Riesen in Nordamerika: (K)ein Streitpunkt für Archäologen? (1. Teil)

Abb. 1 Waren Christoph Kolumbus (Bild) und seine Männer wirklich die ersten Europäer in Amerika? Trafen die Conquistadoren in der 'Neuen Welt' auf Riesen?

(bb) Wenn es um Riesen (oder Satyre) in Amerika geht, dann werden wir in der jüngeren archäologischen oder anthropologischen Fach-Literatur aus den USA kaum etwas Substantielles finden. Allgemein hält man dort in universitären Fachkreisen auch nichts von der Vorstellung, es könnten vor der Expedition des Christoph Kolumbus (Abb. 1) und der folgenden Invasion der Europäer andere ethnische Gruppen als die, allgemein als "Indianer" und "Indios" bekannten, "Ur-Amerikaner" auf dem Doppelkontinent gelebt haben. Und Riesen? Eine "Zumutung" für fast jeden heutigen US-Fachwissenschaftler!

Natürlich besteht - das wird niemand ernsthaft bestreiten - immer Grund zur Vorsicht, wenn es um angebliche "Beweise" für Forschungs-Gegenstände wie die prähistorische Existenz von Riesen geht. Im Umgang mit derartigem Material halten wir jedoch weder den Ansatz 'orthodoxer' Schulwissenschaftler für legitim, die JEDEN derartigen Beleg aus unreflektierter Loyalität zu ihren Paradigmen PRINZIPIELL ablehnen, noch die reichlich naive Betrachtungsweise von 'Giganten-Fans', für die ebenso prinzipiell feststeht, dass überall dort 'WO RIESE DRAUFSTEHT' auch 'RIESE DRIN' sein muss.

Nun kann man sich als Grenzwissenschaftler oder als ernsthafter, nonkonformistischer "Laienforscher" - je nach Temperament - über die Unwilligkeit (Unfähigkeit?) dieser beiden Gruppen amüsieren oder ärgern; die "Riesen-Ignoranz" professioneller Forscher-Kollegen stellt jedenfalls eine konkrete Herausforderung dar, da sie zwangsläufig den wissenschaftlichen Erkenntnis-Prozess behindern muss und ein tieferes Verständnis der Menschheits- und Zivilisationsgeschichte unmöglich macht.

Wie wir bereits in unserer Untersuchung festgestellt haben (siehe: Die Ursprünge der 'Gigantologie'), war - zumindest im deutschsprachigen Raum - bereits um 1830 herum die Frage "wissenschaftlich" entschieden, ob es in (prä-) historischen Zeiten Populationen riesenhafter Menschen oder Hominiden gegeben habe; und als Antwort auf diese Frage stand seither ein klares "NEIN" im Raum. Dieses "NEIN" glich, vor allem in den USA, in seiner Endgültigkeit dem Richtspruch des Zeus, der die Giganten und Titanen bis ans Ende aller Tage in die Unterwelt verbannt sehen wollte.

Als die ersten Riesen dann im späten 18. und vor allem im 19. Jahrhundert in Form (vermeintlicher und tatsächlicher) archäologischer Entdeckungen wieder an die Erd-Oberfläche kamen, beschlossen die Herren auf dem 'Olymp der Wissenschaft' offenbar, sie erneut als gefährliche Störenfriede in 'Sicherungs-Verwahrung' zu stecken. Das Urteil lautete nun: Ewige Verbannung der Giganten in die Welt der Märchen und Fabeln. Einspruch war nicht vorgesehen und eine Revisions-Instanz gab es damals (noch) nicht.


Inkompetenz wird zum Argument: Die >Kerry´sche Fehlmessung<

Abb. 2 Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts stand für Wissenschaftler in der 'Alten' und der 'Neuen Welt' fest: Riesen - hier "Rübezahl" - gehören ins Reich der Fabeln und Märchen!

