Vom Katastrophismus in die Sackgasse des Aktualismus

Abb. 1 Der Englische Geologe William Whiston (1667-1752) legte sich zur Verteidigung kataklysmischer Erkenntnisse sogar mit der Church of England an.

Geologie - Antipode oder Hilfswissenschaft der Atlantisforschung? - Fortsetzung II

(bb) Trotz der sich nach und nach vollziehenden gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Emanzipation von den Lehren der christlichen Kirchen wurden geologische Ansätze "aber noch lange durch das Festhalten an der biblischen Zeitskala behindert. Als einziges Ereignis, dass die Gestalt der Erde nach der Schöpfung noch wesentlich verändert haben konnte, galt die Sintflut. Sie wurde nicht nur für die Existenz von Fossilien fern des Meeres verantwortlich gemacht, sondern auch für die, in weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas auftretenden Geschiebe-Lehme, die erst im 19. Jahrhundert als Zeugnisse der letzten Eiszeit erkannt wurden. Wegen der Ähnlichkeit der Küstenlinien von Afrika und Südamerika machte ein Theologe namens Lilienthal im Jahr 1736 die Sintflut sogar für das Auseinanderbrechen dieser Kontinente verantwortlich." [1]

Eine Eskalation dieser zentralen Auseinandersetzung um den historischen Gehalt der Sintflut-Überlieferung war abzusehen und tatsächlich polarisierte der (im Grundsatz ideologische!) Streit zwischen sogenannten "bibeltreuen" und "-kritischen" Geologen mehr und mehr die Diskussion während des "heroischen Zeitalters der Geologie" (1790 - 1820), um schließlich, während der so genannten "Zeit der großen Meister" (1820 - 1860) in einen mit geradezu pathologischer Verbissenheit und Schärfe geführten Gelehrtenstreit auszuarten.

Zum besseren Verständnis dieses Prozesses sei hier kurz der Wissenschafts-Philosoph Thomas S. Kuhn erwähnt, der in seiner bekannten Arbeit Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen feststellt, die "Wissenschaftsentwicklung [...] verlaufe nicht graduell, step by step, bestimmt von einer ruhigen, inneren Logik der Argumentation und Gegenargumentation; jedenfalls verlaufe sie nicht nur so. Sondern im Erkenntnisprozess ereigneten sich größere Wendungen." [2] Dabei schreibt Kuhn dem wissenschaftlichen Erkenntnisprozess unterschiedliche "Phasen von Dynamik zu: ruhige der Addition, Ergänzung, Festigung und Erweiterung; und plötzliche der Umschreibung, Neuinterpretation und Integration des Ausgegrenzten und Nichtverhandelten. Der Grundsatzstreit, durch den hindurch sich der Paradigmenwechsel vollzieht, kann mehrere Generationen anhalten und wird nicht nur kühl und nüchtern geführt, sondern trägt oft irrationale Züge." [3]

In der Geologie war es vor allem das "Studium der Leitfossilien", das im 18. und 19. Jahrhundert zu einer alles andere als kühl und nüchtern verlaufenden, "lang anhaltenden Kontroverse [...] über die Rolle [führte], die man katastrophalen Ereignissen in der Geschichte der Erde zuschreiben darf." [4] Dabei dominierte zuerst die 'platonische' Richtung der Kataklysmiker, die sich schon zu dieser Zeit nur noch scheinbar mit Begriffen wie 'bibeltreu', 'christlich orientiert', oder 'religiös' fassen lässt. Dies zeigt anschaulich das Beispiel William Whistons (1667-1752) (Abb. 1), eines bedeutenden Kataklymikers des "Heroischen Zeitalters der Geologie".

