Das Rätsel des versunkenen Kontinents Lemuria
Die Ursprünge des Ahnenkults und atavistischer Formen des Götterglaubens
Wo und was war die alte Kontinental-Insel Lemuria, und welchen Einfluss hatten ihre Bewohner auf die Menschheit?
von James H. Anderson (1911)
In sehr frühen Zeiten, nahe dem Beginn menschlichen Lebens oder der Erde, gab es südlich von Indien ein Land, das Ceylon einschloss und sich nach Westen hinüber Zum Kontinent Afrika erstreckte. Dies war die Insel Lemuria (Abb. 1). Die Bewohner dieser Insel waren zwergwüchsige dunkle Menschen der iberischen Rasse [1], wie die Buschmänner (Abb. 2) Südafrikas. Sie waren die ersten und ursprünglichen Einwohner Nordafrikas, des südlichen und westlichen Europa sowie des südlichen Asien, bevor sie durch eine helle, hochgewachsenere und machtvollere Rasse verdrängt wurden. Ein Teil dieser Insel versank im Indischen Ozean, wobei er Malakka, Ceylon, Borneo und den Teil gegenüber dem Kontinent Afrika über dem Meer zurückließ.
Von vielen wird angenommen, dass die menschliche Rasse von dieser Insel Lemuria herstammt und sich [von dort aus] in alle Teile Asiens, Afrikas und der Inseln des Pazifischen Ozeans verbreitete. Die dunkelhäutigen Rassen der Menschheit stammten vermutlich von Lemuria. Sie waren ein abergläubisches Volk. Es war dort, wo die Vorstellung [der Existenz] von Teufeln aufkam, und wo Opfer üblich wurden, um sie gnädig zu stimmen.
Seite an Seite mit den Hottentotten in Südafrika lebt ein bemerkenswertes kleines Volk, das als Buschmänner bekannt ist, in Rasse und Sprache den Zwergrassen verwandt, die in Zentralafrika gefunden wurden. Sie sind von hellerer, schmutziggelber [orig.: "dirty yellow"; d.Ü.] Farbe. Sie sind so klein, dass ein durchschnittlicher Erwachsener nicht größer ist als ein europäisches Kind von elf Jahren. Sie haben kleine verhutzelte Gesichter. Das wollige Haar auf ihren Köpfen wächst in kleinen Büscheln, mit kahlen Stellen dazwischen.
In vieler Hinsicht scheinen sie ein Bindeglied zwischen Menschheit und Tiermenschen [sic!; d.Red.] zu sein. Sie haben eine derart elementare Sprache, dass es schwierig ist, darin die einfachsten Vorstellungen auszudrücken. Sie haben kein Wort für Ehefrau oder Heirat, und ihr Geist scheint im selben Zustand wie ihre Sprache zu sein. Allerdings besitzen sie eine höchst eigentümliche Imitations-Fähigkeit. Sie leben unter [...] Steinen, in Höhlen, [und] sie machen einfache Bilder von Menschen und Tieren. Wahrscheinlich sind sie Abkömmlinge der ursprüglichen Bewohner Le-
murias und diesen ähnlich.
Alle alten prähistorischen Zivilisationen waren sich sehr ähnlich und bezogen ihre Inspirationen und Vorstellungen aus einer gemeinsamen Quelle. In sehr alten Zeiten versah Lemuria die Völker [damit], welche Südasien, ganz Afrika, das südliche und westliche Europa bewohnten, [und sorgte dafür], dass deren Bewohner von einem kultivierteren Volk abgelöst wurden, das über eine lange Zeit hinweg eine höhere Kultur erworben hatte, indem es seine Architektur, seine Künste und seine Religion entwickelte. Jene Religion war die der Sonnenanbeter, welche auch die Phallus-Verehrung und die Verehrung der Schlange als Verkörperung der Weisheit umfasste. Sitz dieser Kultur war vermutlich die Insel Atlantis, wo eine sehr hohe Kulturstufe erreicht worden war. Die Herrscher dieser Insel wurden zu den Göttern aller besagten Völker.
Die Maori Neuseelands und allgemein die Menschen Polynesiens haben traditionelle Hymnen, welche über eine Schöpfung aus dem Nichts berichten, aus welcher die Welt und die Götter Rangi und Popa hervorgingen, die ihrerseits Gottheiten in Tier- und Pflanzenform zeugten und auch einige aus Lehm schufen. Einige dieser Gottheiten hatten die Form von Fischen und Echsen. Einige lebten im Wasser und andere an Land. Unter ihnen war Mani der große Held dieser überirdischen Rasse. Er platzierte Sonne und Mond an ihren richtigen Ort. Die Sonne brachte er dazu, sich in der von ihm gewollten Bahn zu bewegen, indem er sie schlug. Er erschlug Monster. Er erfand Angelhaken und er war der Erfinder des Feuers. Er war ein großer Zauberer und Magier. Er versuchte, den Körper der Nacht zu durchreisen, doch die Nacht wurde durch einen Vogel geweckt und verschlang Mani, und von nun an mussten die Menschen sterben. Die Sonne vollführte die von Mani beabsichtigte Heldentat und durchquerte die Nacht unversehrt.
