Robert Francis Scharff

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Ein Kurzportrait

(red) Robert Francis Scharff (Abb. 1) (* 9. Juli 1858 in Leeds; † 13. Sept. 1934 in Worthing) war ein englischer Zoologe und Biogeograph. Bekanntheit erlangte er seinerzeit einerseits aufgrund seines Lebenswerks zur Tierwelt Irlands; zum anderen - weit über fachwissenschaftliche Kreise und über seinen Tod hinaus - aufgrund seiner international viel beachteten Beiträge zur Verteidigung der These einer vormaligen transatlantischen Landbrücke zwischen Europa und Amerika sowie eines dort von ihm vermuteten Atlantis im Atlantik.

Abb. 1 Doktor Robert Francis Scharff (1858-1934)

Biographische Notizen

R.F. Scharff, dessen in England lebende Eltern aus Deutschland stammten [1], studierte zunächst am University College London, um den Grad eines Bachelors zu erlangen. Es folgten weitere Studien an der Universität Edinburgh, wo er 1885 zum M.A. graduierte, und in Heidelberg, wo seine Promotion zum Ph.D. erfolgte. [2] Es folgten postdoktorale Studien an der St. Andrews Biological Station in New Brunswick, Kanada, und der Stazione Zoologica in Neapel. [3]

Er war zwei mal verheiratet, in erster Ehe mit Alice Hutton, die während der Grippe-Pandemie von 1918 an Influenza starb, und mit der er zwei Söhne hatte. 1920 heiratete er dann Jane Stephens, mit der zusammen er eine Tochter hatte. Robert Francis Scharff verstarb 1934 im Alter 76 Jahren in seinem Ruhesitz in Worthing, West Sussex. [4]

Wissenschaftliche Laufbahn

1887 wurde Dr. Scharff im Irischen Nationalmuseum (Abb. 2) als Assistent der Abteilung für Naturgeschichte eingestellt, wo er 1890 zum Kurator aufstieg. [5] In den Jahren nach 1916 und der Amtsniederlegung von George Noble Plunkett, dem vormaligen Direktor des Nationalmuseums wurde Scharff dort schließlich bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1922 amtierender Direktor. [6]

Abb. 2 Der Teilkomplex des Irischen Nationalmuseums an der Kildare Street in Dublin. Dr. Scharff leitete das Museum als amtierender Direktor von 1916 biss 1922.

Eines der herausragenden Forschungsprojekte, an denen Scharff als Leiter des Organisations-Komitees [7] und Mitwirkender maßgeblich beteiligt war, ist die international besetzte, polydisziplinäre Clare Island Studie (1909-1911) auf der Insel Clare (Abb. 3) vor der irischen Westküste. [8]. Besondere Bekanntheit erlangte er in der Fachwelt aufgrund seiner biogeographischen Studien, insbesondere zur Faunen-Rekolonisierung in Irland nach der jüngsten Eiszeit. [9] [10] Er war ein vehmenter Befürworter der Landbrücken-Theorie zur Erklärung transozeanischer tierischer Migrationen. [11]

Scharff war zu seiner Zeit eine bekannte Persönlichkeit, der diverse Auszeichnungen und Ehrungen zuteil wurden, wie z.B. ein Preis des Zaren Nikolaus II. von Russland im Jahr 1897, und ihm wurde die Swiney-Gastdozentur für Geologie der Jahre 1906 und 1908 in London zugesprochen. [12]

Abb. 3 Ein Blick vom irischen Fstland auf die Insel Clare, wo von 1909 bis 1911 ein internationales polydisziplinäres Forschungsprojekt stattfand, an dessen Organisation R.F. Scharff maßgeblich beteiligt war

Zudem war er aktives, engagiertes Mitglied vieler gelehrsamer Gesellschaften in Irland und dem UK. Im Verlauf seiner über 40jährigen Zugehörigkeit zur Royal Irish Academy fungierte er als deren Vizepräsident, als Sekretär für auswärtige Korrespondenz sowie als Vorsitzender ihres Komitees für Flora und Fauna. [13] Des weiteren war er aktives Mitglied der Royal Zoological Society of Ireland, der Royal Dublin Society, [14] der Conchological Society of Great Britain & Ireland, [15], der Linnean Society und der Zoological Society of London. [16] Er stellte eine beträchtliche Sammlung zoologischer Spezimen zusammen [17], von denen viele im National Museum of Ireland aufbewahrt werden. 1899 wurde ihm zu Ehren eine Spezies von Land-Planarien Microplana scharffi benannt (Graff, 1899). Nach seiner Pensionierung übersiedelte Scharff zurück ins UK, wo er sich in Worthing niederließ. [18] Bis zu seinem Tod engagierte er auch weiterhin aktiv in den irischen zoologischen Vereinigungen. [19]

