Cyclone Covey

Abb. 1 Der amerikanische Historiker Prof. em. Dr. Cyclone Covey ist bereits seit über vierzig Jahren ein entschiedener Verfechter des Diffusionismus.

(bb) Dr. Cyclone Covey (Abb. 1), emeritierter Professor für Geschichte an der Wake Forest University (Winston-Salem, North Carolina), ist eine der herausragenden Persönlichkeiten des modernen Diffusionismus. Als exponierter Befürworter der Theorien präkolumbischer transatlantischer und transpazifischer Kontakte zwischen Bewohnern der 'Alten' und der 'Neuen Welt' ist der arrivierte US-Historiker "eine der sehr wenigen akademischen Koryphäen, die mutig genug ist, der Opposition ihrer scholastischen Kollegen die Stirn zu bieten", und "er ist schon seit vierzig Jahren ein ausgesprochener Befürworter des Kultur-Diffusionismus." [1]

Covey, ein Fellow der diffusionistischen Midwestern Epigraphic Societey und Preisträger des Root Cutter Award des Institute for the Study of American Cultures (ISAC) [2], verfasste in dieser Zeit zahlreiche Fach- und Sachbücher zu einem - seinen vielfältigen Interessen entsprechend - breit gestreuten Themenspektrum (siehe dazu unten seine Publikationsliste). Schwerpunktmäßig befasste sich der Hisoriker, der 1949 an der renommierten Stanford University zum PhD promoviert hat [3], in seinen Werken mit nordamerikanischer Kolonialgeschichte, mit diffusionistischen Themen, aber auch mit der Prähistorie der Alten Welt (Mittelmeer-Raum und Mittlerer Osten).

Seinen größten schriftstellerischen Erfolg erzielte Cyclone Covey allerdings nicht als Autor, sondern als Neu-Übersetzer und Kommentator des erstmals 1542 erschienenen Reiseberichts "Adventures in the Unknown Interior of America" [4] von Álvar Núñez Cabeza de Vaca, einem spanischen Seefahrer und Entdecker,, der nach einem Schiffbruch unfreiwillg den Südwesten Nordamerikas erkundete. Ein Achtungserfolg war Coveys, 1966 veröffentlichte, historische Biographie "The Gentle Radical: Roger Williams" [5]

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Abb. 2 Zwei der nach ihrem Fundort nahe Tucson in Arizona benannten Artefakte. Links: Dieses Spezimen trägt u.a. die Inschrift: "IVDAS BENIAMINVS ISAAC". Rechts: Eine Teilansicht des Artefakts No. 20, das römische Ziffern von 1 bis 10 aufweist (vermutl. für die 'zehn Gebote'), eine Engelsgestalt (vermutl. der Engel der Verkündigung) sowie die Worte qadash ("er ist heilig") und tob ("gut"). (Photos: Evans)

Was Prof. Cyclone Coveys diffusionistische Literatur betrifft, sind insbesondere zwei seiner Werke hervorzuheben: seine späte 'Generalabrechnung' mit dem isolationistischen Paradigma der Altamerikanistik, die 2008 unter dem Titel "A Critical Reprise of "aboriginal" American History" erschien, und sein bereits 1975 publiziertees Werk "Calalus: a Roman Jewish colony in America from the time of Charlemagne through Alfred the Great" (Abb. 5).

Darin behandelt er die nach wie vor umstrittenen [6], nach der in der Nähe ihres Fundortes liegenden Großstadt Tucson benannten 'Tucson-Artefakte' (Abb. 2 und 4), die eine römisch-jüdische Präsenz in Arizona ab ca. 790 n.d.Z. nahelegen. [7] Entdeckt wurden die ersten dieser insgesamt einunddreißig Objekte aus Blei im Jahr 1924 von Mr. Charles E. Manier und seiner Familie bei einem Sonntagsausflug nach Picture Rocks, Arizona, sieben Meilen nördlich von Tucson. Es handelt sich also um einen Zufallsfund durch wissenschaftliche Laien.

Abb. 3 Dr. Cyclone Covey in den 1970er Jahren. Zu eben jener Zeit befasste er sich u.a. eingehend mit den Tucson-Artefakten.

Das mysteriöse Fundgut besteht aus Kreuzen, Schwertern und religiösen bzw. zeremoniellen Paraphernalia, von denen die meisten eingravierte Inschriften auf Hebräisch und Latein sowie Abbildungen von Tempeln, offenbar wichtigen Persönlichkeiten und Engeln aufweisen. Es findet sich sogar die Darstellung eines Tieres oder Fabelwesens, das wie ein Diplodocus aussieht. Den auf den Objekten eingeritzten Angaben zufolge stammen sie aus der Zeit zwischen 800 und 96o n.d.Z.. Irriterend erscheint, dass an der Fundstätte lediglich dieser Hort aus Bleiobjekten entdeckt wurde, aber keine flankierenden Humanrelikte (menschliche Skelette oder Knochen), Töpferwaren, Feuerstellen oder Überreste von Gebäuden. [8] Das eigentliche 'Calalus', wie die putative Siedlung der vermuteten präkolumbischen Immigranten aus Europa nach einer der Artefakt-Inschriften bald auch genannt wurde, war also nicht entdeckt worden.

