Ophir

Abb. 1 Hier das Titelblatt von Theodore L. Urbans Essay aus dem Jahr 1897

(red) Das im jüdischen Tanach und im Alten Testament der Christen erwähnte, sagenhafte Land Ophir (Hebräisch אוֹפִיר), aus welchem der ebenso sagenhafte Goldschatz des legendären Königs Salomo gestammt haben soll, übt seit Jahrtausenden eine ähnliche Faszination auf die Menschen aus wie Platons verschollenes Atlantis. Wie im Fall des atlantischen Inselreichs hat es auch immer wieder Versuche gegeben, Ophir, das bisweilen auch mit dem Goldland Punt gleichegesetzt wird [1], geographisch zu verorten.

So galt seit dem 19. Jahrhundert längere Zeit das antike Groß-Zimbabwe (Abb. 2) als 'heiße Kandidatin' für die Lokalisierung Ophirs [2], aber auch in Nubien, Somalia, dem Jemen, in Persien, Abessinien oder an der Westküste Afrikas wurde es vermutet. [3]

Abb. 2 Ein Teil der Anlage von Groß-Simbabwe, die lange als Überrest des alten Ophir gehandelt wurde, tatsächlich aber erst im frühen Mittelalter gegründet wurde.

Vor allem waren - was den universitären Mainstream betrifft - Simbabwe und Sofala in Mosambik im Diskurs. "Die", wie es bei der deutschsprachigen Wikipedia zudem heißt, "ebenfalls im 19. Jahrhundert aufgestellte Theorie des Indologen Christian Lassen, Ophir sei an der Nordwestküste von Ostindien, nahe der Mündung des Indusflusses gelegen, und der Name Ophir sei vom nordindischen Volksstamm der »Abhira« abgeleitet worden, wurde durch die Auseinandersetzung um Sofala und Simbabwe an den Rand gedrängt." [4]

Zwangsläufig ebenfalls als randständig gelten heute die Thesen und Theorien akademischer Außenseiter/innen und Citizen Scientists, wie der indischen Privatgelehrten Sushama Londhe, die Ophir in Südindien vermutet [5], oder des wissenschaftlichen Nonkonformisten Prof. Emilio Spedicato von der Universität Bergamo, Italien,, der es 2010 mit einer altertümlichen Goldmine in Tibet in Verbindung brachte. [6]

Unter 'ferner liefen' oder 'nicht ernst zu nehmen' werden spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts - also seit die Annahme präkolumbischer transozeanischer Kontakte von Menschen der sogenannten 'Alten' und der 'Neuen Welt' wissenschaftlich verpönt ist - Ophir-Lokalisierungen in Amerika und der Karibik eingeordnet. Derartige Annahmen sind übrigens keineswegs neu: Schon der spanische Theologe und Orientalist Benedictus Arias Montanus (1527-1598) hatte angenommen, Ophir sei mit Mexiko und Peru identisch gewesen. [7]

Aus atlantologie-historischem Blickwinkel von besonderen Interesse ist jedenfalls das 1897 erschienene Essay eines ansonsten völlig unbekannt gebliebenen Autors namens Theodore L. Urban. In diesem Papier mit dem Titel American Indians... [8], das er damals bei der Lancaster County Historical Society in Pennsylvania publizierte. Darin zeigte er sich zum einen als entschiedener Anhänger der Historizität dieses sagenhaften Inselreichs, indem er feststellte: „Ich befürworte nicht nur die platonische Theorie der Insel Atlantis, sondern behaupte, dass sie wahrhaftig existent war.[9] Zum anderen setzte Urban - (soweit wir bisher wissen) zum ersten und wohl auch einzigen mal in der Forschungsgeschichte - Atlantis mit Ophir gleich. So "bestritt er", wie der irische Atlantologie-Enzyklopädist Tony O’Connell kurz dazu notiert, "dass es [d.h. Atlantis; d.Ü.] vollständig zerstört worden sei und argumentierte, dass das biblische Ophir Atlantis war, wozu er vorschlug, dass er sich auf dem amerikanischen Kontinent befunden habe, was die drei Jahre erkläre, welche die Rundreise [der Seeleute Salomos; d.Ü.] gedauert habe." [10]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, unter: "Ophir" (abgerufen: 09. Juli 2019)
  2. Anmerkung: Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts gilt als erwiesen, dass Groß-Simbabwe erst zur Zeit des frühen europäischen Mittelalters von dem schwarzafrikanischen Volk der Shona gegründet wurde, also unmöglich Ophir gerwesen sein kann.
  3. : Quelle: ebd.
  4. : Quelle: ebd.
  5. Quelle: Sushama Londhe, "Ägypten und das alte Indus-Empire", Teil IV, "Kulturelle Kontakte mit Ägypten"
  6. Siehe: Emilio Spedicato (Department of Mathematics, University of Bergamo), "OPHIR, ITS LOCATION UNVEILED", 2010 Conference of Quantavolution... (online als PDF-Datei; abgerufen: 09. Juli 2019)
  7. Quelle: Uwe Topper, „Das Erbe der Giganten", Olten/Freiburg 1977, Seite 261); nach: Dr. Horst Friedrich, "In welchem Land lag der Salomonische Tempel? (1994)
  8. Siehe: Theodore L. Urban, "American Indians - the who, what and whence of the pre-Columbian dwellers, or the misnomered peoples, Indians, of Lancaster County.", Lancaster County Historical Society, 1897
  9. Quelle: Theodore L. Urban (1897); zit. nach: Tony O’Connell, "Urban, Theodore L.", 15. Januar 2016, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 09. Juli 2019; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  10. Quelle: Tony O’Connell, op. cit.; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de

Bild-Quellen:

1) Theodore L. Urban, American Indians - the who, what and whence of the pre-Columbian dwellers, or the misnomered peoples, Indians, of Lancaster County., bei OPEN LIBRARY (Internet Archive)
2) Janderk~commonswiki bei Wikimedia Commons, unter: File:Great-Zimbabwe.jpg