Die Bedeutung von Atlantis für die spanischen Eroberer Amerikas (II)

Fortsetzung der von Ferdinand Speidel ins Deutsche übertragenen - Atlantis oder das Atlantis-Problem sowie den Viracocha-Mythos betreffenden - Auszüge aus der englischsprachigen Fassung von Pedro Sarmiento de Gamboas "Die Geschichte der Inka, 1572", aus dem Spanischen übersetzt und kommentiert durch die Hakluyt Society in Cambridge, 1907 (Zurück zu Teil I)


Abb. 14 Sarmiento war offenbar der Erste, der vermutete, dass die 'Irrfahrten des Odysseus' diesen bis nach Amerika führten. Bild: Odysseus auf einem römischen Mosaik in der Villa Romana de La Olmeda

... Es gibt in der Tat eine Reihe von Anzeichen, die meine Vermutung betreffend Odysseus unterstützen, das heißt alle jene Provinzen von Mexiko, Tabasco, Xalisco und nach Norden Capotecas, Chiapas, Guatemalas, Honduras, Lasandones, Nicaraguas, Tlaguzgalpas, bis nach Nicoya, Costa Rica und Veragua.

Außerdem berichtet Esdras, dass jene Nationen, die von Persien über den Fluss Euphrat gingen, zu einem Land kamen, das nie zuvor von der menschlichen Rasse besiedelt wurde. Diesem Fluss abwärts folgend gab es nur einen Weg über das Indische Meer, um ein Land zu erreichen, das nicht bewohnt war. Dies kann nur Catigara gewesen sein, das von Ptolemäus auf 9° Süd gesetzt wird, und das nach den von Alexander dem Großen ausgesandten Seeleuten 40 Tage von Asien entfernt ist. Es ist das Land, das von den Beschreibern von Karten das unbekannte Land des Südens genannt wird, von wo es möglich ist, Menschen bis zur Straße von Magellan im Westen von Catigara, Java, Neuguinea und den Inseln des Archipels mit Namen Jesus anzusiedeln, die ich, wenn Ihre Majestät erlaubt, in der Südsee im Jahr 1568 entdeckte, als der unbesiegte Philipp II. als König von Spanien und seinen abhängigen Gebieten bis zur Demarkationslinie von 180 ° Länge herrschte. Es kann daraus geschlossen werden, dass Neuspanien und seine Provinzen von den Griechen besiedelt wurden, jene von Catigara von den Juden, und jene der reichen und sehr mächtigen Königreiche von Peru und angrenzende Provinzen durch die Atlantiden, die von den vorzeitlichen Mesopotamiern und Chaldäern abstammten, den Besiedlern der Welt.

Diese und andere Punkte, die nicht in Kürze besprochen werden können, sind wahre historische Gründe, von einer glaubwürdigen Qualität, wie sie Menschen der Lehre und des Verstands bezüglich der Bevölkerung dieser Länder annehmen können. Wenn wir aufmerksam erachten, was diese Barbaren von Peru über ihren Ursprung und über die tyrannische Herrschaft des Inka Ccapac berichten und die Sagen und Überspanntheiten, die sie erzählen, kann die Wahrheit von dem Falschen getrennt werden und wie sie in einigen ihrer Überlieferungen auf wahre Tatsachen anspielen, die zugelassen und von uns als solche angenommen werden. Deshalb sollte der Leser mit großer Aufmerksamkeit die seltsamsten und gewagtesten Geschichten der Barbaren, die bisher [noch nicht] von irgendeiner Nation der Welt gelesen wurden, zur Kenntnis nehmen.

Abb. 15 Aus Sarmientos christlicher Sicht waren die 'heidnischen' und 'naiven' Altamerikaner eine leichte Beute des Teufels. Bild: Satan, Gravur, ca. 1500

Den folgenden Abschnitt widmet Sarmiento der “Sage des Ursprungs dieser barbarischen Indianer von Peru, gemäß ihren blinden Meinungen