Daher hielt es seither in aller Regel auch kein Fachwissenschaftler mehr für für nötig, ARGUMENTE gegen die Riesen-in-Amerika-Hypothese vorzubringen. Geschah dies doch einmal, dann auf Nachfrage der Wissenschafts-Presse - und bisweilen auf erschreckend niedrigem Niveau, wie die folgende Meldung des Science News Letter aus dem Jahr 1931 zeigt: "Wieder einmal stellt sich der Fund eines angeblich >gigantischen< Skelettes auf einer indianischen Begräbnis-Stätte als ganz ordinäre Grabstelle einer ziemlich gewöhnlichen Rothaut heraus. Zwei Wissenschaftler von der Universität in Illinois untersuchten den kürzlich gemeldeten Fund bei Edgemond [...] und haben an den Science Service berichtet, dass an den Skeletten absolut nichts außergewöhnlich sei.

Während ihrer Erstentdeckung durch Arbeiter waren die Skelette aufgrund der völligen Verwesung der Sehnen und Knorpel-Verbindungen, die einst die Knochen zusammen hielten, gewissermaßen auseinander gefallen. Dieses Problem, das nach der Verwesung allen verbindenden Gewebes eine Verschiebung der Knochen der Länge nach erlaubt, ist, wie Dr. A. R. Kerry, Anthropologe an der Universität von Illinois, erklärte, im Allgemeinen die Ursache für die irrigen Berichte über >Giganten-Skelette<, die in Umlauf geraten." [1]

Dr. Kerry´s Hypothese ist eine typische "Skeptiker"-Luftnummer. Sie ist bestechend einfach, für den Laien nachvollziehbar, und wird sehr überzeugend in einer (populär-?) wissenschaftlichen Publikation präsentiert - ihr einziger Fehler besteht darin, dass sie nicht valide ist. Kerry´s gedanklicher Kurzschluss liegt in der Tatsache begründet, dass er - wie die meisten seiner Fachkollegen - offenbar keinen blassen Schimmer von den seit 1827 [2] dokumentierten Fundberichten über Skelette und Mumien amerikanischer Riesen hatte. Hätte er sich auch nur flüchtig mit dem Gegenstand beschäftigt, wären ihm eine ganze Reihe von Fakten bewusst gewesen, die seine Ansicht ad absurdum führen. Zunächst lassen sich die vorliegenden Fund-Meldungen [3] in zwei Haupt-Kategorien zusammenfassen:

  • a) Zufalls-Funde durch wissenschaftliche Laien wie Farmer, Bauarbeiter und Bergleute, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit quasi über die betreffenden Fund-Objekte 'stolperten'.
  • b) Ergebnis-Funde, die im Rahmen semi-professioneller archäologischer Forschungsarbeit bei Mound-Ausgrabungen erfolgten, z.T. unter Supervision professioneller Archäologen; bzw. Berichte über Funde Dritter, die von Mitgliedern amateur-archäologischer Vereinigungen gemeldet wurden.

Zu a): Natürlich besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass EINZELNE dieser Funde in der von Kerry vermuteten Weise fehlinterpretiert wurden. Dies ist jedoch "im Allgemeinen" schlechterdings unmöglich, da bei den meisten derartigen Fund-Berichten explizit auf die Größe bestimmter signifikanter Knochen eingegangen wird. Dies sind in der Regel: Cranium, Femur (Oberschenkelknochen) oder Tibia und Fibula (Unterschenkel-Knochen). Es gehörte offenbar zum charakteristischen Umgang angelsächsischer Finder mit den entdeckten Human-Relikten, in geradezu spielerischer Weise direkte Vergleiche mit der eigenen Physiognomie oder derjenigen hochwüchsiger, dritter Personen anzustellen. So finden wir z.B. das Motiv des demonstrativ über den eigenen Kopf gestülpten Riesen-Craniums immer und immer wieder in den Fund-Meldungen und -Berichten von Laien.

Abb. 3 Auch in Ohio fiel ein großer Teil der alten Mounds Raubgräbern und der Kultivierung des Landes zum Opfer. Das heute dennoch eine erkleckliche Anzahl für die Forschung verwertbare Fund-Beschreibungen und -Berichte von dort existiert, verdanken wir örtlichen "Kirchturm-Historikern" - nicht den Koryphäen der Wissenschaft.