Atlantisforschung

R.F. Scharff, über den Lewis Spence 1926 bemerkte, "er habe womöglich mehr wertvolle Daten zur Literatur über Atlantis beigeragen als jeder andere lebende Wissenschaftler" [20], gehört in der historischen Rükschau tatsächlich bis heute zu den wichtigen akademischen Bezugspersonen der Atlantisforschung (zumindest für diejenigen Forscher/innen, die Atlantis als versunkene Landmasse im Atlantik betrachten oder diese Annahme gründlich diskutieren).

Abb. 4 Das Cover des Journal de la Société des Américanistes (Vol. 7, No. 1 / 1910), in dem Scharffs Essay 'On the evidences of a former land-bridge between Northern Europe and North-America' in französischer Sprache erschien (Sur les preuves d'un ancien pont terrestre entre le Nord de l'Europe et le Nord de l'Amérique).

So wurde er über die Jahrzehnte hinweg - um nur einige Beispiele zu nennen - von Pierre Marie Termier (1913) [21], Donald A. Mackenzie (1918) [22], William H. Babcock (1922) [23], Lewis Spence (1924/25/26) [24], Herbert Edward Forrest (1933) [25], Robert B. Stacy-Judd (1939) [26], Nikolai F. Zhirov (1970) [27], Manfred Hocke (1978) [28], Emmet John Sweeney (2010) [29] und Peter Nowak (2016) [30] erwähnt bzw. zitiert.

Man kann sogar sagen, dass R.F. Scharffs Andenken vor allem in atlantologischen Kreisen hochgehalten wird, während er und sein Werk im 'offiziellen' Wissenschaftsbetrieb weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Dies mag damit zu tun haben, dass die von ihm vertretetene Landbrücken-Theorie immer mehr durch Alfred Wegeners Modell der Kontinental-Drift verdrängt wurde und bereits seit Jahrzehnten als widerlegt gilt. Darüber hinaus dürfte er sich auch bei Teilen der scientific community dadurch unbeliebt gemacht haben, dass er und andere Naturwissenschaftler ein physich begreifbares Atlantis just zu jener Zeit zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung machten, als der Mainstream der Klassische Philologen und Historiker immer energischer bemüht war, die Fiktionalitäts-These zur einzig legitimen Grundlage akademischer Behandlung des Atlantisberichts zu machen. [31]

Scharff selbst formulierte seine Sicht der Dinge folgendermaßen: "Das Atlantis-Problem stieg zu wissenschaftlicher Bedeutsamkeit auf, als die Forschung das Faktum enthüllte, dass die lebende, ebenso wie die ausgestorbene Fauna und Flora Europas eine ganze Anzahl von Typen mit Nordamerika gemeinsam haben. Die wissenschaftliche Argumentation ging dahin, dass die Atlantik-Inseln [ein Großteil Makaronsiens; d. Red.], das heißt die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln den Teil einer Landverbindung bildeten, die sich quer über den Atlantik erstreckte, und noch einige Pflanzen erhielten, die von der Neuen Welt aus auf unseren Kontinent vordrangen." [32]

Abb. 5 Dem US-amerikanischen Blatt The San Juan Islander vom 26. November 1903 war Scharffs Atlantis-Vortrag vor der Royal Irish Academy eine Meldung wert.