Da diese barbarischen Nationen von Indianern nie eine Schrift hatten, fehlten ihnen die Mittel die Monumente und Mahnmale ihrer Zeiten und jener ihrer Vorfahren akkurat und methodisch zu erhalten. Als der Teufel, der immer bestrebt ist, die menschliche Rasse zu schädigen, erkannte, dass diese Unglücklichen leichtgläubig und furchtsam waren, führte er viele Illusionen, Lügen und Betrügereien ein und gab ihnen zu verstehen, dass er sie geschaffen hatte und danach wegen ihrer Sünden und Missetaten durch eine Flut zerstört hatte. Danach erschuf er sie wieder und gab ihnen Nahrung und die Möglichkeit zu deren Erhalt. Zufällig hatten sie früher Kenntnis von ihren Vorfahren, die von Mund zu Mund weitergegeben wurde, über das, was tatsächlich in früheren Zeiten geschehen war. Sie vermischten das mit den Geschichten, die ihnen der Teufel erzählte und mit anderen Dingen, die sie veränderten, erfanden oder hinzufügten, was bei allen Nationen geschehen mag, sie machten daraus einen ergötzlichen Salat, der in einigen Dingen die Aufmerksamkeit der Neugierigen, die gewohnt sind, menschliche Gedanken zu erachten und zu diskutieren, Wert ist.

Eine Sache muss beachtet werden, es ist die Tatsache, dass die Geschichten, die hier als Sagen behandelt werden, die sie auch sind, von den Eingeborenen als wahr angesehen werden, so wie wir die Dinge des Glaubens erachten, und als solche bestätigen sie sie einmütig und schwören auf sie. Es gibt einige wenige, denen durch Gottes Gnade die Augen geöffnet wurden, und die beginnen zu sehen, was daran wahr oder falsch ist. Wir aber müssen niederschreiben, was sie sagen und nicht das, was wir darüber denken. Wir werden hören, was sie über das erste Zeitalter sagen, und danach kommen wir zu der unüberwindbaren und grausamen Tyrannei der Inka-Tyrannen, die diese Reiche von Peru so lange unterdrückten. Ich sammelte die Information mit viel Fleiß, so dass diese Geschichte auf festen Belegen des allgemeinen Zeugnisses des gesamten Königreichs ruhen kann, alt und jung, Inka und abhängige Indianer.

Die Eingeborenen dieses Landes bestätigen, dass es im Anfang und bevor diese Welt geschaffen wurde, ein Wesen gab, das Viracocha genannt wurde. Es erschuf die dunkle Welt ohne Sonne, Mond oder Sterne. Aufgrund dieser Schöpfung wurde er Viracocha Pachayachachi genannt, was >Schöpfer aller Dinge< bedeutet.[1]

Abb 16 Eine Abbildung der Gottheit Huiracocha bzw. Wiraqucha oder Viracocha

Und als er die Welt geschaffen hatte, formte er eine Rasse von Riesen von unverhältnismäßiger Größe, gemalt und gemeißelt, um zu sehen, ob es gut wäre, richtige Menschen von dieser Größe zu erschaffen. Dann erschuf er Menschen nach seinem Bildnis so wie sie jetzt sind; und sie lebten in Dunkelheit.

Viracocha befahl diesen Menschen, sie sollten ohne Streit leben, und sie sollten ihn kennen und ihm dienen. Er gab ihnen ein bestimmtes Gebot, das sie beachten oder Strafe erhalten sollten, im Falle, dass sie es brächen. Sie hielten sich für einige Zeit an dieses Gebot, es wird aber nicht erwähnt, was es sagte. Als aber in ihnen Laster und Habgier wuchsen, übertraten sie das Gebot von Viracocha und zogen sich durch diese Sünde seinen Unwillen zu, er verwirrte und verfluchte sie. Einige wurden dann in Stein verwandelt, andere in andere Dinge, einige wurden von der Erde verschlungen, andere vom Meer und über alle kam eine große Flut, die sie „Ufiu Pachaaiti“ nennen, das bedeutet >Wasser, das das Land überstürzt<. Sie sagen, es regnete 60 Tage und Nächte, alle Lebewesen wurden ertränkt, und es verblieben nur einige Reste von jenen, die als Gedenken an das Ereignis und als Beispiel für die Nachwelt in den Gebäuden des Pucará, das 60 Leugen von Cuzco entfernt ist, in Steine verwandelt wurden.

Einige der Nationen außer den Cuzcos berichten auch, dass einige vor dieser Flut gerettet wurden, um Nachkommen für ein kommendes Zeitalter zu hinterlassen. Jede Nation hat seine besondere Sage über die Rettung ihrer ersten Vorfahren vor den Wassern der Flut, die von ihren Menschen erzählt wird. Damit die Gedanken, die sie in ihrer Blindheit hatten, verstanden werden, will ich nur eine einfügen, die von der Nation der Canaris im Land von Quito und Tumibamba, 400 Leugen und mehr von Cuzco entfernt, erzählt wird.