Zu b): Die Möglichkeit, dass der beschriebene Vermessungsfehler hier gemacht wurde, erscheint noch weitaus geringer als bei (a). Diese Ausgräber gehörten häufig den Historical Societies an, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Gemeinden und Counties der 'älteren' US-Bundesstaaten entstanden. Die Mitglieder dieser Gesellschaften kamen zumeist aus den 'gebildeten Schichten' und widmeten sich schon damals engagiert der Erhaltung und Erforschung ur-amerikanischen Reilkte in ihrer näheren Umgebung. Auch wenn wir voraussetzen dürfen, dass archäologische (Semi-) Profis im 19. Jahrhundert noch nicht über das Know-how ihrer heutigen Kollegen verfügten, müssen wir das Vorkommen "Kerry´scher Messfehler" hier schon grundsätzlich anzweifeln. (Im Grundsatz möglich ist allerdings, dass Berichterstatter aus den Gesellschaften in einzelnen Fällen Fehlinformationen Dritter tradiert haben.)

Im Detail finden wir in Kategorie (b) natürlich viel präzisere Angaben zur Fundlage sowie exakte Vermessungsergebnisse von in situ untersuchtem Knochen-Material. Die archäologischen Reports (z.B an die Smithsonian Institution oder den American Antiquarian) mit bisweilen exquisit protokollierten Beschreibungen des Fund-Gutes (vergl. z.B.: Die Crania aus den Mounds im St. Francis County, Arkansas, 1888) aus den Gemeinden und Counties machen übrigens keinen geringen Anteil [4] der uns bisher zur Verfügung stehenden Berichte über Riesen-Funde in den USA aus. [5] Dabei erscheint es bedeutsam, dass überall dort, wo eine entsprechende Infrastruktur von Historischen Gesellschaften bestand (vor allem in Indiana, Ohio und dem Staate New York) auch eine hohe Anzahl von Riesen-Funden dokumentiert wurde.

Soviel zu Dr. Kerry´s "wissenschaftlicher" Falsifizierung nordamerikanischer Giganten-Funde "im Allgemeinen", die wir damit ad acta legen können. Als Randnotiz interessant ist allerdings noch die abschließende Bemerkung des namentlich ungenannten Autors im Science News Letter: "Ein anderer unglücklicher Fehler, den die Arbeiter gemacht hatten, bestand darin, die Knochen alle von den Stellen zu entfernen, wo man sie gefunden hat. Das machte den Anthropologen eine Bestätigung des Berichts unmöglich, die Skelette seien in zwei zusammenlaufenden Linien mit dem Gesicht nach unten [!; bb] gefunden worden." [6] Da uns zumindest drei weitere Meldungen derartiger Skelett-Funde bekannt sind [7], können wir jedenfalls von der Glaubhaftigkeit dieser Aussage ausgehen und feststellen, dass man bei Edgermont zwar nicht auf Riesen, aber offenbar auf ein seltenes und hochinteressantes Kultur-Phänomen präkolumbischer Amerikaner gestoßen war.


Nachforschungen sinnlos? - Die >Arment´sche Sackgasse<

Halten wir zunächst einmal fest, dass sich bezüglich Haltung und Argumentation zur 'Giganten-Frage' seit Kerry´s Zeiten in den Kreisen US-amerikanischer Fachwissenschaftler nichts merklich bewegt hat. So reproduzierte der konformistisch argumentierende Autor Chad Arment in seinem online veröffentlichten Aufsatz "Giant Amerindians" erst in jüngster Zeit noch einmal liebevoll alle Klischees und Vorurteile des wissenschaftlichen Mainstreams:

"Die meisten Archäologen, die sich auf nordamerikanische Studien spezialisiert haben, geben kaum etwas auf Berichte über eine ausgestorbene Rasse gigantischer Amerinden. Die Wahrheit ist, dass sich die meisten Berichte über riesige Skelette als Fakes herausgestellt oder in Sackgassen geführt haben, wenn ein Forscher versuchte, die Knochen aufzuspüren. Anscheinende Beweise [gibt es] in Form von Schnipseln aus Berichten in zahlreichen halbgaren Publikationen. Sie können zu dem falschen Eindruck führen, dass es ausreichende Evidenzen gibt, mit denen zu belegen ist, dass solch ein Volk existiert hat. Die Frage der gigantischen prähistorischen Amerinden hat, wie auch immer, einige Wissenschaftler fasziniert." [8]

