Der Cromagnon-Mensch als Atlantiker und Atlantide: Stacy-Judd´s anthropologische Argumentation (I)

Die versunkenen Kontinente des Robert B. Stacy-Judd (Fortsetzung IV)

"Zahllose Bände sind über den vermutlichen Ursprungsort des Menschen und seiner Kultur geschrieben worden. Quasi-wissenschaftliche Forscher scheinen Meinungen dazu, die der ihren zuwiderlaufen, als Beleidigung ihrer Intelligenz zu betrachten. Einige ansonsten angesehene Verfechter der Wissenschaft haben sogar zu Personal-Injurien gegriffen. Der wirkliche Wissenschaftler dagegen wird Intoleranz mit Misstrauen betrachten." Robert B. Stacy-Judd (1939)


Mit Stacy-Judd ins Obere Paläolithikum

Abb. 1 Das Original dieser Abbildung eines schwarzen Büffels an der Decke der Höhle von Altamira stammt aus dem Aurignac und ist vermutlich mindestens 25 000 Jahre alt. (Die mit Wasserfarben erstellte Skizze von Stacy-Judd ist eine exakte Kopie der detailgetreuen Zeichnung, die der Abbe Breuil von diesem Motiv anfertigte.)

(bb) Stacy-Judd, der in den 1920er und 1930er Jahren forschte - also zu jener Zeit, als in den USA das scharlataneske Beringstraßen-Paradigma [1] zum Dogma auszuhärten begann und man sich in Geologen-Kreisen in immer schärferer Form von der Möglichkeit des rezenten Untergangs größerer Landmassen im Atlantik distanzierte (vergl. z.B.: Der geologische Streit um den versunkenen "Kleinkontinent" im Atlantik) -, war sich durchaus bewusst, dass er argumentativ gegen den Strom schwamm, doch er reagierte mit einer gewissen Gelassenheit auf die Ablehnung der traditionellen Atlantisforschung durch den wissenschaftlichen Mainstream:

"So viele Rätsel sind dem Menschen verborgen", schrieb er, "dass nur jemand von übernatürlicher Weisheit oder jemand, der ziemlich närrisch ist, positive Annahmen über sie treffen kann. Noch zu Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts wären irgendwelche Voraussagen über das unmittelbare Entstehen von Radio, Fernsehen, Telefotographie, Reisen per Luft quer über einen Kontinent von 3000 Meilen Breite in wenigen Stunden sowie andere Resultate nun entdeckter Geheimnisse zweifellos mehrheitlich auf Verachtung und Hohn gestoßen. Das gilt auch für die Rätsel der Vergangenheit, einschließlich der versunkenen Atlantis." [2]

Bei Stacy-Judd stellen paläo-anthropologische Überlegungen und Argumente einen Schwerpunkt seiner Bemühungen dar, Licht ins Dunkel dieser rätselhaften Vergangenheit des Menschen zu bringen und zur Lösung des Atlantis-Problems beizutragen. Da auch er ein Modell im Rahmen der 'klassischen Atlantis-Theorie' verfolgt, muss er sich zwangsläufig mit der Frage nach der kulturellen Entwicklung des eiszeitlichen 'Ur-Menschen' beschäftigen. Schließlich hatte Platon unzweideutig und ohne Interpretations-Spielraum [3] erklärt, die Einrichtung des ägyptischen Staatswesens sei 8000 Jahre vor Solons Ägypten-Reise (vermutl. 389 - 357 v. Chr.) erfolgt, und bereits 1000 Jahre zuvor habe es im Gebiet des heutigen Athen einen entwickelten Staat gegeben (Timaios, 23e).

Stacy-Judd platzierte, diesen Angaben folgend, sein Atlantis-Modell in der Periode des Oberen Paläolithikum, der so genannten 'späten Altsteinzeit'. Wer jedoch die Frage nach derart 'urzeitlichen' Kulturen aufwirft, muss sich sich zunächst einmal grundsätzlich mit dem Alter des 'Modernen Menschen' und den Zeiträumen beschäftigen, die solche 'primhistorischen' Kulturen zu ihrer Entwicklung benötigt haben. Dazu hielt Stacy-Judd grundsätzlich fest: "An welchem Punkt auch immer wir die kulturelle Entwicklung des Menschen beginnen lassen, so muss er doch bereits zu einem weitaus früheren Zeitpunkt auf der Erde präsent gewesen sein." [4]

Abb. 2 Skizze einer charakteristischen Kalkstein-Statuette aus der Periode des Aurignac, die von Stacy-Judd mit der gleichnamigen Kultur in Verindung gebracht wurde.