Sie sagen zur Zeit der Flut, Unu Pachacuti genannt, gab es einen Berg mit dem Namen Guasano in der Provinz von Quito und nahe der Stadt Tumipampa, die Eingeborenen kennen ihn noch immer. Auf diesen Berg gingen zwei der Canaris mit Namen Ataorupagui und Cusicayo. Als das Wasser stieg, erhob sich der Berg und hielt sich darüber, sodass er nie vom Wasser der Flut bedeckt wurde, so wurden die beiden Canaris gerettet. Als das Wasser zurückging, begannen diese beiden, die Brüder waren, zu säen. Als sie eines Tages von der Arbeit zu ihrer Hütte zurückkehrten, fanden sie darin kleine Brotlaibe und einen Krug Chicha, einem Getränk aus gekochtem Mais, das in diesem Land anstelle von Wein getrunken wird. Sie wussten nicht, wer es gebracht hatte, aber sie dankten dem Schöpfer und aßen und tranken von diesen Gaben. Am nächsten Tag geschah das Gleiche. Als sie sich über dieses Geheimnis wunderten, wollten sie herausfinden, wer die Dinge brachte. Deshalb versteckten sie sich eines Tages, um den Zubringer ihrer Nahrung zu erspähen. Als sie auf der Lauer lagen, sahen sie zwei Canari-Frauen, die das Essen zubereiteten und es an den üblichen Platz stellten. Als sie wieder weggingen, wollten die Männer sie festhalten, aber sie entkamen ihnen.

Abb. 17 Das Felsgesicht von Tunupa - vermutlich eine bildliche Darstellung dess Gottes Viracocha

Die beiden Canaris erkannten ihren Fehler, jene zu belästigen, die ihnen so viel Gutes getan hatten. Sie wurden traurig und beteten zu Viracocha um Vergebung für ihre Sünden, und baten ihn, die Frauen zurückkommen zu lassen und ihnen das gewohnte Mahl zu bringen. Der Schöpfer gewährte ihnen die Bitte. Die Frauen kamen zurück und sagten zu den Canaris: >Der Schöpfer erachtete es wohl, dass wir zurückkommen, damit ihr nicht des Hungers sterbt.< Sie brachten ihnen Essen, dann erwuchs Freundschaft zwischen den Frauen und den Canari-Brüdern, und einer der Brüder hatte Verbindung mit einer der Frauen. Als der ältere Bruder in einem nahen See ertrank, heiratete der Überlebende eine der Frauen und nahm die andere als Konkubine. Er hatte zehn Söhne von ihnen, die zwei Geschlechter von je fünf bildeten. Als sie an Zahl wuchsen nannten sie eines Hanansaya, was so viel bedeutet wie der obere Teil, und das andere Hurinsaya, oder der niedrige Teil. Von diesen stammen alle Canaris ab, die heute leben.[2]

Auf gleiche Weise haben die anderen Nationen Sagen, wie einige ihre Vorfahren gerettet wurden, von denen sie Ursprung und Abkunft ableiten. Aber die Inka und die meisten jener von Cuzco, von denen man annimmt am meisten zu wissen, sagen nicht, dass irgendjemand der Flut entkam, sondern dass Viracocha die Menschen von Neuem schuf. Eines wird von allen Nationen dieser Umgebung angenommen, denn sie allein sprechen generell von einer allgemeinen Flut, die sie >Ufiu Pachacuti< nennen. Daraus können wir klar ableiten: wenn sie in diesen Teilen eine Überlieferung über die große Flut haben, dann muss diese große Menge von schwimmenden Inseln, die später Atlanticas genannt wurden und jetzt die Indies von Kastilien oder Amerika, begonnen haben, sofort nach der Flut eine Bevölkerung zu erhalten, obwohl nach ihrer Erzählung die Einzelheiten von jenen abweichen, die uns die wahren Schriften lehren.

Dies muss durch göttliche Vorsehung durch die ersten Menschen geschehen sein, die über das Land der Atlantischen Insel kamen, die mit diesem verbunden waren. Durch die Angabe der Flut nennen die Eingeborenen, obwohl barbarisch, Gründe für ihre sehr weit zurückreichende Ansiedlung, doch es gibt keine Notwendigkeit unsere Schriften beiseite zu lassen. Jetzt wenden wir uns den Ereignissen des zweiten Zeitalters nach der Flut als Thema des nächsten Kapitels zu.