Abb. 4 Anthropologen und Archäologen aus den USA haben arge Probleme mit Funden, die sich nicht in ihr gängiges Bild der Menschheits-Geschichte einfügen lassen. (Rechts: Ein riesiges cranium, das 1940 in Texas entdeckt wurde. Links ein normal großer Schädel)

Mason Winfield, ein weiterer Autor aus den USA, der das Riesen-Phänomen auf seinen grenzwissenschaftlichen Webseiten, allerdings objektiv, diskutiert, wird zum Abschluss seiner Betrachtungen zu diesem Thema noch deutlicher: "Der Fairness halber kann ich diese Diskussion nicht abschließen, ohne alle daran zu erinnern, dass die meisten Anthropologen / Archäologen angesichts der Ernsthaftigkeit, mit der wir uns der Frage nach gigantischen menschlichen Skeletten widmen, vor Lachen vom Stuhl fallen würden. Manchmal wissen jedenfalls, wie das bei vielen paranormalen Debatten der Fall ist, selbige Parteien nichts über die Details oder Nuancen des Themas. Sie nehmen lediglich an, es sei vom Tisch, weil es sich lächerlich anhört." [9]

Winfield stellt damit erneut heraus, dass die ablehnende Position der meisten Fachwissenschaftler - wenn es um 'Riesen, Zwerge & Co' geht - vorwiegend NICHT auf den Ergebnissen konkreter Studien und Forschung beruht, sondern eben auf jener blinden Kolportage, die ansonsten vehement den Verfechtern "spinnerter" Ideen unterstellt wird. Auch bei Arment scheint dies der Fall zu sein. Er geht jedenfalls, wie wir sehen, nicht nur konform mit der archäologischen 'Parteilinie' der US-amerikanischen Forscher-Szene, sondern er befleißigt sich auch einer 'politisch korrekten' Betrachtungsweise, indem er lediglich die Möglichkeit amerinder - also "ur-indianischer" - Riesen in seine Betrachtungen einbezieht.

Die mögliche Existenz nicht-amerinder Giganten schließt er kategorisch aus. Daher kann er auch eine wissenschaftliche Untersuchung aus den späten 1990er Jahren als Argument gegen nordamerikanische Riesen der Urzeit ins Feld führen: "Iscan und Kessel berichteten (1997) über eine osteologische Analyse prähistorischer Indianer in den südöstlichen USA. Ihre Studie basierte auf dem Skelett-Material von über 100 Subjekten, und berichtet von einer maximalen Durchschnitts-Größe von 169.8 cm für Männer und 164.0 cm für Frauen. Diese Angaben könnten als >groß<, aber nicht als außergewöhnlich bezeichnet werden." [10] Immerhin verfügen wir mit dieser Information nun über einen soliden Richtwert, den wir zum Vergleich mit den Größenangaben bei gut dokumentierten Riesen-Funden heranziehen können. [11]

Da wir jedoch sowohl die Möglichkeit einer interkontinentalen Zuwanderung nicht-amerikanischer Giganten als auch eine möglicherweise urtümliche Präsenz aboriginaler non-amerinder Riesen im präkolumbischen Amerika ins Auge fassen müssen, können wir Arment´s Argument nicht gelten lassen. Außerdem haben wir, wie zu zeigen sein wird, allen Grund, den Paradigmen amerikanischer Mainstream-Archäologie keine allzu große Relevanz beizumessen (siehe dazu auch: Farewell, Clovis! - Vom langsamen Sterben eines Paradigma). Bevor wir uns jedoch dem "morschen Paradigmen-Skelett" US-amerikanischer Archäologie zuwenden, müssen wir zunächst noch einige weitere (Schein-) Argumente entkräften, die Arment oben exemplarisch gegen die reale Existenz alter Riesen-Knochen in amerikanischer Erde vorgebracht hat.


Warum US-Wissenschaftler Angst vor Gips-Riesen haben

Erinnern wir uns zunächst an seinen Satz: "Die Wahrheit ist, dass sich die meisten Berichte über riesige Skelette als Fakes herausgestellt oder in Sackgassen geführt haben, wenn ein Forscher versuchte, die Knochen aufzuspüren." Was hier so souverän und eindeutig klingt, ist in der Realität völlig substanzlos. TATSACHE ist vielmehr, dass sich nur ein MINIMALER Prozentsatz als nachweisliche Fälschungen herausgestellt hat. Diese wenigen, spektakulären Fakes des 19. Jahrhunderts, vor allem der "Gips-" oder "Cardiff-Riese" (siehe: Die gefälschten Riesen - Fakes im Visier der Gigantenforschung) haben gerade deshalb der zeitgenössischen Presse soviel Stoff geboten, weil sie auch die wissenschaftliche Welt in Aufruhr versetzten, spalteten - und diejenigen Forscher im Wortsinn 'bis auf die Knochen' blamierten, welche die Authentizität der betreffenden Specimen verfochten hatten.

