Sowjetische Geologen zur Realität von Atlantis

von Dr. Nikolai Zhirov (1970)

Abb. 1 Wladimir Afanasjewitsch Obruchev (1863- 1956), führender sowjetischer Geologe und Geograph sowie Mitglied der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, war Mitte des 20. Jahrhunderts auch einer der Protagonisten der wissenschaftlichen Atlantologie in der UdSSR.

D. I. Mushketov war vermutlich der erste sowjetische Geologe, der vor mehr als 20 Jahren [1935; d. Red.] unmissverständlich feststellte, dass er der festen Überzeugung sei, Atlantis habe tatsächlich existiert: "Somit ist der gesamte Atlantische Ozean ein Element sehr rezenter Subsidienz und Aushöhlung. Diese Vorstellung, die seit uralten Zeiten bekannt ist, drückt sich in dem Mythos über die Zerstörung von Atlantis aus, der von Termier geologisch erklärt wurde." [1]

Ein anderer anerkannter sowjetischer Geologe, A. Mazarovich schreibt [1952; d. Red.]: "Ebenfalls bemerkenswert ist die altgriechische Legende über das verschwundene Königreich von Atlantis, das irgendwo im Westen der Straße von Gibraltar lag. Höchst wahrscheinlich markierte dies den finalen Untergang dessen, was vielleicht einst ein großes Landgebiet war, das bei Auffaltungen in der Oberen Kreidezeit gebildet wurde." [2] Dies war [1948] auch die Ansicht der wohlbekannten sowjetischen Meeresgeologin Prof. M. V. Klenova: "Ein riesiger kontinentaler Block liegt im Gebiet der Kanarischen Inseln, der Kapverden und der Azoren am Grunde des Ozeans. Er wird als Atlantis angesehen, über dessen Vernichtung wir aus altgriechischen Quellen wissen." [3]

Der Akademiker [Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR; d. Ü.] Wladimir Obruchev (Abb. 1), weltberühmter sowjetischer Geologe und Geograph, unterstützte von ganzem Herzen die Theorie, dass Atlantis real existiert habe. 1947 schrieb er bei der Analyse der Möglichkeit geologischer Katastrophen: "Die Legende ist plausibel, da im östlichen Atlantik alle Inseln vulkanischen Ursprungs sind, während einige geologische und zoologische Daten anzeigen, dass es zwischen Europa und Amerika ein großes Landgebiet gegeben hat." [4]

Einige Jahre später, 1954, kam Akademiker Obruchev in seiner Arbeit "The Riddle of the Siberian Polar Region" wieder auf das Atlantis-Problem zurück. Er schrieb: "Das Versinken eines beträchtlichen Landgebiets vor etwa 10 000 bis 12 000 Jahren [...] kann Geologen und Geographen nicht weiter überraschen oder unter ihnen Misstrauen oder Unglauben wecken. Aus diesem Grunde ist die Legende von Atlantis und über die Vernichtung eines großen Königreichs, bewohnt von einem zivilisierten und kriegerischen Volk, vom geologischen Standpunkt aus keineswegs unglaublich, unmöglich oder unzulässig.

Das Versinken von Atlantis mag sich nicht so plötzlich und rapide zugetragen haben, wie es von dem Philosophen Platon in der alten griechischen Legende überliefert wurde; es mag mehrere Wochen, Monate oder auch Jahre gedauert haben, was aus Sichtweise der Neotektonik recht gut möglich ist, wobei seine Konsequenzen in Form schrumpfender und absterbender Vereisung in der Nördlichen Hemisphäre ziemlich statthaft, natürlich und unvermeidlich sind. Die heutige Vergletscherung auf der Südlichen Hemisphäre widerspricht nicht der Annahme, dass in der Nördlichen Hemisphäre die Eiszeit beendet wurde, als die warmen Gewässer des Golfstroms durch das Versinken von Atlantis Zugang zum Arktischen Ozean bekamen." [5]