Abb. 18 Vari Viracochuna wurde ein sagenhafter Stamm Überlebender der 'Großen Flut' in den Mythen und Legenden der Indios genannt, welche die Spanier bei der Eroberung des Landes protokollierten.

Dieses Kapitel trägt den Titel „die Sage des zweiten Zeitalter und die Schöpfung der barbarischen Indianer gemäß ihren Berichten

Es wird berichtet, dass alles, was die Flut vernichtete „Unu Pachacuti“ genannt wurde.[3] Man muss wissen, dass Viracocha Pachayachachi drei Menschen schonte, als er das Land vernichtete, einer davon Taguapaca mit Namen, damit sie ihm dienen und helfen mögen bei der Schöpfung neuer Menschen, die im zweiten Zeitalter nach der Flut zu machen waren, es geschah in folgender Weise. Nachdem das Wasser zurückgegangen und das Land trocken war, bestimmte Viracocha, um es ein zweites Mal zu bevölkern und es perfekter zu machen, Himmelskörper zu schaffen, um Licht zu geben. Mit diesem Ziel ging er mit seinen Dienern zu einem großen See in Collao, in dem eine Insel mit Namen Titicaca, was >Bleifelsen< bedeutet, ist; davon werden wir im ersten Teil berichten. Viracocha ging zu dieser Insel und befahl, dass die Sonne, der Mond und die Sterne hervorkämen und am Himmel gesetzt seien, um der Welt Licht zu geben, und so geschah es.

Sie sagen, der Mond wurde heller geschaffen als die Sonne, wodurch die Sonne eifersüchtig wurde, als sie am Himmel empor stiegen. Die Sonne warf ein Handvoll Asche über das Gesicht des Mondes, wodurch er das beschattete Licht erhielt, das er jetzt hat. Dieser See von Chucuito, im Gebiet von Collao, ist 57 Leugen südlich von Cuzco. Viracocha gab seinen Dienern verschiedene Befehle, aber Taguapaca gehorchte ihnen nicht. Viracocha erzürnte sich über Taguapaca und befahl den beiden anderen Dienern, ihm Hände und Füße zu binden und ihn in einem Balsa [?; d. Red.] in den See zu werfen, was sie taten. Taguapaca lästerte gegen Viracocha wegen der Art, in der er behandelt wurde, und drohte, zurückzukehren und Rache zu nehmen, als er von dem Wasser in die Tiefe gezogen und lange Zeit nicht wieder gesehen wurde. Danach errichtete Viracocha ein heiliges Idol an dem Ort, als Ort der Verehrung und als Zeichen seiner dortigen Schöpfung.[4]

Beim Verlassen der Insel gen Festland nahm er die beiden überlebenden Helfer mit. Er ging zu einem Ort, der jetzt Tiahuanacu heißt, in der Provinz Colla-suyu. An diesem Ort erstellte er eine Skulptur und meißelte in ein großes Stück Stein alle Nationen, die er zu erschaffen beabsichtigte. Danach befahl er seinen beiden Helfern, die Namen aller Stämme, die er abgebildet hatte, in ihr Gedächtnis einzuprägen und auch die der Täler und Provinzen, wo sie herkommen sollten; es waren jene des gesamten Landes. Er befahl jedem einen anderen Weg, um die Stämme zu benennen und sie das Land bevölkern lassen. Die Helfer gehorchten dem Befehl Viracochas, machten sich auf den Weg und nahmen ihre Arbeit auf. Einer ging zu dem Gebirgszug, die sie die Höhen über den Ebenen des Südmeeres nennen. Der andere ging zu den Höhen, die die wunderbaren Gebirgszüge überschauen, die sie die Anden nennen, die im Osten des besagten Meeres liegen.

Ruins Tiwanaku Bolivia.jpg
Abb. 19 Einige der Ruinen von Tiahuanaco im heutigen Bolivien. Relikte einer
prädiluvialen Kultur oder Hinterlassenschaften der Jünger des Viracocha?