Der Wissenschafts-Historiker und -Kritiker Dr. Horst Friedrich schreibt über ihn: "Whiston war ein Schüler Newtons, der ihn zunächst sehr schätzte und als sein Promotor fungierte. Später brach Newton jedoch mit ihm, weil er meinte, Whistons Katastrophismus würde letztlich alle traditionellen Vorstellungen über die Ordnung des Kosmos, ja sogar die Existenz Gottes in Frage stellen. Aus ebendiesem Grunde bekam Whiston später sogar Schwierigkeiten mit der Church of England, die sich wohl bereits mit der 1681 publizierten These Whistons, ein Komet habe die biblische Sintflut verursacht, nicht hatte anfreunden können." [5]

Abb. 2 Der französische Anatom und Paläontologe Georges Cuvier (1769 - 1832) war der bedeutendste Vertreter der 'platonischen' (katastrophistischen) Geologie des 19. Jahrhunderts.

Wir sollten dazu zunächst festhalten, dass Whiston mit seiner Impakt-Theorie grundsätzlich als erster Geologe eine Lösung für das - seit Kirchers Zeiten - ungelöste (und wohl auch nicht weiter verfolgte) Problem anbot, welche Ursache für ein Ereignis wie das Versinken einer atlantischen Großinsel verantwortlich gewesen sein könnte. Nur wenig später (1778) stellte dann der italienische Privatgelehrte Graf Gian Rinaldo Carli (1720-1796) tatsächlich zum ersten Mal die These auf, der Impakt eines größeren kosmischen Körpers müsse den Untergang von Atlantis und das Ende einer ganzen, menschheitsgeschichtlichen Ära hervorgerufen haben. [6] Darüber hinaus ist die Whiston-Episode, wie Friedrich bemerkt, "sehr lehrreich, zeigt sie doch drastisch, wie spannungsgeladen - weil sakrosankte Weltbilder berührend! - die Atmosphäre schon damals wurde, sobald der Katastrophismus ernsthaft ins Spiel gebracht wurde. Die Verbreitung solcher ketzerischen, revolutionierenden Lehren tat nach Ansicht der Obrigkeiten den >Untertanen< und Kirchen->Schafen< nicht gut." [7]

Bedeutendster Repräsentant der frühen, katastrophistischen Geologie war zweifellos der französische Anatom und Paläontologe Georges Cuvier. (Abb. 2) Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Cuvier "Fossilablagerungen im Seinebecken analysiert und daraus [1812 in "Discours sur les révolutions de la surface du globe"] geschlossen, in der geologischen wie in der biologischen Entwicklung müßten sich jähe Wendungen ereignet haben, das >wiederholte Vordringen und Zurückweichen des Meeres< könne weder langsam noch schrittweise, sondern müsse plötzlich eingetreten sein.

Cuvier folgerte, daß offenbar >das Leben auf unserer Erde oftmals von furchtbaren Ereignissen gestört worden ist - Unglücksfällen, die unter Umständen von Anfang an die äußere Erdrinde bis zu großer Tiefe in Mitleidenschaft zogen und umpflügten ... Lebewesen ohne Zahl sind diesen Katastrophen zum Opfer gefallen ... Ihre Rassen sind auf immer ausgelöscht, und nichts ist zurückgeblieben als einige Reste, die kaum noch der Naturforscher zu erkennen vermag..." [8] Nach derartigen Erdkatastrophen, so Cuvier, seien die vernichteten Spezies "durch neue, entweder von außen zugewanderte, oder gänzlich neu erschaffene, Organismen ersetzt worden. Die biblische Sintflut sei dabei nur die allerletzte dieser Katastrophen gewesen." [9]

Abb. 3 Der Geologe James Hutton (1726 - 1797) aus Schottland entwickelte in Grundzügen die Idee des Aktualismus, die später von Charles Lyell weiterentwickelt wurde.