Nur flüchtig erwähnt er unterschiedliche Auffassungen zum Alter des 'Modernen Menschen' [5] (spätes Tertiär oder Pleistozän), um dann zunächst 'konformistisch' und auf der Grundlage des anthropologischen und archäologischen Erkenntnisstands seiner Zeit zu argumentieren: "Wissenschaftler erklären, dass der Beginn des Pleistozän, oder Eiszeitalters, etwa 500 000 Jahre zurückliegt. Aus diesem Zeitalter finden sich eindeutigere Evidenzen für das Erscheinen des Menschen als aus dem Pliozän, dem letzten Abschnitt des Tertiärs. Die Entdeckung von Flintstein-Werkzeugen bei Chelles in Frankreich scheint zu bestätigen, dass die Morgendämmerung des Menschen spätestens im Pleistozän, dem Eiszeitalter, erfolgte." [6]

Daraus ergibt sich für ihn die atlantologische bzw. primhistorische Schlussfolgerung: "Wenn wir für die Existenz des intelligenten Menschen ein Mindest-Alter von 60 000 Jahren ansetzen, dann ist auch nichts daran unvernünftig, Evidenzen zu akzeptieren, die der menschlichen Kultur ein Alter von wenigstens 25 000 Jahren zuschreiben". Darüber hinaus weist er die damals bereits vorherrschende und ins 'Allgemeinwissen' eingegangene Lehrmeinung zurück, entwickelte Menschheits-Kulturen seien ein rein holozänes Phänomen, wobei er sich sowohl an 'Fachleute' als auch an 'Laien' wendet: "In jüngster Zeit haben die Institutionen des Bildungswesens die Annahme gehegt, dass die Anfänge der Kultur nur wenig mehr als 6500 Jahre zurückliegen.

Daher ist schwerlich zu erwarten, dass diejenigen, die in dieser Richtung ausgebildet wurden, ohne eine substantielle Argumentation, gestützt durch schlagende Evidenzen, davon zu überzeugen sind, dass schon viele tausend Jahre früher hoch-zivilisierte Rassen existierten. Den durchschnittlichen Laien [orig.: "the average mind"; d. Ü.] davon zu überzeugen, auf einem verschwundenen Kontinent habe es wahrscheinlich vor zehn- oder zwanzigtausend Jahren eine Rasse von hoher Kultur gegeben, ist aber noch schwieriger. Im vollen Bewusstsein dieser Tatsache habe ich mich bemüht, den Boden für eine Akzeptanz solcher prähistorischer Konzepte zu bereiten, einschließlich der Rolle, welche die Maya-Zivilisation darin spielte." [7]

Damit spricht Stacy-Judd auch seinen zweiten zentralen Argumentations-Schwerpunkt an, mit dem wir uns in einer geplanten, weiteren Arbeit befassen wollen: die Ursprünge der mesoamerikanischen Kulturen. Bleiben wir hier zunächst im spät-paläolithischen Europa und wenden wir uns jenem faszinierenden Typus des Modernen Menschen zu, der unter der Bezeichnung 'Cro-Magnon Mensch' bekannt geworden ist. Neben Lewis Spence (1926) kommt gerade Robert E. Stacy Judd´das Verdienst zu, den Cro-Magnon-Menschen als kultivierten Bewohner des prädiluvialen Atlantik-Großraums identifiziert und damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der klassischen Atlantis-Theorie geleistet zu haben.


'Sophisticated cavemen' - Steinzeit-Menschen als Kultur-Heroen

Abb. 3 Skizze der Felszeichnung einer 'modern' gekleideten Cro-Magnon-Frau bei Lussac-les Chateaux (Vermutl. Solutréen oder Magdalenien). Das Hirnvolumen einer weiblichen Cro-Magnon übertraf deutlich dasjenige eines heutigen Durchschnitts-Mannes.