Schließlich folgerte er: "Ich glaube, dass sie [die Inseln] noch in früh-pleistozäner Zeit mit den Kontinenten Europas und Afrikas verbunden waren, zu einer Zeit, als der Mensch gerade in Westeuropa aufgetaucht und in der Lage war, diese Inseln über Land zu erreichen." [33] Er verwies aber asdrücklich auch auf die Ansicht des Geologen Edward Hull (1829-1917), dass möglicherweise "viel von diesem Land noch vor, geologisch gesprochen, kurzer Zeit, nämlich vor 10.000 Jahren oberhal des Meeresspiegels lag." [34]

Auch wenn hier noch keine umfassende Darstellung von Scharffs Atlantismodell möglich ist, so lässt sich bereits konstatieren: Sein atlantologisches Interesse bzw. Engagement hatte keinswegs den Charakter einer 'Eintagsfliege', sondern war langfristiger Natur. Soweit derzeit festzustellen ist, brachte er die von ihm vermutete transatlantische Landbrücke erstmals 1899 [35] mit Platons Atlantis in Verbindung, wandte sich zu diesem Thema mindestens zwei mal (1903 und 1909) mit Vorträgen bzw. Abhandlungen [36] an die Royal Irish Academy, und in einem Buch von 1912 [37] lieferte er, wie es bei Tony O’Connell heißt, "weitere auf die Fauna bezogene Evidenzen zugunsten seiner atlantidischen Landbrücke." [38]

Erwähnenswert ist auch die Resonanz, die Scharff


Publikationen (Auswahl)