Die Zulu verehrten Vorfahren, die den Menschen in Form von Schlangen erschienen. Sie betrachteten ein Unkulmukulu genanntes Wesen als ihren ersten Vorfahren oder den Schöpfer des Menschen. Sie sind in darin vertieft, ihre verstorbenen Ahnen günstig zu stimmen und haben Legenden, welche den Mythen Griechenlands und Legenden europäischer Völker ähneln.
Die Menschen der südpazifischen Inseln, der Neuen Hebriden und der Banks-Inseln, waren ebenfalls Ahnen-Anbeter. Sie verehrten ein Wesen namens Iquat, ein vormenschliches Wesen mit übernatürlichen Kräften. Es verschwand auf mysteriöse Weise. Als die weißen Menschen auftauchten, dachten diese Menschen, Iquat sei zurückgekehrt.
Die Ath von Vancouver Island glaub-
ten, dass Quawteaht das göttliche Wesen, der erste Schöpfer der Menschheit, gewe-
sen sei. Er vermählte sich mit Tootah, einem Donnervogel, und wurde Stammvater der Indianer. Als Gottheit ist er nur der Sonne und dem Mond untergeord-
net. Er lehrte die Menschen den Gebrauch des Feuers.
Die Thinklet [in Alaska; d.Red.] betrachteten Yehl als ihren Gott. In seiner Jugend erschoss er einen übernatürlichen Kranich und konnte danach mit dessen Federn herumfliegen. Sein großer Rivale war Khanukh, der Vorfahre der Wolfsrasse. Yehl brachte den Menschen bei, das Feuer zu nutzen. Er hatte die Macht, verschiedene Gestalten anzunehmen und durch die Luft zu fliegen wie andere Zauberer. Bei den Cahroc und Novagoes ist Ceyloi der Dieb des Feuers und das übernatürliche Schöpfungs-Wesen. Bei den Tiunek ist ein wundertätiger Hund die oberste Gottheit, welcher die Macht hat, sich in einen Menschen zu verwandeln.
Auf der Osterinsel im Pazifischen Ozean, 2000 Meilen von Südamerika entfernt, wurden hunderte von gigantischen, aufrecht stehenden Steinbildern gefunden, einige dreißig bis vierzig Fuß [ca. 9,10 m bis 12,20 m; d.Ü.] hoch, manche noch größer. Die Kronen auf ihren Köpfen (Abb. 4) waren aus rotem Sandstein geschnitten und hatten einen Durchmesser von 10 Fuß [ca. 3,05 m; d.Ü.], wobei Kopf und Nacken 20 Fuß [ca. 6,10 m; d.Ü.] hoch sind. Es muss eine Menge Arbeit gekostet haben, sie aufgerichtet zu bekommen. Kürzlich wurden auf dieser Insel an einigen der Strukturen hieroglyphische Schriften gefunden, als ob die altertümliche malaiische Zivilisation, welche diese Statuen errichtete, einen höheren Grad von Zivilisation erreichte und zu schreiben lernte.
Anmerkungen und Quellen
Dieser Beitrag von James H. Anderson wurde seinem 1911 erschienenen Buch "Riddles of prehistoric times" entnommen (Kapitel VIII, "Lemuria", S. 126-130). Übersetzung ins Deutsche, redaktionelle Bearbeitung, Illustration und Untertitel durch Atlantisforschung.de im Februar 2018.
Fußnote:
- ↑ Red. Anmerkung: Worum es sich bei dieser "iberischen Rasse" handeln soll, konnten wir bisher nicht in Erfahrung bringen.
Bild-Quellen:
- 1) James H. Anderson, "Riddles of prehistoric times", 1911, S. 127
- 2) John Clark Ridpath (1840-1900) bei Wikimedia Commons, unter: File:Ridpath's Universal history - an account of the origin, primitive condition and ethnic development of the great races of mankind, and of the principal events in the evolution and progress of the (14770572095).jpg
- 3) Wellcome blog post (archive) bei Wikimedia Commons, unter: File:Te Manawa; an Arawa warrior. Watercolour by H.G. Robley Wellcome V0047500.jpg
- 4) Sebastian Nizan (Uploader) bei Wikimedia Commons, unter: File:Hodges easter-island.jpg