Diese großen Fakes und Skandale in der Frühzeit US-amerikanischer Anthropologie und Archäologie haben jedenfalls ausgereicht, um die dortigen Fachwissenschaftler nachhaltig zu 'traumatisieren', wenn es um Riesen, Zwerge & Co geht. Spätere Fälschungen oder Fehlinterpretationen des 20. Jahrhunderts, wie der 1947 präsentierte "Riesenfund des Dr. Hill" (siehe: Die gefälschten Riesen - Fakes und Flops im Visier der Gigantenforschung), wurden in wissenschaftlichen Kreisen übrigens schon nicht mehr ernsthaft diskutiert oder zur Kenntnis genommen; und wenn, dann wie in Kerry´s oben beschriebenem Fall, als Demonstrations-Beispiel dafür, dass gigantische Skelette nichts als ein riesiger Unfug seien.

Mit äußerster Skepsis müssen wir auch auf Arments Angabe reagieren, Recherchen bezüglich angeblicher und tatsächlicher Riesenfunde hätten stets "in Sackgassen geführt [...], wenn ein Forscher versuchte, die Knochen aufzuspüren." TATSACHE ist nämlich, dass kaum ein "ernsthafter" - erst recht kein namhafter - Wissenschaftler in den USA jemals versucht hat, eine solche Untersuchung durchzuführen. Eine wissenschaftliche Studie hat es dazu offenbar weder in der zweiten Hälfte des 19., noch im gesamten 20. Jahrhundert gegeben!

Abb. 5 Der "Gips-Riese" von Cardiff löste in der US-amerikanischen Öffentlichkeit im Wortsinn einen 'Riesen-Hype' aus und machte eine Reihe Anthropologen zu 'Witzblatt-Figuren'.

An einer Verifizierung der Riesen-Fundmeldungen (die in toto keinem Fachwissenschaftler des 20. Jahrhunderts bekannt gewesen sein dürften!) hatte in akademischen Kreisen schlichtweg niemand das geringste Interesse. Warum Zeit auf der Suche nach etwas verschwenden, dessen Existenz man für unmöglich hält? Warum erneut mühevoll auf dem Weg der Forschung widerlegen, was doch längst als Phantasterei galt? Material, das sich gegebenenfalls zur Diskreditierung des "gesamten" Fund-Komplexes nutzen ließ, erhielten diese Wissenschaftler ohnehin, gratis und frei Haus, durch Fälscher und Lügenbarone, die mit ihren Sensations-Meldungen durch die Medien geisterten - und es noch heute tun.

Die "Arment´sche Sackgasse" ist damit ebenso fiktiv wie die "Kerry´sche Fehlmessung", also keinesfalls ein gültiges Argument in einem ernsthaften Diskurs über (prä-) historische Riesen in Amerika. Immerhin zwingt uns seine Feststellung dazu, uns eingehender mit der Tatsache zu beschäftigen, dass sich heute von den HUNDERTEN, vorgeblich im 19. Jahrhundert auf nordamerikanischem Boden entdeckten, Riesen-Mumien und -Skeletten sowie Skelett-Fragmenten und den zugehörigen Grab-Beigaben kaum noch ein greifbares Exemplar finden lässt. Da besonders das Fehlen der jeweiligen Specimen immer wieder als Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Riesen-Funde ins Feld geführt wird, sollten wir die Hintergründe für dieses Phänomen etwas sorgfältiger ausleuchten.

In der Tat muss der enorme 'Fund-Schwund' innerhalb weniger Jahrzehnte (die meisten Fundstücke galten offenbar bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts als verschollen) zunächst einmal befremdlich wirken, gerade wenn man zur Kenntnis nimmt, dass diese Funde nicht selten von semiprofessionellen Laien aus den Historical Societies (auf die wir noch näher eingehen werden) gemacht wurden, die ihre Entdeckungen und Fund-Berichte dann umgehend der wissenschaftlichen Forschung zugänglich machten.


