Die Überflutung von Atlantis

von Tony O’Connell

Abb. 1 Bei der von Platon erwähnten Überflutung von Atlantis dürfte es sich um eine der historischen Kern-Fakten in seiner Erzählung handeln.

Die Überflutung von Atlantis war, Plato zufolge, ein Ereignis, das die Stadt knapp unter der Meeresoberfläche zurückließ, wobei ein Bereich gefährlicher Untiefen geschaffen wurde. Platos Text impliziert, dass dieser Gefahrenumstand noch zur Zeit seiner Niederschrift vorhanden war:

"Aus diesem Grund ist das Meer in jenen Gebieten unpassierbar und undurchdringlich, weil dort eine seichte Stelle aus Schlamm im Weg liegt; und dies wurde durch das Absinken der Insel verursacht." (Kritias 108e)

Diese Beschreibung macht ganz den Anschein eines Augenzeugenberichts. Die Erwähnung schlammiger Untiefen mag nahelegen, dass die große Ebene, die in der Erzählung erwähnt wird, nur ein paar Fuß tief vom Wasser überschwemmt wurde. Indes erscheint es unglaubhaft, dass eine Überflutung, die sich 9000 Jahre vor Solon ereignete, noch in den Tagen Platos eine Bedrohung für die Seefahrt bilden könnte. Hätte sich die Katastrophe jedoch in späterer Zeit ereignet, so ist es möglich, dass es noch immer eine Gefahr gab, als Plato dies schrieb.

Wenn die Überschwemmung die Ebene flutete, womit sie die Untiefen schuf, so wirft dies Fragen hinsichtlich der umgebenden Berge auf, die über Wasser geblieben sein müssen. Da sich die Meeresspiegel in den jüngsten 5000 Jahren nur unwesentlich verändert haben, sollten die Berge, welche die Örtlichkeit der vormalige Ebene einschlossen, noch heute als Inseln zu sehen und hoffentlich zu identifizieren sein. Diverse Forscher haben eine Vielfalt von Örtlichkeiten für diese Stätte vorgeschlagen, wie die Kanaren, Azoren oder Inseln der Karibik sowie die Inseln der Ägäis und des indonesischen Archipels.

Es ist nicht unvernünftig zu schlussfolgern, dass Platos Bericht über die Überflutung von Atlantis eine der historischen Kern-Fakten in der Erzählung ist. Ohne diese Überschwemmung gibt es tatsächlich keine Geschichte zu erzählen. Zudem ist es erwähnenswert, dass Platos Erwähnung von Untiefen die von Robert Sarmast auserkorene Örtlichkeit in der Nähe von Zypern, die heute eine Meile tief unter Wasser liegt, auszuschließen ist [1], ebenso wie Ulf Erlingssons Vorschlag Irland, das sich, wie ich persönlich bestätigen kann, über Wasser befindet.


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Tony O’Connell © erschien erstmalig am 7. Juni 2010 in der Online-Enzyklopädie Atlantipedia.ie unter dem Titel "Flooding of Atlantis". Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de im März 2018.

Fußnote:

  1. Red. Anmerkung: Es gibt triftigere Gründe, Robert Sarmasts Annahme von 'Atlantis vor Zypern' entschieden zurückzuweisen. Jedenfalls skizziert Tony O’Connell oben ein sehr 'zahmes', quasi aktualistisches Modell der Atlantis-Katastrophe, das kein - oder nur ein sehr geringes - Versinken der Insel voraussetzt, sondern lediglich die dauerhafte Überschwemmung ihres Flachlands. Dazu beruft er sich ausschließlich auf die von ihm zitierte 'Schlamm'-Passage aus dem Kritias. Diese muss aber keineswegs zwangsläufig aus dem 'Kernbericht' Solons stammen, den Platon als seine Quelle nennt. Vielmehr legt gerade die ob ihrer Unglaubhaftigkeit verdächtige Behauptung einer noch zu seiner Zeit bestehenden Gefährdung des Schiffsverkehrs durch die angeblichen 'schlammigen Untiefen' eine andere Interpretation nahe: Platon könnte hier auf bewusst ausgestreutes phönizisches 'Seemannsgarn' hereingefallen sein, mit dem andere seefahrende Nationen davon abgehalten werden sollten, in das Gebiet jenseits der Säulen des Herakles vorzudringen.

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