Auf diesen Wegen gingen sie und sagten mit lauter Stimme: >Oh ihr Stämme und Nationen, hört und gehorcht dem Befehl von Ticci Viracocha Pachyachachi, der euch sagt, auszuziehen und euch zu vermehren und das Land zu besiedeln.< Viracocha tat selbst das gleiche entlang der Straße zwischen der seiner beiden Helfer und rief alle Stämme und Orte auf, bei denen er vorbeikam. Beim Klang seiner Stimme gehorchte jeder Ort, und die Menschen zogen aus, manche von Seen, andere von Quellen, Tälern, Höhlen, Bäumen, Felsen und Hügeln, verbreiteten sich über das Land und vermehrten sich, um die Nationen zu bilden, die heute in Peru sind. Andere behaupten, dass diese Schöpfung Viracochas von Titicaca aus erfolgte, wo er, nachdem er die Formen von großen, starken Menschen gebildet hatte, die ihm aber unverhältnismäßig erschienen, sie neu erschuf mit seiner Statur, die wie es heißt, der durchschnittlichen Größe des Menschen entsprach; und nachdem sie gemacht waren, gab er ihnen Leben. Dann gingen sie weg, um das Land zu bevölkern.[5]

Abb. 20 Eine alte Statue ("Der Mönch") bei Tiahuanaco, wo Viracocha gewirkt habe soll

Bevor sie weggingen, sprachen sie alle noch eine Sprache und errichteten jene Bauwerke, deren Ruinen immer noch zu sehen sind. (Abb. 19) Sie waren die Residenz von Viracocha, ihrem Schöpfer. Nach ihrem Weggang veränderten sie ihre Sprachen, sie beachteten die Schreie der wilden Tiere, so dass sie bei späteren Begegnungen nicht mehr jene verstehen konnten, die Verwandte und Nachbarn waren. In irgendeiner Weise stimmen sie alle darin überein, dass Viracocha der Schöpfer dieser Menschen war. Nach ihrer Überlieferung war er ein Mann von durchschnittlicher Größe, weiß und bekleidet mit einem weißen Gewand, wie ein Messhemd rund um die Hüfte geschnürt, und er trug einen Stab und ein Buch in seinen Händen.

Außerdem erzählen sie von einem seltsamen Ereignis: nachdem Viracocha die Menschen erschaffen hatte, machte er sich auf den Weg und kam zu einem Ort, an dem sich viele Menschen seiner Schöpfung eingefunden hatten. Dieser Ort heißt jetzt Cacha. Als Viracocha dort ankam, waren die Bewohner befremdet wegen seiner Kleidung und seines Verhaltens.

Sie raunten darüber und beabsichtigten, ihn von einem nahen Hügel aus zu töten. Sie nahmen ihre Waffen dorthin mit und sammelten sich in böser Absicht gegen Viracocha. Er fiel mit verschränkten Armen auf ebenem Grund auf den Boden und Feuer kam auf jene auf dem Hügel herab und bedeckte den gesamten Ort und verbrannte die Erde und Steine wie Stroh. Jene bösen Menschen waren erschrocken über das fürchterliche Feuer. Sie kamen vom Hügel herab und suchten Viracochas Vergebung für ihre Sünden. Viracocha war von Mitleid gerührt. Er ging zu den Flammen und löschte sie mit seinem Stab. Aber der Hügel blieb ausgedörrt, die Steine waren durch den Brand so leicht geworden, dass ein sehr großer Stein, der nicht von einem Karren getragen werden könnte, leicht von einem Mann angehoben werden konnte. Dies kann noch heute gesehen werden, und es ist ein wundervoller Anblick, diesen Hügel zu sehen, der eine Ausdehnung von einem Viertel eines Leuge hat, und der ganz verbrannt ist. Er ist im Collao.[6]

Abb. 21 Francisco Pizarro (1496–1541)

Danach setzte Viracocha seine Reise fort und kam zu einem Ort mit Namen Urcos, sechs Leugen südlich von Cuzco. Er blieb dort einige Tage und wurde von den Eingeborenen gut bewirtet. Bei seiner Abreise machte er ihnen eine berühmte Huaca oder Statue, zur Verehrung und um Opfer zu bringen. Die Inka brachten dieser Statue später viele reiche Geschenke aus Gold und anderen Metallen, und vor allem eine goldene Bank. Als die Spanier nach Cuzco kamen, fanden sie sie und machten sie sich zu Eigen. Sie hatte einen Wert von $17.000. Der Marquis Don Francisco Pizarro nahm sie als seinen Anteil als General.