Diese - wie wir heute annehmen dürfen - nur zu berechtigte Annahme und Mehrheits-Position der damaligen Geologen wurde jedoch bereits Mitte des 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen einer antagonistischen Lehrmeinung herausgefordert, die zuerst der schottische Geologe James Hutton (1726 - 1797) (Abb. 3) vertreten hatte [10], und deren eigentlicher "Ziehvater" der britische Privatgelehrte Charles Lyell (1797 - 1875) (Abb. 4) war. "Sein Hauptwerk Principles of Geology erschien zuerst 1830. Basierend auf den Gedanken Huttons kam Lyell nicht nur zu dem Schluss, dass die geologische Zeitskala, im Vergleich zur menschlichen Geschichte, sehr lang ist, sondern auch, dass die Prozesse, die zur Bildung von bestimmten Gesteinen führten, im Wesentlichen identisch sind, zu den Vorgängen, die man noch heute beobachten kann. Die Veränderungen im Fossilbestand erklärte Lyell durch ständige, langsame Hebungen und Senkungen der Erdkruste. Die Schichtgrenzen an denen sich die Lebewesen anscheinend sprunghaft verändert hätten, entspächen einfach den Zeiten, in denen sich auf den herausgehobenen Festländern keine Sedimente abgelagert hätten." [11]

Da wir uns mit diesem 'Waterloo' moderner Geologie an anderer Stelle ausführlicher beschäftigen (siehe: Lyell, Darwin & Co.), wollen wir uns hier im wesentlichen auf E. Sens´, fast ironisch erscheinende, Kurzfassung der Ereignisse beschränken: "Der heftige Theorienstreit, der nun [...] ausbrach, hatte seine Pole in Paris [Cuvier] und London [Lyell]. Paris verlor, und London gewann." [12] Allerdings müssen wir im Kontext unserer Betrachtung zum Verhältnis vom Geologie und Atlantisforschung bezüglich der gravierenden Auswirkungen des lyellistischen Triumphs auf die 'Welt der Wissenschaft' einige wesentliche Feststellungen treffen.

Zunächst einmal hatte sich mit dem Lyellismus-Darwinismus nicht das b e s s e r e Konzept zur stringenten Interpretation geologischer und biologischer Evidenzen durchgesetzt, sondern dasjenige, mit dem sich diese Evidenzen besser im Sinne des herrschenden Zeitgeistes interpretieren ließen, denn es harmonierte "gut mit der technischen Entwicklung und dem Selbstbild der aufsteigenden Industriegesellschaft." [13] H. Friedrich bezeichnet den Paradigmenwechsel vom Katastrophismus zum Lyellismus darüber hinaus als "sehr lehrreich, demonstriert er doch überzeugend die Zeitbedingtheit der schulwissenschaftlichen Paradigmata (Lehrmeinungen, Dogmen)! Es ist wohl kein Zufall, daß der Katastrophismus sich im Zeitalter der französischen Revolution und der napoleonischen Umwälzung Europas durchsetzte, während er im nachfolgenden Zeitalter der Restauration und Repression vom >zahmen< Aktualismus verdrängt wurde, der auch dem viktorianischen Zeitalter viel sympathischer war.

Abb. 4 Charles Lyell (1797 - 1875) legte 1830 mit "Principles of Geology" die Grundlagen für ein ideologisches Lehrgebäude, das etwa 150 Jahre lang - nicht nur - den geologischen Diskurs bestimmen sollte.

Lyell und seine >Doctrine of Uniformity< (= Aktualismus) waren für die Geologie eine Katastrophe! Eine pure - wissenschaftlich gänzlich haltlose! - Ideologie [14] hatte die bis dahin wissenschaftlich-seriöse Geologie überwältigt. Von nun an mußte jeder Geologe, der publizieren wollte, seinen Kotau vor dieser Ideologie machen."