Wo sind all die Riesen hin, wo sind sie geblieben? - Das Rätsel des "Fund-Schwunds"

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Abb. 6 Die letzten, noch existierenden Überreste der Riesen-Skelette aus Nevada gehören zu den wenigen verbliebenen 'harten Evidenzen', die der Gigantologie in Nordamerika heute noch zur Verfügung stehen.

Um vorab einem häufig lancierten "Skeptiker"-Mythos entgegen zu wirken, den auch Arment benutzt: Tatsächlich müssen fast (aber eben nur FAST) alle diesbezüglichen Fundstücke heute als verschollen oder verloren gelten. In Ausnahmefällen, wie etwa den Kentucky Cave Leuten oder den Resten der Lovelock-Relikte in Nevada (Abb. 6), zu denen auch ein überdimensionales Cranium gehört, haben einzelne Objekte mit evidentem Charakter eben doch bis heute "überlebt"; ihre Aufenthaltsorte sind bekannt und ihre Authentizität darf als gesichert gelten.

Zudem ist durchaus möglich, dass sich auch heute noch einzelne derartige Objekte in Privatbesitz von Sammlern befinden, die keinerlei Interesse an Öffentlichkeit haben. Schließlich können wir auch nicht ausschließen, dass in jüngerer Vergangenheit bereits weitere Funde erfolgt sind, die man seitens der involvierten Wissenschaftler schlichtweg nicht 'an die große Glocke hängt'. So erklärt z.B. "R.", ein anonymer US-Wissenschaftler [12], dazu auf ANCIENT MYSTERIES, einer [[grenzwissenschaft]lichen Internetseite von Mason Winfield:

"Und gigantische Menschen scheinen hinter vorgehaltener Hand in manchen akademischen Kreisen akzeptiert zu werden. Es wurde mir von einem Doktor [Ph. D.] der Anthropologie inoffiziell zugetragen, dass an drei Stätten östlich der Kontinental-Scheide in Amerika gigantische Menschen-Knochen gefunden worden seien [...] Für mich heißt das, dass dies rezente Funde waren - aus den jüngsten fünfzig Jahren - oder anders [formuliert], dass sie Specimen haben, die sie nicht zeigen. Ich erwarte nicht, dass jemand diese Anekdote als Evidenz betrachtet, aber ich glaube, was mir mein Freund erzählt hat [...]" [13]

Da uns MÖGLICHERWEISE gemachte oder noch zu machende Vergleichsfunde bei unserer Untersuchung jedoch nicht weiterhelfen, wollen wir nun stattdessen versuchen, dem Geheimnis des 'Fund-Schwunds' der US-Riesenskelette mit empirischen Mitteln auf die Spur zu kommen. Dazu müssen wir die historischen und wissenschaftsgeschichtlichen Bedingungen etwas näher unter die Lupe nehmen, die im 19. und 20. Jahrhundert in den USA herrschten; und wir müssen uns vor Augen führen, welch 'gigantisches' Erbe (im doppelten Wortsinn) hier im großen Stil vernichtet wurde.


Fortsetzung: Riesen in Nordamerika: (K)ein Streitpunkt für Archäologen? (2. Teil)


