Neues zum Thema Polverschiebung

Abb. 1 Ansicht der Erde vor und nach einer Verschiebung der Pole

(rmh) Am 08.10.2012 wurde auf Nachrichten.t-online.de ein Artikel von Axel Bojanowski mit dem Titel „Die Erde kippt“ veröffentlicht. Dort heißt es: „Die Erde sucht ihr Gleichgewicht, sie kippt. Riesige Gesteinswobbel im Bauch des Planeten sorgen für Unwucht. Mit einer neuen Methode haben Geoforscher um Bernhard Steinberger vom Helmholtz-Zentrum Potsdam GFZ das Taumeln des Planeten berechnet.

Die Studie dieser Wissenschaftler zeige, dass das die Erde innerhalb der letzten 100 Millionen Jahre so stark gekippt ist, dass Kontinente nun in neuen Klimazonen lagen. In der heutigen Zeit rege sich der Planet erneut. Die Wissenschaftler sprechen von 'Echter Polwanderung': Die Erde kippte gegenüber ihren Drehpolen.

Mittlerweile glauben Wissenschaftler, Bojanowski zufolge, dass zwei derartige Neigungen in der Vergangenheit bereits bewiesen seien. Vor 320 Millionen Jahren nämlich sei der Planet um 18 Grad verrutscht, wie Studien zeigten. Nach einem weiteren solchen Ereignis würde Deutschland auf der Höhe der Sahara liegen. Und genau vor 550 Mio. Jahren, einer Zeit, in der höheres Leben entstand, sei der Planet schon einmal gekippt. Damals habe sich den Nordpol offenbar tief aus dem Süden auf den Süden auf den Äquator gefunden.

Abb. 2 Dr. Bernhard Steinberger, Universität Oslo

Nun haben Steinberger (Abb. 2) und seine Kollegen Pavel Doubrovine und Trond Torsvik von der Universität Oslo die Bewegung der Kontinente neu vermessen. Dies war problematisch, weil die Verschiebung einzelner Erdplatten von der Verschiebung der gesamten Erde unterschieden werden musste. Geologische Spuren zeigten, dass vor langer Zeit alle Platten in die gleiche Richtung gerutscht seien, was von den Forschern als Anhaltspunkt für das Kippen der Planeten angesehen. Nun konnte das Forscherteam die Wege der Erdplatten anhand der Bewegungen des darunter liegenden zähflüssigen Erdmantels rekonstruieren.

Wie Bojanowski erklärt, eigneten sich die Hot-Spot-Vulkane, wie sie im Pazifik vorkommen. Dort gibt die Inselkette Hawaii preis, in welche Richtung sich der Meeresboden verschoben hat: Die Erdplatte rutscht über eine Magmaquelle, die wie ein Schweißbrenner Vulkane in den Meeresboden brennt. Sobald die Plattendrift sie vom Magma weggeschoben hat, erlöschen die Vulkane und so entstanden die Hawaii-Inseln – ihre Spur zeichnet die Bewegungsrichtung des Meeresbodens nach.

Steinberger et al. haben nun festgestellt, dass sich nicht nur der Meeresspiegel verschiebt, sondern auch die darunterliegende Magmaquelle, wie die Computersimulationen zeigten. Grundlage der Simulationen waren Steinberger zufolge Erdbebenwellen, die das Innere des Planeten praktisch durchleuchte hätten. Sie weisen auf Strömungen zähflüssiger Gesteinsmasse unter dem Erdboden hin, die die Platten mitschleppt, auf denen sie mehr oder weniger schwimmen.

Nun glichen die Forscher ihre Simulationen der Erdplattenbewegungen mit geologischen Daten der Erdgeschichte ab. Wie Steinberger erklärt, verrät die Ausrichtung magnetischer Minerale die Drift der Erdkruste an manchen Orten. Die Simulationen zeigten die Bewegungen der Erde bis zu 120 Mio. Jahren zurück.

Wie Bojanowski ausführt, lässt das Ergebnis staunen: „Um neun Grad sei der Planet jeweils vor 90 bis 60 und vor 60 bis 40 Millionen Jahren gekippt. Die Simulationen zeigten für jene Zeiten, dass sich nicht nur die Erdkruste, sondern auch der darunter liegende Mantel gegenüber den Drehpolen verschoben hat – das unterstreiche ihr Ergebnis, meinen die Wissenschaftler.

Ursache für die „Kipp-Ereignisse“ seien den Daten zufolge vor allem zwei riesige Wobbel im Bauch der Erde gewesen, und dieses sorgten auch heute noch für Unruhe: Unter Afrika und dem Pazifik zeige die Durchleuchtung mit Erdbebenwellen zwei gewaltige Blasen geschmolzener Gesteine, die sich im Verlauf von Millionen von Jahren in der Nähe des Äquator eingependelt habe. Allerdings sorgten diese Wobbel immer noch für Ungleichgewicht. Sie lassen die Erde heute noch schwanken, sagt Steinberger. Der Planet kippe derzeit allerdings recht gemächlich: Er neige sich mit 0,2 Bodensekunden pro Jahrmillion.


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Anmerkungen und Quellen

Vorwiegend verwendetes Material:


Bild-Quellen:

1) Bild-Zitat, nach: Scientists say poles are shifting, bei: Ray Alex Web - The truth is classified (News)
2) Bernhard Steinberger, bei: GEODYNAMICS - GEOLOGICAL SURVEY OF NORWAY