noch längst nicht überzeugend geklärt. Hier sind noch erhebliche Bemühungen notwendig, um auch kritische und geübte Denker und Forscher zufrieden zu stellen. Auch das Heinsohn-Illig-Opus WANN LEBTEN DIE PHARAONEN? Wird mit ins Kalkül gezogen werden müssen.
Es ist allerdings die feste Überzeugung der Rezensenten, daß wir hierzu erst dann Durchblick erlangen werden, wenn unsere Mainstream-Ägyptologen (und auch die Non-Mainstream-Forscher!) sich endlich dazu bequemen, zu realisieren, daß nicht weit östlich von Alt-Ägypten eine mindestens so alte, wahrscheinlch ältere Hochkultur existierte, die Alt-Indiens ("Indus-Kultur", Sri Lanka) nämlich, die auch technologisch außerordentlich potent war, wie sich immer mehr zeigt. Dem ohnehin bereits so verdienstvollen Non-Mainstream-Forscher Thor Heyerdahl, dessen Erbe Dominique Görlitz angetreten hat [1], wurde in seinem letzten Lebensabschnitt wohl auch immer klarer – oder sagen wir vorsichtiger: dämmerte ihm immer mehr der Verdacht -, daß dort, in Alt-Indien, der Schlüssel zu finden sein könnte zu einem wirklichen Verständnis des Entstehens der nahöstlichen ersten Hochkulturen. [2]
Die technisch enorm potente "hydraulische" Hochkultur Sri Lankas, die Indus-Kultur mit ihren enormen Hafenanlagen in Nordwest-Indien, die im Indischen Ozean allgegenwärtigen "Redin" oder Panis (vielleicht nur andere Namen für die nach etlichen antiken Quellen aus Indien stammenden "Phönizier"): das alles scheint den Rezensenten förmlich "danach zu riechen", daß sehr wohl die Entstehung der nahöstlichen Hochkulturen, einschließlich des ältesten Alt-Ägypten, "Infusionen" und "Transfusionen" aus dem Raum Alt-Indien zu verdanken sein könnte. [3]
Diese Überlegungen der Rezensenten haben eine gewisse Verwandtschaft mit einer Arbeit von Elise Baumgartel über das prädynastische Ägypten. [4] Diese überaus kompetente Autorin konstatiert, daß der erste Anstoß zur altägyptischen Kultur – über das Wadi Hammamat – auf Oberägypten zielte, und daß diese Kultur zunächst keine Verbindung mit dem Mittelmeer hatte.
Eine technologische Innovation, wie Dominique Görlitz sie in "Das Cheops-Projekt" in Form der von ihm sehr überzeugend und im Einklang mit den Angaben Herodots nachvollzogenen Keil-Hebetechnik vorstellt, wäre allerdings auch ohne solch ein großmaßstäbliches diffusionistisches Szenario zur Entwicklung der frühen altägyptischen Kultur denkbar. Den Baumeistern und Ingenieuren des Alten Reiches die Fähigkeit zur Entwicklung einer solchen Technik abzusprechen, sollte nun, vor dem Hintergrund ihrer nachweislichen Nutzung des Eisens, geradezu abwegig erscheinen. Die bisher von den Ägyptologen herangezogene phantasievolle Annahme, wonach die viele Tonnen schweren Steinblöcke beim Bau der Pyramiden über riesige Rampen transportiert wurden, wird nun hoffentlich bald vom Tisch sein. Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, wann und wie die akademische Fachwelt auf die in dem hier besprochenen Buch vorgestellten Erkenntnisse zu reagieren geruht.
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Siehe dazu z.B.: Dominique Görlitz, "Mit dem Schilfboot durch das Sternenmeer - Das Schilfboot Abora II kreuzt entlang uralter Himmelsrouten durch das Mittelmeer". 2006, 176 S., 206 Abb., ISBN 978-3-00-021270-3
- ↑ Man studiere dazu: Thor Heyerdahl, "The Maldive Mystery", Bethesda (USA), 1986
- ↑ Siehe dazu z.B.: Georg Feuerstein, Subhash Kak und David Frawley, "In Search of the Cradle of Civilization: New Light on Ancient India", Quest Books, 1995, S. 112-113
- ↑ Siehe: Elise J. Baumgartel, "The Cultures of Prehistoric Egypt", London, 1955
Bild-Quelle:
- 1-3) Bild-Archiv Atlantisforschung.de