Kultur und Zivilisation sind, wie Stacy-Judd feststellt, weitaus älter als man dies in konservativen schulwissenschaftlichen Kreisen zur Kenntnis nehmen möchte: "Um so tiefer man in die ferne Vergangenheit vorstößt, um so deutlicher wird, dass der prähistorische Mensch in seinen Vorlieben, Antipathien, Kriegen, und in der sozialen und politischen Ökonomie, ja sogar in seinen Künsten und Vergnügungen, Erfahrungen machte und Problemen ausgesetzt war, die jenen unserer Tage bemerkenswert ähneln. Mit jedem Jahr der Forschung wird zunehmend deutlich, dass die intellektuelle Morgendämmerung der menschlichen Rasse gerade aufgrund der Gesetzmäßigkeiten einer schwerfällig verlaufenden Evolution hunderttausende von Jahren zurückdatiert." [8]

Angesichts der von ihm festgestellten Vorbehalte gegen entwickelte Kulturen im Oberen bzw. späten Paläolithikum bemüht sich Stacy-Judd u.a., einige allgemeine Irrmeinungen zum Cro-Magnon-Menschen der späten Eiszeit auszuräumen: "Viele hegen die Vorstellung, dass frühe Menschen, wie der Cro-Magnon, von langem Haar bedeckt waren, eine niedrige, fliehende Stirn und abstoßende Körper-Formen aufwiesen, und lang herabhängende Arme hatten. Um eine bessere Meinung von ihnen zu bewirken, mag die Feststellung hilfreich sein, dass die Anthropologen, als sie erstmals Specimen dieser altertümlichen Rasse untersuchten, ihrem Erstaunen über deren außergewöhnlichen Hochwuchs und Hirnvolumen Ausdruck verliehen.

Paul Broca beispielsweise fand heraus, dass das Hirnvolumen einer weiblichen Cro-Magnon dasjenige eines heutigen Durchschnitts-Mannes übertraf. Die Durchschnittsgröße [der Menschen] dieser Rasse lag bei sechs Fuß, anderthalb Inches. [ca. 1,87 m; d. Ü.]" [9] Argumentative 'Schützenhilfe' holt Stacy-Judd sich auch bei Sir Artur Keith, der in 'Types of Man' beinahe enthusiastisch erklärt, dass "der Cro-Magnon-Mensch mental und physisch eine der feinsten Völkerschaften repräsentierte, welche die Welt je gesehen hat." [10]

Stacy-Judd´s Präsentation des Cro-Magnon als Kulturmensch setzt verständlicherweise an den wunderbaren Felsbildern Spaniens und Frankreichs an, die vor zehntausenden von Jahren Künstler verschiedener Cro-Magnon-Völker geschaffen haben. Ihr Können muss den heutigen Betrachter verblüffen, da es so gar nicht ins gängige Bild des "primitiven Steinzeitmenschen" passen will, oder, um es wie Stacy Judd mit den Worten J. A. Hammerton´s etwas drastischer zu formulieren: "Es beleidigt unseren Stolz auf den Fortschritt, diese Perfektion der Linienführung und die hoch entwickelte Technik zu betrachten, die von Künstlern erreicht wurden, welche vor 20 000, womöglich schon vor 50 000 Jahren, in dunklen Höhlen malten." [11]

Stacy-Judd weist auch darauf hin, dass die Kunst der cro-magnoiden Kulturen Europas sich nicht auf Fels- bzw. Höhlen-Malereien beschränkte: "in ihren späteren Kultur-Phasen finden wir bemerkenswerte Exemplare lebensechter Ton-Modelle. Ein erster Hinweis auf derartige Kunstwerke fand sich in Tuc d´Audoubert (nahe der französisch-spanischen Grenze) in Form eines männlichen und eines weiblichen Bisons [12], die aus Ton gefertigt waren. Zahlreiche aus Stein gehauene Skulpturen erweisen sich ebenfalls als äußerst naturgetreu." [13]


Atlantis - Priesterinnen, Hexen und Amazonen

Die kulturelle Komplexität in den Cro-Magnon-Gesellschaften wird, wie Stacy-Judd am Rande bemerkt, auch durch die entwickelte Bekleidung dieser Menschen angezeigt, die durch einige der erhalten gebliebenen Fels-Bilder dokumentiert wird. Dazu weist er auf die uniformen, langen Gewänder und konischen Kopfbedeckungen einer Gruppe tanzender Frauen auf einer Zeichnung (Abb. 4) hin, die bei Cogul in Frankreich entdeckt wurde Dieses Gruppen-Bild, das von ihm sehr vage der Periode des Aurignac(ien) zugerechnet wird, betrachtet er - vermutlich zu Recht - auch als Indiz für magisch-rituelle Aspekte der Cro-Magnon-Kulturen, insbesondere spezifisch weiblicher Kulte.

