A. Samler Brown
Forscher- und Autorenportrait
(red) Der gebürtige Engländer Alfred Samler Brown - bekannt geworden als A. Samler Brown - (* ?; † 1935) [1] übersiedelte auf die Kanarischen Inseln, wo er sich auf Teneriffa niederließ, um dort in Santa Cruz de Tenerife einen Gutshof mittlerer Größe zu bewirtschaften. [2]
Zudem begann Brown - der erste Benwohner Teneriffas, der die Insel mit einem Automobil befuhr - gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit seinen ausgedehnten Recherchen für den ersten umfassenden Reiseführer zu den wichtigsten Archipelen der - wie wir heute sagen würden - Inselwelt Makaronesiens, also zu den Kanarischen Inseln, den Azoren und der Madeira-Gruppe.
Dieses gegen 1900 publizierte [3], ca. 460 Seiten starke Werk mit dem Titel "Madeira and the Canary Islands, with the Azores; a practical and complete guide for the use of invalids tourists and residents with trade statistics" (Abb. 1) wurde ein enormer Erfolg. Als Longseller erschien es bis 1932 in 14 Ausgaben mit für die damalige Zeit hohen Auflagen von bis zu zweitausend Exemplaren, und es wurde weltweit in zahlreichen Großstädten verkauft, darunter London, Paris, New York, Berlin und Nizza. In der Tat kam dieses Buch genau zur richtigen Zeit auf den Markt, in der eine neue Generation von Dampfschiffen betuchten Reiselustigen bequeme Seereisen zu 'exotischen' Zielen ermöglichte. Browns Reiseführer sorgte insbesondere auf den Kanaren für einen regelrechten Zustrom von TouristInnen und flankierte den Aufbau der dortigen Fremdenverkehrs-Industrie. So wird es kaum verwundern, dass der spanische König Alfonso XIII. Brown bereits 1909 eine Auszeichnung für seinen Beitrag zur Popularisierung der Kanarischen Inseln im Ausland verlieh. [4]
Alfred Samler Browns Reiseführer und das Atlantis-Problem
Ebensowenig kann es einen atlantologie-historisch bewanderten Betrachter erstaunen, dass A. Samler Brown in seinem Buch (1901, S. 76-84) auch ein Kapitel mit dem Titel "The Sunken Continent of Atlantis" vorstellte und zudem eine flüchtige Randbemerkung über Atlantis in seine Bemerkungen zur Geschichte der Kanaren (ebd., S. 92) einstreute, obwohl er augenscheinlich etwas mit diesem Thema 'fremdelte' und sich keineswegs als Anhänger einer Atlantis-Theorie zu präsentieren trachtete. Vielmehr ging er den Gegenstand mit vordergründiger Neutralität an, wobei er sich ganz auf die 'klassische' Vorstellung einer großen, im Atlantik versunkenen Landmasse konzentrierte. Und dies hatte mithin leicht nachvollziehbare Gründe.
Immerhin hatte Ignatius Donnelly (Abb. 2) mit seinem 1882 erschienenen Bestseller "Atlantis - The Antediluvian World" eine kulturgeschichtliche 'Zeitbombe' gelegt, die mit der immer rapider voranschreitenden Verbreitung des Werks in den späten 1880ern sowie in den 1890er Jahren schließlich einen regelrechten 'Atlantis-Hype' bewirkte. Seine Vorstellung eines versunkenen atlantischen Kontinents war quasi - sehr zum Ärger vieler Klassischer Philologen, die das Monopol der Interpretation von Platons Werken für ihre 'Zunft' beanspruchten, aber mit flankierender Unterstützung nicht weniger zeitgenössischer Geologen und Biogeographen - zu einem festen Bestandteil der Bildung enorm vieler Menschen in der westlichen Welt geworden. Und da Donnelly nicht zuletzt auch die Kanaren, Azoren und Madeira als vermutete Überreste von Atlantis in seine Überlegungen mit einbezogen hatte, war es nur folgerichtig, die nun dorthin strömenden TouristInnen auch mit entsprechenden Informationen zu versorgen. [5]
Seinen Exkurs in Sachen Atlantis gliederte Brown in drei Teile, beginnend mit einem weitschweifigen, aber atlantologisch wenig engagierten Abschnitt zu geologischen Aspekten des Atlantis-Problems, wobei er vertikale Bewegungen der Erdkruste und den Untergang von Atlantis im Rahmen der damals vorherrschenden Kontraktionstheorie der Erde betrachtete. Dem folgt eine quasi anthropologische Sequenz, die sich vor allem durch einen unverhohlenen und zeitgeistigen Rassismus auszeichnet. So vergleicht Brown dort z.B. die Vermischung von Angehörigen verschiedener menschlicher 'Rassen' ganz ungeniert mit der Kreuzung von Pferden und Eseln (1901, S. 80). Abgeschlossen wird das Kapitel mit einem Abschnitt, der sich mit Sagen, Mythen und Legenden - z.B. über die Sintflut sowie versunkene Länder - im Kontext des Atlantis-Rätsels beschäftigt, und zumindest für Laien einige interessante Informationen liefert. Jedenfalls dürfte die hier vorgelegte Zusammenfassung seines Atlantis-Kapitels deutlich gemacht haben, warum Browns Ausführungen keinerlei bleibenden Eindruck in der Welt der Atlantisforschung hinterlassen haben.
Anmerkungen und Quellen
Fußnoten:
- ↑ Quelle: Alberto García Saleh, "El inglés Brown ´exportó´ al mundo el primer perfil turístico de Gran Canaria - Pedro Leal analiza la guía 'Madeira, Islas Canarias y Azores' del escritor británico, 17. Okt. 2012, bei laprovincia.es - Diario de Las Palmas (abgerufen: 6. August 2016)
- ↑ Quelle: ebd.
- ↑ Anmerkung: Das Datum der Erstveröffentlichung des Buches konnten die Verfasser bisher nicht in Erfahrung bringen. Die früheste bis dato von ihnen entdeckte, online katalogisierte Fassung, bei der es sich um die 6. Auflage handelt (Abb. 1), stammt aus dem Jahr 1901.
- ↑ Quelle: Alberto García Saleh, op. cit. (2012)
- ↑ Anmerkung: Viel an wirklich brauchbarer Touristik-Information hatte Brown allerdings noch nicht zu bieten, da z.B. sowohl die Pyramiden auf den Kanaren als auch jene auf den Azoren zu seiner Zeit noch nicht wiederentdeckt waren. Da er zudem die kanarischen Guanchen explizit nicht direkt mit Atlantis in Verbindung brachte, sondern als spätere Einwanderer aus Afrika betrachtete, die sich allenfalls mit einigen Nachfahren von Überlebenden der Atlantis-Katastrophe vermischten (1901, S. 81-62), gab es keine archäologischen Stätten von atlantologischem Interesse, auf die er TouristInnen hätte hinweisen können.
Bild-Quellen:
- 1) Google Books / Archive.org (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
- 2) CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The Minneapolis journal., January 02, 1901, Page 7, Image 7 (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)