Friedrichs abschließender Kommentar dazu: "Es dürfte ein einmaliges Vorkommnis sein, daß eine Wissenschaft durch den Einfluß eines einzelnen Mannes so gewaltig zurückgeworfen, in ihrer Entfaltung rund 150 Jahre gebremst wurde. Auch der Darwinismus - ebenfalls mehr Ideologie als Wissenschaft - hätte ohne Lyell nicht aufkommen könnten [...] Der Lyellismus hatte nämlich zuvor, ohne sich viel um nachvollziehbare Beweise zu scheren, erst jene ungeheuren geologischen Zeiträume schlichtweg erfunden, die er brauchte, um die Formungen der Erdoberfläche un-kataklymisch zu erklären, und die der Darwinismus für seine Evolutionsvorstellungen brauchte." [15]

Tatsächlich war bereits zur Mitte des 19. Jahrhunderts die ablehnende Meinung gegenüber "versunkenen Kontinenten" und "fabelhaften Sagenreichen" so ausgeprägt, dass es für Fachwissenschaftler, die keine beruflichen Nachteile in Kauf nehmen wollten, immer schwerer wurde, als Anwälte der platonischen Atlantis-Überlieferung aufzutreten. Ein letztes, großes 'Gefecht' wurde jedoch noch einmal im frühen 20. Jahrhundert mit geologischen Argumenten für die Atlantis-im-Atlantik-These begonnen. Dieser als 'Termier-Debatte' bekannt gewordene Disput war durch neue ozeanographische Erkenntnisse in Gang gekommen, die ganz und gar nicht in die 'schöne neue Welt' des lyellistischen Aktualismus passen wollten. (siehe dazu: Der geologische Streit um den versunkenen "Kleinkontinent" im Atlantik) Allerdings war damals die Zeit noch nicht reif für einen erneuten Paradigmenwechsel, mit dem die - aus unserer Sicht - massive Fehlentwicklung geologischer Forschung hätte korrigiert werden können.


Fortsetzung:

Schlussbetrachtung: Quo vadis, Geologie?