Wir möchten dem hinzufügen, dass die Bekleidung durchaus an eine 'Ordens-Tracht' erinnert, und einen Hinweis darauf geben könnte, dass es sich hier in der Tat um eine Abbildung von Angehörigen einer abgegrenzten Gemeinschaft von 'Priesterinnen' oder 'Weisen Frauen' bei der Durchführung eines kollektiven Rituals handeln könnte. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang kurz an die Betrachtungen des britischen Atlantisforschers Egerton Sykes (1894-1983) zu den 'sieben Städten' der (post-)atlantischen Inselwelt (siehe: Egerton Sykes´ postatlantische Inselwelt) und dem Ursprung der Amazonen.

Abb. 4 Skizze einer Cro- Magnon-Felszeichnung (Aurignacien?) bei Cogul, Frankreich. Die 'Tanzenden Frauen von Cogul' tragen lange Gewänder und konische Kopfbedeckungen. Stacy-Judd vermutet einen magisch-rituellen Hintergrund der Szene und verweist auf spätere 'Hexen'-Kulte in Amerika und Europa.

Martin Ebon schrieb dazu: "In irgendeiner Form, erklärt Sykes ganz entschieden, seien diese Städte seit den Tagen von Atlantis bis in die heutige Zeit ständig bewohnt gewesen. Sieben Städte sollen existiert haben, drei von ihnen sind untergegangen und erwarten eine geschickte Tiefseeforschung. Eine Stadt nennt er Falias, und sie liegt an der Mitte eines Komplexes aus zwei Inseln der Azorengruppe, São Miguel und Santa Maria. Aus Tuathaquellen zitiert er, Falias sei als Stadt der Goldenen Tore gewesen sein, aber für >die Atlanter mag der Name etwas mit Poseidon zu tun gehabt haben und mit dessen Tempel, dessen Zugang die Goldenen Tore waren. Die Reste davon liegen ein paar Meilen südöstlich.<"

Wie Sykes meinte, haben den Zusammenbruch des ursprünglichen Atlantis "nur solche Bewohner Falias überlebt, die den Tempel besucht oder - ein zweites außerordentliches Gebäude - das Nonnenkloster oder Kolleg von San Miguel. Nur die Amazonenpriesterinnen, schreibt er, hätten dort wohnen bleiben können. Sie seien wohl für einige Zeit abgeschnitten gewesen, konnten später jedoch den Kontakt mit anderen Gruppen von Überlebenden und Zentren der Zivilisation von Atlantis aufnehmen." [14] Stacy-Judd verweist auch auf einen 'Hexenkult' bei den Guanchen und zitiert Diodorus Siculus, der erklärt habe, "dass auf der Insel Hesperia der Gruppe [15] der Inseln der Seligen, zwischen dem Berg Atlas in Afrika und dem Ozean im äußersten Westen ein seltsames Volk lebte. Bei diesem Volk gab es einen weiblichen Kult, dessen Angehörige Zauberei betrieben." [16]

Stacy-Judd nahm - wie sein jüngerer Zeitgenosse Sykes - an, dass die atlantische Cro-Magnon Kultur matriarchale Züge aufwies, und dass es dort organisierte Gemeinschaften von Frauen gab, die besondere 'magische' Riten praktizierten. Die schon erwähnte Felszeichnung (Abb. 4), die unter einem Felsvorsprung bei Cogul in Spanien entdeckt wurde, zeigt eine Gruppe von "neun Frauen, die lange Kleider und konische Hüte tragen und um einen nackten Mann herumtanzen." Diese Szene, die vermutlich im Aurignacien abgebildet wurde, vergleicht er "mit Sabbat-Tänzen der Hexen vor drei- oder vierhundert Jahren" [17] und mit Tänzen der mittelamerikanischen Natives.

Abb. 5 Links: Populäre europäische Vorstellung einer 'Hexe', die auf einem Besenstiel reitet. Rechts: Tlazolteotl, die göttliche "Hexen-Königin" aus der alt-mexikanischen Mythologie, weist eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihren europäischen "Schwestern" auf - bis hin zu ihrem magischen Fluggerät, dem Besen.