In der Folge gab es einen heftigen Gelehrtenstreit, aber die Befürworter der Echtheit der Stücke waren deutlich in der Minderheit, und auf Seiten der Kritiker standen hochkarätige Vertreter des akademischen Establishments, wie z.B. George Clapp Valliant, ein renommierter Anthropologe der Harvard University, Dr. Bashford Dean, einer der Kuratoren des Metropolitan Museum of Art in New York, und Neil Merton Judd, Kurator des National Museum der Smithsonian Institution [9], womit der Ausgang der Debatte letztlich von Anfang an feststand. In der Folge gab es dann wilde Spekulationen zur Urheberschaft des 'Hoaxes', wobei Mormonen und Freimaurer, aber auch ein junger mexikanischer Bildhauer namens Timotéo Odohui beschuldigt wurden.

Zu Beginn der 1970er Jahre begann Cyclone Covey (Abb. 3) sich für die Angelegenheit zu interessieren und Nachforschungen zu den Objekten, aber auch zum Ablauf der wissenschaftlichen Kontroverse um sie anzustellen. 1972 wollte er sogar weitere Ausgrabungen an der Fundstätte durchführen, doch es war der Wake Forest University aufgrund "rechtlicher Komplikationen" nicht möglich, dieses Vorhaben umzusetzen. [10] In seinem Buch "Calalus: A Roman Jewish Colony in America from the Time of Charlemagne Through Alfred the Great" fasste Covey seine Untersuchungsergebnisse zusammen. Er plädierte ausdrücklich für eine Anerkennung der Tucson-Artefakte als authentische altertümliche Relikte und skizziert das Bild einer Gruppe jüdischer Emigranten aus Rom (vermutlich Angehörige einer häretischen Sekte, deren wichtigstes Symbol offenbar, wie bei den Christen, das Kreuz (Abb. 4) war [11]). Diese Gruppe von Sektierern soll über den Atlantik nach Amerika gelangt sein, wo sie sich ca. 800 n.d.Z. im Alten Arizona, in der Gegend des heutigen Tucson, niederließ, aber nicht wirklich dauerhaft etablieren konnte. Keine 200 Jahre später scheint die vermutete Kolonie bereits nicht mehr existiert zu haben.

Abb. 4 Dieses Exemplar der Tucson-Artefakte ist u.a. mit den Worten beschriftet: Britiannia, Romani, Gavl, Albion, Actius, Seine, Iacobvs, Theodorvs und Israel

Dass die Funde aus den 1920er Jahren heute sowohl unter Experten, aber gerade auch in populärwissenschaftlichen Darstellungen fast durchweg ohne Wenn und Aber als Fälschungen dargestellt werden [12] - hier lassen sich Parallelen zu anderen ähnlich gelagerten krypto-archäologischen Entdeckungen, wie den 'Michigan-Relikten' ziehen - beruht vermutlich eher auf einer selektiven Behandlung missliebiger Daten und Fakten durch den akademischen Mainstream, als auf wirklich eindeutigen Befunden.

"Die meisten professionellen Archäologen rümpfen die Nase, wenn es um Dinge dieser Art geht", bemerkte Peter Steere 1996 dazu, immerhin selbat Archäologe und als Manuskript-Bibliothekar an der University of Arizona in Tucson tätig. Zwar ist auch Steere keineswegs von der Authentzität der Tucson-Artefakte bzw. von ihrem antiken Charakter überzeugt, aber er führt diesbezüglich das einzige, beim derzeitigen Erkenntnisstand wirklich bedenkenswerte und gänzlich ideologiefreie Argument an, das gegen Coveys Theorie ins Feld geführt werden kann: "Wenn es diese hypothetische Gruppe römisch-jüdischer Kolonisten wirklich gegeben hat, die am northwestlichen Rand von Tucson gelebt hat, dann hätten wir dafür - selbst wenn es dort nur für kurze Zeit eine kleine Gruppe gab - auch irgendwelche anderen Evidenzen. Und dort ist nichts. Dort hat es vorher [vor dem Fund von 1924; d.Ü.] nichts gegeben, und seither auch nichts. Und das ist für mich als professioneller Archäologe der störendste Zweifel." [13] Allerdings könnte die betreffende Siedlung natürlich auch in beträchtlicher Entfernung vom Ort des Hortfundes gelegen haben, womit auch dieses Argument keinen Beweis für eine Fälschung der Tucson-Artefakte darstellt, die sich seit Jahrzehnten in Verwahrung der Arizona Historical Society befinden.