Viracocha setzte seine Reise fort und wirkte Wunder und unterrichtete die von ihm erschaffenen Wesen. So erreichte er das Gebiet des Äquators, wo jetzt Puerto Viejo und Manta sind. Hier traf er auf seine Helfer. Er beabsichtigte, das Land von Peru zu verlassen und sprach zu jenen, die er geschaffen hatte und eröffnete ihnen die Dinge, die geschehen würden. Er erzählte ihnen, dass Menschen kommen würden, die ihnen sagen, sie seien Viracocha, ihr Schöpfer, und dass sie ihnen nicht glauben sollten. Sondern er würde ihnen zur Zeit seine Boten senden, die sie beschützen und belehren würden. Danach ging er mit seinen beiden Helfern zum Meer und ging über das Wasser, ohne einzusinken, als wäre es Land. Sie erschienen nämlich wie Schaum auf dem Wasser; deshalb gaben ihnen die Menschen den Namen Viracocha, was gleichbedeutend zu >Schaum des Meeres< ist.[7]

Einige Jahre nach dem Weggang Viracochas, so sagen sie, kam Taguapaca, den Viracocha in den See von Titicaca im Collao werfen ließ, zurück und begann mit anderen zu verkünden, er sei Viracocha. Obwohl die Mensch zunächst im Zweifel waren, sahen sie, dass es falsch war und lachten über sie. [8] Das ist die absurde Sage über die Schöpfung dieser Barbaren, und sie bestätigen und glauben daran, als hätten sie selbst erlebt.[9]

Indio Bericht.jpg
Abb. 22 Über den nachsintflutlichen Zeitraum bis zur Machtergreifung
der Inka konnten die Indios Sarmiento kaum etwas berichten.

Es folgt noch ein weiteres kurze Kapitel, das von SarmientoDie vorzeitlichen Behetrias dieser Königreiche von Peru und ihren Provinzen“ benannt wird. [10]

Es ist wichtig festzustellen, dass diese Barbaren nichts berichten konnten über das, was von der zweiten Schöpfung durch Viracocha bis zu den Zeiten der Inka geschah. Es kann aber angenommen werden, dass, obwohl das Land vor den Inka bevölkert und voll von Bewohnern war, es keine reguläre Regierung gab. Auch hatten sie keine natürlichen Herren, die durch gemeinsame Wahl zur Herrschaft gewählt und von den Menschen geachtet wurden. Ganz im Gegenteil waren die Menschen verteilt und desorganisiert, lebten in völliger Freiheit und jeder war der freie Herr seines Hauses. In jedem Stamm gab es zwei Unterteilungen. Eine hieß Hanansaya, das ist der obere Teil, die andere Hurinsaya, was der untere Teil bedeutet, ein Brauch, der bis heute vorherrscht. Diese Unterteilung hat keine andere Bedeutung als eine Art, sich selbst zu zählen, wenn es auch später einem nützlicheren Zweck diente.

Abb. 23 Tupac Yupanqui, dder zehnte Inka

Wenn es unter ihnen Uneinigkeiten gab, wurde eine bestimmte Art von Miliz zur Verteidigung organisiert. Wenn den Menschen eines Gebiets bekannt wurde, dass von anderen Gebieten jemand kam und Krieg macht, wählten sie jemanden aus den eigenen Reihen oder einen Fremden, der als tapferer Krieger bekannt war. Ein solcher Mann bot sich ihnen oft zur Hilfe an, um gegen ihre Feinde zu kämpfen. Einem solchen Mann folgten sie und gehorchten ihm während des Krieges. Nach dem Krieg wurde er wieder zum gewöhnlichen Mann, der er zuvor war, so wie alle anderen, und sie bezahlten ihn auch nicht davor oder danach. Einen solchen Mann nannten sie und tun es immer noch, >Sinchi<, das bedeutet tapfer. Sie nennen solche Männer >Sinchi-cuna<, das heißt >tapfer jetzt<, so als wollten sie sagen >jetzt während der Kriegszeit bist du unser tapferer Mann, danach nicht<. Eine andere Bedeutung wäre einfach >tapferer Mann<, denn >curia< ist ein Adverb der Zeit und zeigt auch den Plural an.[11]

Gleichgültig mit welcher Bedeutung ist es anwendbar auf diese zeitweisen Führer in den Tagen von Behetrias und der generellen Freiheit. Von der allgemeinen Flut also, von der sie eine Überlieferung haben, bis zur Zeit als die Herrschaft der Inka begann, das sind 3519 Jahre, lebten alle Eingeborenen dieser Königreiche auf ihren Besitztümern, ohne einen natürlichen oder gewählten Herrn anzuerkennen. Es gelang ihnen, so heißt es, einen einfachen Status von Freiheit zu erhalten, und sie lebten in Hütten oder Höhlen oder einfachen kleinen Häusern. Der Name „>Sinchi<, für die die nur während des Kriegs herrschten, blieb im ganzen Land bis zur Zeit von Tupac Inka Yupanqui (Abb. 23), dem zehnten Inka an, der >Curacas< einführte und auch andere Offizialien, aber davon später.

