Sintflut-Impakt und Impaktwinter (Sintfrost)

von Edith Kristan-Tollmann und Alexander Tollmann (1992)

Abb. 1 Der auf das große Impakt-Ereignis am Ende der jüngsten Eiszeit folgende Sintfrost wird laut A. und E. Tollmann in der nordischen Ragnarök sehr anschaulich als 'Fimbulwinter' beschrieben.

Nach den Berechnungen der NASA-Spezialisten von Moffett Field in Kalifornien, vor allem nach O. B. TOON [1] fiel die Temperatur während des endkretazischen Impaktwinters zwei bis fünf Monate beständig ab, bis sie um 40° auf minus 20° abgesunken war. Dieser kosmisch bedingte Winter, der zu einem Firnfeldpanzer über großen Teilen der Erde führte, hielt ein Mehrfaches dieser Zeit an, bis dann die Temperatur durch den später einsetzenden, ebenfalls impaktbedingten Treibhauseffekt wieder in die umgekehrte Richtung umschlug.

Auch dieses Phänomen des durch die Sintflut-Katastrophe unvermittelt über die hohen Breiten und Hochländer hereinbrechenden permanenten Winters, des Sintfrostes oder Fimbulwinters, wie er bei den Nordgermanen genannt worden war, ist ein wichtiges Indiz für die Impaktnatur des Ereignisses (für das wir allerdings in den Jungtektitstreufeldern entsprechenden Alters usf. genügend direkte geologische Zeugnisse haben).

Abb. 2 Die Tschuktschen des russischen Fernen Ostens erzählen noch immer Legenden über das Sintfrost-Ereignis vor mehr als 9500 Jahren. (Foto: Eine Tschuktschen-Familie mit ihrem Husky; die Aufnahme entstand zwischen 1900 und 1910)

Im Norden Europas, in Skandinavien, hat sich dieser Impaktwinter naturgemäß besonders kräftig ausgewirkt, besonders auch deshalb, weil die Winde vom Atlantik her hier besonders starke Niederschläge bringen. Dieser Riesenwinter wird in den Götterliedern der Edda in der Weltuntergangs-Schilderung der Ragnarök anschaulich kundgetan [2]: "...viel ist davon zu sagen. Dies zunächst, daß der Fimbulvetr kommt; da herrscht Schneetreiben aus allen Himmelsrichtungen, der Frost ist dann groß, und die Winde sind scharf. Und die Sonne scheint nicht. Es handelt sich um drei Winter hintereinander ohne einen Sommer dazwischen. Dieser Fimbulwinter bedroht alles Leben auf Erden; bloß zwei Menschen, Lif und Lifthrasis, bleiben am Leben."

Abb. 3 Für die Urahnen der Yámana in Feuerland begann der Sintfrost genau an jenem Tag, der für sie eigentlich den Frühlingsbeginn markiert.

Hier haben wir demnach eine der seltenen konkreten Angaben über die außergewöhnliche Dauer des Sintfrostes. Aus Persien kommen im Zend Avesta [3] Hinweise auf die Dauer dieses Impaktwinters von zehn Monaten, der aber nach ganz kurzer Zwischenzeit von zwei Monaten bereits wieder in die nächsten zehnmonatigen Wintersaisonen einmündet. Natürlich haben die nordasiatischen Völker ihre Schneeflutsagen im Zusammenhang mit dieser Weltkatastrophe, und zwar von den Wogulen in Nordwest-Sibirien bis zu den Tschuktschen (Abb. 2) in Fernost [4].

Die Eskimos berichten in einer vom Polarforscher NANSEN festgehaltenen Flutsage, daß die Erde nach dem Sintflutereignis von einem Eisgletscher bedeckt war. Und verschiedene Indianerstämme im hohen Norden Amerikas, wie die östlichen Athapasken oder die Zentralalgonkins vermerken, daß in diesem einmalig harten Winter der Schnee bis unter die Spitzen der höchsten Bäume reichte und alle Gewässer so gefroren waren, daß man kaum das nötige Trinkwasser erlangen konnte [5].