In Bezug auf Cyclone Covey und sein Gesamtwerk wäre es jedenfalls - zumindest aus diffusionistischem Blickwinkel - ausgesprochen wünschenswert, wenn seine, in der angelsächsischen Spezialliteratur viel zitierten, höchst relevanten Arbeiten zu anzunehmenden, sehr frühen präkolumbischen Kulturlontakten zwischen 'Alter Welt' (Europa und Afrika sowie Asien) und 'Neuer Welt', aber auch zu späteren derartigen Kulturdiffusionen während historischer Zeiten, endlich auch einem deutschsprachigen Publikum zugänglich würden. Immerhin zählt Prof. em. Covey, neben Forscherpersönlichkeiten, wie Harold S. Gladwin, George F. Carter, Gordon F. Ekholm, Barry Fell, Alice Beck Kehoe, Cyrus H. Gordon und Ivan van Sertima zu den Größen des akademischen Diffusionismus des 20. Jahrhunderts in den USA, der hierzulande zu Unrecht kaum bekannt ist. Sein Lebenswerk, von dessen Früchten auch die hiesige Forschung profitieren sollte, hat eine entsprechende Würdigung mehr als verdient.


Veröffentlichungen von Cyclone Covey

Abb. 5 Das Cover des Buches, in dem Prof. Dr. Covey seine Theorie zur Herkunft der Tucson-Artefakte präsentiert hat.
Abb. 6 Das schlichte Cover von "The primeval Middle East & Greece: pleistocene to bronze" von 1992
Abb. 7 Das Cover einer der vielen Neuauflagen von C. Coveys kommentierter Übersetzung von Cabeza de Vacas Reisebericht aus dem Jahr 1542


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle des Zitats: Frank Joseph und Zecharia Sitchin (Hrsg.), "Discovering the Mysteries of Ancient America: Lost History and Legends, Unearthed and Explored", Career Press, 2005, S. 178
  2. Quelle: Midwestern Epigraphic Society, About Dr Cyclone Covey (abgerufen: 01.11.2013)
  3. Quelle: Charlotte Harris Rees, "Chinese Sailed to America Before Columbus: More Secrets from the Dr. Hendon M. Harris, JR. Map Collection", AuthorHouse, 2011, S. 7
  4. Siehe auch die freie Online-Version bei Eldritch Press: Cabeza de Vaca's Adventures in the Unknown Interior of America (1542) - Translated and Annotated by Cyclone Covey (abgerufen: 01.11.2013)
  5. Red. Anmerkung: Roger Williams (1603-1683) war ein Vorkämpfer der Religionsfreiheit sowie ein früher Vertreter der Trennung von Kirche und Staat.
  6. Anmerkung: Der Begriff 'umstritten' ist letztlich eine Floskel, die auf jedes putative 'Out-of-place'-Objekt zutrifft, aber nichts über seinen tatsächlichen Charakter aussagt. Da derarige Spezimen grundsätzlich Paradigmata und vorherrschende Lehrmeinungen der involvierten universitären Fachwissenschaften in Frage stellen, weshalb ihre Authentiziät auch dann noch vehement in Abrede gestellt wird, wenn sie nach den ansonsten in der scientific communty gültigen Beweis-Modalitäten eigentlich längst als bestätigt zu gelten hätte.
  7. Siehe dazu auch: Indian Sabbath Trail, unter: Calalus: Jews in Arizona in 775 A.D. (abgerufen: 01.11.2013)
  8. Siehe: Stephen Williams, "Fantastic Archaeology: A Walk on the Wild Side of North American Prehistory", University of Pennsylvania Press, Philadelphia, 1991
  9. Siehe: Don Burgess, "Romans in Tucson? The Story of an Archaeological Hoax" Journal of the Southwest 51/1, Frühjahr 2009; sowie: Peter Gilstrap, "A Reputation in Ruins", in: Phoenix NEW TIMES, 21.03.1996 (Links abgerufen: 01.11.2013)
  10. Siehe: Stephen Williams, op. cit. (1991)
  11. Siehe: Cyclone Covey, "Calalus: a Roman Jewish colony in America from the time of Charlemagne through Alfred the Great", Vantage Press, 1975, S. 43
  12. Siehe dazu z.B.: Kenneth L Feder,Encyclopedia of Dubious Archaeology: From Atlantis to the Walam Olum, Santa Barbara, California (Greenwood), 2010, pp. 257–258 (Link abgerufen: 01.11.2013); Red. Anmerkung: Der Archäologieprofessor Dr. Kenneth L. Feder ist ein - für seinen durchweg ideologiebefrachteten Umgang mit den Gegenständen seiner Kritik berüchtigter - 'Debunker' aus den USA; kurz gesagt: ein praktizierender Pseudoskeptiker.
  13. Quelle: Peter Gilstrap, "A Reputation in Ruins", Teil 3, in: Phoenix NEW TIMES, 21. März 1996 (abgerufen: 01.11.2013)

Bild-Quellen:

1) Wake Forest University (Department of History), unter: Emeriti

2) Indian Sabbath Trail, unter: Calalus: Jews in Arizona in 775 A.D.

3) Midwestern Epigraphic Society, About Dr Cyclone Covey

4) Indian Sabbath Trail, unter: Calalus: Jews in Arizona in 775 A.D.

5-7) Bildarchiv Atlantisforschung.de