Auch heute wird dieser Brauch in den Provinzen von Chile und anderen Teilen der Wälder von Peru im Osten von Quito und Chachapoya fortgeführt, wo sie einem Führer während des Kriegs gehorchen, einem, der als der Tapferste bekannt ist.


Anmerkungen und Quellen

Die redaktionelle Bearbeitung dieses Beitrags (Teil II) von Ferdinand Speidel (Erscheinungsdatum: 05.02.2014) hat sich auf Illustration mit eigenen Bildunterschriften, Verlinkung von Stichworten mit eigenen und externen Internet-Informationsquellen sowie auf das Einziehen einiger zusätzlicher Absätze bei längeren Textpassagen beschränkt. Die Anmerkungen im Textkorper sowie als Fußnoten stammen bis auf wenige - durch den Vermerk 'd. Red.' gekennzeichnete - Ausnahmen nicht von uns oder vom Übersetzer (F. Speidel), sondern von den Herausgebern (Hakluyt_Society) der englischsprachigen Fassung (1907) des Werkes "Historia del reino de los incas" von Sarmiento de Gamboa aus dem Jahr 1572.

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Uiracocha oder Viracocha war der Schöpfer. Garcilaso de la Vega wies auf den Fehler hin, dieses Wort würde „Schaum des Meeres“ bedeuten. Er glaubte, dass es ein Name war, dessen Herkunft er nicht zu erklären versuchte. Bias Valera sagte, die Bedeutung sei „Wille und Macht Gottes“; nicht dass dies die eigentliche Bedeutung des Wortes war, sondern aufgrund der gottgleichen Fähigkeiten, die ihm zugeschrieben wurden. Cieza de Leon sagt, dass Tici-Uiracocha Gott war, der Schöpfer von Himmel und Erde; nach Acosta ordneten sie Ticci-Uiracocha die Kraft und Macht über alle Dinge zu; laut Montesinos war Illa-tici-Uiracocha der Name des Schöpfers der Welt; nach Molina war Tecsi-Uiracocha der Schöpfer und unbegreifliche Gott; der anonyme Jesuit meinte, dass Uiracocha die Bedeutung der „große Gott von Pirua“ hatte; nach Betanzos war der Schöpfer Con-Tici-Uiracocha.
    Gemäß Montesinos und dem anonymen Jesuiten sind Uira und Virais Verballhornungen von Pirna, das die Bedeutung von „Verwahrungsort, Fundgrube“, die erste Bedeutung von Cocha ist ein See, hier aber geht man von dem Sinn „Tiefe, Abgrund, Raum“ aus, der „Bewohner im Raum“. Tied oder Tici heißt Basis oder Grundlage, daraus ergibt sich der „Gründer“. Ilia bedeutet Licht. Der anonyme Jesuit bezeichnet Ilia-Tied als „Ewiges Licht“. Das Wort Con, das von Betanzos und Garcia verwendet wurde, hat keine bekannte Bedeutung.
    Pachacamy und Pachayachachi sind Attribute der Gottheit. Pacha steht für Zeit oder Ort, also das Universum. Camac ist der Herrscher, Yachachi der Lehrer: also „Der Herrscher und Lehrer des Universums“. Sinn und Bedeutung des Wortes Uiracocha wurde sehr ausgiebig von Don Leonardo Villar von Cuzco in einem Papier mit dem Titel „Lexicologia Keshna Uiracocha" (Lima 1887) besprochen.
  2. Anmerkung: Die gleiche Geschichte des Ursprungs der Canaris wird von Molina erzählt. Allerdings wird der Berg Huaca-yuan genannt; und anstatt der Frauen, waren die Wesen, die die Nahrung brachten Aras. Molina erzählt eine andere Geschichte, die von den Ancas-mayu stammt. Beide scheinen durch das Nachfragen zu einer Flut erhalten worden zu sein.
  3. Anmerkung: „Unu pachacuti bedeutet >die Welt< (pacha) >überwältigt< (cuti) >durch Wasser< (unu). Ein Wort, das wahrscheinlich von den Priestern nach der Befragung über die universelle Flut geprägt wurde.