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Quelle: Geschichte der Geologie; aus Wikipedia, der freien Wissensdatenbank, online unter http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Geologie
  2. Quelle: Eberhard Sens, "Die unterbrochene Musikstunde", in Fred Hoyle, Kosmische Katastrophen und der Ursprung der Religion, Insel Verlag, 1997, S. 14
  3. Quelle: ebd., S. 15
  4. Quelle: Geschichte der Geologie; aus Wikipedia, der freien Wissensdatenbank, online unter http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Geologie
  5. Quelle: Horst Friedrich, Jahrhundertirrtum Eiszeit, EFODON-Edition MESON, 1997, S. 40
  6. Anmerkung: Diese Vorstellung, 1883 von Ignatius Donnelly in Ragnarök: the Age of Fire and Gravel aufgegriffen und weiterentwickelt, stellt die Grundlage einer ganzen Richtung von Katastrophisten und Atlantologen dar, die im 20. Jahrhundert den Untergang von Atlantis und / oder die Umbrüche am Ende der jüngsten Eiszeit als Resultat eines schwerwiegenden Impaktoren-Treffers ansehen (siehe z.B. Otto Muck und „Die Welt vor der Sintflut“ oder Atlantis, der Sintflut-Impakt und Nostradamus: Die Theorien von A. und E. Tollmann)
  7. Quelle: Horst Friedrich, Jahrhundertirrtum Eiszeit, EFODON-Edition MESON, 1997, S. 40, 41
  8. Quelle: David M. Raup, Der schwarze Stern, Reinbek 1990 (amerik. orig. 1986), S. 30 f.; zitiert nach: Eberhard Sens / F. Hoyle (1997)
  9. Quelle: Geschichte der Geologie; aus Wikipedia, der freien Wissensdatenbank, online unter http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Geologie
  10. Anmerkung: J. Hutton gilt auch als Begründer des sogenannten 'Plutonismus'. "Er postulierte, daß durch Beobachtung die Gesetze zu ermitteln seien, die Gott dem Erdgeschehen zugrunde gelegt hätte. Nach HUTTON hatte wohl Gott die Welt in unerreichbar ferner Vorzeit nach seinem Willen erschaffen, nach der Schöpfung aber seine Herrschaft an die Naturgesetze abgetreten." Hutton meinte, dass "die wesentlichen Gestaltungskräfte der Erde aus dem Erdinnern ("Zentralfeuer") kämen, so daß von hier aus die Härtung und Verfestigung der Gesteine, ihre Faltung und Zerbrechung, die Bildung der Gebirge und Kontinente und das Aufdringen irdischen Schmelzflusses ableitbar seien. Huttons schärfster Gegner war übrigens der Deutsche Abraham Gottlob Werner (1749 - 1817), der hierzulande auch als "Vater der Geologie" bezeichnet wurde. "Er lehrte an der 1765 gegründeten Bergakademie in Freiberg in Sachsen. Indem er das Wissen seiner Zeit zusammenfaßte und systematisch ordnete, hat er die Geologie zu einer lehrbaren Wissenschaft gemacht. Er trennt 1786 in seinem Buch >Kurze Klassifikation der Gebirgsarten< die Petrographie von der Mineralogie. Begründer des >Neptunismus<. Seine Theorie setzte als Anfang einen heißen Urozean, dessen Spiegel mit der allmählichen Abkühlung sank. Aus ihm schieden sich der Reihe nach die Gesteine aus. Zuerst tauchten die aus Granit bestehenden Gipfel der Berge aus den fallenden Fluten auf. Am Schluß setzten sich die jungen Lockermassen der Täler ab. In WERNER lebte noch der Schöpfungsgedanke der Bibel. Nach seiner Lehre war die Erde auf einem einmalig durchschrittenen Wege entstanden, hervorgebracht durch Kräfte, die heute nicht mehr am Werke sind; die Erdgeschichte war für WERNER die Verwirklichung eines unwiederholbaren Ablaufs, der in der Gegenwart sein Ziel und seinen krönenden Abschluß gefunden hatte." Quelle: GeoDienst, Personen und Daten zur Geschichte der Geologie und Paläontologie, online unter http://www.geodienst.de/geschichte.htm#cuvier
  11. Quelle: Geschichte der Geologie; aus Wikipedia, der freien Wissensdatenbank, online unter http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Geologie
  12. Quelle: Eberhard Sens, "Die unterbrochene Musikstunde", in Fred Hoyle, Kosmische Katastrophen und der Ursprung der Religion, Insel Verlag, 1997, S. 19
  13. Quelle: ebd., S. 19, 20