Dazu bemerkte er: "Im Zusammenhang mit dieser bemerkenswerten Wandmalerei, die von einem Volk ausgeführt wurde, von dem wir mit gutem Grund annehmen, dass es vor wenigstens fünfundzwanzigtausend Jahren von Atlantis aus das Gebiet der Biskaya in Europa erreichte, erinnere ich mich an die Tänze der heutigen Maya in Yucatán und Mittelamerika. Während meiner Erkundungen im Maya-Gebiet besuchte ich viele Abkömmlinge jenes alten Volkes und wohnte bei ihnen. Unter ihren faszinierenden Tänzen gibt es einen, der mit dem prähistorischen Aurignac-Gemälde identisch ist, das sich unter einem Felsvorsprung auf einem Hügel in Spanien befindet.

Sie halten sich an den Händen, um eine ununterbrochene Kette zu bilden, nur dass sie ihre Arme nicht ausgebreitet, sondern am Körper halten. Gemessen und mit ausdruckslosen Gesichtern schauen sie zu Boden. Sie bewegen sich seitwärts, indem sie sich abwechselnd von den Zehen auf die Hacken stellen. Nach einer bestimmten Anzahl von Schritten in einer Richtung, kehren sie ihre Bewegung um. Im Mittelpunkt des Kreises, der von diesen Frauen gebildet wird, tanzt ein Mann in schnellem Tempo. Wenn entweder die Frauen oder der Mann von diesem lange dauernden Tanz erschöpft sind, werden sie durch andere ersetzt." [18]

Stacy-Judd betonte: "Die Natives bezeichnen ihn als sehr, sehr alten Tanz, dessen Ursprung sie mit den Anfängen ihres Volkes in Verbindung bringen. Dieser Tanz stimmt in so hohem Maße mit den frühesten (und auch mit späteren) Formen von Hexerei überein, dass es wahrscheinlich erscheint, dass er tatsächlich als Ritus eines Kultes erscheint, der, ununterbrochen, über die Zeitalter hinweg auf uns gekommen ist. Hexerei ist, generell gesehen, eine uralter magischer Kult der Frauen.

Sie entwickelte sich wahrscheinlich aus der noch älteren Anbetung des Stiers oder der Ziege, Fruchtbarkeits-Symbolen, von denen angenommen wurde, dass sie das Geschenk der Fortpflanzung garantierten, durch Frauen. Schließlich nahm dieser Kult einen sinisteren Aspekt an. Von den Hexen, welche die Sakramente der Kirche zurückwiesen, nahm man an, sie besäßen übernatürliche Kräfte. Man unterstellte ihnen, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben, und infernalische Künste zu praktizieren." [19]

Somit kommt Stacy-Judd zu dem Ergebnis, "dass diese Form der Zauberei nicht aus Asien nach Amerika kam. Es ist zu erkennen, dass sie von frühesten Zeiten an sowohl in Europa als auch in Amerika bestand. (Abb. 5) Wenn wir annehmen, dass Atlantis einst existierte, und weiterhin, dass jenes Volk, das auf beiden Kontinenten Hexerei in so identischer Form praktizierte, von jenen versunkenen Landen stammte, dann darf man erwarten, dass es Spuren ähnlicher Praktiken bei den Menschen gab, die auf den einzig verbleibenden Resten von Atlantis übrig blieben. Die obigen Evedenzen werden unseren Erwartungen nur teilweise gerecht, da gegenwärtig noch keine definitiven Daten von den Westindischen Inseln [20] vorliegen." [21]


Fortsetzung:


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Siehe z.B. die Beiträge in der Sektion Farewell, Clovis! - Vom langsamen Sterben eines Paradigma bei Atlantisforschung.de
  2. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, Atlantis - Mother of Empires, orig. 1939; zitiert n. Neuauflage: Adventures Unlimited Press, Kempton, Illinois/USA, (March) 1999, S. 45
  3. Anmerkung: Einmal mehr betont der Verfasser der vorliegenden Abhandlung, dass Platon bei seinen Zeitangaben in der Atlantida durchaus nichts verwechselte oder durcheinander brachte, wie von Vertretern revisionistischer Atlantis-Theorien häufig vermutet wird. Vielmehr war er ebenso wie die ägyptischen Neith-Priester, auf die er sich berief, völlig von der Richtigkeit der betreffenden Zeitangaben überzeugt. Dies geht ganz unzweideutig aus seinem Dialog Nomoi hervor, in dem es über das Alter der ägyptischen Zivilisation und die Kontinuität ihrer Traditionen heißt, "...daß man alle Tänze und alle Lieder mit der Religion verbindet [...] Wenn nun aber jemand daneben mit anderen Hymnen und Chortänzen für irgend einen Gott herkommen wollte, so haben ihn die Priester und Priesterinnen in Verbindung mit den Gesetzeswächtern Kraft des Gesetzes und des heiligen Rechts auszuschließen. [...] Und weder Malern noch andern, die Gruppen und irgend etwas derartiges darstellen, war es gestattet, hier Neuerungen zu treffen und noch anderes als von den Vätern überkommenes auszusinnen. [...] Und wenn du nachforschst, wirst du vor zehntausend Jahren, und das nicht, wie man so zu sagen pflegt, sondern wirklich vor zehntausend Jahren Gemaltes und Nachgeformtes dort finden, welches die Kunsterzeugnisse heutigen Tages weder übertrifft, noch ihnen nachsteht, sondern vermöge der selben Kunst entstanden ist." (Nomoi - Die Gesetze -, 656E-657A; zitiert nach Hedwig Fechenheimer, "Die Plastik der Ägypter", Berlin 1922, S. 3)
  4. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 62
  5. Anmerkung: Stacy-Judd verwendet stattdessen noch den Terminus "intelligenter Mensch"
  6. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 62
  7. Quelle: ebd.
  8. Quelle: ebd., S. 19-20
  9. Quelle: ebd., S. 67
  10. Quelle: ebd., S. 67-68
  11. Quelle: ebd., S. 64
  12. Anmerkung: Es handelt sich natürlich nicht um (nordamerikanische) "Bisons", wie Stacy Judd angibt, sondern um ihre europäischen Verwandten, die Auerochsen.
  13. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 64
  14. Quelle: Martin Ebon, Atlantis - Neue Beweise, Heyne Verlag, 1978, Kapitel 7: Was traf Atlantis?
  15. Anmerkung: Die sogenannten "Inseln der Seligen" sollen sich im westlichen Okeanos befunden haben, Sie waren der Aufenthalts-Ort der auserwählten und von den Göttern begünstigten Verblichenen, denen eine Existenz als "Schatten" im finsteren Hades oder Orcus erspart blieb. Diese mythischen Inseln waren für jeden Hellenen der Inbegriff einer paradiesischen Natur, in deren Schoß man ein sorgenfreies Leben führen konnten, und natürlich hat es auch immer wieder Versuche zu ihrer geographischen Lokalisierung gegeben. Versuchen, die 'Inseln der Seligen' als eine bestimmte Inselgruppe oder ein Archipel zu definieren, um sie an irgendeiner Stelle des Atlantik lokalisieren zu können, steht der Verfasser allerdings mit großer Skepsis gegenüber, da uns die mythischen Texte letztlich nicht einen einzigen, konkreten Hinweis darauf geben. Der Alternativ-Historiker und Atlantologe Andrew Collins bemerkt beispielsweise dazu: "Den wahren Ort der Inseln der Seligen herauszufinden ist nicht einfach, denn es gibt keine stichhaltigen Hinweise. Allgemein wurden sie als eine übernatürliche Inselgruppe im fernen Westen betrachtet" - vermutlich eine krasse Fehlinterpretation, die bereits in der Antike zu irrigen Spekulationen geführt hat. Der Verfasser hält es für wahrscheinlich, dass der Begriff 'Inseln der Seligen' ursprünglich eine allgemeine, mythisierende Bezeichnung für 'weit draußen im Atlantik liegende, bewohnte Inseln der Vorzeit' darstellte, deren Bewohner man als von den Göttern begünstigt betrachte. Bezeichnender Weise finden sich auch hier wiederum Elemente des Westen-Atlantik-Totenreich-Motivs, das sich wie ein roter Faden durch die antike Mythologie zu ziehen scheint.
  16. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 109-110
  17. Quelle: ebd., S. 109
  18. Quelle: ebd., S. 108
  19. Quelle: ebd., S. 108-109
  20. Anmerkung: Vergleiche zu den Urzeit-Mythen der karibischen Völker: Iere - Das Atlantis der Kariben von Bernhard Beier
  21. Quelle: Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 110

Bild-Quellen:

1) Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 46b
2) ebd., S. 66
3) Bildarchiv R. Cedric Leonard
4) Robert B. Stacy-Judd, op. cit., S. 109
5) ebd., S. 107 (Bildbearbeitung: atlantisforschung.de)