  4. Anmerkung: Dieser Diener Uiracochas wird auch von Cieza de Leon und Yamqui Pachacuti erwähnt. Cieza scheint der Meinung, Tuapaca war lediglich der Name Uiracochas in Collao. Yamqui Pachacuti gibt ihm die Namen Tarapaca und Tonapa und verbindet sie mit Uiracocha. Er verwendet aber auch das Wort Pachacca, ein Diener. Diese Namen sind eindeutig die gleichen wie Tahuapaca von Sarmiento.
    Tahua bedeutet vier, aber Sarmiento nennt drei als Zahl der Helfer Uiracochas. Die Bedeutung von paca ist alles Geheimnisvolle oder Mysteriöse irgendeiner Art, über die Länge der Zeit ist es jedoch nicht möglich, mehr als die Namen herauszufinden. Tonapa könnte ein Schreibfehler sein und steht wahrscheinlich für Tarapa oder Tarapaca. Don Samuel A. Lapone Quevedo veröffentlichte einen mythologischen Aufsatz „El Culto de Tonapa“ mit Bezug auf die Erwähnung des Werks von Yamqui Pachacuti; er tendiert aber zu Spekulationen über phallische oder solare Verehrung und zur beliebigen Veränderung von Buchstaben, um die Theorien anzupassen.
  5. Anmerkung: Jayaneo: Dies war der Name, der in dem Ritterbüchern den Riesen gegeben wurde. S. Don Quijote, i.cap. 5, S. 43.
  6. Anmerkung: Nicht im Collao, sondern im Tal von Vilcamayu. Später wurde dort ein bemerkenswerter Tempel gebaut, der von Squier beschrieben wurde.
  7. Anmerkung: Ein Fehler, s. Garcilaso de la Vega, Anm. zuvor.
  8. Anm: Diese Sage wird von Yamqui Pachacuti in etwas anderer Form erzählt.
  9. Anmerkung: Die Überlieferung der Ausübung von Viracochas schöpferischer Kraft am Titicaca-See stammt von den älteren Völkern, die die Erbauer von Tiahuanaco waren. Neben Sarmiento wird dieser Titicaca-Mythos von Garcilaso de la Vega, Cieza de Leon, Molina, Betanzos, Yamqui Pachacuti, Polo de Ondegardo und dem anonymen Jesuiten wiedergegeben. Acosta, Montesinos, Balboa und Santillana schweigen dazu.
  10. Anm.: Behetria bedeutet einen Zustand des völligen Ausgleichs ohne jegliche Unterscheidung des Ranges; Freiheit von der Untergebenheit jeglicher Herren.
  11. Anmerkung: Cinchicona: Sinchi heißt stark, Cuna ist die Plural Partikel. Sinchi war der Name für einen Häuptling oder Führer. Eine Bedeutung von cuna im Sinne von „jetzt“ ist nicht bekannt. In der Grammatik von Domingo de Santo Toma, veröffentlicht 1560, zwölf Jahre vor Sarmientos Schrift, wird keine solche Bedeutung angegeben.

Bild-Quellen:

14) Valdavia bei Wikimedia Commons, unter: File:Villa Romana de La Olmeda Mosaicos romanos 001 Ulises.jpg
15) Petropoxy_(Lithoderm_Proxy) bei Wikimedia Commons, unter: File:Satan detail LCZ.jpg
16) Le_K@l! bei Wikimedia Commons, unter: File:Viracocha.jpg
17) Dger bei Wikimedia Commons, unter: File:Ollantaytambo, Tunupa monument.jpg
18) Patt O’Neill, Glossary of Terminology of the Shamanic & Ceremonial Traditions of the Inca Medicine Lineage, unter "W"
19) Hachikou bei Wikimedia Commons, unter: File:Ruins Tiwanaku Bolivia.jpg
20) Stefan Knauf bei Wikimedia Commons, unter: File:Tiwanaku Statue Der Moench.jpg (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)
21) Urituguasi bei Wikimedia Commons, unter: File:Francisco-pizarro.gif (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)
22) Brandon Miller bei Alternative Archaeology, unter: Viracochas of the Inca
23) Mike Krüger bei Wikimedia Commons, unter: File:Tupac-inca-yupanqui-small.png