Eine unbeendete Arbeit über Atlantis wurde nach Akademiker Obruchevs Tod unter den Papieren aus seinem Nachlass gefunden. In dieser Abhandlung [6] bringt er die Zerstörung von Atlantis mit dem durch das Abschmelzen von Gletschern und Schneemassen verursachten Anstieg der Meeresspiegel am Ende der jüngsten Eiszeit in Verbindung. Auch das Problem der Osterinsel wurde von ihm im Licht des Anstiegs der ozeanischen Pegel als anzunehmendes Resultat des Abschmelzens der eiszeitlichen Gletscher betrachtet.

In einem Buch, das sich mit dem Ursprung der Kontinente und Ozeane befasst, schreibt [1961; d. Red.] D. G. Panov: "Mit Pausen und Unterbrechungen setzte sich dort die Zerstörung und das Versinken von Überresten von Landmassen während der gesamten quartären Periode fort, wo heute unterseeische Berg-Ketten und Erhebungen sind. Atlantis sank unter die Wellen dieses Ozeans, Lemuria verschwand im Indischen Ozean, und das Landgebiet von Polynesien und Melanesien sank tief in den Pazifischen Ozean hinab." [7] Abschließend hier die Worte von I. Y. Furman [1959], einem sowjetischen Atlantologen und Geologen: "Am allerwichtigsten ist die Aufgabe jedweder beiläufigen Zurückweisung der vorhandenen Möglichkeit eines Kontinents oder eines großen Archipels im zentralen Teil des Atlantik, oder der Möglichkeit, dass dort der Hauptsitz einer alten Zivilisation lag, die in jenem Gebiet aufgetaucht ist." [8]


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag von Dr. Nikolai Zhirov wurde als Auszug seinem Buch 'Atlantis - Atlantology: Basic Problems' entnommen (S. 317-318; Kap. 14, Abschnitt D, Original-Überschrift: "Soviet Scientists on the Reality of Atlantis"), das inzwischen (2001) auch als Reprint (Honululu / Hawaii) einer überarbeiteten Neuauflage (1970, Moskau) der gleichnamigen englischsprachigen Erstausgabe (Moskau, 1968) neu erschienen ist. Die russischsprachige Urfassung wurde 1959 in Moskau veröffentlicht. Übersetzung des Auszugs ins Deutsche sowie redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de (2006).

  1. Quelle: D. I. Mushketov, "Regionalnaya geotektonika" ("Regionale Geotektonik"), Moskau, 1935, S. 117
  2. Quelle: A. Mazarovich, "Osmony regionalnoi geologıı materıkov ("Fundamentals of the Regional Geology of Continents"), Teil II, Moskau, 1952, S. 105
  3. Quelle: M. V. Klenova, "Geologiya morya" ("Meeres-Geologie"), Moskau, 1948, S. 411
  4. Quelle: W. A. Obruchev "Osnovy geologin" (Fundamenals of Geology), Moskau, 1947, S. 278
  5. Quelle: Wladimir A. Obruchev (1954), zitiert nach: E. V. Andreyeva, "V poiskakh zateryannogo mıra (Atlantıda)"; in: Quest of the Lost World of Atlantis, Leningrad, 1961, S. 120-121
  6. Quelle: Wladimir A. Obruchev, "Zagadka proshlogo" ("Rätsel der Vergangenheit"), in: Ogonyok, No. 47, S. 14-15 (UdSSR, 1963)
  7. Quelle: D. G. Panov, "Proiskhozhdenye materikov i okeanov" ("Origin of Continents and Oceans") Moskau, 1961, S. 174
  8. Quelle: I. Y. Furman, "Atlantida: mıf ili realnost?" ("Atlantis: Mythos oder Realität?"), in: Lıteratura i zhızn, No. 95 (211), 9. August 1959, S. 4 (UdSSR)

Bild-Quelle

(1) http://analytics.ex.ru/statji/1170/1.jpg (nicht mehr online))