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe: Enda Leaney, "Scharff, Robert Francis", in: Dictionary of Irish Biographym Cambridge
  2. Siehe: Robert L. Praeger, "Some Irish Naturalists: A Biographical Note-book", National Botanic Gardens of Ireland
  3. Siehe: Enda Leaney, "Scharff, Robert Francis", in: Dictionary of Irish Biography, Cambridge University Press
  4. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  5. Siehe: Michael D. Guiry (1998), "No Stone Unturned: Robert Lloyd Praeger and the Major Surveys", in: John Wilson Foster und Helena C. G. Chesney, "Nature in Ireland: A Scientific and Cultural History", McGill-Queen's Press, S. 303. ISBN 9780773518179
  6. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  7. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  8. Siehe: Michael D. Guiry, op cit.
  9. Siehe: Paddy Sleeman (1998), "Mammals and Mammalogy", in , John Wilson Foster und Helena C. G. Chesney, "Nature in Ireland: A Scientific and Cultural History", McGill-Queen's Press, S. 255. ISBN 9780773518179
  10. Anmerkung: Tony O’Connell verweist in seiner Atlantipedia darauf, dass Scharff zu den Gegnern der Annahme gehörte, große Teile Europas und Nordamerikas seien während der jüngsten Eiszeit von einem massiven Eispanzer bedeckt gewesen. (Quelle)
  11. Siehe: "Scharff, Robert Francis (1858 - 1934): Naturalist}", Natural History Museum Archive Catalogue. (abgerufen: 11. Mai 2016)
  12. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  13. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  14. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  15. Siehe: J.D. Nunn und J.M.C. Holmes, "History of the Irish & British Marine Molluscan Collections", A Catalogue of the Irish & British Marine Mollusca in the collections of the National Museum of Ireland (abgerufen: 11. Mai 2016)
  16. Siehe: Robert Lloyd Praeger (1934), "Robert Francis Scharff. 1858-1934", in: The Irish Naturalists' Journal 5 (6): S. 153–155
  17. Siehe: Robert L. Praeger, op. cit.
  18. Siehe: "Scharff , Robert Francis (1858 - 1934): Naturalist", bei Natural History Museum Archive Catalogue (abgerufen: 11. Mai 2016)
  19. Siehe: Enda Leaney, op. cit.
  20. Quelle: Lewis Spence "The History of Atlantis", 1926. S. 56
  21. Siehe: Pierre Marie Termier, "L’Atlantide", Conférence faite, le 30 novembre 1912, à l’Institut océanographique de Paris
  22. Siehe: Donald A. Mackenzie, "Myths of Crete & Pre-Hellenic Europe", CHAPTER V - Crete as the Lost Atlantis, Longwood Press, 1918
  23. Siehe: William H. Babcock, "Alantis", in: "Legendary Islands of the Atlantic; A Study in Medieval Geography", New York (American Geographical Society), 1922
  24. Siehe: Lewis Spence, "The Problem of Atlantis", London (William Ryder & Son), 1924, S. 33 (Seitenangabe nach Reprint der 2. Auflage von 1925); Ders.: "Atlanis in America", London (Ernest Benn Limited), 1925, S. 31; sowie: Ders., "The History of Atlantis", 1926, S. 56-57
  25. Siehe: Herbert Edward Forrest, "The Atlantean Continent: Its Bearing Upon the Great Ice Age and the Distribution of Species", London, 1933
  26. Siehe: Robert B. Stacy-Judd, "Atlantis - Mother of Empires", , orig. 1939; Reprint bei Adventures Unlimited Press, Kempton, Illinois/USA, (März) 1999 S. 52
  27. Siehe: Nikolai F. Zhirov, "Atlantis: Atlantology: Basic Problems", Moskau, 1970 (Reprint 2001), S. 309
  28. Siehe: Manfred Hocke, "Das Problem "Atlantis" - Betrachtungen aus der Sicht der Naturwissenschaften und der Mythologie", 1978; Essay, archiviert bei Atlantisforschung.de
  29. Siehe: Emmet John Sweeney, "Atlantis: The Evidence of Science", Algora Publishing, 2010, S. 72-73
  30. Siehe: Peter Nowak, "Was Sie schon immer über Atlantis wissen wollten: Behauptungen und Gegenargumente", Books on Demand, 2016, S. 248
  31. Anmerkung: Tatsächlich wird in den wenigen jüngeren - im Internet zugänglichen - wissenschaftlichen oder populärwissenschaftlichen Erwähnungen Scharffs der atlantologische Aspekt seins Schaffens völlig ausgeblendet. Vergleiche zu einer dahinter stehenden Praxis der 'Wissenschaftsgeschichts-Klitterung' auch: Bernhard Beier, "William Maurice Ewing - Ein posthum 'weichgezeichneter' Ausnahmewissenschaftler mit Mut zu unbequemen Aussagen"; und dort insbesondere den Abschnitt: "Ein wissenschaftsgeschichtliches Nachwort"
  32. Quelle: R.E. Scharff, in: "The Lost Continent, ATLANTIS", 10. Sept. 1913, in: The Gundagai Independent and Pastoral, Agriultural and Mining Advocate; nach: Trove - National Library of Australia (abgerufen: 12. Mai 2016; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  33. Quelle: R.F. Scharff, Some Remarks on the Atlantis problem, Proc. Royal Irish Acad., Vol. 24, Section B, 1903, pp. 268 - 302, Referenz auf S. 297; zit. nach: William H. Babcok, "Atlantis" (Teil II), in deutscher Spache online bei Atlantisforschung.de
  34. Quelle: R.E. Scharff, in: "The Lost Continent, ATLANTIS", 10. Sept. 1913, in: The Gundagai Independent and Pastoral, Agriultural and Mining Advocate; nach: Trove - National Library of Australia (abgerufen: 12. Mai 2016; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  35. Siehe: R.F. Scharff, "The History of the European Fauna", London, 1899
  36. Anmerkung: Tony O’Connell verweist hierzu - leider ohne Angabe der Titel - auf: Proceedings of the R.I.A. (Dublin, 1903, 268-302); sowie: Proceedings of the R.I.A. (Dublin, 1909, 1-28) (Quelle). Red. Anmerkung: Im ersten Fall handelt es sich mit einiger Sicherheit um Scharffs bekannten Vortrag "Some Remarks on the Atlantis Problem".
  37. Siehe: R.F. Scharff, "Distribution and Origin of Life in America", New York, 1912
  38. Quelle: Tony O’Connell, "Scharff, R.F., 10. Juni 2010, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 12. Mai 2016; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)

Bild-Quellen:

1) Smirkybec bei Wikimedia Commons, unter: File:Robert Francis Scharff.jpg
2) Fotographie von Mike Peel (www.mikepeel.net) bei Wikimedia Commons, unter: File:National Museum of Ireland.jpg (Lizenz: Creative Commons, "Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international")
3) [ ] bei Wikimedia Commons, unter: [ ]
4) persee.fr, unter: R.-F. Scharff. On the evidences of a former land-bridge between Northern Europe and North-America (Sur les preuves d'un ancien pont terrestre entre le Nord de l'Europe et le Nord de l'Amérique.) (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.d)
5) o.A., "Science and Invention" (Rubrik), 26. November 1903, in: The San Juan Islander; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newsapapers, unter: The San Juan islander., November 26, 1903, Image 3 (Bild-Bearbeitung - Collage aus einzelnen Segmenten der Original-Seite - durch Atlantisforschung.de)