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Science News Letter, 11. Juli 1931 - SNL 20 (535): 31; nach North American BioFortean Review (Herausgeber Chad Arment) Vol. 5, No. 2, Issue #11, July 2003, online unter http://www.strangeark.com/nabr/NABR11.pdf
  2. Anmerkung: Bisher (Stand: Mai 2005) liegen uns ca. 160 schwach bis sehr gut dokumentierte Einzelfall-Reports aus 21 Bundesstaaten der USA sowie Kanada vor, deren Originalquellen in den meisten Fällen bekannt sind und weiter überprüft werden müssen. Diese Fundmeldungen stammen aus dem Zeitraum zwischen 1827 und 1965.
  3. Anmerkung: Das uns vorliegende Material ist keineswegs als vollständig zu betrachten, sondern wir gehen davon aus, dass in US-amerikanischen Archiven noch zahlreiche weitere Dokumentationen "schlummern".
  4. Siehe dazu: Anostos, das letzte Refugium der Riesen und Satyre - Riesen im prähistorischen Nordamerika - unmöglich? und Folge-Seiten
  5. Anmerkung: Wir nehmen an, dass der Prozentsatz der Zufalls-Funde weiter abnehmen wird, um so mehr Material aus den noch nicht durchforsteten Archiven anderer Bundes-Staaten der USA ans Licht geholt wird.
  6. Quelle: Science News Letter, 11. Juli 1931 - SNL 20 (535): 31; nach North American BioFortean Review (Herausgeber Chad Arment) Vol. 5, No. 2, Issue #11, July 2003, online unter http://www.strangeark.com/nabr/NABR11.pdf
  7. Anmerkung: Siehe dazu den "geköpften Riesen von Aztalan (Wisconsin)" auf der ersten Abbildung unseres Beitrags Riesen im prähistorischen Nordamerika - unmöglich? sowie den Funde von Cattarugas County, New York (dazu: Riesenfunde - im Staate New York), und unseren Beitrag: Die Clearwater-Skelette und eine mysteriöse Bestattungsform im präkolumbischen Amerika (Homo sapiens gigantus duplodontialis - in Minnesota).
  8. Quelle: Chad Arment, "Giant Amerindians", online unter: http://www.geocities.com/TheTropics/Lagoon/1345/kentucky.html
  9. Quelle: Mason Winfield, "Giant Skeletons Q & R", unter http://www.masonwinfield.com/ArchiveFiles/October%202002/Giant%20Skeletons%20Q&A.htm
  10. Quelle: Chad Arment, "Giant Amerindians", online unter: http://sites.google.com/site/theywatchus/evidence-of-nephilim-giants/giant-amerindians --- Arment bezieht sich dort auf: Iscan, M.Y., and M.H. Kessel. 1997. Giant Amerindians: Fact or Fantasy? Southeastern Archaeology 16(1): 73-78.
  11. Anmerkung: Um es vorwegzunehmen: Arment arbeitet uns damit, dass er die Iscan-Studie präsentiert, argumentativ geradezu in die Arme. Wie wir anhand einer Vielzahl als authentisch zu bewertender Skelettfunde von TATSÄCHLICH RIESENHAFTEN DIMENSIONEN zeigen werden, lässt die Tatsache, dass Iscan den Amerinden einen derart anomalen Hochwuchs wissenschaftlich abspricht, nur einen logischen Schluss zu: Die (frühen) Riesen waren KEINE Paläo-Indianer oder archaische Amerinden!
  12. Anmerkung: Wir wissen natürlich, dass anonymen Statements stets mit besonderer Vorsicht zu begegnen ist. Allerdings haben wir nach intensiver Lektüre des betreffenden Interviews keinerlei Anlass gefunden, an der Authenzität von "R." (R = Response, in "Question and Response") und der betreffenden Aussagen zu zweifeln. Gegen eine bewusste Fälschung sprechen zudem Ausrichtung und Qualität der grenzwissenschaftlichen Webseiten von Mason Winfield.
  13. Quelle: "R.", nach Mason Winfield, auf ANCIENT MYSTERIES, online unter http://www.masonwinfield.com/ArchiveFiles/October%202002/Giant%20Skeletons%20Q&A.htm


Bild-Quellen

(1) Wikimedia Commons, unter: File:CristobalColon.jpg

(2) Wikimedia Commons, unter: File:Ruebezahl (Moritz von Schwind).jpg

(3) Dale R. Broadhurst, THE SPALDING RESEARCH PROJECT - Spalding Studies, Ohio Sources Part One - Miscellaneous Published Historical Accounts, unter: The Geneva Times, HISTORY OF ASHTABULA COUNTY, 1844

(4) Steve Quale: Skull of Giant Man Found in 1940, bei Welcome to the World of Steve Quayle! (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de) Vergl. auch: "Riesenfunde - in Texas"

(5) http://home.new.rr.com/bmarx/The%20Cardiff%20Giant.htm (nicht mehr online)

(6) Whyte Eagle, "Giant Skeletons of Lovelock, Nevada", bei: Ancient Lost Treasures, unter Red Haired Giants of Lovelock, NV