Egerton Sykes - Erinnerungen an ein reiches Forscherleben

Abb. 1 Egerton Sykes (1894-1983) mit Ehefrau Kay. Dieses Bild muss ungefähr zu der Zeit entstanden sein, als Martin Ebon Kontakt mit ihm hatte.

(bb) Vielleicht wäre Egerton Sykes als zentrale Figur der internationalen Atlantisforschung des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum nie mehr gewürdigt worden, hätte nicht der Wilhelm Heyne Verlag im Jahr 1978 eine deutschsprachige Taschenbuchausgabe [1] des amerikanischen Titels Atlantis - The New Evidence von Martin Ebon herausgegeben. Dieses, heute längst vergriffene und fast vergessene, Buch stellt scheinbar die einzige deutschsprachige Quelle dar, die sich eingehend mit der, am 9. Oktober 1894 geborenen, Forscherlegende Egerton Sykes beschäftigt.

Sykes, der fließend Französisch, Polnisch und Deutsch sprach, war eine der herausragenden Forscherpersönlichkeiten im Lager der Nonkonformisten. Die gesamte Entwicklung moderner Atlantologie - von den Zeiten der direkten Nachfolger Ignatius Donnelly´s bis in die späte zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts hinein hat er nicht nur miterlebt, sondern aktiv mitgestaltet. Ebon beschreibt ihn 1977 als "... Achtziger, springlebendig, energisch und von unstillbarer Neugier, der auf eine recht farbige Karriere zurückblicken kann; er war Mitglied des britischen diplomatischen Dienstes und sagt, er sei mit seiner Frau in etliche Kriege und Revolutionen geraten. Seine Familie kann er bis ins elfte Jahrhundert zurückverfolgen, und er sagt dazu: >Ich habe einen vollblütigen, echten Geist in meiner Familie, der in Warwickshire eine bekannte historische Persönlichkeit war.<" [2]

Abb. 2 Der hoch betagte Egerton Sykes mit Familienangehörigen

Wie er zur Atlantisforschung kam, berichtet Sykes bei Ebon selber: "Richtig interessiert wurde ich an Atlantis 1906, als ich in französischer Sprache Jules Vernes Geschichte des fiktiven Besuchs der Nautilus in Atlantis las. Der Angelpunkt aber war für mich der Aufenthalt als Soldat des Ersten Weltkrieges in einem Lazarett, wo ich Ignatius Donnelly las und immer wieder las< [...] Dieser ebenso welterfahrene wie spleenige und geistreiche Gentlemen scheint also schon als Kind mit dem 'Atlantis-Virus' infiziert worden zu sein: Kein Wunder! Seine Mutter war schließlich eine Freundin von Helene Blavatsky...

Abb. 3 Das Cover der von Egerton Sykes editierten Ausgabe von Ignatius Donnelly´s Magnum opus

Zwischen den beiden Weltkriegen engagierte sich Sykes in der 1926 von Paul Le Cour in Paris gegründeten 'Gesellschaft zum Studium von Atlantis'." Seine "Forschungen brachten ihn zusammen mit den rivalisienden Theoretikern , den europäischen >Katastrophen-Anhängern<, die das Verschwinden der legendären Insel Überschwemmungsereignissen zuschrieben, und den anderen, die behaupteten, das Einfangen des Mondes durch die Erde habe die Katastrophe um Atlantis verursacht. [3] Er lernte auch die >Diffusionisten< kennen, die der Meinung sind, atlantische Bevölkerungsteile und kulturelle Traditionen seien weit über den Erdball verbreitet worden." [4]

Nach dem II. Weltkrieg gründete er dann "das Atlantis Research Center, das zuerst in Rom, dann in London und später in Brighton seinen Sitz hatte, wo Sykes damals lebte. >Ich hatte das unerhörte Glück, praktisch jeden kennenzulernen, der an Atlantis interessiert war, und ob ich nun mit ihnen übereinstimmte oder nicht, ich habe jedenfalls ihre Ideen in meinen beiden Zeitschriften 'Atlantis' und 'New World Antiquity' abgedruckt.