Für die Originalität und Aussagekraft dieser Indianerlegenden ist nun wesentlich, daß der Einbruch dieses Sintfrostes, der im subarktischen nördlichen Gebiet zu Beginn des Herbstes stattfand, nach den Traditionen der Feuerländer im subantarktischen Gebiet genau mit dem Frühlingsbeginn einsetzte [6]. Die dortigen Ureinwohner, die Yámanas (Abb. 3), erinnern sich deshalb so genau an den Zeitpunkt, wann dort dieser einmalig harte Winter eintrat, weil er genau auf den Tag des Einzuges des Frühlingsbotens unter den Zugvögeln, dem Brillenibis (Laxuwa; Theristicus melanopsis) fiel, und sie in naiver Art die Schuld am Ausbruch des permanenten Frostes auf die Beleidigung eines solchen Brillenibis-Weibchen zurückführten. Die Gegenprobe für den Eintritt des Impaktwinters auf beiden Hemisphären — dort Nordherbst, hier Südfrühling — geht voll auf.

Über die rasche Abkühlung der Erde im Gefolge eines Impaktes haben C. COVEY et al. [7] sehr instruktive Szenarien berechnet. Bei einem mittleren Impakt, wie man das Sintflutereignis klassifizieren könnte, sank demnach die Temperatur sofort einsetzend bereits mit dem ersten halben Tag rapide ab und lag schon nach zwei Tagen um neun Grad tiefer. Dann hält sie lange Zeit bei diesem Tiefstand mit nur geringer Veränderung an.



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Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Edith Kristan-Tollmann und Alexander Tollmann ist ihrem Papier Der Sintflut-Impakt The Flood impact entnommen (Abschnitt i: "Der Impaktwinter"), das in den Mitteilungen der österreichischen geologischen Gesellschaft 84, Wien, Juni 1992, S. 1-63, erstveröffentlicht wurde. Redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de, Publikation mit freundlicher Genehmigung von Herrn Raoul Tollmann, dem Sohn und Erben der beiden AutorInnen.

Fußnoten:

  1. Siehe: O. B. TOON, "Sudden Changes in Atmospheric Composition and Climate", in: H. D. HOLLAND & A. F. TRENDALL (Hrsg.), "Patterns in Change of Earth Evolution, 41-61, 5 Abb., 1 Tab., Berlin etc. (Springer), 1984, S. 56
  2. Siehe: R. DEROLEZ, "Götter und Mythen der Germanen" — 334 S., Wiesbaden (F. Englisch), 1976, S. 286; sowie: R. SlMEK, "Lexikon der germanischen Mythologie" — Kröners Taschenbuch, 368, XIV, 525 S., Stuttgart (A. Kröner), 1984, S. 93, 321
  3. Siehe: J. RlEM, "Die Sintflut in Sage und Wissenschaft" — 196 S., 2 Abb., 1 Kt., Hamburg (Agentur d. Rauhen Hauses) 1925, S. 18
  4. Siehe: L. WALK, "Die Sintfluttradition der Völker" — Jb. österr. Leo-Ges., 60-81, Wien (Herder), 1931, S. 67
  5. Siehe: W. MÜLLER, "Die ältesten amerikanischen Sintfluterzählungen" — Inaug.-Diss. Phil. Fak. Univ. Bonn, VIII, 93 S., Bonn (Druck Ludwig), 1930, S. 22
  6. Siehe: M. GUSINDE. "Urmenschen im Feuerland" — 393 S., 82 Abb., 1 Kt., Berlin etc. (P. Zsolnay), 1946, S. 341 f.
  7. Siehe: C. COVEY et al., "Global environmental effects of impact-generated aerosols etc." — Spec. Pap. geol. Soc. Amer., 247, 263-270, 4 Abb., 1 Tab., Boulder, 1990, S. 265 f.

Bild-Quellen:

1) Nora lives (Urheberin) bei Wikimedia Commons, unter: File:Blizzard of Feb 2010.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)
2) Neolexx (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:Chukchi family old.jpg
3) Tetraktys (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:Ushuaia-yamana7.jpg