  14. Anmerkung: IDEOLOGIE - Erklärung: "Eine Ideologie ist ein Bündel von Ideen, das die Wirklichkeitswahrnehmung einer Gruppe strukturiert, ein System von Repräsentationen oder ein Code von Bedeutungen, der die Sichtweise von der Welt von einzelnen Personen und Gruppen steuert. (Littlejohn, Stephen) Eine Gruppe von Leuten, die eine Ideologie teilen, teilen ein gemeinsames Bündel an Vorstellungen von der Beschaffenheit der Welt. Wir haben bereits gesehen, dass alle Gruppen von Menschen Verhaltensmuster hervorbringen - Institutionen und Rollen -, die für sie wirklich werden, es sollte daher nicht überraschen, dass eine Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Ideologie eine gesellschaftliche Wirklichkeit konstruiert, die zu ihren Anschauungen passt. Diejenigen, die sich mit Ideologie beschäftigen, weisen darauf hin, dass in den meisten Gesellschaften eine Anzahl von Grundeinstellungen von der Mehrheit ihrer Mitglieder geteilt wird. Das bezeichnet man als die >vorherrschende Ideologie< einer Gesellschaft. Die Ideologie schreibt den Lebensstil vor. Jede Gesellschaft entfaltet eine allgemeine oder >vorherrschende< Ideologie: einen Code von allgemeinen Werten, den die meisten teilen, bewusst oder unbewusst, und innerhalb dessen verschiedene Gruppen oder individuelle Ideologien entstehen können. Die Aufgabe einer allgemeinen Ideologie ist, eine Erklärung für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Systems, dem man angehört, zu geben, sei sie vollständig, glaubwürdig, brauchbar oder nicht. Ideologien enthalten immer genügend Körnchen an Wahrheit, um für die meisten Leute plausibel zu sein, wie unglaubwürdig diese Körnchen auch interpretiert oder zusammengefügt sein mögen. (Wilden, Anthony, S. 91) Im Berger/Luckmann-Modell von der gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit dienen Ideologien zur Legitimierung der Institutionen einer Gesellschaft. Auf Grund ihrer Ideologie glauben die Amerikaner beispielsweise an ihr Recht, falls nötig, die bestehende Regierung zu >feuern<. Diese Überzeugung hilft die Institution zu legitimieren, die wir >Presse< nennen, die als eine ihrer Funktionen die Aufgabe hat, die Regierung genau zu beobachten und der Öffentlichkeit zu berichten, was >läuft<. In unseren Schulen tragen wir zu dieser Legitimierung bei, indem über Situationen wie die Watergate-Affäre, bei der die Presse eine führende Rolle bei der Aufdeckung der Unzulänglichkeit der Regierung spielte, unterrichtet wird. Ideologien sind von Natur aus symbolisch: Was sie symbolisieren, kann sowohl imaginär als auch wirklich sein, wobei die Wirklichkeit der äußerste Test für ihre Gültigkeit ist. Sie werden mit Hilfe aller verfügbaren Mittel weitergegeben: über Rituale, Unterricht, Kleidung, Religion, Witze, Spiele, Mythen, Gesten, Ornamente, Unterhaltung. (Wilden, Anthony, S. 91) Da Ideologien so stark an die Wirklichkeit gebunden sind und da es sich bei ihnen um Konzepte handelt, bilden sie einen wichtigen Bestandteil unserer Kommunikationsumwelt. So wie Institutionen manifestieren sie sich als Regeln. Während Institutionen jedoch unser Verhalten und unsere Handlungen einschränken, engen Ideologien Denk- und Sprechweise ein." Ideologie definieren: "Es gibt einen ziemlichen Disput über die genaue Definition des Begriffs >Ideologie<. Die Definition, die wir hier einführen, ist von L.B. Brown und wird uns als Rahmen für unsere Betrachtungen zur Beziehung zwischen Ideologie und Kommunikation dienen. Brown legt nahe, dass alle Ideologien folgende Merkmale aufweisen:Eine Ideologie gibt Antworten auf wichtige Fragen und bestimmt, wie mit ihnen umgegangen wird. • Eine Ideologie ist verbunden mit der Verpflichtung zu einer bestimmten Position. • Ideologien sind Konzepte. • Auf Ideologien wird daher persönlich reagiert, obwohl sie gesellschaftlich begründet sind. • Eine Ideologie über andere Ideologien wird selbst zu einer Struktur, an der sich Leute bei der Interpretation von Verhalten festhalten können, sodass die möglichen Reaktionsmuster gesiebt und simplifiziert werden. (Brown, L. B., S. 173) Zusammen definieren diese Charakteristika eine Umwelt, die als Regelwerk wirksam wird, das heißt Ideologien dienen als Beschränkungen für das Verhalten in einer Gesellschaft. Indem sie bestimmte Formen der Äußerung begünstigen und andere beeinträchtigen, und da sie auf der Ebene der Konzepte wirken, sind Ideologien auch einschränkend für Kommunikation..." Quelle: Forum: PhilTalk-Philosphieforen, "Wie definiert ihr eigentlich Ideologie?, online unter: http://www.philtalk.de/msg/1101679382.htm
  15. Quelle: Horst Friedrich, Jahrhundertirrtum Eiszeit, EFODON-Edition MESON, 1997, S. 41, 42


Bild-Quellen

(6) http://www.lyndon-estate.co.uk/04%20History/Historical%20Figures/WilliamWhiston/William%20Whiston.jpg

(7) http://www.nceas.ucsb.edu/~alroy/lefa/Cuvier.html

(8) http://www.science.siu.edu/geology/people/ferre/images/Hutton.jpg

(9) http://www.nearctica.com/evolve/lyell.jpg