Eine Zeitschrift für Radiästhesie, die Sykes außerdem sechzehn Jahre lang herausgab, mußte er später aus Zeitmangel einstellen, dann auch eine andere, die sich mit UFOs befaßte; auch diese gab er auf, weil die UFOs ihn langweilten, da sie nutzlos zu sein schienen." [5]

In seinem Leben, sagt Sykes bei Ebon, "habe es nie einen faden Augenblick gegeben", was niemand ernsthaft in Zweifel ziehen wird. Der Mann muss wirklich 'Gott und die Welt' gekannt haben, wenn es um die Atlantisforschung ging! Dabei scheint er vorurteilsfrei auf jeden Kollegen zugegangen zu sein, egal welcher Schule oder Richtung der angehörte: "Ich war mit allen gut Freund, die ein ernsthaftes Interesse an diesem Stück Geschichte hatten...". Ebon, der den 'Grand old Man' der nonkonformistischen Atlantologie des 20. Jahrhunderts persönlich kennen gelernt hat, bezeichnet Sykes als: "wandelnde Enzyklopädie der Atlantisforschung, die immer in Gefahr schwebt, von ganzen Stapeln Büchern, Zeitschriften und weltweiter Korrespondenz zugedeckt zu werden." [6]

Egerton Sykes´ Forschungsergebnisse (siehe dazu auch: Egerton Sykes´ postatlantische Inselwelt) dürften es mehr als Wert sein, einer Untersuchung unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse und Methoden unterzogen zu werden. Sein Lebenswerk darf nicht dem Vergessen anheimfallen - und für den deutschen Sprachraum muß es völlig neu entdeckt werden!


Beiträge von und über Egerton Sykes bei Atlantisforschung.de

Abb. 4 Hier das Front-Cover von Egerton Sykes´ 'Who's Who in Non-Classical Mythology' (Ausgabe von 2001)


Externa


Egerton Sykes' Scientific Journals

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Die beiden von Egerton Sykes (1894-1983), dem 'Grand Old Man' der alternativen, nonkonformistisch-wissenschaftlichen Atlantisforschung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, publizierten Journale, Atlantis und New World Antiquity sind nun bereits seit 1979 nicht mehr als gedruckte Ausgaben erhältlich, aber bei Seachild.net inzwischen als digitalisierte Versionen auf CD neu erschienen! Zu Preisen und Bezugsbedingungen siehe: Seachild Products. Siehe außerdem: Index of Atlantis journal issues; sowie: Index of New World Antiquity journal issues

Bibliographie zu Egerton Sykes


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe: Martin Ebon, Atlantis - Neue Beweise, Heyne 1978, Kapitel 7: Was traf Atlantis?
  2. Quelle: Martin Ebon, Atlantis - Neue Beweise, Heyne 1978, Kapitel 7: Was traf Atlantis?
  3. Anmerkung: Hier äußerte sich Martin Ebon, der mit dem Thema Atlantis auf journalistischer Ebene umging, selber aber kein Atlantisforscher war und über keine wirklichen atlantologie-historischen Kenntnisse verfügte, mehr als ungenau: Bei den, von ihm als europäische "Katastrophen-Anhänger" bezeichneten, Forschern handelte es sich in der Tat um katastrophistische Atlantologen; allerdings gingen die Anhänger dieser Strömung (die es nicht nur in Europa gab) nicht von "Überschwemmungsereignissen" aus, sondern nahmen ein plötzliches Absinken der vermuteten, zentralatlantischen Landmasse an.
    Bei der zweiten, von Ebon erwähnten, Richtung sind die Anhänger der so genannten 'Welteislehre' (WEL) von Hanns Hörbiger gemeint (siehe zu ihm: Hanns Hörbiger: Ein Universum aus Feuer und Eis?). Zu deren Vorstellungen in Bezug auf Atlantis siehe auch: Kurt Bilau: Der 'Flügelmajor' und Atlantis
  4. Quelle: Martin Ebon, "Atlantis - Neue Beweise", Heyne 1978, Kapitel 7: Was traf Atlantis?
  5. Quelle: ebd.
  6. Quelle: ebd.

Bild-Quellen:

1) http://www.edgarcayce.org/am/sykes.html (Seite nicht mehr online)
2) http://geocities.com/MotorCity/Factory/2583/Family.jpg (Seite nicht mehr online)
3) Bulfinch´s Mythology, unter: The Antediluvian World by Ignatius Donnelly (Seite nicht mehr online)
4) Routledge / Bild-Archiv Atlantisforschung.de