Klassische arabische Schriften und Atlantisforschung

Version vom 2. April 2017, 10:53 Uhr von Bb (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Abb. 1 Phantasievolle 'Portraits' von Al-Idrisi (links), Al-Mas´udi und Al-Biruni

(bb) Dass auch die Werke alter arabischer Autoren, wie Al-Mas´udi (896-956), Al-Biruni (973-1048) und Al-Idrisi (ca. 1100-1166) (Abb. 1) Eingang in die Atlantisforschung gefunden haben, sollte kaum verwundern. Immerhin überlieferten diese und andere arabische Historiker und Geographen viele Texte antiker Autoren sowie höchst interessante Informationen zur Vorgeschichte Nordafrikas und des Mittelmeer-Raums, die während des Mittelalters im christlichen Europa verloren gingen bzw. ignoriert oder vernichtet wurden. Während man diesen Berichten - die häufig im Widerspruch zu angeblich 'gesichertem Wissen' über die Vergangenheit stehen - im Bezirk der Mainstream- oder Schulwissenschaft einen eher anekdotenhaften Charakter zuordnet, wird ihnen im Lager alternativer Forscher einige Bedeutung als 'flankierende Evidenzen' beigemessen.

Abb. 2 Das Titelblatt von A.S. von Noroffs Abhandlung aus dem jahr 1854

Der erste, der in der Frühzeit der (im eigentlichen Sinne) modernen Atlantisforschung - massiv auf arabische Quellen zurückgriff, war der russische Gelehrte und Forschungsreisende Avraam Sergejwitsch von Noroff (1795-1869) mit seiner 1854 erschienenen Abhandlung "Die Atlantis nach griechischen und arabischen Quellen" [1] Darin zog er arabische Quellen heran, um seine Hypothese einer im Mittelmeer versunkenen Atlantis zu stützen. Dieses nach wie vor interessante Werk (d.h. die deutschsprachige Version) ist glücklicherweise online frei abrufbar.

Spätere Atlantis-Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts, wie Alexander Braghine [2], Andrew Collins [3] und Dhani Irwanto [4], nutzten dann eher selektiv und in Hinsicht auf sehr spezielle Fragestellungen einzelne arabische Klassiker.

Eine Ausnahme von dieser Regel machte Mitte der 1990er Jahre der irakische Forscher Salah Salim Ali mit seinem 20-seitigen Essay "Arabic References to Plato's Lost Atlantis" [5]. Der Autor zitiert darin, wie Tony O’Connell bemerkt, "eine Reihe von mittelalterlichen arabischen Autoren, die auf solche Orte, wie die 'Messingstadt' [Engl.: "The City of Brass"; d.Ü.] und die rätselhafte 'Stadt des Bath' (Bath = Stein des Gelächters) Bezug nehmen. Bei der Messingstadt klingt offenbar Platos Beschreibung der mit Oreichalkos bedeckten Wälle von Atlantis nach. [6] Obwohl die Zusammnhänge dieser Referenzen einigermaßen verwirrend sind, schlussfolgert Salah Salim Ali, dass sie sich wahrscheinlich auf Atlantis beziehen, und auf eine Örtlichkeit hindeuten, die entweder in Andalusien oder in Nordwest-Afrika liegt." [7]

Direkte Bezugnahmen mittelalterlicher arabischer Autoren auf Platons Atlantisbericht sind offenbar kaum vorhanden. Thorwald C. Franke, der eine diesbezügliche Literatur-Beschau vorgenommen hat, kommt jedenfalls zu dem Ergebnis: "Über den Umgang mit Platons Atlantis im arabischen Raum können wir zusammenfassend sagen, dass er ebenso wie im byzantinischen Raum enttäuschend ist. Zwar bestreitet niemand direkt, dass Platons Atlantis ein realer Ort war, doch ist das Interesse an diesem Thema nur sehr gering ausgeprägt." [8]



Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Siehe "Die Atlantis nach griechischen und arabischen Quellen", Petersburg (Buchdruckerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften), 1854
  2. Siehe: Alexander Braghine, "The Shadow of Atlantis", (orig.: Dutton, New York, 1940), The Aquarian Press, UK, 1980, S. 140
  3. Siehe: Andrew Collins, "Atlantis in the Caribbean: And the Comet That Changed the World", Inner Traditions / Bear & Co, 2016 (siehe hier)
  4. Siehe: Dhani Irwanto, "Kangdez, an Iranian Myth", bei: Atlantis in the Java Sea - A scientific effort to match Plato's narrative location for Atlantis (abgerufen: 27. März 2017)
  5. Siehe: Salah Salim Ali, "Arabic References to Plato's Lost Atlantis", in: Hamdard Islamicus 19 (1996), S. 43-64
  6. Red. Anmerkung: Zu einer entgegengesetzten Meinung siehe: Thorwald C. Franke, "Kritische Geschichte der Meinungen und Hypothesen zu Platons Atlantis - Von der Antike über das Mittelalter bis zur Moderne", Norderstedt (BoD), 2016, S. 255 (Abschnitt: "Messing- oder Kupferstadt")
  7. Quelle: Tony O’Connell, "Arabic References (L)", 31. Mai 2010, bei Atlantipdia.ie (abgerufen: 27. März 2017; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  8. Quelle: Thorwald C. Franke, op. cit. (2016), S. 257

Bild-Quellen:

1) Bild-Archiv Tony O’Connell (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
2) Google Books / Bild-Archiv Atlantisforschung.de